Zehn Thesen zum Thema Bio-Konsum

Apples and pears II

In letz­ter Zeit wab­ber­te an ver­schie­de­nen Ecken und Enden ja immer mal wie­der das The­ma „Bio ist bäh“ ins Licht der media­len Auf­merk­sam­keit. Sei es durch die Stan­ford-Stu­die, die kei­ne Unter­schie­de beim Vit­amin­ge­halt fest­stel­len konn­te (und Pes­ti­zid­be­las­tun­gen nicht berück­sich­tig­te), sei es durch diver­se genüss­lich wie­der­ge­käu­te Skan­da­le und Skan­däl­chen, sei es durch SPIE­GEL-Kolum­nis­ten, die der SPD das Karot­ten­ku­chen­milieu madig machen wol­len. Und trotz­dem hal­te ich es nach wie vor für sinn­voll, „bio“ ein­zu­kau­fen (und für „fair“ gilt ganz ähn­li­ches). War­um? Dazu zehn Thesen.

  1. Die Bio-Debat­te lei­det dar­un­ter, dass Bio-Kon­sum aus ganz ver­schie­de­nen Moti­ven erfol­gen kann, und dass die­se unter­schied­lich „ehren­wert“ sind – und dass Bio mit einer Mode­wel­le ver­wech­selt wird. Es ist okay, „bio“ nur wegen des guten Gefühls und der damit ver­bun­de­nen Abgren­zung zu kau­fen. Wer das tut, und meint, damit die Welt zu ret­ten, soll­te aller­dings noch­mal nachdenken.
  2. Mora­li­scher Kon­sum: So kau­fen, dass es zur all­ge­mei­nen Maxi­me wer­den könn­te, und dass die Welt dadurch bes­ser wird. Ich kau­fe „bio“, weil ich ver­su­che, mich in mei­nem eige­nen Han­deln eini­ger­ma­ßen kon­se­quent öko­lo­gisch zu ver­hal­ten. Ob ich das fak­tisch dann wirk­lich immer tue (Hal­lo, Nexus 7! – Hal­lo, Früh­stück im Zug bzw. am Bahn­hof! – Hal­lo, Pen­deln über viel zu lan­ge Stre­cken!), ist noch ein­mal eine ganz ande­re Fra­ge. Das hat was mit „mora­li­schem Kon­sum“ zu tun (ich will mir nicht sagen las­sen, da, wo ich han­deln konn­te, nicht gehan­delt zu haben), sicher­lich auch mit der in Punkt 1 genann­ten Distink­ti­on, aber auch damit, dass ich davon aus­ge­he, dass mein Han­deln ins­ge­samt betrach­tet sinn­voll ist.
  3. Bio­pro­duk­te haben rea­le, posi­ti­ve, öko­lo­gi­sche Effek­te. Anders gesagt: Ich gehe davon aus, dass bezo­gen auf den Che­mi­ka­li­en­ein­trag in Böden, z.T. auch auf CO2-Emis­sio­nen – v.a. bei regio­na­len und sai­so­na­len Pro­duk­ten -, und auf die Gesund­heit v.a. der Beschäf­tig­ten (und ein biss­chen auch der Kun­dIn­nen) der Ver­zicht auf Pes­ti­zi­de und Zusatz­stof­fe eine posi­ti­ve Aus­wir­kung hat. Dass Bio­pro­duk­te mehr Vit­ami­ne haben, immer bes­ser schme­cken (wenn sie aus der Regi­on kom­men, frisch sind und ande­re Sorten/reifer geern­tet wer­den, dann schme­cken sie bes­ser) und alle Gesund­heits­pro­ble­me lösen, glau­be ich nicht.
