Hochschulwatch: ein Schritt hin zu Open Data für autonome Hochschulen

From inside the new UB I

Trans­pa­ren­cy Inter­na­tio­nal Deutsch­land e.V., die taz und der fzs, also der Dach­ver­band der Stu­die­ren­den­schaf­ten, haben vor ein paar Tagen hochschulwatch.de gestar­tet. Ziel der Platt­form ist es, Daten zur Ver­flech­tung zwi­schen Hoch­schu­len und der Wirt­schaft zur Ver­fü­gung zu stel­len, und damit für mehr Trans­pa­renz zu sor­gen. Ich fin­de das ein sinn­vol­les Vor­ha­ben, aller­dings aus einem ande­ren Grund, als dies wahr­schein­lich bei den drei Orga­ni­sa­tio­nen der Fall ist.

Auf der Sei­te heißt es zur Moti­va­ti­on, war­um es Hoch­schul­watch gibt:

Mehr als 1,3 Mil­li­ar­den Euro flie­ßen aus der gewerb­li­chen Wirt­schaft jedes Jahr an deut­sche Hoch­schu­len – Ten­denz stark stei­gend. Ver­su­chen Unter­neh­men damit, Ein­fluss auf die Wis­sen­schaft zu neh­men? Ist die Frei­heit von For­schung und Leh­re in Gefahr?

Dahin­ter steckt die Vor­stel­lung, dass Wis­sen­schaft zuneh­mend von wirt­schaft­li­chen Inter­es­sen defi­niert wird. Ich ver­mu­te, dass dahin­ter wie­der­um – wenn sich die Hal­tung des fzs in den letz­ten Jah­ren nicht grund­le­gend geän­dert hat – die Vor­stel­lung steht, dass die zuneh­men­de Durch­set­zung auto­no­mer Hoch­schu­len falsch ist. Als Gegen­bild wer­den ger­ne (basis-)demokratisch orga­ni­sier­te Hoch­schu­len prä­sen­tiert, oft im Sin­ne der „Grup­pen­uni­ver­si­tät“, in der Stu­die­ren­de, nicht­pro­fes­so­ra­le Beschäf­tig­te und Pro­fes­so­rIn­nen jeweils eige­ne „Stän­de“ in der Hoch­schu­le bil­den, die dann in den Gre­mi­en – idea­ler­wei­se in pari­tä­ti­scher Form – demo­kra­ti­sche Ent­schei­dun­gen treffen.

Eben­so platt skiz­ziert steht dem das Bild einer „neo­li­be­ra­len“ Hoch­schu­le gegen­über, die durch einen wirt­schafts­na­hen Hoch­schul­rat und ein star­kes Rek­to­rat gelei­tet wird, an der Stu­die­ren­de Kun­dIn­nen sind, und die ihren Erfolg in Kenn­zah­len wie der Dritt­mit­tel­quo­te misst. 

Oft wird die auto­no­me Hoch­schu­le mit die­sem Bild der „neo­li­be­ra­len“ Hoch­schu­le gleich­ge­setzt. Dabei heißt Hoch­schul­au­to­no­mie ja zunächst ein­mal, das Ent­schei­dun­gen aus der Regie­rung (bzw. ggf. aus dem Par­la­ment) in die Hoch­schu­le ver­legt wer­den. Die Hoch­schu­le ist nicht mehr nach­ge­ord­ne­te und wei­sungs­ge­bun­de­ne Behör­de, son­dern eine eigen­stän­di­ge Kör­per­schaft, die wei­sungs­un­ge­bun­den im Rah­men der gesetz­li­chen Vor­ga­ben und des vom Gesetz­ge­ber zuge­wie­se­nen (Global-)Haushalts agiert. Noch ein Stück wei­ter gehen hier Stif­tungs­uni­ver­si­tä­ten, die ide­al­ty­pisch aus einem Stif­tungs­stock Mit­tel erhal­ten und auf wei­te­re staat­li­che Zuschüs­se aus dem lau­fen­den Haus­halt ver­zich­ten können. 

