Science Fiction und Fantasy im August 2025

Night photography III

Ich fan­ge mit einem Buch an, das eigent­lich eher ein Sach­buch ist – Mark McCau­gh­re­ans „Rei­se­füh­rer“ 111 places in space that you must not miss (2023). Der Titel beschreibt eigent­lich auch schon ganz gut, was es mit die­sem Buch auf sich hat, das wohl tat­säch­lich in einer Rei­he erschie­nen ist, die auch jeweils 111 „ber­eis­ba­re“ Zie­le anders­wo zusam­men­bringt. Die 111 Orte im Welt­raum sind in drei Abtei­lun­gen unter­teilt, die sich mit dem Son­nen­sys­tem, der Milch­stras­se und dem Rest des Uni­ver­sums befas­sen. Etwas irri­tiert hat­te mich zuerst, dass die Objek­te, die jeweils mit einer Sei­te Text und einem Foto vor­ge­stellt wer­den, inner­halb die­ser drei Abtei­lun­gen alpha­be­tisch sor­tiert sind. Ich hät­te eine Sor­tie­rung nach Ent­fer­nung zur Erde erwar­tet. McCau­gh­re­an beschreibt mit einer leicht iro­ni­schen Note die unter­schied­li­chen Objek­te, die von Mond und ISS bis zu Deep-Field-Auf­nah­men und der kos­mi­schen Hin­ter­grund­strah­lung rei­chen. Inter­es­san­ter­wei­se hat die­ser Rei­se­füh­rer auf mich eher den Effekt, noch ein­mal deut­lich zu machen, wie groß und lebens­feind­lich das Welt­all ist … das wird nicht nur in den Rei­se­zei­ten sicht­bar, die bei den wei­ter ent­fern­ten Objek­ten ger­ne mal bei „Mil­lio­nen Jah­re mit Licht­ge­schwin­dig­keit“ lie­gen, aber selbst im Son­nen­sys­tem wird deut­lich, dass neben dem Mond, Hub­ble und ISS (und bei einer Rei­se­zeit von min­de­tens 9 Mona­ten: dem Mars) selbst z.B. die Jupi­ter­mon­de wohl für ent­spre­chend lan­ge flie­gen­de Son­den, aber eben nicht für mit Men­schen besetz­te Raum­schif­fe erreich­bar sind. Und dass es, dort ein­mal ange­kom­men, ganz schnell zu Pro­ble­men mit Strah­lung kom­men wür­de. Und auch zum Mars schreibt der Autor „will kill you“. Inso­fern: ein gutes Sach­buch über den Stand unse­res Wis­sens über das Son­nen­sys­tem, die Milch­stra­ße und unse­re loka­len Super­struk­tu­ren, aber auch ein Buch, das komi­sche Dimen­sio­nen ver­deut­lich und klar macht, dass die Prä­mis­sen selbst „har­ter“ SF-Seri­en wie The Expan­se weit jen­seits der Rea­li­tät lie­gen. Von Warp-irgend­was gar nicht zu sprechen.

