Falls mich jemand auf Bluesky sucht …

Contrail

… bin ich da wei­ter­hin nicht zu finden.

Mit jeder wei­te­ren Musk-Eska­pa­de bin ich dann doch froh drum, Ex-Twit­ter zwangs­wei­se ver­las­sen zu haben.

Nach den Nerds, die schon vor ein paar Mona­ten von Twit­ter ins Fedi­ver­se gewech­selt sind, wird es jetzt auch gro­ßen und bekann­ten Accounts zu heiß. Der place to be scheint – nach­dem Post, News, Threads, etc. sich alle als nicht so dol­le her­aus­ge­stellt haben – der Twit­ter-Able­ger Blues­ky zu sein. Und weil alle dahin­ge­hen, gehen alle dahin. Sofern sie denn einen der noch knap­pen Invi­te-Codes bekommen. 

Mar­kus Becke­dahl beschreibt die­sen Exodus hier viel bes­ser, als ich das könn­te. Und er beschreibt – am Schluss der Kolum­ne – auch ganz gut, war­um das nur bedingt eine gute Idee ist.

Letzt­lich ist Blues­ky eine wei­te­re kom­mer­zi­el­le Platt­form mit dem Ziel, irgend­wann Geld zu ver­die­nen. Bis­her lässt sich da ange­nehm die Zeit ver­brin­gen, nach allem, was ich dazu höre. Ob das auf Dau­er so sein wird, und was pas­siert, wenn z.B. in grö­ße­rem Aus­maß Trol­le auf­tau­chen, bleibt abzu­war­ten. Und auch wenn es aktu­ell nur eine Pos­til­lon-Sati­re ist – nie­mand kann aus­schlie­ßen, dass eines Tages Musk oder ein*e andere*r durch­ge­knall­te Superreiche*r Blues­ky kauft und die eige­nen Regeln etabliert.

Ich ver­ste­he, dass das Fediverse/Mastodon auf eini­ge abschre­ckend wirkt. Die tech­ni­sche Kom­ple­xi­tät wird nicht so gut hin­ter einer schi­cken Ober­flä­che ver­steckt, wie das bei kom­mer­zi­el­len Platt­for­men der Fall ist. Die Mast­o­don-App für ios hat so ihre Macken. Und: eini­ge Ele­men­te der Kul­tur, die sich dort eta­bliert hat, ner­ven (sie­he dazu auch hier). Alles ver­ständ­lich. Trotz­dem füh­le ich mich bei Mast­o­don inzwi­schen gut ein­ge­rich­tet wohl. Viel­leicht ist eine lang­sa­me­re und weni­ger zu vira­len Aus­brü­chen nei­gen­de Platt­form in die­sen Zei­ten gar nicht so schlecht. 

Wer mich bei Mast­o­don sucht, fin­det mich dort unter @_tillwe_@mastodon.social. Und wer selbst wech­seln will, dem wür­de ich aller­dings nicht die­se Groß­in­stanz emp­feh­len, son­dern lie­ber etwas loka­les, norden.social, sueden.social, oder hier in der Frei­bur­ger Regi­on freiburg.social.

Tech­nisch ist es nicht aus­ge­schlos­sen, dass jemand eines Tages eine Brü­cke baut zwi­schen dem W3C-stan­dar­di­sier­ten Pro­to­koll des Fedi­ver­se und dem Sys­tem, das unter der Hau­be von Blues­ky steckt. Bis­her gibt es die­se Brü­cke nicht, und wenn die übli­che kom­mer­zi­el­le Platt­form­lo­gik greift, dann wird es sie auch nicht lan­ge geben. Wäre schön, wenn es anders läuft. (Zur Erin­ne­rung: Twit­ter fing mal mit offe­ner API und ganz vie­len Zugriffs­mög­lich­kei­ten für Apps an – bis die­ses gan­ze Öko­sys­tem nach und nach zer­stört wur­de, um die Inter­ak­tio­nen samt Wer­be­kun­den-Views auf twitter.com zu holen). 

