Logiken des Promovierens, oder: Senf zu Guttenberg

Benutzerausweis

Seit ges­tern huscht ein Sturm der – mas­sen­me­di­al abge­schwäch­ten – Ent­rüs­tung durchs Netz: der all­seits belieb­te Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter hat abge­schrie­ben. Da liegt aber eigent­lich schon das Pro­blem: der Skan­dal ist nicht die Tat­sa­che, dass von und zu Gut­ten­berg in sei­ner Dis­ser­ta­ti­on auf frem­de Quel­len zurück­greift und die­se aus­führ­lich zitiert. Das ist – gera­de in eher geis­tes­wis­sen­schaft­li­chen Arbei­ten – durch­aus üblich. Der Skan­dal liegt dar­in, dass grö­ße­re Pas­sa­gen der Arbeit aus ande­ren Tex­ten – offen­sicht­lich Netz­fun­de – in sei­ne Arbeit hin­ein­ko­piert wur­den, dort sprach­lich teil­wei­se über­ar­bei­tet wur­den, aber eben weder kor­rekt als Zita­te gekenn­zeich­net sind noch in wis­sen­schafts­ad­äqua­ter Wei­se damit umge­gan­gen wird (also z.B. das Zitat zum Aus­gangs­punkt einer eige­nen Stand­punkt­su­che gemacht wird). Viel­mehr scheint es von und zu Gut­ten­berg hier ein­zig und allein dar­um gegan­gen zu sein, wohl­for­mu­lier­te Gedan­ken in schmü­cken­der Wei­se in sei­nen Text einzufügen. 

Visu­ell schön auf­be­rei­tet fin­den sich die­se Schmuck­über­nah­men bei der Süd­deut­schen Zei­tung (auf die ich hier aller­dings nur mit Bauch­schmer­zen ver­lin­ke, setzt sie sich selbst doch gera­de inten­siv für ein „Leis­tungs­schutz­recht“ ein, das selbst kur­ze Zita­te aus Zei­tungs­tex­ten im Netz ille­gal machen wür­de – wäh­rend hier zu Doku­men­ta­ti­ons­zwe­cken umfang­reichst aus der Arbeit von und zu Gut­ten­bergs wie aus den Ori­gi­nal­quel­len zitiert wird). Und hin­ge­wie­sen wer­den muss natür­lich auch auf Andre­as Fischer-Lesca­no, der als Jura-Pro­fes­sor in Bre­men die gan­ze Sache über­haupt erst ins Rol­len gebracht hat. [Nach­trag: das Netz sucht nun auch kol­la­bo­ra­tiv nach undo­ku­men­tier­ten Zitaten …].

Wie ist das Copy’n’Paste von und zu Gut­ten­bergs nun zu werten?

Dass es sich hier­bei in der Logik der Wis­sen­schaft letzt­lich um nichts ande­res han­deln kann als um Pla­gia­te, bringt Ana­tol Ste­fa­no­witsch schön auf den Punkt, indem er von und zu Gut­ten­bergs Vor­ge­hen mit sei­nen eige­nen Erfah­run­gen mit pla­gi­ie­ren­den Stu­die­ren­den und deren Aus­re­den („wuss­te nicht, dass das nicht ok ist“, „war ein Ver­se­hen“, „habe da wohl die Fuß­no­te ver­ges­sen“) par­al­le­li­siert. Dazu kommt die Ein­schät­zung aus dem Ver­fas­sungs­blog, dass das ganz klar ein wis­sen­schaft­li­ches Fehl­ver­hal­ten dar­stellt – anders als ich es könn­te, geht Max Stein­beis hier auch auf das Renom­mee der unter­schied­li­chen Betei­lig­ten in der juris­ti­schen Fach­ge­mein­de ein. Auch wenn letzt­lich die Uni Bay­reuth dar­über ent­schei­den muss, wel­che Kon­se­quen­zen die­se Auf­de­ckun­gen für den Dok­tor­ti­tel des Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ters haben, wird doch klar, dass hier jemand, der mög­li­cher­wei­se dem­nächst für die Kanz­ler­schaft kan­di­diert, einen Dok­tor­ti­tel führt, des­sen wis­sen­schaft­li­che Meri­ten gera­de arg ins Wan­ken gera­ten. (Neben­bei: dass eine juris­ti­sche Arbeit zu euro­päi­schen und ame­ri­ka­ni­schen Ver­fas­sun­gen auf der ers­ten Sei­te eine aus­führ­li­che Fuß­no­te zur Her­kunft des Wor­tes „Ame­ri­ka“ ent­hält, kann ich zwar gewis­ser­ma­ßen nach­voll­zie­hen, weil ich selbst der­ar­ti­ge Abschwei­fun­gen zuwei­len ganz amü­sant fin­de – zur Qua­li­tät der Arbeit trägt der­ar­ti­ges aber eher nicht bei).