Je nach­dem, wie weit die Rech­te einer Hoch­schu­le gehen, etwa hin­sicht­lich der Ernen­nung von Pro­fes­so­rIn­nen, der Ein­rich­tung von Stu­di­en­gän­gen oder bei­spiels­wei­se der Fra­ge, ob auch Bau­ten durch die Hoch­schu­le selbst durch­ge­führt wer­den („Bau­her­ren­ei­gen­schaft“), kön­nen unter­schied­li­che Gra­de der Auto­no­mie unter­schie­den werden.

Der Gedan­ke der Hoch­schul­au­to­no­mie ent­hält – da kommt dann doch eine gewis­se Nähe zum „neo­li­be­ra­len“ Bild dazu – auch die Vor­stel­lung, dass Hoch­schu­len nicht nur eigen­stän­dig agie­ren, son­dern dies vor allem im Wett­be­werb unter­ein­an­der tun, und dass sie dabei bestimm­te Pro­fi­le aus­bil­den. Das klingt zunächst viel­leicht pro­ble­ma­tisch, muss es aber nicht sein – die Alter­na­ti­ve wäre hier ja wie­der­um eine zen­tra­le Steue­rung der Ent­wick­lung der Hoch­schul­land­schaft durch Land­tag und Regie­rung. Und ob dabei bes­se­re Resul­ta­te her­aus kom­men, als wenn fle­xi­bler und unter Ein­satz loka­len Wis­sens vor Ort ent­schie­den wer­den kann, kann nun durch­aus in Fra­ge gestellt werden. 

Dass eine Hoch­schu­le mehr oder weni­ger auto­nom agie­ren kann (und damit auch, neben­bei gesagt, die Ver­ant­wor­tung für stra­te­gi­sche Fehl­ent­schei­dun­gen etc. trägt), sagt nun aller­dings wenig dar­über aus, wie eine Hoch­schu­le intern orga­ni­siert ist. Hier gel­ten, unter Berück­sich­ti­gung von Expe­ri­men­tier­klau­seln etc., übli­cher­wei­se lan­des­ge­setz­li­che Vor­ga­ben. Und die kön­nen – bei einem glei­chen Maß von Auto­no­mie – eben­so Struk­tu­ren vor­se­hen, die stark an Unter­neh­men ange­lehnt sind, wie auch Struk­tu­ren, die eher demo­kra­ti­schen Gepflo­gen­hei­ten ent­spre­chen. Das baden-würt­tem­ber­gi­sche Lan­des­hoch­schul­ge­setz hat hier in der Novel­le von 2014 bei­spiels­wei­se eine gewis­se Ver­schie­bung von einer stär­ker unter­neh­me­risch orga­ni­sier­ten Hoch­schu­le hin zu einer gewis­sen Stär­kung der Rech­te der Gre­mi­en und einer kla­re­ren Auf­ga­ben­be­schrei­bung der Hoch­schul­rä­te bedeu­tet. Der Grad an Auto­no­mie der Hoch­schu­len ist dabei gleich geblie­ben oder – da lässt sich drü­ber strei­ten – sogar noch etwas gestiegen.

Für mich lässt sich ein grü­nes Ver­ständ­nis von Hoch­schul­au­to­no­mie in einem Span­nungs­ver­hält­nis dar­stel­len. Auto­no­me Hoch­schu­len sind dann zu begrü­ßen, wenn zwei Bedin­gun­gen gege­ben sind. Die eine Bedin­gung ist eine leis­tungs­fä­hi­ge, aber eben auch an den Grund­sät­zen der Orga­ni­sa­ti­on demo­kra­ti­scher Gemein­we­sen ange­lehn­te Struk­tur. Das Leit­bild, um das Ver­hält­nis von Rek­to­rIn, Hoch­schul­rat, Senat und Hoch­schul­mit­glie­dern zu beschrei­ben, soll eher dem einer Gemein­de mit Bür­ger­meis­te­rIn, Gemein­de­rat und Ein­woh­ne­rIn­nen ent­spre­chen als dem von Fir­men­chef, Auf­sichts­rat, Per­so­nal und Kund­schaft. In die­sem Sin­ne sehe ich bei­spiels­wei­se in der Stär­kung der Aus­kunfts­rech­te im Senat einen rich­ti­gen Schritt in unse­rer Lan­des­hoch­schul­ge­setz­no­vel­le. Gleich­zei­tig sind die Hoch­schul­rä­te bei­be­hal­ten wor­den, obwohl sie eher der Funk­ti­on von Auf­sichts­rä­ten ent­spre­chen. Sie sind aber stär­ker auf die Funk­ti­on von (finan­zi­el­ler) Kon­trol­le und Stra­te­gie zuge­schnit­ten wor­den, und durch die Erfor­der­nis gesell­schaft­li­cher Per­spek­ti­ven­viel­falt auch von einer rei­nen Wirt­schafts­ori­en­tie­rung abge­kop­pelt wor­den. Mein ers­ter Punkt ist jeden­falls, dass Auto­no­mie nur dann nicht der Gefahr aus­ge­setzt ist, ein­sei­tig ver­eng­te Ent­schei­dun­gen wahr­schein­li­cher zu machen, wenn star­ke inter­ne Kon­troll­struk­tu­ren – im Sin­ne etwa eines dis­kus­si­ons­freu­di­gen und nicht macht­lo­sen Sena­tes – vor­han­den sind. Ein Hoch­schul­rat ist als Ersatz für minis­te­ri­el­le Auf­sicht dann sinn­voll, wenn eben­falls nicht eine ver­eng­te Per­spek­ti­ve abge­bil­det wird, son­dern viel­fäl­ti­ge Inter­es­sen reprä­sen­tiert sind.

