Kurzeintrag: Politisches Beben in der Schweiz (Update 2)

Laut Spie­gel-Online wur­de der SVP-Kan­di­dat Blo­cher auch im zwei­ten Wahl­gang im schwei­zer Par­la­ment nicht gewählt, statt des­sen wur­de eine SP und Grü­nen vor­ge­schla­ge­ne SVP-Frau in die schwei­zer Regie­rung beru­fen. Ob sie die Wahl annimmt, oder ob die SVP in Oppo­si­ti­on geht – was das Ende des Kon­kor­d­anz­sys­tems bedeu­ten wür­de, und den Weg für eine rot-grü­ne Regie­rung (Bun­des­rat) in der Schweiz frei machen wür­de – ist noch offen. (Ergän­zung: Bericht und Kom­men­tar der NZZ – inter­es­sant ist vor allem der Aspekt „Clash zwi­schen per­so­na­li­sier­tem Blo­cher-Wahl­kampf und dem Kol­le­gia­li­täts­prin­zip im Bun­des­rat“. Und wo ich gera­de dabei bin: das NZZ-Dos­sier über die Zusam­men­set­zung des neu­ge­wähl­ten Par­la­ments (pdf) – dem ist u.a. zu ent­neh­men, dass sich die Ver­tre­ter der grün-libe­ra­len Par­tei im Natio­nal­rat der christ­lich-demo­kra­ti­schen Frak­ti­on ange­schlos­sen haben …).

Update zu Grü­ne Wahl­er­geb­nis­se: Schweiz, Polen.

Update: Wid­mer-Schlumpf hat ange­nom­men, die Schwei­zer sind glück­lich.

Update 2: Einen ganz lesens­wer­ten Aus­schnitt der inner­schwei­ze­ri­schen Debat­te dazu.

Z01-775–2

Gera­de noch recht­zei­tig vor Ände­rungs­an­trags­schluss habe ich mei­nen Ände­rungs­an­trag zu Z‑01 (Grund­si­che­rung) ein­ge­reicht. Ich hof­fe immer noch, dass der Bun­des­par­tei­tag am Wochen­en­de – wie schon in Baden-Würt­tem­berg – für ein durch­dach­tes Grund­ein­kom­mens­mo­dell stim­men wird. 

Soll­te dies jedoch nicht der Fall sein, dann wäre Z‑01 für mich nur mit deut­li­chen Ver­bes­se­run­gen trag­bar. Dass z.B. Boris Pal­mer in meh­re­ren Inter­views Z‑01 sinn­ge­mäß als „offe­ne Tür für ein spä­te­res Grund­ein­kom­men“ bezeich­net hat, kann ich so nicht so ganz nach­voll­zie­hen, und bin da wohl auch nicht der ein­zi­ge, wenn ich mir die gro­ße Zahl an Ände­rungs­an­trä­gen anschaue. Einer davon ist der von mir gestell­te (herz­li­chen Dank an die­ser Stel­le an alle Mit­un­ter­zeich­ne­rIn­nen!), der den schö­nen Namen Z01-775–2 erhal­ten hat (Par­tei­ab­kür­zung für: Ände­rungs­an­trag Nr. 2 zu Zei­le 775 in Antrag Z‑01). Dar­in geht es dar­um, statt dem vagen Hin­weis auf eine Brü­cken-Exis­tenz­si­che­rung – im unter­le­ge­nen baden-würt­tem­ber­gi­schen Grund­si­che­rungs­an­trag war damit ein ein­mal im Leben abruf­ba­res ein­jäh­ri­ges Zeit­kon­to für einen Pseu­do-Grund­ein­kom­mens­be­zug gemeint, hier ist es nicht näher aus­for­mu­liert – genau­er zu beschrei­ben, wie ein Modell aus­se­hen könn­te, das sowohl die Not­hil­fe als auch die der Grund­ein­kom­mens­idee ent­nom­me­ne Über­le­gung, (begrenz­te) Frei­räu­men für Krea­ti­vi­tät, Exis­tenz­grün­dung, sozia­les Enga­ge­ment etc. zu schaf­fen, umset­zen kann. Letz­te­res nen­ne ich bei mir „Bür­ger-Pro­jekt-Sti­pen­di­um“ und mei­ne damit 

Mit­tel – eben­falls in Höhe des auf­ge­stock­ten ALG-II – [die] ohne Bedarfs­prü­fung für einen vor­her fest­ge­leg­ten Zeit­raum nach posi­ti­ver Prü­fung eines ein­ge­reich­ten Pro­jekt­vor­schla­ges und ver­füg­ba­ren Mit­teln regio­nal ver­ge­ben [wer­den]. Ein der­ar­ti­ges Bür­ger-Pro­jekt kann im wirt­schaft­li­chen Bereich ange­sie­delt sein, wie etwa die Unter­stüt­zung einer Exis­tenz­grün­dung oder einer Pro­dukt­ent­wick­lung, es kann als sozia­les, öko­lo­gi­sches, künst­le­ri­sches oder wis­sen­schaft­li­ches Pro­jekt aus­ge­stal­tet sein oder der eige­nen Wei­ter­qua­li­fi­ka­ti­on dienen.