Inter­es­sant zu beob­ach­ten ist nun die Ver­tei­di­gungs­li­nie, die u.a. in der BILD auf­ge­fah­ren wird (die ich jetzt nicht ver­lin­ke), und die sinn­ge­mäß in die­se Rich­tung geht: Da habe halt einer ein biß­chen gemo­gelt, viel­leicht aus Ver­se­hen was ver­ges­sen – dass die­se, huch, Wis­sen­schaft­ler und Wis­sen­schaft­le­rin­nen das so ernst neh­men, das zei­ge ja nun doch deren Arro­ganz. Und über­haupt, was für ein tap­fe­rer jun­ger Mann. Oder, mit noch etwas mehr Spin: Das gan­ze sei eine Kam­pa­gne „aus der lin­ken Sze­ne“ (CSU), um den Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter zu beschädigen.

Kurz: Hier soll sug­ge­riert wer­den, dass das Vor­ge­hen von und zu Gut­ten­bergs letzt­lich harm­los sei, und dass es nur irgend­wel­che volks­frem­den Grup­pen (Aka­de­mi­ke­rIn­nen, Lin­ke) sei­en, die ver­such­ten, dar­aus einen Skan­dal zu machen. Dem ist nicht so. Natür­lich schlägt „der poli­ti­sche Geg­ner“ jetzt in die Ker­be – das haben Poli­ti­ke­rIn­nen der Rech­ten aber bis­her in ähn­li­chen Fäl­len ganz ähn­lich gehand­habt. Nein, der Skan­dal liegt in einem frag­wür­dig gewor­de­nen Titel. Und für den ist der Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter selbst ver­ant­wort­lich – und soll­te die Kon­se­quen­zen dar­aus zie­hen, die jedoch nicht dar­in bestehen könn­ten, noch ein­mal sei­ne Fuß­no­ten durchzugehen.

Ein Neben­aspekt in der gan­zen Sache, der auf Twit­ter immer wie­der in unter­schied­li­chen Abwand­lun­gen kom­men­tiert wur­de: Hier gerät von und zu Gut­ten­berg zum ers­ten Mal in Vor­wür­fe, die er nicht durch tat­kräf­ti­ges Feu­ern irgend­wel­cher Sub­al­ter­ner von sich abwei­sen kann. Es sei denn, er hät­te die Arbeit ganz oder teil­wei­se nicht selbst geschrie­ben – was aber den Titel erst recht in Fra­ge stel­len wür­de. Und einen vor allem die Fra­ge stel­len lässt, wie viel Zeit MdBs (und ähn­lich viel­be­schäf­tig­te Men­schen) eigent­lich so neben­bei haben. Und wie ver­lo­ckend eige­ne Büros sein können.

Aber es hät­te ja, um ins Sujet fan­tas­ti­scher Geschich­ten abzu­schwei­fen, auch ganz anders gewe­sen sein kön­nen. Von und zu Gut­ten­berg gab nichts­ah­nend das wun­der­bar ver­fuß­no­te­te Manu­skript in die Dru­cke­rei, und dann kam eine lin­ke Lek­to­rin und lösch­te die­se. Oder war es ein gewerk­schaft­lich orga­ni­sier­ter Schrift­set­zer, der eine Zeit­bom­be legen woll­te – und sie jetzt gezün­det hat? Wie auch immer es gewe­sen sein könn­te – zumin­dest wäre dann die Fah­nen­kor­rek­tur des Wer­kes man­gel­haft vor­ge­nom­men wor­den. Die­sen Fan­ta­sien gegen­über erscheint es doch deut­lich plau­si­bler, dass schlicht und ein­fach noch eine Ein­lei­tung fehl­te, und die FAZ das so schön for­mu­liert hatte .… 

Über­haupt: dass von und zu Gut­ten­berg die FAZ und die NZZ pla­gi­iert hat, gehört zu den erfreu­li­chen Umstän­den des gan­zen Skan­dals. Denn die­se kon­ser­va­ti­ven bil­dungs­bür­ger­li­chen Zei­tun­gen kön­nen ja nun gar nicht anders, als ihre Rech­te zu ver­tei­di­gen – und damit von und zu Gut­ten­berg in Fra­ge zu stel­len. Ich bin gespannt, wie sich die­ses The­ma wei­ter entwickelt. 