  4. Bio im Kapi­ta­lis­mus bleibt Kapi­ta­lis­mus. So schön kom­ple­xi­täts­re­du­zie­rend Bio­lä­den und Labels sind, so sehr damit ein Mehr an all­täg­li­chem Ver­trau­en umge­setzt wer­den kann, so wäre es den­noch falsch, Bio­pro­duk­ten blind zu ver­trau­en und die­se blind zu ver­tei­di­gen. Aus men­schen­freund­li­chen Alter­na­tiv­be­trie­ben wer­den markt­ori­en­tier­te Kon­zer­ne, Stan­dards ver­än­dern sich, und natür­lich lässt sich „bio“ auch mit rech­ter Gesin­nung pro­du­zie­ren. Jeden­falls ist „bio“ kei­ne Garan­tie dafür, dass alles bes­ser ist. Wer bewusst kon­su­mie­ren will, muss dies auch bei „bio“ tun – und im Bruch mit dem All­tag immer mal wie­der schau­en, ob die Maß­stä­be noch stim­men. Ein Bei­spiel, bei dem es nicht um Nah­rung geht, ist die Über­nah­me von hess natur durch einen Inves­tor. Ich bin gera­de sehr am Schwan­ken, ob ich bei hess zukünf­tig noch kau­fen soll oder nicht.
  5. Nicht alles, was „bio“ ist, ist toll. Eine gan­ze Rei­he von Pro­duk­ten in Bio­lä­den sind auch nicht bes­ser als Pro­duk­te der Mas­sen­pro­duk­ti­on oder wer­den mit frag­wür­di­gen The­sen bewor­ben. Mit irgend­wel­chen Schwin­gun­gen ange­rei­cher­tes Was­ser ist mir egal, und bei z.B. Salz glau­be ich nicht an die gro­ßen Unterschiede.
  6. Nur was fest in den eige­nen Prak­ti­ken ver­an­kert ist, wird regel­mä­ßig gemacht. Trotz des einen oder ande­ren Pro­dukts zum Wun­dern und Stau­nen kau­fe ich ganz über­wie­gend im Bio­la­den ein – allein schon, um das für mich zu einer fes­ten Pra­xis zu machen, und nicht dar­über nach­den­ken zu müs­sen, was ich wo ein­kau­fe. Das geht nur, wenn das Ange­bot groß genug ist, wenn der Laden güns­tig liegt, und wenn die Prei­se bezahl­bar blei­ben. Auf mei­nen Bio­la­den trifft das alles zum Glück zu – die Prei­se sind zumin­dest für Kun­dIn­nen, die am Pseu­do­ge­nos­sen­schafts­pro­gramm teil­neh­men ok, der Laden liegt zwei Stra­ßen wei­ter, und er hat fast alles, auch eine gan­ze Rei­he an Dro­ge­rie­pro­duk­ten. Und weil der Laden zwar eigen­stän­dig ist, aber einen Teil der Sor­ti­ments über eine Ket­te bekommt (denn­ree in dem Fall), gibt es durch­aus auch Bio-Con­vie­nence-Pro­duk­te. (Außer­dem mag ich die Men­schen, die dort arbei­ten, und fin­de die Atmo­sphä­re nett).
    Mit der regel­mä­ßi­gen Pra­xis ändern sich die Maß­stä­be und Erwar­tun­gen. Ein nicht per­fekt aus­se­hen­der Apfel sieht natür­lich aus und schmeckt allein schon des­we­gen bes­ser als das Hoch­glanz­pro­dukt. Auch die­se ver­än­der­te Ästhe­tik, inklu­si­ve der geschmack­li­chen Ästhe­tik, ist ein nicht unwich­ti­ger Bestand­teil der Pra­xis des Bio-Konsums.
