Heute ist die zweite Versendung der Delegiertenunterlagen für den 11. Landesausschuss von Bündnis 90/Die Grünen Baden-Württemberg bei mir angekommen. Halt, der erste Satz muss einladender klingen und darf nicht so ein Polit-Kauderwelsch enthalten. Also nochmal: am 26. Juni werden die baden-württembergischen Grünen über Netzpolitik reden. Auf dem „kleinen Parteitag“, der bei uns Landesausschuss heißt, und der in Mannheim stattfindet. Der Parteitag ist öffentlich, wer sich das anschauen will, und in der Gegend ist, kann also gerne dazukommen.
Als Ko-Autor des Netzpolitik-Antrags – Schwerpunkte sind digitale Teilhabe und Ansprüche an eine grüne Informationswirtschaft – möchte ich aber herzlich dazu einladen, schon vorher die Gelegenheit zu Ergreifen, mitzureden. Auch, weil ich selbst glaube, dass der Antrag zwar gut ist, aber durchaus noch besser sein könnte. Deswegen möchte ich das Angebot machen, dass alle, die Interesse daran haben, dass die Grünen Baden-Württemberg sich netzpolitisch gut aufstellen, hier einen Ort finden, Änderungswünsche anzumelden. Mehr dazu nach dem Klick.
Was bedeutet das? Dazu muss ich doch noch einmal in den Soziolekt grüner Parteitage verfallen: Der Landesausschuss wird über den Antrag beraten und über Änderungsanträge sowie den Antrag selbst abstimmen. „Beraten“ heißt hier, dass es eine Debatte mit vermutlich etwa zehn bis fünfzehn Redebeiträgen geben wird. Dazu kommen die einzelnen Änderungsanträge, die aufgerufen und abgestimmt werden, wenn sie nicht von vorneherein vom Antragsteller – hier dem Landesvorstand – übernommen werden.
Die Tagesordnung für den Antrag sieht wie folgt aus:
TOP Grüne Netzpolitik: Digitale Teilhabe ermöglichen
Politische Rede des Landesvorstands: Chris Kühn (Landesvorsitzender)
Rede: Constanze Kurz (Chaos Computer Club)Vorstellung der Anträge und Aussprache mit Beiträgen von:
Till Westermayer (KV Breisgau-Hochschwarzwald)
Dr. Konstantin von Notz MdB (Sprecher für Netzpolitik der grünen Bundestagsfraktion)
Jürgen Walter MdL (Medienpolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion)
N.N. (Grüne Jugend)
Beschlussfassung
Änderungsanträge, die in der Tischvorlage des Parteitags erscheinen sollen, müssen bis zum 23.6., 12.00 Uhr in der grünen Landesgeschäftsstelle eingegangen sein. Antragsberechtigt sind grüne Orts- und Kreisvorstände, diverse grüne Gremien sowie mindestens zehn Mitglieder der baden-württembergischen Grünen.
Damit zurück zu meinem Vorschlag: ich würde mich freuen, wenn die Kommentarfunktion zu diesem Beitrag dazu genutzt werden würde, Änderungsanträge zu diskutieren. Was ist ein Änderungsantrag? Letztlich der Wunsch, eine Textstelle im Antrag – gekennzeichnet durch Seitenzahl und Zeilennummer – durch einen anderen Text zu ergänzen oder zu ersetzen. Wenn hier sinnvolle Änderungsanträge zustande kommen, bin ich gerne bereit, mich darum zu kümmern, dass zehn Mitglieder zusammen kommen, die diese dann einbringen können.
Ich weiss, dass eine Kommentarfunktion ein ziemlich schlechtes Werkzeug für sowas ist. Lieber wäre mir eine Möglichkeit, den Antragstext wortgenau und kollaborativ zu annotieren. Aber da ich kein Werkzeug dafür kenne und keine Lust habe, extra ein Wiki aufzusetzen, bleibt es erstmal dabei, wenn niemand anderes hier noch initiativ wird. Wenn jemand gute Tools für die Funktion „Text wortgenau kollaborativ diskutieren“ kennt – her damit.
Die Kommentarfunktion ist jetzt natürlich nicht nur dafür da, Änderungsanträge zu formulieren – sondern kann auch wie üblich zum Kommentieren und zur Diskussion genutzt werden.
Vielleicht sollte ich noch dazu sagen, dass der Antrag sich explizit auf Baden-Württemberg hin orientiert, da wir als grüner Landesverband da unseren Tätigkeitsbereich haben. Zudem ist der Antrag eigentlich schon zu lang – knappe Änderungen sind also chancenreicher als wortreiche Elaborate.