Blei­ben noch zwei Aspek­te, die ich nicht unkom­men­tiert las­sen möchte. 

Das eine ist die Debat­te um das Urhe­ber­recht („Gut­ten­berg als Pirat“): Ich fin­de es rich­tig, wenn wis­sen­schaft­li­che Tex­te aus­führ­lich zitier­bar blei­ben, denn ein gro­ßer Anteil der Kunst geis­tes- und sozi­al­wis­sen­schaft­li­chen Arbei­tens besteht in der intel­li­gen­ten Aus­ein­an­der­set­zung mit ande­ren Tex­ten. Aber, wie ein­gangs bereits gesagt: Es geht hier gar nicht dar­um, dass von und zu Gut­ten­berg aus­führ­lich ande­re Tex­te zitiert hat – das wäre anhand der Wis­sen­schafts­schran­ken im Urhe­ber­recht durch­aus mög­lich gewe­sen (wobei sei­ne Lang­zi­ta­te da auch Grenz­fäl­le dar­stel­len). Es geht dar­um, dass er das getan hat, ohne die­se Tex­te nach den gel­ten­den Regeln des Wis­sen­schafts­be­triebs zu kenn­zeich­nen, und es geht dar­um, dass er das getan hat, ohne auf die­se Tex­te als Mate­ri­al oder als Quel­le vor­her­ge­hen­der Ideen ein­ge­gan­gen zu sein. Nein: er hat sie als eige­ne Gedan­ken ausgewiesen. 

Unab­hän­gig davon gilt, dass Geis­tes- und Sozi­al­wis­sen­schaf­ten in ihren eher theo­re­ti­schen Tex­ten häu­fig einer Remix-Logik fol­gen. Aber einer Remix-Logik, die sich eben in ihren Prak­ti­ken vom künst­le­ri­schen Col­la­gie­ren unter­schei­det. Und da es unwahr­schein­lich ist, dass von und zu Gut­ten­berg sei­nen Text als Kunst­werk geschrie­ben hat, hal­te ich es für mehr als legi­tim, die Erwar­tun­gen der wis­sen­schaft­li­chen Remix-Logik an sei­nen Text heranzutragen. 

Der zwei­te Aspek­te, auf den ich noch ein­ge­hen möch­te, hat etwas damit zu tun, dass mir unklar ist, war­um ein MdB mit bes­ten Kar­rie­re­aus­sich­ten einen Dok­tor­ti­tel erwor­ben hat. Oder all­ge­mei­ner: mit der ZEIT lässt sich fra­gen, „was ein Dok­tor heu­te noch wert ist“, und wer war­um eine Pro­mo­ti­on anstrebt. 

Ich fra­ge mich das manch­mal auch, und fin­de für mich selbst zwei Ant­wor­ten: Ich ste­cke seit inzwi­schen eini­gen Jah­ren Zeit und durch­aus auch Geld (bzw. Chan­cen …) in mei­ne Dis­ser­ta­ti­on, weil ich mich 1. inten­siv und selbst­be­stimmt mit einem The­ma aus­ein­an­der­set­zen möch­te, und glau­be, dadurch zum Erkennt­nis­fort­schritt bei­zu­tra­gen, und weil ich 2. sehe, dass die meis­ten Kar­rie­re­we­ge im wis­sen­schafts­na­hen Feld einen Titel vor­aus­set­zen. Weil mir der ers­te Punkt wich­ti­ger ist als der zwei­te, ist mein Pro­mo­vie­ren stra­te­gisch nicht unbe­dingt geschickt – zu gro­ßen Tei­len selbst finan­ziert, neben Fami­li­en­ar­beit und Pro­jekt­be­ar­bei­tun­gen, mit einem The­ma, das mich inter­es­siert, das aber mög­li­cher­wei­se gar nicht so rele­vant ist. Usw. Ich ken­ne durch­aus Men­schen, die eben­falls im wis­sen­schaft­li­chen Feld arbei­ten wol­len, und die sich hier geschick­ter ange­stellt haben: indem sie bei­spiels­wei­se ein dritt­mit­tel­fi­nan­zier­tes Pro­jekt­the­ma zu einer Diss. machen, oder ein­fach ihre Magis­ter­ar­beit aus­ge­baut haben, oder … 