  7. Bio soll­te die Mas­se errei­chen. Die ein­ge­fah­re­nen Prak­ti­ken des Ein­kau­fens, aber auch die Prei­se sind – neben Image­fra­gen – zwei Fak­to­ren, die vie­le dar­an hin­dern, in grö­ße­rem Umfang „bio“ ein­zu­kau­fen. Bei den Prei­sen gibt es eine Gren­ze nach unten, bei der unge­woll­te Neben­fol­gen – Aus­beu­tung des Per­so­nals, Mas­sen­pro­duk­ti­on mit ent­spre­chen­den nega­ti­ven Effek­ten, Ver­lust des Fokus aufs Pro­dukt – auf­tre­ten. Trotz­dem zei­gen Bio-Super­markt-Ket­ten sowie z.T. das EU-Bio-Ange­bot der Super­märk­te, das es mög­lich ist, eini­ger­ma­ßen rea­lis­ti­sche Prei­se für Bio-Pro­duk­te zu fin­den, die eben nicht in der Kate­go­rie „Luxus­gut“ ange­sie­delt sind. Und bei den Prak­ti­ken ist es gar nicht schlecht, wenn Bio-Pro­duk­te ihren Weg in die Super­märk­te finden.
  8. Rich­tig rele­vant wird „bio“ dann, wenn die Groß­ab­neh­mer dar­auf umstel­len (auch wenn sie’s nicht sagen). Also Men­sen, Kan­ti­nen, Groß­kü­chen, die Gas­tro­no­mie. Das sind alles Berei­che, wo der Ein­fluss Ein­zel­ner heu­te eher gering ist, die aber, wenn eine Ein­rich­tung umstellt, einen gro­ßen Effekt haben.
  9. Bio als Labor des Mög­li­chen. Aber auch die „Nische“ soll­te nicht gleich ver­ächt­lich bei­sei­te gescho­ben wer­den. Sie macht deut­lich, dass ein ande­rer Kon­sum mög­lich ist, ohne dass es all­zu­gro­ße Ver­än­de­run­gen der Prak­ti­ken und des Ver­hal­tens weg vom gesell­schaft­li­chen Main­stream bedür­fe, und lässt es zu, neue Pro­duk­te und Kon­zep­te (etwa bestimm­te Labels für bestimm­te Her­stel­lungs­be­din­gun­gen) zu erpro­ben. Die Agrar­wen­de hat einen neu­en Markt eröff­net. Wie rea­lis­tisch die Hoff­nung ist, dass der­ar­ti­ge Ideen breit über­nom­men wer­den, ist schwer ein­zu­schät­zen – aber sie sind da, sie sind insti­tu­tio­nell sta­bi­li­siert, und sie haben damit Ein­fluss auf Markt- und Kon­sum­struk­tu­ren insgesamt.
  10. Ohne poli­ti­schen Rah­men klappt die Kon­sum­wen­de nicht. Wenn es stimmt, dass die Pro­duk­ti­on von Bio-Lebens­mit­teln rea­le öko­lo­gi­sche Vor­tei­le hat, dann reicht es nicht aus, sich hier auf den Markt und die Ver­brau­che­rIn­nen zu ver­las­sen, son­dern dann ist – etwa im Bereich Agrar­sub­ven­tio­nen – wei­ter­hin die Poli­tik gefragt. Das betrifft aber nicht nur die Pro­duk­ti­on, und es betrifft nicht nur die Posi­tiv­kenn­zeich­nung durch Labels, son­dern z.B. auch die oben ange­spro­che­ne Groß­kü­chen­fra­ge. Wer möch­te, darf jetzt „Zwangs­be­glü­ckung“ schrei­en. Und eine gan­ze Rei­he von Pro­duk­ti­ons­for­men – etwa im Bereich der Mas­sen­tier­hal­tung – könn­ten auch schlicht ver­bo­ten wer­den. (Sie­he zum Ver­hält­nis von Poli­tik und Öko­lo­gie auch die­ses Essay von mir).