Das mal als aktu­el­ler Stand – auch mei­ne Hal­tung hier ist sicher nicht in Stein gemei­selt, ich habe, wie gesagt, durch­aus Ver­ständ­nis dafür, dass Blues­ky zur Zeit attrak­tiv wirkt und vie­le anzieht. FOMO tut ein übri­ges – aber das hal­te ich aus. Inso­fern bin ich bis auf wei­te­res nicht auf Blues­ky zu finden. 

Nix von X

Fürs Pro­to­koll: nach mei­ner mir wei­ter unkla­ren Twit­ter-Sper­rung durch die X Corp habe ich sofort auf den Ein­spruch-But­ton geklickt und dann auch noch mal sepa­rat eine Mail an die irgend­wo im Impres­sum ver­steck­te de-Sup­port-Adres­se geschickt.

Eine Reak­ti­on gab es bis heu­te nicht. Irgend­wie erscheint mir das nicht rich­tig. Lei­der ist das deut­sche Umset­zungs­ge­setz für den Digi­tal Ser­vices Act erst für Janu­ar ange­kün­digt, das wür­de zumin­dest eine Art Ver­fah­ren definieren.

Ich bin noch nicht ent­schie­den, was ich jetzt mache – Wink des Schick­sals, es mit Twit­ter jetzt halt blei­ben zu las­sen, oder Stur­heit und gucken, ob es einen recht­li­chen oder wie auch immer gear­te­ten Weg gibt, den Account wie­der frei zu bekommen?

(Dass ich gera­de Micha­el See­manns klu­ges Buch über die Macht der Platt­for­men gele­sen habe, hilft nur bedingt wei­ter. Immer­hin könn­te ich jetzt mit klar defi­nier­ten Begrif­fen beschrei­ben, war­um „X“ es sich leis­ten kann, so vorzugehen.)

Kafka am Morgen (oder: Twitterende, Teil 4 von x)

Nicht die Ver­wand­lung, son­dern der Pro­zess – irgend­was wird mir vor­ge­wor­fen, aber ich habe kei­ne Ahnung, um was es geht, und was ich (außer auf den Knopf „Ein­spruch ein­le­gen“) dage­gen tun kann. Der übli­che mor­gend­li­che Griff nach dem Han­dy, der Klick auf das X, das den blau­en Vogel ersetzt hat, führt ins Lee­re – und ich muss zwei­mal hin­schau­en, um zu kapie­ren, was da steht:

"Dein Account ist gesperrt"

Mein Account ist gesperrt. Eine Mail dazu gab es nicht. Und der Account ist auch gleich „per­ma­nent gesperrt“. Kei­ne Ver­war­nung, kein Hin­weis auf „bit­te die­sen Post löschen“, son­dern „per­ma­nent gesperrt“. War­um? Weil ich gegen – unfrei­wil­li­ge Komik – „X Regeln“ ver­sto­ßen haben soll. Wel­che das sind, wird nicht gesagt. 

Ver­mu­ten kann ich, dass die letz­ten paar Posts, die Aiwan­gers jugend­li­che Freu­de am Natio­nal­so­zia­lis­mus kom­men­tiert haben, der Grund für die Sper­rung waren. Wei­ter kann ich ver­mu­ten, dass da jemand flei­ßig Posts gemel­det hat (wobei ich auch dazu kei­ne Infor­ma­tio­nen bekom­men habe, was sonst der Fall ist). Oder es war ein über­eif­ri­ger Bot. Und ich ken­ne min­des­tens einen zwei­ten Account, der ges­tern eben­falls gesperrt wurde. 

Viel­leicht endet nach 15 Jah­ren oder so, genaue­res müss­te ich nach­schau­en, mei­ne Nut­zung von Twit­ter. Wäre ja auch nicht das schlech­tes­te. Aber wis­sen, was da hin­ter steckt, wür­de ich schon ger­ne. Inso­fern bin ich gespannt, ob der Ein­spruch gegen die Sper­re irgend­et­was bewegt. All zu viel Hoff­nung habe ich aller­dings nicht. 

Gleich­zei­tig legt die­se Sper­re auch offen, wie unbe­nutz­bar Twit­ter aka X inzwi­schen ist – theo­re­tisch kann ich mit der Sper­re wei­ter lesen, was auf Twit­ter gepos­tet wur­de. Prak­tisch kam sofort die Mel­dung, dass ein Häu­fig­keits­li­mit über­schrit­ten ist, und ich doch bit­te ein Abo abschlie­ßen soll, um wei­te­re Tweets zu lesen. Nee, sicher nicht. 

