Aprilwetter im März, aber doch immer wieder extrem frühlingshafte Tage, und allmählich fangen auch die ganzen Obstbäume an zu blühen. Und dazu dann heute die Frühlings-Tagundnachtgleiche. Licht!
Das WissZeitVG als Musterbeispiel der Verschlimmbesserung
Ich bin seit zwölf Jahren nicht mehr an der Uni beschäftigt, und beruflich wie ehrenamtlich gehört Hochschulpolitik schon seit einigen Jahren nicht mehr zu meinem Portfolio. Trotzdem ärgere ich mich sehr über den jetzt vorgelegten Eckpunkte-Entwurf der Ampel-Hochschulpolitiker*innen und des BMBF zur Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG). Neben einigen vielleicht sinnvollen Punkten wie etwa Mindestlaufzeiten für studentische Verträge ist ein zentraler Eckpunkt dieser Reform die Verkürzung der Post-Doc-Zeiten von sechs auf drei Jahre. Und das sorgt berechtigterweise gerade für eine Welle der Empörung in den sozialen Medien, auf die die genannten Hochschulpolitiker*innen leider alles andere als professionell reagieren. (P.S.: inzwischen hat das BMBF zumindest nochmal neue Gespräche angeboten … ein großer Erfolg für #ichbinhanna, ich hoffe, da bewegt sich dann auch etwas).
Irgendwie gab es da wohl den Glauben, dass die Reform mit hübschen Sharepics, einem lächelnden Politiker*innen-Foto und ein paar netten Worten „verkauft“ werden kann. Die bei einem solchen Punkt vorhersehbare Kritik – nicht nur von Leuten, die jetzt gerade Post-Docs sind, also nach der Promotion an der Hochschule forschen und lehren, sondern auch von vielen Professor*innen, der GEW und sogar der Hochschulrektorenkonferenz – scheint für einige überraschend gekommen zu sein. Umso mehr klammern sich die Ampel-Politiker*innen daran, dass sie es doch gut meinen, und dass alle, die es kritisch sehen, nur nicht verstanden haben, wie gut sie es meinen. Ich nehme wahr, dass dies bei der SPD und bei der ja eng mit dem BMBF verbundenen FDP etwas mehr passiert und die grüne Haltung von Laura Kraft und Nina Stahr etwas verhaltener ausfällt, aber das mag mein Bias bzw. eine leise Hoffnung sein, dass ein solches Gesetz letztlich nicht durch die Ampel durchgehen kann. Jedenfalls dann nicht, wenn alle hochschulpolitischen Akteur*innen jetzt gemeinsam deutlich machen, dass das so einfach großer Mist ist.
Gleichzeitig zeigt diese Reform, wie schwierig gute und gelingende Hochschulpolitik ist. Das hat leider etwas mit unserem Föderalismus zu tun: für die Regelung der Arbeitszeiten ist der Bund zuständig, für das meiste andere an Hochschulen die Länder.
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Photo of the week: Sun and rain
Photo of the week: White tulip
Ganz allmählich wird es Frühling. Draußen wachsen Schneeglöckchen und Krokusse, die ersten Osterglocken stehen kurz davor, mit dem Blühen zu beginnen, auch Mirabellen und Forsythien blühen schon. Ergänzend im Wohnzimmer Tulpen in der Vase. Hier ein bisschen verfremdet, den Möglichkeiten des Smartphones sei dank.
Berlin auf Rückwärtskurs
Man sieht sich immer zweimal ist ein ganz guter Grundsatz in der Politik. Umso schräger finde ich den Versuch der SPD in Berlin, jetzt Grünen (und in zweiter Linie Linken) die Schuld dafür zu geben, dass eine Fortführung der rot-grün-roten Koalition abgelehnt wird und statt dessen Frau Giffey ihre Partei dazu auffordert, mit der CDU zu koalieren – als, wohlgerkt, dann kleinerer Partner. Der SPD-Landesvorstand hat das mehrheitlich so akzeptiert, und auch die CDU ist wohl bereit dazu, mit der SPD Koalitionsverhandlungen aufzunehmen.
Mich erinnert das Ganze an 2011 – da gab es eine rot-grüne Mehrheit in Berlin, der damalige SPD-Chef Wowereit wollte dann aber doch lieber mit der CDU eine Koalition eingehen (damals mit der CDU als kleinerer Partner, also anders als heute). Schuld am Scheitern der Verhandlungen waren damals, laut SPD: die Grünen – und die Stadtautobahn A100. Die diesmal sicher wieder eine prominente Rolle gespielt hat.
Ich befürchte, dass die nächsten drei Jahre dann für Berlin eine Rolle rückwärts sind: Autos, Beton, ein einige Jahrzehnte überholtes Verständnis von Stadtentwicklung und Sicherheit. Wobei: die beiden Parteien sind vor allem in der Altersgruppe 60+ gewählt worden. Da passt das dann zusammen. Bundespolitisch sind weitere Bundesrats-Veto-Möglichkeiten für die CDU ebenfalls alles andere als toll.
Was natürlich auch noch sein könnte: diese Wahl (die ja eine Wiederholungswahl nach Wahlfehlern war) schlägt nach dem Fast-Stimmengleichstand von SPD und Grünen mit 18,4 Prozent und 18,4 Prozent und einer Differenz von am Schluss noch 53 Stimmen eine weitere Volte, und die SPD-Basis lehnt dann den ausgehandelten Koalitionsvertrag ab. Oder die Mehrheit im Abgeordnetenhaus kommt nicht zustande – auch das soll es ja schon gegeben haben. Jedenfalls: wer verhandelt, mit dem Verhandlungsergebnis nicht zufrieden ist, und die Schuld dann bei der Gegenseite ablädt, hat schlecht verhandelt. Souveränität sieht anders aus.
2011 – als Wowereit lieber mit der CDU koalierte als mit den Grünen – lag die SPD in Berlin übrigens bei 28 Prozent, Grüne bei knapp 18 Prozent. 2016, fünf Jahre später, hatten beide verloren – die SPD sank auf 21,6 Prozent, Grüne auf 15,2 Prozent. Das Ergebnis war eine rot-grün-rote Regierung unter Müller. Auch die CDU verlor in der Koalition mit der SPD deutlich an Zustimmung. Die Vermutung liegt nahe, dass die Entscheidung der SPD, mit rund 18 Prozent in eine Koalition mit der CDU zu gehen, als kleinerer Partner, am Ende nicht dazu führt, dass sie bei der nächsten Wahl 2026 auf Platz eins stehen wird.
Berlin könnte mir ja egal sein. Aber es ist frustrierend, das alles mit ansehen zu müssen. Und das geht selbst Teilen der SPD so. Aus grüner Sicht kann daraus eigentlich nur der Schluss gezogen werden, noch klarer als bisher auf Eigenständigkeit zu setzen. Und so groß zu werden, dass dann auch in grün-schwarzen Bündnissen richtig was durchgesetzt werden kann. Auf die SPD ist jedenfalls kein Verlass.