Ich erwäh­ne das hier, weil schon damit deut­lich wird, dass die Stan­dards, die an eine Dis­ser­ta­ti­on her­an­ge­tra­gen wer­den, höchst unter­schied­lich sind. Ich habe auch schon höchst unter­schied­li­che Dis­ser­ta­tio­nen gele­sen – von grund­le­gen­den Arbei­ten für bestimm­te sozio­lo­gi­sche Teil­be­rei­che bis hin zur rei­nen deskrip­ti­ven Mate­ri­al­samm­lung. Was hin­ter einem Dok­tor­ti­tel steckt, auch wenn die­ser ganz kor­rekt erwor­ben wur­de, ist also durch­aus heterogen.

Noch wei­ter fal­len die Stan­dards aus­ein­an­der, wenn ande­re Fach­kul­tu­ren (kumu­la­ti­ves Pro­mo­vie­ren mit ein paar nicht mal unbe­dingt peer-review­ten Auf­sät­zen!) und vor allem ande­re Moti­va­tio­nen hin­ter einem Pro­mo­ti­ons­vor­ha­ben her­an­ge­zo­gen wer­den. Wenn es also bei­spiels­wei­se dar­um geht, dass in den Füh­rungs­eta­gen gro­ßer Kon­zer­ne ein Dok­tor­ti­tel ger­ne gese­hen ist, und des­we­gen ohne gro­ßes wis­sen­schaft­li­ches Inter­es­se und mit einem sehr gro­ßen Gewicht auf stra­te­gi­sche Zie­le wie eine kur­ze Dau­er des Pro­mo­ti­ons­ver­fah­rens pro­mo­viert wird. Ich kann mir gut vor­stel­len, dass der von und zu Gut­ten­berg­sche Titel in die­se Kate­go­rie fällt. 

Je wich­ti­ger aller­dings stra­te­gi­sche Zie­le wer­den, des­to gerin­ge­re Bedeu­tung kommt letzt­lich wis­sen­schaft­li­chen Stan­dards und der Öko­no­mie wis­sen­schaft­li­cher Repu­ta­ti­on und Auf­merk­sam­keit zu. Die­se schein­bar sau­be­re Tren­nung ver­kom­pli­ziert sich dadurch, dass natür­lich auch inner­halb des Wis­sen­schafts­sys­tems stra­te­gi­sche Zie­le über­wie­gen kön­nen, also bei­spiels­wei­se Wis­sen­schaft als ein Spiel betrach­tet wird, bei dem es nicht um Erkennt­nis, son­dern um Zitier­häu­fig­kei­ten geht. Die Grenz­li­ni­en zwi­schen Quick-and-Dir­ty-Lösun­gen inner­halb des Sys­tems und wis­sen­schaft­li­chem Fehl­ver­hal­ten kön­nen da sehr dünn werden.

Inso­fern kann die Debat­te um die von und zu Gut­ten­berg­sche (Kopier-)Arbeit auch als Aus­gangs­punkt einer Debat­te ange­se­hen wer­den, bei der es um die unter­schied­li­chen Erwar­tun­gen an das Wis­sen­schafts­sys­tem und die damit ver­bun­de­nen Ver­än­de­run­gen im Sys­tem geht. Das hat mit der Fra­ge, ob ein Minis­ter sich unmo­ra­lisch ver­hal­ten hat, wenig zu tun – aber viel damit, wie Wis­sen­schaft arbei­tet, und wie die Bedin­gun­gen dafür aus­se­hen müs­sen, dass die Anrei­ze dafür über­wie­gen, ehr­lich und gründ­lich zu arbeiten.

War­um blog­ge ich das? Weil sel­ten ein poli­ti­scher Skan­dal so viel mit Wis­sen­schafts­po­li­tik zu tun hat­te. Und zwar um eini­ges tief­grei­fen­der als bei der Debat­te um den Dok­tor­ti­tel der Familienministerin.