Ein Fazit dar­aus: Die Mit­glie­der der Bio-Ket­te haben die gesell­schaft­li­che Ver­pflich­tung, nicht nur ihre Stan­dards zu über­wa­chen etc., son­dern auch immer wie­der nach­prüf­bar dar­zu­stel­len, war­um bestimm­te Pro­duk­ti­ons­wei­sen einen rea­len öko­lo­gi­schen Mehr­wert haben. Wo dies nicht der Fall ist (ich schaue hier mal scharf in Rich­tung der Bio­dy­na­mik), soll­te es durch­aus auch Anpas­sun­gen geben. Inter­es­sant wird die­se Ver­pflich­tung dann, wenn es um Pro­duk­ti­ons­wei­sen geht, die dem Bild des erd­ver­bun­de­nen, natur­na­hen Hand­werks nicht ent­spre­chen. Ein Bei­spiel dafür ist die Debat­te um ver­ti­cal far­ming – also der indus­tria­li­sier­te Bau­ern­hof im Hoch­haus. Hier wür­de mich eine ver­glei­chen­de Öko­bi­lanz jen­seits aller Roman­tik durch­aus interessieren.

Stich­wort Öko­bi­lanz: Eine poli­ti­sche Initia­ti­ve, die sicher­lich auf­wän­dig wäre, die aber viel­leicht wirk­lich was brin­gen wür­de, wäre es, Stan­dards für eine auf eine Zahl her­un­ter­ge­rech­ne­te Waren­öko­bi­lanz zu ent­wi­ckeln, und die­se dann für alle Pro­duk­te ver­pflich­tend zu machen (die alte MIPS-Idee). Wenn auf jeder Packung und auf jedem Pro­dukt ein Kenn­wert steht, der einen guten und wirk­lich­keits­ge­treu­en Anhalts­punkt dafür gibt, was die Umweltfolgen/Nachhaltigkeitsfolgen die­ses Pro­dukts im Ver­gleich zu jenem Pro­dukt sind (und zwar nicht allei­ne die Kli­ma­fol­gen …), dann wäre das ein gro­ßer Schritt hin zu einem Markt, in dem Ver­brau­che­rIn­nen sich rela­tiv schnell infor­mie­ren kön­nen. (Trotz­dem wür­de es vie­le geben, die die­se Zahl nicht inter­es­siert – der Gra­ben zwi­schen Wis­sen, Ein­stel­lun­gen und Ver­hal­ten – aber es wäre zumin­dest mal ein all­ge­mei­ner Maß­stab da). 

War­um blog­ge ich das? Auch wenn ich kein Exper­te für Bio-Pro­duk­te bin, fin­de ich es doch sinn­voll, die eige­ne all­tags­po­li­ti­sche Pra­xis ab und zu zu reflektieren.

10 Antworten auf „Zehn Thesen zum Thema Bio-Konsum“

  1. Inter­es­san­ter Ansatz. Aber wie siehst du die Bio-Pro­duk­te im Rah­men der glo­ba­len Nah­rungs­ver­sor­gung? Bereits jetzt ist die Ver­sor­gung der 7 Mil­li­ar­den ja schon extrem ange­spannt und die aktu­el­le Dür­re in den USA hat das noch mehr ver­stärkt. Stei­gen­de Lebens­mit­tel­prei­se und damit direkt Hun­ger sind die Fol­ge, die nächs­ten Mona­te wer­den wohl noch schlim­mer gera­de für die Ärms­ten der Armen.
    Wie passt da der Umstieg auf Bio­land­wirt­schaft rein? Sie hat nun mal nicht den Out­put der nor­ma­len Landwirtschaft.

    1. Die Bio­an­bau­lob­by hat dazu 2008 eine Stel­lung­nah­me her­aus­ge­ge­ben (pdf), mit dem Tenor, dass das (heu­ti­ge Hunger-)Problem nicht die Men­ge pro­du­zier­ter Nah­rung, son­dern eher die poli­tisch-wirt­schaft­li­chen Bedin­gun­gen sind, die zu einer Ungleich­ver­tei­lung füh­ren (rela­tiv ein­leuch­ten­des Bei­spiel: in Bra­si­li­en lei­den Men­schen an Hun­ger, wäh­rend das Land gleich­zei­tig in gro­ßen Men­gen Soja expor­tiert). Ob die Behaup­tung stimmt, dass ein Umstel­len der ver­schie­de­nen Bewirt­schaf­tungs­sys­te­me auf Bio eher zu einem dau­er­haf­ten Erhalt der Boden­frucht­bar­keit etc. und damit zu einer Siche­rung der Nah­rungs­mit­tel­pro­duk­ti­on führt, kann ich nicht wirk­lich beur­tei­len. Klar ist jeden­falls, dass das The­ma gese­hen wird.

    2. Das Argu­ment mit dem höhe­ren Flä­chen­ver­brauch ist nicht kom­plett falsch, aber man muss auch die gan­ze Wahr­heit dazu­sa­gen: Viel gra­vie­ren­der ist der stei­gen­de Fleischkonsum.

      Unab­hän­gig ob Bio oder nicht: Fleisch­pro­duk­ti­on ver­braucht ein viel­fa­ches der Flä­che wie ver­gleich­ba­re pflanz­li­che Lebens­mit­tel. Wür­de man den Fleisch­kon­sum nur gering­fü­gig sen­ken, könn­te man pro­blem­los viel mehr Bio­le­bens­mit­tel anbauen.

      Aber bspw. fän­de ich da auch die Bio­bran­che in der Pflicht: Dem Kon­su­men­ten wird ver­mit­telt: Wenn Du dein Bio­fleisch kaufst ist alles in Ord­nung. Da wäre etwa eine ehr­li­che Aus­zeich­nung in Bio­lä­den, etwa eine CO2-Gesamt­bi­lanz o.ä., wünschenswert