Und wo ich gera­de bei Sach­bü­chern bin: als Ergän­zung zu mei­ner Rei­se nach Kopen­ha­gen habe ich das Buch The Sto­ry of Scan­di­na­via (2023) des Poli­tik­wis­sen­schaft­lers Stein Rin­gen gele­sen. Rin­gen fängt bei den Wikinger*innen an und endet – nach inten­si­ver Aus­ein­an­der­set­zung mit der Ent­ste­hung der König­rei­che und spä­ter einer luthe­ria­nisch ein­ge­färb­ten Sozi­al­de­mo­kra­tie – in den 2020er Jah­ren. Ich fand das Buch auf­schluss­reich für ein Ver­ständ­nis, wie Däne­mark, Nor­we­gen und Schwe­den sich ent­wi­ckelt haben, und wie die drei Län­dern in wech­seln­den Kon­stel­la­tio­nen zusam­men und gegen­ein­an­der gewirkt haben. Im Kon­text SF und Fan­ta­sy rele­vant: Rin­gen macht u.a. deut­lich, dass wir uns die Wikinger*innen wohl am ehes­tens als War­lords vor­stel­len müs­sen, die Bru­ta­li­tät zu einem Mar­ken­zei­chen mach­ten, dass dann euro­pa­weit bekannt und gefürch­tet wur­de (und die nicht zuletzt Skla­ven­han­del betrie­ben). Aus den War­lords wur­den dann ab etwa dem 10. Jahr­hun­dert, Köni­ge (u.a. Harald Blau­zahn und Knud der Gro­ße), die aber – so Rin­gen – nichts blei­ben­des hin­ter­lie­ßen. Und die Beschrei­bun­gen der Intri­gen der unter­schied­li­chen hoch­mit­tel­al­ter­li­chen Herrscher*innen erin­ner­te doch stark an „Game of Thro­nes“ – bis hin Bru­der­mor­den und zu Ein­la­dun­gen aller Wich­ti­gen zu Fest­mäh­lern, die im Blut­bad enden. (Eigent­li­cher Kern des Buchs ist die Fra­ge, wie aus die­sem Cha­os Demo­kra­tien und nach dem 2. Welt­krieg der skan­di­na­vi­sche Wohl­fahrts­staat ent­ste­hen konn­ten – auch das durch­aus inter­es­sant; inter­es­sant auch der Blick auf das Han­deln Däne­marks (weit­ge­hend akzep­tier­te Beset­zung, Kol­la­bo­ra­ti­on), des als Natio­nal­staat jun­gen Nor­we­gens (Beset­zung mit Wider­stand und einer flie­hen­den Exil­re­gie­rung) und Schwe­dens (Neu­tra­li­tät und Waf­fen­ver­käu­fe) in der Nazizeit.) 

An SF gele­sen habe ich die ers­ten bei­den Bän­de der „Kin­dom Tri­lo­gy“ von Betha­ny Jacobs, The­se Bur­ning Stars (2023) und On Vicious Worlds (2024); der drit­te Band wird noch in die­sem Jahr erschei­nen. Die Bücher ver­bin­den Aspek­te aus bei­den Sach­bü­chern: sie spie­len in einem sich über meh­re­re Son­nen­sys­te­me erstre­cken­den Impe­ri­um („The Treb­le“); und stel­len­wei­se wird es sehr blu­tig und bru­tal mit Blick auf Nach­fol­ge­kämp­fe und Rache­ak­te. Ins­be­son­de­re inner­halb und zwi­schen den „First Fami­lies“ und den drei Säu­len des „Kin­dom“ (Priester*innen der poly­the­is­ti­schen Reli­gi­on; Ver­wal­tung und Jus­tiz; und die „bru­tal hand“ mit ihren Killer*innnen). Zusam­men­ge­hal­ten wird „The Treb­le“ von einem ener­gie­rei­chen Mine­ral (Jevi­te bzw. in der syn­the­ti­schen Form Sevi­te), das u.a. Sprün­ge durch „Gates“ erlaubt. Inter­es­san­ter als die diver­sen Kämp­fe (sag­te ich schon, dass es sehr blu­tig und bru­tal wird?) sind die von Jacobs skiz­zier­ten Inter­es­sen­la­gen und orga­ni­sa­to­ri­schen Ver­krus­tun­gen – bei­spiel­wei­se hat die Fami­lie einer der Haupt­per­so­nen das Mono­pol auf die­sen Mine­ral; die in der Ver­ar­bei­tung von Sevi­te beschäf­tig­ten Über­le­ben­den eines Geno­zids – die Jeve­ni – sind mit ihrer Lage nicht zufrie­den usw. Und ziem­lich viel ist anders, als es am Anfang scheint. Gut gefal­len hat mir an die­ser Space Ope­ra auch, dass eini­ge der Trau­ma­ta und sozia­len Ängs­te eini­ger Haupt­per­so­nen klar the­ma­ti­siert wer­den. Egal, wie sehr sie die Held*innen die­ser Geschich­te sind. Ich bin auf den drit­ten Band gespannt – der zwei­te ende­te ziem­lich abrupt mit einer fie­sen Enthüllung.