Die zwei­te Bedin­gung, die sich aus mei­ner Sicht direkt mit Hoch­schul­au­to­no­mie ver­knüpft, ist die For­de­rung nach Rechen­schaft nach außen. Auch auto­no­me Hoch­schu­len sind zu gro­ßen Tei­len staat­lich finan­ziert. Sie stel­len in der Wis­sen­schafts­ge­sell­schaft zen­tra­le Ein­hei­ten der gesell­schaft­li­chen Wei­ter­ent­wick­lung dar. Bei­des sind aus mei­ner Sicht gute Grün­de, an die Stel­le der minis­te­ri­el­len Auf­sicht nicht nur einen Hoch­schul­rat zu set­zen, son­dern auch erhöh­te Rechen­schafts­an­for­de­run­gen der Hoch­schu­le gegen­über der Gesellschaft. 

Auto­no­mie ist dann gekop­pelt mit inne­rer Demo­kra­tie und Rechen­schaft nach außen.

2015 hochschulwatch

Hier schla­ge ich jetzt den Bogen zurück zu Hoch­schul­watch und der Fra­ge, wie die­se gesell­schaft­li­che Rechen­schafts­pflicht umge­setzt wer­den kann. Ganz so ein­fach ist das nicht, weil – so jeden­falls eine wohl recht häu­fi­ge Inter­pre­ta­ti­on – die grund­ge­setz­lich garan­tier­te For­schungs­frei­heit so weit geht, dass Wis­sen­schaft­le­rIn­nen nie­mand, und wenn über­haupt, dann der Gemein­schaft der Wis­sen­schaft­le­rIn­nen bzw. deren Ver­kör­pe­run­gen, zu Rechen­schaft ver­pflich­tet ist. Auch des­we­gen neh­men Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­set­ze For­schung und Leh­re an Hoch­schu­len aus dem Kata­log der Infor­ma­ti­ons­frei­hei­ten aus, auch des­we­gen gab es um die Trans­pa­renz­re­ge­lun­gen in den Hoch­schul­ge­set­zen in Nord­rhein-West­fa­len und Baden-Würt­tem­berg hef­ti­ge Debat­ten. Die Rechen­schafts­pflicht, die sich für mich aus der Auto­no­mie ergibt, ist also immer in einem Span­nungs­ver­hält­nis mit der For­schungs­frei­heit, die die­se mög­li­cher­wei­se einschränkt.