Damit zu den Essentials:
- Als PDF ist der Antrag hier zu finden. Oder am Ende dieses Blogeintrags als Scribd-Embedded-Objekt.
- Wer in der Kommentarfunktion Änderungsanträge vorschlagen möchte, kann dies gerne tun – am besten mit Bezug auf Seite und Zeilennummer (Bsp.: S. 2, Z. 42 – „Die Netzbetreiber dürfen nicht zu Türwächtern ..“ werden – muss das nicht „Türwächter_innen“ heißen?).
- Ich werde mich drum bemühen, sinnvolle* Änderungsanträge in den Parteitag einzubringen.
- Deadline für Änderungsanträge ist der 23.6. – und die UnterzeichnerInnen dafür müssen ja auch erst gefunden werden. Es bleiben also ungefähr 14 Tage.
Warum blogge ich das? Als Teil meines Experimentierens mit netzbezogenen Partizipationsformen.
* „Sinnvoll“ – ich weiss, dass das eine ziemlich schwammige Formulierung ist. Zum einen habe ich keine Lust, mich verpflichtet zu fühlen, sowas wie „schreibt doch in Zeile 4 auf S. 1 rein ‚Nur die PIRATEN können diese Probleme lösen‘.“ voranzubringen – Änderungsanträge müssen den Rahmenbedingungen (grüner Antrag, Bezug auf BaWü, netzpolitische Positionierung, einigermaßen ausformuliert, realpolitisch geerdet genug, um über 10 MitunterstützerInnen zu finden) genügen, damit ich sie in die Antragbehandlung einbringe.
Seite 6, Zeilen 28 bis 34 (ö‑r Rundfunk im Internet):
Es erscheint mir als Armutszeugnis, die Umgehung einer Prüfung damit rechtfertigen zu wollen, dass das Zu-Prüfende schon besteht.
Das kann ja nur heißen, dass das Bestehende die Prüfung entweder auf jeden Fall besteht (warum sollte das so sein?) oder dass es einem egal ist, ob es sie besteht. Das wäre dann das Gegenteil von Rechtsstaatlichkeit. Mal ganz abgesehen davon, dass es in Deutschland keine staatliche Presse gibt und die Verlage deshalb im Zweifelsfall Rechtsanspruch auf Unterlassung haben.
Dass die Ö‑R diese Prüfung nicht von sich aus vorab durchgeführt haben, ist ein deutliches Zeichen für ihre Selbstherrlichkeit und legt nun gerade nicht nahe, dass Beschränkungsgebote beachtet wurden.
Wenn man bei den Ö‑R sparen will, findet man mehr Möglichkeiten, als man abarbeiten kann. Die Prüfung von Rechtmäßigkeit abzuschaffen, ist sicher das letzte, was in Frage kommt.
@Hauke: Stimmt, die Begründung ist nicht ganz logisch. Aus meiner Sicht ist die eigentlich richtige Forderung hier eine Überarbeitung des Rundfunkstaatsvertrags, der öff.-rechtl. Sendern mehr Möglichkeiten im Netz einräumt (keine Spielchen, sondern eher der Bereich des Informations- und Kulturauftrags).
Lieber Till (und allen AutorInnen),
erstmal: ein super Antrag, der die grünen Positionen sehr konzentriert und prägnant zusammenfasst. Einen Aspekt könnte man nach meinem Dafürhalten noch etwas deutlicher hervorheben: Ihr schreibt vom Industrie- und Dienstleistungsstandort BW – gilt ja auch für BY ;-)(S. 1, Z. 22; S. 4, Z. 4). Wichtig ist mir in diesem Zusammenhang, dass wir uns, v.a. bedingt durch das Internet, in Europa schon mitten in einer Transformation in eine Wissensgesellschaft befinden und hier die netzpolitischen Positionen einen wichtigen Beitrag/Voraussetzung für die weitere Transformation bilden. Die gesellschaftliche Vision muss in Richtung einer Wissensgesellschaft gehen, wobei die alten Strukturen der Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft gravierende Veränderungen erfahren werden. Dieser Aspekt blitzt zwar auch im Antragstext auf, könnte aber m.E.n. noch stärker herausgearbeitet werden. Und noch zwei kleine redaktionelle Anmerkungen: – S. 2., Z. 36: hier wohl Mehrzahl „Internetdiensten“; S. 5, Z. 36: letzter Aufzählungspunkt „Breitbandausbau“ ggf. doppelt (schon auf S. 3, Z. 36 erwähnt).
Erst einmal großes Lob für deine Initiative, diesen Antrag einem Open-Peer-Review-Verfahren zu unterziehen. Eine feine Sache! Auf lange Sicht wäre es natürlich cool, wenn man ein solches Open-Peer-Review-Verfahren auch „offiziellen“ auf den Seiten der Partei mit schicker Annotations-Funktion etc. hätte. Ein schöner Antrag außerdem! Ich freu mich ;).