  2. Die Gren­zen, durch das Konsument_innenverhalten etwas zu bewe­gen, beschreibst Du ja selbst schon gut: „Das geht nur, wenn das Ange­bot groß genug ist, wenn der Laden güns­tig liegt, und wenn die Prei­se bezahl­bar bleiben.“
    Die Vor­stel­lung, die oder der mün­di­ge Verbraucher_in hät­te wirk­lich so etwas wie „Macht“, hal­te ich für zu naiv. Was wir der­zeit zu wenig im Blick haben, sind Ver­triebs­struk­tu­ren und den Ein­zel­han­del. Wer im Umkreis von 20 Kilo­me­tern nur kon­ven­tio­nel­le Super­märk­te fin­det (und die­se Regio­nen ken­ne ich hier ganz gut), hat prak­tisch nur ein­ge­schränk­te Mög­lich­kei­ten, sich ohne tie­ri­sche Pro­duk­te voll­wer­tig zu ernäh­ren. Wir müs­sen also nicht nur bei der Erzeu­gung anset­zen, son­dern auch die Mög­lich­kei­ten schaf­fen, die aus öko­lo­gi­scher Sicht bes­se­ren Pro­duk­te zu erwerben.
    Zum „Out­put“ gehört in ers­ter Linie die Fra­ge, wie­viel Men­schen eine land­wirt­schaft­li­che Flä­che ernäh­ren kann. Und da ist zunächst ent­schei­dend, ob das Pro­dukt pflanz­lich oder tie­risch ist, weil das die Posi­ti­on des Men­schen auf der Nah­rungs­py­ra­mi­de bestimmt. Wei­ter­hin hat die bio­lo­gi­sche Land­wirt­schaft auch des­we­gen eine bes­se­ren Out­put als die kon­ven­tio­nel­le, weil sie dar­auf ach­tet, dass die Böden auch in 20 Jah­ren noch land­wirt­schaft­lich genutzt wer­den können.

  3. @Kay: Die Nach­fra­ge steu­ert auch das Ange­bot. Je mehr Bio-inter­es­sier­te Men­schen in einer Gegend ver­mu­tet werr­den, umso eher öff­nen auch ent­spre­chen­de Ket­ten. Pas­siert gera­de in den Ber­li­ner Rand­be­zir­ken, wo es noch vor zwei Jah­ren nur die klei­nen Bio­lä­den gab, die vie­len von den Prei­sen und vom Sor­ti­ment her nicht ausreichen.

  4. Mal was ganz ande­res: Ich hof­fe Wer­bung für Bücher ist okay: Ich fin­de das von Rosa Wolff toll, kann das Koch­buch auch sehr emp­feh­len: http://www.arm-aber-bio.de/ (ernährt Vater, Mut­ter, 2‑Jährige Toch­ter bei 1.400 € netto/Monat ganz gut; heu­te gekocht: Zuc­chi­ni-Puf­fer mit Tomatensauce)

  5. Moin,

    im Zuge der neu­en EU-Sub­ven­tio­nen, in denen Land­wir­te auf 7 % ihrer Flä­chen Gree­ning betrei­ben hören wir immer wie­der in Dia­log (oder eher Dis­kus­si­on) mit den Land­wir­ten: „Die Welt hun­gert, wir kön­nen doch nicht 7 % der Flä­che verschenken!“
    Zwi­schen Welt­hun­ger und Out­put an Lebens­mit­teln gemes­sen an Flä­che gibt es nahe­zu kei­nen Zusammenhang.
    Pro­ble­ma­tisch ist Soja­an­bau, Palm­öl- eben alles, was dazu führt, dass Flä­chen in 3. und 2. Welt Län­dern für Kon­sum pro­du­zie­ren. Das tut nicht die Bevöl­ke­rung vor Ort, son­dern Groß­in­ves­to­ren. Ent­spre­chend ist Flä­che im Ver­hält­nis zu Lebens­stan­dard viel zu teu­er um selbst eine ver­nünf­ti­ge bäu­er­li­che Struk­tur auf­zu­bau­en. Ein wei­te­res Pro­blem ist die Erzeu­gung von Bil­lig­pro­duk­ten und der Lebens­mit­tel­ex­port. Dies führt dazu, dass vie­le Län­der statt eine eige­ne sta­bi­le Land­wirt­schaft auf­zu­bau­en Lebens­mit­tel expor­tie­ren. Natür­lich gibt es auch Spe­ku­la­tio­nen auf Nah­rungs­mit­tel. Aber ohne die ers­ten bei­den Fak­to­ren wären sie finanz­wirt­schaft­lich nicht interessant.
    Die Arbeits­ge­mein­schaft bäu­er­li­che Land­wirt­schaft hat dazu u.a. in Koope­ra­ti­on mit Mise­re­or und Brot für die Welt eine Wan­der­aus­stel­lung „Mensch macht Milch“ ent­wi­ckelt. Sie ver­mit­teln auch Refe­ren­ten, die den Zusam­men­hang von indus­tri­el­ler Lebens­mit­tel­pro­duk­ti­on und Welt­hun­ger auf­zei­gen. Auch Kam­pa­gnen wie „Kein Chi­cken schi­cken“ emp­fin­de ich als didak­tisch her­vor­ra­gend gemacht.