In den ein­zel­nen Bun­des­län­dern wird damit unter­schied­lich umge­gan­gen. In Bre­men wird es ver­mut­lich ein Hoch­schul­ge­setz geben (gera­de war die ers­te Lesung), das nicht nur eine Zivil­klau­sel ent­hält, son­dern auch eine Ver­öf­fent­li­chungs­pflicht für Dritt­mit­tel, sofern dem kei­ne gesetz­li­chen oder ver­trag­li­chen Ver­pflich­tun­gen ent­ge­gen­ste­hen. In Nord­rhein-West­fa­len wur­de 2014 das Hoch­schul­zu­kunfts­ge­setz beschlos­sen. Ursprüng­lich waren hier sehr weit­rei­chen­de Trans­pa­renz­re­ge­lun­gen ent­hal­ten, aber auch hier wur­de nach hef­ti­gen Pro­tes­ten diver­se Aus­nah­men vor­ge­se­hen. In Nie­der­sa­chen fand ein Dia­log­pro­zess mit den Hoch­schu­len statt, im Ergeb­nis gibt es gemein­sam von Land und Hoch­schu­len erar­bei­te­te Trans­pa­renz­leit­li­ni­en, die im Kern fol­gen­de Punk­te umfassen:

Die „Leit­li­ni­en zur Trans­pa­renz in der For­schung“ kon­kre­ti­sie­ren die im Hoch­schul­ent­wick­lungs­ver­trag getrof­fe­nen Ver­ein­ba­run­gen. Sie bau­en auf den im Mai ver­gan­ge­nen Jah­res von der Deut­schen For­schungs­ge­mein­schaft und der Deut­schen Aka­de­mie der Natur­for­scher Leo­pol­di­na ver­ab­schie­de­ten Emp­feh­lun­gen zum Umgang mit sicher­heits­re­le­van­ter For­schung unter dem Titel „Wis­sen­schafts­frei­heit und Wis­sen­schafts­ver­ant­wor­tung“ auf.
Kern­punk­te sind

  • Trans­pa­renz über Pro­jekt­för­de­run­gen: Hoch­schu­len stel­len grund­le­gen­de Daten über lau­fen­de dritt­mit­tel­fi­nan­zier­te Pro­jek­te zu einem bestimm­ten Stich­tag im Inter­net zur Verfügung.
  • Trans­pa­renz über Ergeb­nis­se: Hoch­schu­len ver­öf­fent­li­chen nach Pro­jekt­ab­schluss eine Kurz­fas­sung der For­schungs­er­geb­nis­se im Inter­net, sofern z.B. die Wett­be­werbs­si­tua­ti­on kei­ne Ver­trau­lich­keit gebie­tet. Ziel ist es, den öffent­li­chen Dis­kurs über Fol­gen und Risi­ken von For­schungs­ak­ti­vi­tä­ten zu intensivieren.
  • Trans­pa­renz in der Hoch­schu­le: Ein Dis­kurs in Ethik­kom­mis­sio­nen oder ande­ren hoch­schul­in­ter­nen Platt­for­men wird beför­dert, an dem sich ins­be­son­de­re auch Stu­die­ren­de und Dok­to­ran­din­nen und Dok­to­ran­den beteiligen.

Im Ergeb­nis ähnelt das durch­aus dem Ansin­nen der Ände­run­gen, die es im Bereich Trans­pa­renz im baden-würt­tem­ber­gi­schen Lan­des­hoch­schul­ge­setz gege­ben hat: Hier wird ein (hoch­schul­in­ter­nes) Trans­pa­renz­re­gis­ter (§ 41a) vor­ge­se­hen, aus dem her­aus der Senat Infor­ma­tio­nen zu Dritt­mit­tel­vor­ha­ben abfra­gen kann, und über das dem Senat jähr­lich berich­tet wird. In Bezug auf öffent­li­che Dritt­mit­tel­pro­jek­te an den Hoch­schu­len ein­seh­bar sein soll. Zudem gibt es Vor­schrif­ten zur Open-Access-Zweit­ver­öf­fent­li­chung von For­schungs­er­geb­nis­sen (sofern in Zeit­schrif­ten ver­öf­fent­licht) als Teil der Dienst­auf­ga­ben des wis­sen­schaft­li­chen Per­so­nals (§ 44 (6)).

Wer auf­merk­sam mit­ge­le­sen hat, wird fest­stel­len, dass damit zwar Trans­pa­renz nach innen, aber nur in sehr begrenz­ter Form Rechen­schaft nach außen dar­ge­stellt ist. Dass die­se Rege­lun­gen nicht wei­ter­ge­hend aus­ge­fal­len sind, hat Grün­de – selbst die hoch­schul­in­ter­ne Erfas­sung von Dritt­mit­tel­pro­jek­ten stieß schon auf hef­ti­ge Pro­tes­te und auf die – aus mei­ner Sicht recht weit her­ge­hol­te – Befürch­tung, dass dies zu einem Wett­be­werbs­nach­teil bei der Ein­wer­bung von wirt­schafts­na­hen For­schungs­pro­jek­ten füh­ren könnte. 