Auch Space Ope­ra, aber kom­plett anders, ist die online ver­öf­fent­lich­te Novel­le The Epi­pha­ny of Glie­se 581 von Fer­nan­do Bor­ret­ti (2022), die ein biss­chen an Greg Egan erin­nert. Viel spielt hier in dia­mant­ba­sier­ten Com­pu­ter­sub­tra­ten, und Menschen/transhumane Wesen, die sich selbst down­loa­den und per Mate­rie­druck repro­du­zie­ren kön­nen, tun sich ein biss­chen ein­fa­cher damit, ferns­te Son­nen­sys­te­me zu erfor­schen – oder wie hier: auf­zu­klä­ren, wie eine voll­endes trans­hu­ma­ne „Gott­heit“, die den namens­ge­ben­den Stern Glie­se 581 nach eige­nem Bild gestal­tet hat, zu Tode kam. 

Gele­sen habe ich und sehr emp­feh­len kann ich dann noch das gera­de erschie­ne­ne Auto­ma­tic Nood­le (2025) von Anna­lee Newitz. Wäh­rend ich mit ihren Ter­ra­for­mern nicht so viel anfan­gen konn­te, hat mir die­se eher cozy Geschich­te gut gefal­len: im Kern geht es um vier sehr unter­schied­li­che Robo­ter (und einen Men­schen), die übrig blei­ben, als eine Möch­te­gern-Fast­food-Ket­te ihr Geschäft auf­gibt. Das gan­ze spielt in San Fran­cis­co, in einem Kali­for­ni­en, das sich gera­de in einem blu­ti­gen Krieg von Ame­ri­ka abge­spal­tet hat, und das – anders als die Rest-USA – unter bestimm­ten Bedin­gun­gen men­schen­ähn­li­che Robo­ter mit Rech­ten aus­stat­tet – was ande­re nicht davon abhält, Vor­ur­tei­le zu äußern. Mit viel Lie­be zum Detail erzählt Nee­witz, wie aus dem Fast­food-Shop ein auf Biang-Biang-Nudeln spe­zia­li­sier­tes Restau­rant wird (da erin­ner­te mich das eine oder ande­re an Sourdough) – und wie dabei die ganz unter­schied­li­chen Robo­ter-Per­sön­lich­kei­ten mit ihren Stär­ken (und Schwä­chen und Trau­ma­ta) zusam­men­fin­den. (Lesens­wer­tes Inter­view mit Newitz dazu.)

In gewis­ser Wei­se gut dazu gepasst hat der Film Chap­pie (2015, lief auf Net­flix), den ich eher zufäl­lig aus­ge­wählt habe. Hier geht es um auto­no­me Poli­zei­ro­bo­ter in Johan­nis­burg und was pas­siert, als eine*r davon ein Bewusst­sein bekommt und bei einer von „Die Ant­wo­ord“ gespiel­ten Gangs­ter­fa­mi­lie auf­wächst. Regis­seur Neill Blom­kamp legt an man­chen Stel­len zu dick auf, der Film kann sich manch­mal nicht ent­schei­den, ob er jetzt Thril­ler, Hip-Hop-Gangs­ter­ko­mö­die oder Robo­ter-Reflek­ti­on sein möch­te – unter­halt­sam war’s trotz­dem. Ins­be­son­de­re mit dem zum Zeit­punkt die­ses Films noch nicht abseh­ba­ren AI-Hype im Hinterkopf.

Wei­ter­ge­guckt habe ich außer­dem Foun­da­ti­on und Star Trek: Stran­ge New Worlds – wobei ich hier von Fol­ge 6 („The Seh­lat Who Ate Its Tail“) ins­ge­samt eher begeis­tert war, und mit den Fol­gen 7 („What Is Star­fleet?“) und 8 („Four-and-a-Half Vul­cans“) nicht so viel anfan­gen konnte. 