Der Ver­such, in mei­nem Pro­fil­text dar­auf hin­zu­wei­sen, dass der Account gesperrt ist, schei­ter­te eben­falls an einem HTML-Feh­ler (in der ios-App), und der Klick auf „Archiv her­un­ter­la­den“ führ­te nur in eine End­los­schlei­fe. Viel­leicht ist es ein­fach so, dass das Ex-Twit­ter kaputt ist. Dann eben anders­wo. Wer mit mir inter­agie­ren will: bei Mast­o­don unter @_tillwe_ geht das weiterhin. 

P.S.: Neben­ef­fekt: ich mer­ke, wie sehr ich das „mal schnell eben auf Twit­ter gucken“ inzwi­schen ver­in­ner­licht und als Pra­xis auto­ma­ti­siert habe. Oder mit Gar­fin­kel: erst die Kri­se zeigt die Regel­struk­tu­ren auf. 

Kurz: Twitterende, Teil 3 von x

Das ehe­ma­li­ge Twit­ter („Ex-Twit­ter“, oder kurz „X“) macht wei­ter Sor­gen. Der­zeit kur­siert die Ankün­di­gung Musks, die Block-Funk­ti­on abzu­schaf­fen. Bis­her ist es für jeden Account mög­lich, ande­re Accounts zu blo­ckie­ren – d.h., die­se kön­nen, zumin­dest, solan­ge sie ein­ge­loggt sind, die eige­nen Inhal­te nicht sehen, und, wich­ti­ger noch, die­se nicht kom­men­tie­ren. Das mag umständ­lich klin­gen, ist in der Pra­xis aber wich­tig, weil es furcht­bar anstren­gend und unpro­duk­tiv ist, von jedem und jeder zur Kom­mu­ni­ka­ti­on qua­si gezwun­gen wer­den zu kön­nen. Um die eige­ne Time­line zu „kura­tie­ren“, oder, schö­ner gesagt: für ein ange­neh­mes Dis­kus­si­ons­kli­ma zu sor­gen, ist es nicht nur wich­tig, wel­chen ande­ren Accounts und Per­so­nen man folgt, son­dern eben auch, wen man rauswirft. 

Genau die­ses „Blo­cken“ soll es, wenn Musk umsetzt, was er ankün­digt, in Zukunft nicht mehr geben. Ein wei­te­rer Grund, sich von Twit­ter zu ver­ab­schie­den. Zumin­dest alles per­sön­li­che­re läuft bei mir eh längst auf Mast­o­don – das Ex-Twit­ter nutz­te ich noch für poli­ti­sche Debat­ten, weil die lei­der wei­ter eher dort stattfinden.

In dem Zusam­men­hang noch ein Wort zur Ver­wun­de­rung über den Drang, zu „Blues­ky“ zu wech­seln. Ich kann das einer­seits „kul­tu­rell“ ver­ste­hen – alles wie Twit­ter 2018, nicht so unan­ge­nehm tech­nisch wie Mast­o­don, die Hür­den sind klei­ner, und die Invi­te-Only-Poli­tik sorgt dafür, dass inter­es­san­te Men­schen dort­hin wol­len. Ande­rer­seits ist der Blues­ky-Grün­der jetzt nicht unbe­dingt ein Garant für freund­li­ches Zusam­men­sein, trotz angeb­lich dezen­tra­li­sier­ba­rer Archi­tek­tur bleibt das Pro­blem, dass die Platt­form in einer Hand bleibt und jeder­zeit enden oder sich ver­än­dern kann – und letzt­lich will irgend­wer mit Blues­ky Geld ver­die­nen. Da will ich nicht hin. Und wenn ich auf die letz­ten Jah­re zurück­bli­cke, in denen ich ohne Insta­gram-Account aus­ge­kom­men bin – auch das wird sich nicht ändern – und nie bei „Club­house“ war, sehe ich auch kei­ne Not­wen­dig­keit, mich um einen Blues­ky-Account zu küm­mern. Das glei­che gilt noch viel mehr für Post und wie die ande­ren Twit­ter-Klo­ne alle hei­ßen. The­re is no need to be hip.