Update: 18.2. – soeben hat von und zu Gut­ten­berg Medi­en­be­rich­ten zufol­ge ver­kün­det, sei­nen Dok­tor­ti­tel vor­erst nicht mehr ver­wen­den zu wol­len; wohl nach Inter­ven­ti­on der Bun­des­kanz­le­rin. Inhalt­lich bestrei­tet er wei­ter­hin alle Vor­wür­fe und lehnt auch einen Rück­tritt ab. Ich fin­de: die Muba­rak-Stra­te­gie darf nicht auf­ge­hen. Nicht nur, weil von und zu Gut­ten­berg mit sei­nem Vor­ge­hen allen Pro­mo­vie­ren­den und Pro­mo­vier­ten Scha­den zufügt, son­dern auch aus mora­li­schen Grün­den. Mal schau­en, ob die ver­ein­ten Kräf­te der durch sein Vor­ge­hen ver­är­ger­ten Pres­se (exklu­si­ve Pres­se­kon­fe­renz par­al­lel zur Bun­des­pres­se­kon­fe­renz, Über­nah­men aus „Qua­li­täts­zei­tun­gen“) und des Net­zes (bis­her an die 80 Ver­dachts­stel­len) doch noch dazu bei­tra­gen, aus dem vor­läu­fi­gen Dr. a.D. einen Minis­ter a.D. zu machen.

12 Antworten auf „Logiken des Promovierens, oder: Senf zu Guttenberg“

  1. Dan­ke für den Bei­trag. Für mich der ent­schei­den­de Punkt war die Ein­lei­tung aus der FAZ, auch wenn ich als Tübin­ger natür­lich die Reak­ti­on von Prof. Net­tes­heim, den ich aus euro­pa­po­li­ti­schen Dis­kus­sio­nen schät­ze, span­nen­der fin­de – auch er wur­de ja hier pla­gi­iert. Es bleibt zu hof­fen, dass die FAZ bei ihrer sub­stan­ti­el­len Kri­tik bleibt, egal was die BILD dazu sagt und egal wie schön Gut­jahr sein „Axolotl Lord­kill“ http://gutjahr.biz/blog/2011/02/axolotl-lordkill/ geschrie­ben hat.
    Flattered.

  2. In der gan­zen Debat­te geht es viel zu wenig um die Ver­ant­wor­tung von Dok­tor­va­ter, Gut­ach­tern und Fakul­tät. War­um las­sen die sowas durchgehen?

    Mir ist aus dem Bekann­ten­kreis ein Fall bekannt, wo ein jun­ges Ehe­paar an der medi­zi­ni­schen Fakul­tät in Tübin­gen pro­mo­viert hat, mit nahe­zu iden­ti­schen The­men („Eli­mi­na­ti­on von entero­pa­tho­ge­nen Viren und Bak­te­ri­en aus Abwas­ser mit­tels Mem­bran­be­le­bungs­ver­fah­ren“ ver­sus „Eli­mi­na­ti­on von soma­ti­schen und f‑spezifischen Bak­te­rio­pha­gen, sowie entero­pa­tho­ge­nen Viren aus Abwas­ser mit­tels Mem­bran­be­le­bungs­ver­fah­ren“). Da gibt es nicht nur mas­si­ve inhalt­li­che Über­schnei­dun­gen zwi­schen bei­den Dis­ser­ta­tio­nen, son­dern auch sub­stan­zi­ell kaum Eigen­leis­tung: Paar mal in die Klär­an­la­ge gefah­ren, Pro­ben ana­ly­siert, fer­tig. Da fragt man sich schon, was sich die medi­zi­ni­sche Fakul­tät dabei denkt.

    Bei mei­ner Diplom­ar­beit wur­de mein ers­ter The­men­vor­schlag vom Pro­fes­sor als „zu dünn“ klas­si­fi­ziert und mit spit­zen Fin­gern in den Papier­korb beför­dert. „Es muss ein ‚Werk‘ dabei ent­ste­hen“, so waren sei­ne Wor­te. Komisch, dass die Maß­stä­be man­cher­orts offen­sicht­lich deut­lich nied­ri­ger liegen.