Begon­nen und dann gleich bin­ge­ge­watcht habe ich die ers­te Staf­fel von Silo (Apple TV, 2023), der Ver­fil­mung der Bücher Wool, Shift und Dust von Hugh How­ey. Die Serie spielt (zumin­dest in der ers­ten Staf­fel) fast aus­schließ­lich in einer rie­si­gen Unter­grund­stadt, dem titel­ge­ben­den Silo, das von selt­sa­men Regeln (Trep­pen­stei­gen zwi­schen den 144 Stock­wer­ken!, kei­ne Mikro­sko­pe!) beherrscht wird. Drau­ßen ist böse – jeden­falls ist das die mit gro­ßem Auf­wand auf­recht erhal­te­ne herr­schen­de Mei­nung. Und Arte­fak­te aus der Zeit davor sind eben­falls ver­bo­ten. Durch einen geschick­ten Kniff ver­bin­det die Serie die Gescheh­nis­se im unters­ten Level – hier küm­mern sich Mechaniker*innen dar­um, dass alles läuft – der Mit­tel­schicht und der Eli­te des Silos in den obe­ren Leveln. Die Haupt­per­so­nen und deren Che­mie unter­ein­an­der ist dann auch Grund genug, über das eine oder ande­re Plot­ho­le hin­weg zu sehen (wie kommt eine seit vie­len Jahr­zehn­ten von der Außen­welt abge­schnit­te­ne Stadt mit 10.000 Men­schen an so Din­ge wie Kaf­fee oder Lötzinn?). 

Photo of the week: Copenhagen (part I)

Wie schon bei Flo­renz zu Ostern (und ja, wie eigent­lich immer bei Rei­sen …) gibt es sehr vie­le Fotos, die ich aus Kopen­ha­gen mit­ge­bracht habe. Inzwi­schen habe ich sie sor­tiert und auf Flickr gestellt. Um mei­ne Pho­to-of-the-Week-Rubrik nicht zu über­frach­ten, gibt es heu­te dann gleich meh­re­re Fotos – und ein biss­chen Text dazu. Nächs­te Woche fol­gen dann noch Pri­de, Chris­tia­nia und Museen.

A day at the sea - IX

Das Meer

Kopen­ha­gen liegt am Meer (ich weiß gar nicht genau, ob das an die­ser Stel­le noch/schon Ost­see ist, oder ob der Öre­sund da aus­ge­nom­men ist), und das merkt man der Stadt an. Inzwi­schen kann auch im Hafen­ge­biet an vie­len Stel­len geba­det wer­den. Das wur­de auch eif­rig getan. Ich selbst habe mir ein Fahr­rad geschnappt und bin ins mon­dä­ne Klam­pen­borg etwas nörd­lich der Stadt gera­delt. Dort gab es Son­nen­schein, weiß gestri­che­ne Häu­ser, einen wun­der­ba­ren Sand­strand, blau­es Meer – nur zum Schwim­men war’s etwas kalt.

Die Fahrräder

Dybbølsbro - I

Zuge­ge­be­ner­ma­ßen war ich vor eini­gen Jah­ren in Hol­land beein­druck­ter von der Fahr­rad­in­fra­struk­tur, aber auch die in Kopen­ha­gen ist erle­bens­wert. Es gibt vie­le brei­te Rad­we­ge, par­ken­de Autos sind vie­ler­orts in Neben­stra­ßen und Park­häu­ser ver­bannt, und eine gan­ze Rei­he von Brü­cken sind spe­zi­ell für Rad­fah­ren­de und Fußgänger*innen gedacht. Die gute Infra­struk­tur wird ent­spre­chend gut genutzt – so vie­le Fahr­rad­staus habe ich bis­her sonst nir­gend­wo erlebt. Posi­tiv, viel­leicht auch dem fla­chen Land geschul­det: kei­ne auf­ge­motz­ten E‑Bikes, son­dern zumeist gute alte Hol­land­rä­der. Genau das rich­ti­ge für den ent­spann­ten Stadt­ver­kehr. Kopen­ha­gen ist nicht per­fekt: die Aus­schil­de­rung der Haupt­rad­rou­ten fand ich nicht so schlüs­sig, und an Kreu­zun­gen war es manch­mal etwas unüber­sicht­lich. Auf dem Bild zu sehen: der sehr brei­te Rad­weg von Islands Bryg­ge nach Ves­ter­bro bei Son­nen­un­ter­gang. Das wei­ße Gebäu­de rechts ist übri­gens eine neu gebau­te Schu­le – samt Dach­gar­ten und Rut­sche von einem Stock­werk ins andere. 