Drei Änderungsvorschläge von meiner Seite:
1.)
S. 2, Z. 40: »Zu dieser Kontrollfunktion der Bundesnetzagentur gehört für uns auch die Durchsetzung des Prinzips der Netzneutralität.« → »Zu dieser Kontrollfunktion der Bundesnetzagentur gehört für uns auch die Durchsetzung des Prinzips der Netzneutralität und des Ende-zu-Ende-Prinzips des Internets.« Begründung: Netzneutralität ist leider zu einem sehr schwammigen Begriff geworden, unter dem viele Menschen unterschiedliche Dinge verstehen. Das ‚Ende-zu-Ende-Prinzip‘ ist aber etwas sehr Wohldefiniertes, das der Netzneutralität sehr nahe kommt. Mehr Informationen dazu im Aufsatz „Der Einfluss der Netzarchitektur auf Innovation“ von Barbara van Schewick, Artikel 4 in „Die wunderbare Wissensvermehrung“ und im C3D2-Podcast Netzneutral.
2.)
S. 5, Z. 8–15 ersetzen durch:
»Freie Open-Source-Software: selbstbestimmt und wirtschaftlich erfolgreich
Software nimmt immer stärker Einzug in unseren Alltag und gewinnt in zunehmenden Maße Kontrolle über unser Leben. Es ist daher von essentieller Bedeutung für unsere Demokratie, dass die Kontrolle über diese Software nicht bei einzelnen großen Herstellern liegt, sondern bei der Allgemeinheit. Die vier Freiheiten der freien Software — verwenden, verstehen, verändern, verbreiten — bilden dafür eine notwendige Grundlage. Denn sie machen einen transparenten Software-Entwicklungsprozess erst möglich. Sie stellen außerdem rechtlich und technischer sicher, dass — falls kein transparenter Entwicklungsprozess stattgefunden hat — die Software zumindest im Nachinein überprüft und bei Bedarf angepasst werden kann.
Im IT-Sektor arbeiten sehr viele Firmen mit freier Software und verdienen ihr Geld mit Anpassungen und Support. Wir begrüßen die weite Verbreitung von Open-Source-Software in der Wirtschaft und wünschen uns hier eine Vorreiterrolle der öffentlichen Hand und auch des Landes. Denn gerade Open-Business-Modelle, wie die Freie-Software-Branche, bieten zukunftssichere Arbeitsplätze und schaffen nachhaltige Innovationen. Hier gilt es, an Hochschulen und in öffentlichen Institutionen solche Modelle durch Ausbildung von qualifiziertem Personal und der intensiven Nutzung der Angebote zu unterstützen.«
Hintergrundinformationen dazu z.B. hier oder hier.
3.)
Für mindestens genauso wichtig wie freie Software halte ich offene Standards. Denn sie machen einen fairen Wettbewerb auf dem IT-Markt überhaupt erst möglich und verhindern Monopolisierung. Außerdem sind auch offene Standards eine Frage der Kontrolle: Momentan kippen Bund und Länder Daten des Staates und der Bürgerinnen und Bürger in proprietäre Container, die nur der goldene Schlüssel einer bestimmten Firma öffenen kann und über die diese eine Firma die volle Kontrolle hat. Und schicken sie über proprietäre Kanäle hin und her. Insbesondere erscheint mir die Verwendung des OpenDocument-Formats zum Austausch und zur Archivierung von Dokumenten für wichtig. Zudem gibt es ja auch noch den offenen Standard PDF, falls die Dokumente nicht weiterbearbeitet werden sollen. Bezüglich ODF noch die folgende Klarstellung: Um ODF sprechen zu können, muss sich nicht jeder gleich Linux installieren — OpenOffice.org gibt es auch für Mac OS X und Windows. Außerdem gibt es diverse Plugins und Konverter für Microsoft Office, und die neuste Version von MS Office spricht ODF sogar nativ. Es geht also nicht darum, jemanden auszuschließen, nur weil sie oder er nicht ein bestimmtes Betriebssystem bzw. eine bestimmte Software hat — ganz im Gegenteil: offene Standards beziehen ein!
Sorry, dass ich dazu gerade nichts direkt als Vorschlag für den Antrag formuliert bekomme :/ — Till, anyone?
Hintergrundinformationen zu offenen Standards z.B. hier, hier, hier oder hier.
Hier mal das Ergebnis: ich suche jetzt noch UnterstützerInnen:
http://edupad.ch/VrKhR9xy5Z