Inhaltlich hatte ich über den grünen Länderrat vom 17.6. ja schon geschrieben; hier nachgereicht jetzt noch ein Foto, das Licht und Schatten im Foyer der Tagungshalle in Bad Vilbel zeigt. Sehr kühl, aber doch ästhetisch.
Lasst euch nicht verhärten
Als ich vor ein paar Wochen erfahren habe, dass ich als baden-württembergischer Ersatzdelegierter für den Länderrat im hessischen Bad Vilbel einspringen soll, bin ich noch davon ausgegangen, dass das eine eher mäßig spannende Sache werden würde.
Der Länderrat – also der kleine Parteitag von Bündnis 90/Die Grünen mit rund 100 Delegierten, viele davon „Funktionär*innen“ – ist üblicherweise viel weniger dynamisch als unsere großen Parteitage mit rund 800 Delegierten. Und diesmal ging es auch mit der Themensetzung – Klimaschutz in Verbindung mit Sicherheit und Wirtschaft – und dem Tagungsort in der Nähe von Frankfurt ganz offensichtlich darum, Tarek Al-Wazir und den hessischen Grünen Rückenwind für die Landtagswahl im Herbst zu geben.
Der Länderrat, zu dem ich heute morgen durchaus mit Sorge aufgebrochen bin, stand dann unter ganz anderen Vorzeichen. Zum einen, weil die Debatten der letzten Tage um Heizungsgesetz und Klimaschutz schwierig waren, zum anderen aber, weil das eigentlich wichtige Thema unter dem Punkt Verschiedenes noch auf die Tagesordnung gesetzt worden war: die Frage, wie wir uns als Partei zum europäischen Asylkompromiss des Rats verhalten wollen – und wie das diesbezügliche Handeln der grünen Regierungsmitglieder bewertet werden soll.
Seit Donnerstag letzter Woche hatte diese Debatte zu einer massiven Polarisierung geführt – manche sahen alte Flügelkämpfe wieder aufleben, es gab sich jeweils widersprechende Statements der entsprechenden Personen aus dem Bundesvorstand und der Fraktionsspitze, auf Sondersitzungen und in Videokonferenzen und Webinaren wurde hitzig diskutiert. Der entsprechende Antrag war letztlich mit über 50 Änderungsanträgen bestückt.
Nach der Landesdelegiertenkonferenz 2013 – eine kleine Bilanz
Foto: Grüne BaWü
Am Schluss hat der Novemberregen im in der Tat pittoresken Esslingen mit heftigen Windböen meinen Regenschirm zerstört. Dieser wurde also ein Opfer des Parteitags.
Und sonst? In einem sehr gut gefüllten Bewerberfeld – inklusive einer erfolgreichen Spontankandidatur – hat es mit meiner Parteiratsbewerbung leider nicht geklappt. Das ist einerseits schade, andererseits habe ich eine ganze Menge Zuspruch von verschiedenen Seiten bekommen, und letztlich auch ein durchaus positives Feedback auf meine Rede (wer will, kann sie hier nachlesen). Es hat nicht sein sollen; vielleicht auch deswegen, weil ich – anders als einige andere Kandidaten – vor allem darüber geredet habe, wie ich die Partei und den Parteirat sehe, und nicht darüber, was die aktuellen Herausforderungen der Europapolitik oder der Regierungspolitik sind. Für beides sehe ich im Parteirat nicht den richtigen Ort – nicht umsonst spreche ich in meiner Rede vom „strategischen Herz der Partei“.
„Nach der Landesdelegiertenkonferenz 2013 – eine kleine Bilanz“ weiterlesen
Zwei Flügel auf der immerwährenden Suche nach der Mitte
Vielleicht bin ich einfach schon zu lange dabei in dieser Partei, vielleicht ist das der Grund, warum ich das derzeit stattfindende innerparteiliche Ringen um die Deutungsmacht nach der Wahlniederlage nicht besonders beeindruckend finde. Wir streiten über den richtigen Kurs, das tun wir als Partei, das tun wir gemeinsam – und wir tun es nicht zum ersten Mal. Und es wird, da bin ich mir sicher, nicht mit dem Durchmarsch des einen oder des anderen Flügels enden, sondern mit einer neuen Selbstgewissheit grüner Eigenständigkeit.
Eingeständnisse und Eigenständigkeit
Auch der gestern stattgefundene Länderrat zum Wahlausgang, an dem ich als Delegierter für Baden-Württemberg teilgenommen habe, ändert nichts an dieser Bewertung. Nein, er bestärkt mich sogar in dieser Auffassung. Klar: Es gab die großen Schaufensterreden, in denen nicht nur für den einen oder anderen Kurs geworben wurde, sondern auch versucht wurde, die Schuld für die Wahlniederlage möglichst auf der anderen Seite des innerparteilichen Spektrums abzuladen. Einige Reden lassen sich hier richtig schön als Musterbeispiel dafür hernehmen, wie versucht wird, nachträglich ein neues Narrativ über die Tatsachen zu stülpen, bei dem dann die „andere Seite“ schlechter als vorher dasteht.
„Zwei Flügel auf der immerwährenden Suche nach der Mitte“ weiterlesen
Imperfekt Nr. I
In den letzten Tagen dachte ich mehrmals: Dazu sollte ich jetzt aber was bloggen. Und hab’s dann doch beim Tweet belassen. Und jetzt gerade konnte ich mich nicht entscheiden, was einen ganzen Blogeintrag Wert wäre und was nicht. Also, vielleicht mal was Neues ausprobieren – meine Tweets der letzten Tage durchforstend das eine oder andere nochmal hervorheben und kommentieren. Gedacht als Experiment mit eventueller Fortsetzungschance.
In dieser Ausgabe: Urheberrechtsfachtagung, Länderrat, die neue alte Medienwirkungsdebatte (D‑Demenz), Biolebensmittel, Science-Fiction-Filme als Opern, fehlende Apps für Kinder, die Arbeitszeiten von WissenschaftlerInnen, grüne Strömungen im Netz, die Zukunft meines Zeitungsabos, links-feministische Beziehungen und die Grüne Jugend.