Hin­ge­wie­sen sei aller­dings noch auf die Gene­ral­klau­sel in § 2 (5): „Die Hoch­schu­len tra­gen zum gesell­schaft­li­chen Fort­schritt bei. Sie för­dern durch Wissens‑, Gestal­tungs- und Tech­no­lo­gie­trans­fer die Umset­zung und Nut­zung der Ergeb­nis­se der For­schung und Ent­wick­lung in die Pra­xis sowie den frei­en Zugang zu wis­sen­schaft­li­chen Infor­ma­tio­nen.“ – das deu­tet zumin­dest eine gewis­se Ver­pflich­tung gegen­über der Gesell­schaft als „Geist des Geset­zes“ an. Zudem sei­en die Rege­lun­gen im Hoch­schul­fi­nan­zie­rungs­ver­trag erwähnt, der eine Stär­kung des Open-Access-Prin­zips (II.2.6) sowie den Auf­bau eines Kenn­zif­fern­sys­tems (II.3.1) vor­sieht. Die­se auf den ers­ten Blick rein sta­tis­ti­sche Fra­ge ist rele­van­ter, als es auf den ers­ten Blick aus­sieht – denn sonst bleibt die auto­no­me Hoch­schu­le eine „black box“. 

Auto­no­mie heißt umge­kehrt auch, dass Steue­rung nur über Ver­ein­ba­run­gen oder über „wei­che“ Instru­men­te der Kon­text­steue­rung mög­lich ist – und da ist der Staat nicht der ein­zi­ge Akteur. Auch ohne die ein­gangs zitier­te Befürch­tung von Hoch­schul­watch tei­len zu müs­sen, dass wirt­schaft­li­cher Druck die For­schungs­frei­heit ein­schrän­ken könn­te, setzt eben auch die Wirt­schaft auto­no­men Hoch­schu­len Anrei­ze. Inso­fern sagen Kenn­zah­len, etwa über den Dritt­mit­tel­an­teil aus der pri­va­ten Wirt­schaft, durch­aus etwas aus. Je stan­dar­di­sier­ter und kla­rer defi­niert der­ar­ti­ge Kenn­zah­len sind, des­to eher sind sie dem poli­ti­schen Dis­kus zugänglich.

Heu­te schon ver­öf­fent­li­chen vie­le Hoch­schu­len Infor­ma­tio­nen über For­schungs­vor­ha­ben, über die Eck­punk­te ihrer Haus­hal­te – inkl. Dritt­mit­tel­an­teil – oder auch über Stif­tungs­pro­fes­su­ren und Hoch­schul­rats­mit­glie­der im Netz. Die­se Daten sind aller­dings bis­her nir­gend­wo qua­li­täts­ge­si­chert zen­tral erfasst. Wer Hoch­schu­len ver­glei­chen möch­te, muss sich durch Hoch­glanz-Rechen­schafts­be­rich­te, For­schungs­da­ten­ban­ken und Sta­tis­tik-Web­sites durch­kli­cken – und dar­auf ver­trau­en, dass alle Hoch­schu­len auch alle rele­van­ten Infor­ma­tio­nen öffent­lich machen. (An die­ser Stel­le der Hin­weis auf die Samm­lung von Hoch­schul­sta­tis­ti­ken der Län­der und des Bun­des auf dem Bildungsserver).

Das ist der Punkt, an dem Hoch­schul­watch ins Spiel kommt. Der Anspruch ist es, genau die­se Trans­pa­renz her­zu­stel­len. Aller­dings ist Hoch­schul­watch hier in zwei­er­lei Hin­sicht ein­ge­schränkt. Zum einen beschrän­ken sich die dahin­ter ste­hen­den Orga­ni­sa­tio­nen auf die Zugäng­lich­ma­chung von Daten zur Ver­flech­tung zwi­schen Hoch­schu­len und Wirt­schaft. Das ist ein inter­es­san­ter Aspekt – aber eben nur ein Aspekt. Um ein Bild vom For­schungs­pro­fil einer Hoch­schu­le zu gewin­nen, sind die (immer noch den größ­ten Teil der Dritt­mit­tel aus­ma­chen­den) öffent­li­chen Dritt­mit­tel min­des­tens genau­so inter­es­sant – sei­en es Mit­tel des DFG, sei­en es Mit­tel aus den Res­sorts, etwa aus dem BMBF, dem BMU oder dem BMWi, oder sei­en es EU-Mit­tel. Auch dazu gibt es teil­wei­se Daten­ban­ken, aber eben kei­ne zen­tra­le Erfas­sung. (Übri­gens ein schö­nes Bei­spiel dafür, wo Open Data etwas brin­gen würde …).