Die Architektur I

Kaktustårnene (Cactus towers) - III

Kopen­ha­gen ist eine Archi­tek­tur­me­tro­po­le. Es gibt ein sehr gut gemach­tes Archi­tek­tur­mu­se­um (mit einer Son­der­aus­stel­lung zu Recy­cling und Nach­hal­tig­keit im Bau, die ich sehens­wert fand) und es gibt fast über­all in der Stadt nicht nur die typi­schen klas­si­zis­ti­schen Stra­ßen­zü­ge (und eini­ge sehr spitz auf­ra­gen­de Tür­me), son­dern auch sehr sehr vie­le neue­re span­nen­de Bau­ten. Auf dem Bild hier sind die Kak­tu­stür­me zu sehen, die ich beson­ders ein­drucks­voll fand. Ich bin mir aller­dings nicht sicher, wie funk­tio­nal eigent­lich die weit aus­ra­gen­den Beton­ele­men­te sind, wenn ein Bal­kon als Bal­kon genutzt wird. Die Tür­me sind mit dem Dach des IKEA-Neu­baus ver­bun­den, das öffent­lich zugäng­lich ist. 

Die Architektur II

Carlsberg district - XX

Gut gelun­gen erscheint mir die Ver­bin­dung von Neu­em und Alten in dem neu­en Stadt­teil „Carls­berg“ auf dem ehe­ma­li­gen Braue­rei­ge­län­de (von dem noch das berühm­te Ele­fan­ten­tor steht). 

Weni­ger beein­dru­ckend als oft dar­ge­stellt dage­gen Superki­len in Nør­re­b­ro – der Stadt­park wirk­te bei mei­nem Besuch eher wenig ange­nom­men und etwas heruntergekommen. 

Die Architektur III

Ørestad South - XII

Weni­ger gut gefal­len hat mir Ørestad – ein groß ange­leg­ter neu­er Stadt­teil auf der Insel Ama­ger, zwi­schen Kopen­ha­gen und dem Flug­ha­fen (und der Brü­cke Rich­tung Mal­mö). Haupt­ach­se des Stadt­teils ist die auto­nom fah­ren­de Metro, die hier über­ir­disch auf Stel­zen unter­wegs ist. Links und rechts davon rei­hen sich Klöt­ze an Klöt­ze; erst ein wenig im „Hin­ter­land“ fin­den sich Wohn­sied­lun­gen. Hier gibt es ein Ein­kaufs- und ein Kon­gress­zen­trum, ins­ge­samt wirk­te das auf mich aber sehr nach dem Com­pu­ter­spiel „Cities Sky­li­nes“ und nicht nach einer men­schen­ge­rech­ten Stadt – die Plät­ze wirk­ten ver­las­sen und es gab spür­bar mehr Autoverkehr.

Kurz: The Mad Twenties

„May you live in inte­res­t­ing times“ – der sprich­wört­li­che Fluch trifft voll und ganz zu. Nicht nur das: ich habe die vage Hoff­nung, dass es im Jahr 2050 Historiker*innen geben wird, die gan­ze Sym­po­si­en mit Dis­kus­sio­nen dazu fül­len wer­den, wie es zu den „mad twen­ties“ kom­men konn­te, ob die­se eigent­lich bereits mit der Trump-Wahl 2016 begon­nen haben, und ob die Pan­de­mie, die Chat­bots oder der unre­gu­lier­te Gebrauch sozia­ler Medi­en haupt­ur­säch­lich dafür war, dass sich die zor­ni­ge Ver­ken­nung der Rea­li­tät in jeg­li­cher Hin­sicht so aus­brei­ten konnte.