Mög­li­cher­wei­se endet die Zeit unitä­rer Kom­mu­ni­ka­ti­ons­platt­for­men. Muss auch nicht unbe­dingt etwas schlech­tes sein. Wie über­haupt, glau­be ich, eine Inter­net-Ära gera­de zu Ende geht, weil die Trans­ak­ti­ons­kos­ten, um Web­sites und Platt­for­men „kom­mer­zi­ell“ mit Inhal­ten zu fül­len, gera­de ins Nega­ti­ve sin­ken, ChatGPT etc. sei Dank. Soll hei­ßen: das Netz wird zuneh­mend zu einer Müll­hal­de aus maschi­nell pro­du­zier­ten und ger­ne inhalt­lich fal­schen Tex­ten, die eigent­li­chen Infor­ma­tio­nen ver­ber­gen sich gut und Such­ma­schi­nen ver­lie­ren mas­siv an Nutz­wert. Das ist anders als 2020. 

Kurz: Twitterende, Teil 2 von x

Twit­ter wird mehr und mehr zu einem unge­müt­li­chen Ort. Mit der Aus­wahl der chro­no­lo­gi­schen Time­line, einem losen Block­fin­ger und etwas Gelas­sen­heit ist Twit­ter noch halb­wegs nutz­bar. Ja, ich bin da immer noch – ich ver­su­che, auf Mast­o­don akti­ver zu sein und „net­te“ Din­ge wie z.B. Blu­men­fo­tos eher dort zu pos­ten, aber schnel­le, poli­ti­sche, jour­na­lis­ti­sche Debat­ten fin­den nach wie vor auf Twit­ter statt. Lei­der. Die Zahl „blau­be­hak­ter“ Idiot*innen ist aller­dings groß, und alles, was in Rich­tung Emp­feh­lun­gen geht, soll­te tun­lichst gemie­den wer­den. Da ist dann schon sehr stark spür­bar, dass „free speech“ für Musk vor allem freie Bahn für Nazis bedeutet.

Heu­te dann ein paar Ankün­di­gun­gen, die sehr nach end­gül­ti­gem Ende von Twit­ter klin­gen. Zum einen las­sen sich ver­link­te Tweets ohne Account nicht mehr lesen. Damit ist Twit­ter kein öffent­li­cher Ort mehr. Und zum ande­ren wur­de heu­te ein „Time­line limit“ angekündigt.

Musk schrieb: „To address extre­me levels of data scra­ping & sys­tem mani­pu­la­ti­on, we’­ve appli­ed the fol­lo­wing tem­po­ra­ry limits:

- Veri­fied accounts are limi­t­ed to rea­ding 6000 posts/day
– Unve­ri­fied accounts to 600 posts/day
– New unve­ri­fied accounts to 300/day“

Da steht, genau gele­sen, dass die­se Beschrän­kun­gen tem­po­rär sind. Ob das stimmt, sei dahin­ge­stellt. Viel­leicht soll es wirk­lich das Scra­ping von Twit­ter (und das Ein­füt­tern in AIs) unter­bin­den. Oder es geht dar­um, Leu­ten den Bezahl­ac­count schmack­haft zu machen (never!). Aber dann wäre es unlo­gisch, auch da eine Gren­ze einzuziehen.

Pi mal Dau­men mal durch­ge­rech­net: ich fol­ge 2000 Leu­ten, selbst wenn im Schnitt nur ein bis zwei Pro­zent davon je Stun­de einen Tweet schrei­ben, wür­de ich die 600 Tweets (pro Tag) im Time­line­scrol­len schnell errei­chen. Und wenn ein paar Power­user dabei sind, die z.B. einen län­ge­ren Tweet ret­wee­ten, geht’s noch schnel­ler. Inso­fern ist eine Begren­zung auf das Lesen von 600 Posts ein ech­tes Pro­blem. Oder, anders gesagt: Twit­ter tut gera­de sehr viel, um Mast­o­don etc. attrak­ti­ver zu machen. Dann halt so.