  3. Sehr guter Arti­kel. Dan­ke hierfür.

    Was ich nicht nach­voll­zie­hen kann ist, war­um war Herr zu Guten­berg so dumm? Und zwar im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes. Er war bereits MdB als er sei­ne Diss. abgab. Er woll­te nie wis­sen­schaft­lich arbei­ten, das gab er auch frei­mü­tig in einem mir in Erin­ne­rung lie­gen­den Fern­seh­in­ter­view zu.
    Er hat sich also auf eine poli­ti­sche Kar­rie­re fest­ge­legt. Den Dok­tor brauch­te er nur, um sich damit zu schmü­cken. War ihm nicht klar, dass das irgend­wann her­aus­kommt? Es war ja nicht gera­de gut gemacht. Sei­ten­wei­se Zita­te ohne Fuß­no­ten kann man nicht ver­ges­sen. Der Betrug ist gera­de­zu offen­sicht­lich. Wäre er irgend­wo in der Pri­vat­wirt­schaft unter­wegs, wäre es höchst­wahr­schein­lich nicht her­aus­ge­kom­men, aber in expo­nier­ter Stel­lung, die er ja auch ange­strebt hat, da muss man schon mal mit rech­nen, das hier jemand prüft.
    Es wird eine Cha­rak­ter­schwä­che offen­bar, die man bereits bei den BW-Vor­fäl­len, als er sei­nen Unter­ge­ge­be­nen rei­hen­wei­se in den Rücken fiel, ver­mu­ten konn­te, die ihn untrag­bar für ver­ant­wor­li­che Pos­ten macht. Mit einem gewohn­heits­mä­ßi­gen Lüg­ner macht man kei­ne Geschäf­te und auch kei­ne Politik.

    Herz­li­che Grü­ße, ffreiberger

  4. @Wolfgang: Dan­ke – auch für den Hin­weis auf den schö­nen Gut­jahr-Text, kann­te ich bis­her nicht.

    @blumentopf: Pro­mo­tio­nen in Medi­zin lie­gen aber ja auch irgend­wo ganz am einen Ende der Ska­la – ich hat­te jeden­falls bis­her den Ein­druck, dass das eher sowas wie eine Magis­ter- oder Diplom­ar­beit (oder neu: Mas­ter­ar­beit) in ande­ren Fächern darstellt.

    Aber rich­tig ist: das gan­ze hat auch was mit Wis­sen­schafts­po­li­tik zu tun. Ich sehe da zum Teil die Dok­tor­müt­ter und ‑väter etc., vor allem aber die Rah­men­be­din­gun­gen (Titel­in­fla­ti­on, Öko­no­mi­sie­rung, …) als rele­vant an.

    @Ffreiberger: Sowas in der Art dach­te ich mir auch, als ich den Bei­trag schrieb – das da neben aller Durch­trie­ben­heit auch eine gewis­se Nai­vi­tät mit ver­bun­den war, so zu han­deln, wie von und zu Gut­ten­berg gehan­delt hat. Ich bin ja mal gespannt, wel­che pro­mi­nen­te Dis­ser­ta­ti­on als nächs­tes durchs Netz gezo­gen wird …

  5. Was für ein Auf­stand über die Arbeit von Gut­ten­berg. Kopiert oder nicht, was solls. Was mich an der Geschich­te am Meis­ten auf­regt ist, dass dar­über mehr Auf­stand gemacht wird und ein grö­ße­res Echo in den Medi­en fin­det, als die armen Bun­des­wehr­sol­da­ten in Afghanistan.

  6. Die Ver­tei­di­gungs­li­nie, die vor allem in den Nicht-Qua­li­täts­me­di­en ver­sucht wird, sowie zahl­rei­che Kom­men­ta­re offen­ba­ren eine ver­brei­te­te Wis­sen­schafts­feind­lich­keit. Nicht, dass das über­rascht oder gänz­lich unbe­kannt wäre: Aber es wäre auch mal eine Auf­ga­be, anhand die­ses Fal­les das Phö­no­men zusam­men­hän­gend zu dokumentieren.

  7. Sehr inter­es­san­ter Arti­kel, vie­len Dank!
    Sehr „schön“ fin­de ich auch die­se Aus­sa­ge (zitiert nach der SZ, http://www.sueddeutsche.de/politik/guttenberg-nimmt-zu-plagiatsvorwurf-stellung-doktor-a-d-guttenberg‑1.1061966), „…er habe die Dis­ser­ta­ti­on über sie­ben Jah­re hin­weg „in mühe­vol­ler Kleinst­ar­beit“ ange­fer­tigt – neben neben sei­ner Tätig­keit als Poli­ti­ker und sei­nen Ver­pflich­tun­gen als jun­ger Familienvater.“
    Das muss man sich ein­fach mal auf der Zun­ge zer­ge­hen las­sen – ich glau­be, da gibt es jede Men­ge Leu­te in Deutsch­land, die ger­ne die­se Luxus­pro­ble­me hätten.

  8. Ich amü­sie­re mich immer noch köst­lich dar­über, dass so vie­le Par­odien auf Gut­ten­berg ver­öf­fent­licht wer­den. Es gilt mal wie­der, wer den Scha­den hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.

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