War­um Hoff­nung? Weil dies impli­ziert, dass es im Jahr 2050, in 25 Jah­ren, noch Historiker*innen geben wird, ihre Zeit mit im bes­ten Sin­ne aka­de­mi­schen Debat­ten zu ver­brin­gen. Und, wich­ti­ger noch, weil der Rück­blick auf die­se ver­rück­te Deka­de nur dann mög­lich ist, wenn der kol­lek­ti­ve Absturz in eine Fan­ta­sie­welt über­wun­den wurde.

Im bes­ten Fall wird es in 25 Jah­ren hoch­strit­tig sein, ob in den „Mad Twen­ties“ nicht bereits der Keim für eine bes­se­re Welt­ord­nung ange­legt war: die geo­po­li­ti­schen Rea­li­tä­ten, die ein für alle mal klar gemacht haben, dass ein Ver­las­sen auf ande­re nicht funk­tio­niert; das begin­nen­de expo­nen­ti­el­le Wachs­tum von Green Tech und erneu­er­ba­rer Ener­gie, noch ein­mal ver­stärkt durch die Abschot­tung der USA; das Plat­zen der KI-Bla­se und die ers­ten zag­haf­ten Ver­su­che, mit Mit­teln der Moni­pol­kon­trol­le gegen seman­ti­sche Viren vorzugehen.

Im mitt­le­ren Fall wird es auch in 25 Jah­ren noch Auf­räum­ar­bei­ten geben; die letz­ten Wehen zer­stör­ter Insti­tu­tio­nen und nie­der­lie­gen­der Öko­no­mien. Dann wer­den Wahr­heits­kom­mis­sio­nen ein­ge­setzt, die auf­ar­bei­ten, wer Wider­stand geleis­tet hat und wer als Räd­chen des gro­ßen ame­ri­ka­ni­schen Reichs an den Unta­ten mit­ge­wirkt hat.

Der schlimms­te Fall wäre jedoch, dass es eben auch 2050 kei­nen Rück­blick auf die wahn­haf­ten 2020er geben wird, weil deren Rea­li­täts­ver­lust sich fest­ge­setzt hat und zur dau­er­haf­ten Metho­de gewor­den ist. Dann wür­de die Welt in das Gen­re des (Post-)apokalyptischen gerutscht sein. Kei­ne schö­ne Vor­stel­lung – und Anlass, trotz aller Ver­rückt­hei­ten sich jetzt nicht ins Pri­va­te zurück zu ziehen.

Photo of the week: Helsingør – Not the little mermaid – I

Helsingør - Not the little mermaid - I

 
Ich war die letz­te Woche in Kopen­ha­gen (und Umland), und fand die Stadt sehr ent­spannt und lebens­wert. Wie immer sind es viel zu vie­le Fotos, die ich aus einem Urlaub mit­brin­ge. Das ers­te Drit­tel oder so ist inzwi­schen sor­tiert und bei Flickr ein­ge­stellt. Zu sehen sind da bis­her Fotos aus Hel­sin­gør (ok, nicht ganz Kopen­ha­gen, aber wo ich schon mal da war, und in der Copen­ha­gen­Card auch der etwas wei­te­re Zug­ver­kehr inklu­diert war, habe ich mir Schloss Kron­borg und die Stadt ein biss­chen ange­se­hen) und aus dem Kunst­mu­se­um Lou­sia­na in Hum­le­bæk, aus dem Kopen­ha­ge­ner Vier­tel Ves­ter­bro, in dem mein Hotel lag sowie Archi­tek­tur­fo­tos aus dem weit­ge­hend neu­ge­bau­ten Carls­berg-Quar­tier. Und ein Blick in die Psy­chos­phe­re-Instal­la­ti­on in der Cis­ter­ner­ne, die ich recht ein­drucks­voll fand. 

Was ich nicht gese­hen habe, ist die Klei­ne Meer­jung­frau. Dafür ist auf dem Foto oben „Han“ (er) zu sehen, ein spie­geln­der jun­ger Mann, der auf die Kul­tur­werft Hel­sin­gør und das Schloss Kron­borg schaut. Und über den Öre­sund nach Schweden.