    Nur als Bei­spiel, wie sich glo­ba­le indus­tri­el­le Lebens­mit­tel­pro­duk­ti­on hier direkt vor Ort aus­wirkt (etwas pla­ka­tiv aber sonst wird es ein Roman): Ich woh­ne in einer Milch­vieh­re­gi­on an der Weser. Die Weser wird (falls die Klä­ger kei­nen Erfolg haben) erneut ver­tieft, weil wir einen Hafen haben, der immer mehr Soja für die Mas­sen­tier­hal­tung in Nie­der­sach­sen impor­tiert. Die­se Ver­tie­fung hat zur Fol­ge, dass das Land bzw. die Grä­ben mit Brack­was­ser ver­sal­zen wird. Das ist öko­lo­gisch hoch­pro­ble­ma­tisch. Auch das Vieh kann nicht mehr aus den Grä­ben getränkt wer­den. Nun gibt es nicht weni­ge Land­wir­te, die prag­ma­tisch sagen: „Ent­we­der ster­ben wir, oder wir erhö­hen die Milch­men­ge, also stel­len wir unse­re Leis­tungs­kü­he nur noch in den Stall“- dann ist das Salz in den Grä­ben auch egal. Natür­lich kla­gen die Land­wir­te auch über zu gerin­ge Milch­prei­se, Über­pro­duk­ti­on. Auch des­we­gen wird so viel bil­li­ges Milch­pul­ver expor­tiert (genau dahin, wo kei­ne funk­tio­nie­ren­de Land­wirt­schaft besteht und Men­schen hungern). 

    Und nun der Fak­tor Fleisch. Ja, wir müs­sen weni­ger Fleisch essen. Aber vor Ort habe ich weder ein Wasser‑, noch ein Fut­ter­pro­blem dank fet­ter Wei­den. Wenn vie­le Men­schen die­ses Fleisch kau­fen unter­stüt­zen sie Land­wir­te, die eben dadurch, dass sie kein Soja benö­ti­gen nicht Flä­chen in Län­dern mit Hun­ger­pro­ble­ma­tik beset­zen. Sie könn­ten sich auch zum Teil von die­sem Ver­drän­gungs­wett­be­werb freimachen. 

    Fazit: jeder, der sich mög­lichst bio, mög­lichst regio­nal und mög­lichst sai­so­nal ernährt tut etwas dafür, dass eine nach­hal­ti­ge Land­wirt­schaft vor Ort gestärkt wird. Aber ganz beson­ders sorgt er dafür, dass weni­ger Über­schüs­se ent­ste­hen und das Flä­chen in Län­dern mit Hun­ger zum unmit­tel­ba­ren Lebens­mit­tel­an­bau vor Ort genutzt wer­den, nicht für unse­ren Kon­sum. Eben­falls sorgt er dafür, dass Län­dern in denen es Hun­ger gibt, anfan­gen kön­nen land­wirt­schaft­li­che Struk­tu­ren aufzubauen.

  6. Ohne poli­ti­schen Rah­men klappt die Kon­sum­wen­de nicht. 

    Die grü­nen Nan­nies wie­der. War­um denn unbe­dingt Bio für die brei­te Mas­se?? Mit jedem Lebens­mit­tel­skan­dal, von BSE im Jahr 2000 über Gam­mel­fleisch bis Gam­mel­kä­se muss­te ich im Bio­la­den tie­fer in die Tasche grei­fen, weil Otto Nor­mal­ver­brau­cher meint er müss­te jetzt einen auf Bio machen!1!! Die sol­len mal wie­der schön bei Rewe & co ihren Bil­lig­krem­pel ein­kau­fen statt auf dem Bio­markt das Ange­bot zu ver­knap­pen und mir den Ein­kauf zu vermiesen.

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