Das zwei­te Pro­blem ist die Tat­sa­che, dass Hoch­schul­watch auf irgend­wie ver­füg­ba­re (oder per Leak ver­füg­bar gemach­te) Daten ange­wie­sen ist. Das heißt, die Qua­li­tät und Voll­stän­dig­keit der Daten in der Hoch­schul­watch-Daten­bank ist kei­nes­falls gesi­chert. Bei­spiel Uni Frei­burg: die neus­tens Infor­ma­tio­nen zum Dritt­mit­tel­an­teil auf der Hoch­schul­watch-Sei­te sind aus dem Jahr 2012, die Sta­tis­tik­web­site der Uni­ver­si­tät selbst infor­miert bereits über die Dritt­mit­tel 2013, samt Über­blick über die Mit­tel­her­kunft (pdf). Die­ser Über­blick zeigt auch, dass die Kom­ple­xi­täts­re­duk­ti­on von Ein­nah­men aller mög­li­chen Art auf „Dritt­mit­tel (pri­vat)“ und „Dritt­mit­tel (öffent­lich)“ nicht ganz so ein­fach ist.

Soweit ich es sehe, fehlt auch ein Hin­weis dar­auf, aus wel­chen Quel­len die Daten jeweils kom­men – auch das erschwert die Ein­schät­zung der Qua­li­tät. Hoch­schul­watch eini­ger­ma­ßen aktu­ell zu hal­ten, und Daten aus all die­sen unter­schied­li­chen Quel­len zusam­men­zu­tra­gen, dürf­te eine Sisy­phos-Auf­ga­be sein. Ob Trans­pa­ren­cy, taz und fzs das leis­ten kön­nen, ist für mich – bei allem Mehr­wert, den etwa die hoch­schul­über­grei­fen­de Suche nach Mit­tel­ge­bern bie­tet – frag­lich. Hier besteht die Gefahr, dass aus Hoch­schul­watch eine Big-Data-Müll­hal­de wird. Dazu trägt auch bei, dass es wohl kei­ne API – also kei­ne exter­ne, maschi­nen­taug­li­che – Schnitt­stel­le zur Daten­bank dahin­ter gibt. Damit wird es schwie­rig, die Daten von Hoch­schul­watch in wei­te­ren Anwen­dun­gen zu ver­ar­bei­ten und auf­zu­be­rei­ten – z.B. eine Visua­li­sie­rung der Wirt­schafts­för­der­netz­wer­ke auf einer Karte …

[Kor­rek­tur, 20.02.2015: Unter der nicht wirk­lich ziel­füh­ren­den Über­schrift Kon­takt fin­den sich auf der Hoch­schul­watch-Sei­te auch Ver­wei­se auf den Git­hub mit Quell­code und CSV-Datei­en mit den ver­wen­de­ten Daten, wobei z.T. auch die öffent­li­chen Quel­len, also Web­sites etc. ange­ge­ben sind. Aller­dings schei­nen mir die Datei­en so ange­legt, dass sie sta­tisch den Stand 2010 und 2011 wie­der­ge­ben, statt das Erfas­sungs­jahr als Para­me­ter zu ver­wen­den. Bin gespannt, wie das in zwei Jah­ren aussieht …]

Im Fazit hal­te ich Hoch­schul­watch gera­de unter der Vor­be­din­gung auto­no­mer wer­den­der Hoch­schu­len für eine wich­ti­ge Initia­ti­ve. Nicht als Skan­da­li­sie­rungs­tool, son­dern als ers­ten Kern einer Daten­bank, die dazu bei­tra­gen kann, dass auto­no­me Hoch­schu­len der Gesell­schaft gegen­über Rechen­schaft able­gen, und das eben nicht nur im Ein­zel­fall, son­dern auch aggregiert.

Noch schö­ner wäre aller­dings eine Art öffent­lich-recht­li­ches Hoch­schul­watch, qua­li­täts­ge­si­chert, voll­stän­dig, aktu­ell und maschi­nen­les­bar, etwa als Erwei­te­rung der exis­tie­ren­den Hoch­schul­sta­tis­ti­ken von Bund und Län­dern. Dazu wird es, befürch­te ich, so schnell nicht kom­men. So lan­ge bleibt Hoch­schul­watch – zumin­dest, wenn’s denn wei­ter gepflegt wird, und kei­ne all zu gro­ben Feh­ler ans Licht kom­men – der Sta­chel, der auf die Not­wen­dig­keit einer sol­chen Platt­form hinweist.

War­um blog­ge ich das? Weil Hoch­schul­watch ohne Skan­da­li­sie­rungs­kom­po­nen­te gera­de dann, wenn Hoch­schu­len auto­nom sein sol­len, durch­aus Sinn erge­ben wür­de. Apro­pos: Der Text gibt mei­ne per­sön­li­che Mei­nung wie­der – ich spre­che hier weder für die BAG Wis­sen­schaft, Hoch­schu­le, Tech­no­lo­gie­po­li­tik der Grü­nen noch für mei­nen Arbeitgeber.

Eine Antwort auf „Hochschulwatch: ein Schritt hin zu Open Data für autonome Hochschulen“

  1. Hal­lo,
    vie­len Dank für dei­ne Ein­schät­zung der Web­site. Zu ein paar Punk­ten kann ich direkt für den fzs Stel­lung nehmen:

    Hoch­schul­watch ver­wen­det jeweils die aktu­ells­ten Daten des sta­tis­ti­schen Bun­des­am­tes für die Auf­schlüs­se­lung nach pri­va­ten und öffent­li­chen Dritt­mit­teln. Und die sind bis Mai, die von 2011. Da die Hoch­schu­len sel­ber ihre Daten an das Bun­des­amt mel­den, ist da der sichers­te Weg kor­rek­te Daten zu bekom­men. Wie du rich­tig fest­stellst, ist es nicht leist­bar neben­her noch Daten wie die aus Frei­burg sel­ber zu sam­meln. Sich immer auf das glei­che Jahr zu beru­fen führt außer­dem zu einer gewis­sen Vergleichbarkeit. 

    Die Mit­tel der DFG sind auch in unse­ren Daten ent­hal­ten. Hier hat sich zum Bei­spiel bereits die HRK beschwert, dass das gar kei­ne Dritt­mit­tel sei­en. Wie­der sehen wir das also gleich. Die rest­li­chen Daten fin­det der fzs auch inter­es­sant (behal­te unse­re Web­site im Auge – dem­nächst dazu mehr), die vor­lie­gen­de Web­site ist aber sowohl ein Kom­pro­miss zwi­schen den Projektpartner*innen als auch ein eine Ein­gren­zung auf das Realisierbare.

    Der fzs hat übri­gens durch­aus auch eine dif­fe­ren­zier­te Sicht auf „auto­no­me Hoch­schu­len“. Wie wir immer mal wie­der ver­öf­fent­li­chen haben wir ein Pro­blem mit „auto­no­men Rek­to­ra­ten“ und Auf­ga­ben wie der Wahl der Hoch­schul­lei­tung in ein­sei­ti­gen Gre­mi­en wie den Hoch­schul­rä­ten. In einem unse­rer aktu­el­len Posi­tio­nen „Zukunfts­pa­pier Hoch­schul­ty­pen“ (http://www.fzs.de/aktuelles/positionen/329525.html) grei­fen wir auf das Stu­di­um bezo­gen wie­der die Idee auf, dass demo­kra­tisch legi­ti­mier­te Gre­mi­en die Hoch­schu­le steu­ern soll­ten. Das ist ganz sicher eine Form der auto­no­men Hoch­schu­le, jedoch nicht die, wel­che momen­tan meist unter dem Begriff ver­stan­den wird. Auch in die­sem Punkt tei­len du und der fzs also eine Meinung.

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