Mal schau­en, was dar­aus wird. Die ers­ten Wei­chen­stel­lun­gen wird es schon beim Tref­fen der Antrags­stel­le­rIn­nen Frei­tag mit­tag geben – viel­leicht bewegt sich der Bun­des­vor­stand ja. 

War­um blog­ge ich das? Update zu die­sem Bei­trag.

P.S.: Oswald Metz­ger hat ja nun schon an ver­schie­de­nen Stel­len ver­kün­det, dass er aus der Par­tei aus­tre­ten will, wenn ein Grund­ein­kom­men beschlos­sen wird. Wie neo­li­be­ral er tat­säch­lich ein­ge­stellt ist, zeigt sein Ände­rungs­an­trag zu Z‑01: der der­zei­ti­ge Hartz-IV-Regel­satz soll in Z‑01 von 345 auf 420 Euro erhöht wer­den, wie dies u.a. die Wohl­fahrts­ver­bän­de for­dern. Das möch­te Oswald strei­chen – Begrün­dung: die Lohn­ne­ben­kos­ten wür­den stei­gen und die Kon­junk­tur gefähr­det. Wie es den Men­schen geht, die mit Hartz-IV aus­kom­men (müs­sen), scheint ihn nicht im gerings­ten zu interessieren … 

Vor dem 27. Parteitag

Nächs­te Woche fin­det die Bun­des­de­le­gier­ten­kon­fe­renz, sprich, der Bun­des­par­tei­tag, von Bünd­nis 90/Die Grü­nen in Nürn­berg statt. So die Bahn bis dahin wie­der fährt, bin ich einer der etwa 800 Dele­gier­ten, die dort über eini­ge wich­ti­ge The­men ent­schei­den wer­den. Auf der Tages­ord­nung steht nicht nur die grü­ne Markt­wirt­schaft, son­dern auch die Fra­ge „Zukunft der sozia­len Siche­rung“ (samt bis­her etwas schwach­brüs­ti­ger Online-Debat­te) und das immer wie­der ger­ne dis­ku­tier­te The­ma Neu­es Logo.

Die Zukunft des Sozia­len wird sich letzt­lich um die Fra­ge Grund­si­che­rung oder Grund­ein­kom­men dre­hen. Dazu lie­gen inzwi­schen etwa fünf leit­an­trags­fä­hi­ge Anträ­ge und hau­fen­wei­se Ände­rungs­an­trä­ge (Kate­go­rie „Z“) vor. Der Antrags­schluss für Ände­rungs­an­trä­ge ist übri­gens Sonn­tag; auch ich suche noch nach drei Unter­stüt­ze­rIn­nen für einen Antrag zur Abmil­de­rung von Z‑01 (bzgl. der Brü­cken­exis­tenz-Siche­rung). Eine Syn­op­se der zen­tra­len Anträ­ge hat Dirk Wer­hahn zusam­men­ge­stellt. Kurz gesagt gibt es den (teil­wei­se recht wol­ki­gen) Grund­si­che­rungs­an­trag des Bun­des­vor­stan­des (Z‑01), den Beschluss der LDK Baden-Würt­tem­berg zum Sockel­grund­ein­kom­men, über den ich hier ja schon aus­führ­lich geschrie­ben habe (Z‑02). Dann gibt es noch ein paar ähn­li­che Anträ­ge u.a. aus Rhein­land-Pfalz, und den Antrag Z‑08, der sich – wie­der­um wol­ki­ger, aber dafür etwas radi­ka­ler – für ein wei­ter­ge­hen­des Grund­ein­kom­men ausspricht. 

Die Ein­schät­zun­gen, wel­cher Antrag mehr­heits­fä­hig ist, gehen weit aus­ein­an­der – von „der Buvo darf nicht schon wie­der bla­miert wer­den, des­we­gen wird Z‑01 gewin­nen, egal was drin­steht“ bis zu „vie­le Lan­des­ver­bän­de haben sehr knapp für bzw. gegen ein Grund­ein­kom­men gestimmt; es wird auch dies­mal sehr knapp wer­den und bei guter Argu­men­ta­ti­on und guter Bünd­nis­ar­beit zu gewin­nen sein“ (und das Gerücht, das es Anträ­ge geben wird, die tat­säch­li­che Abstim­mung zu ver­ta­gen, weil gera­de da und dort Land­tags­wah­len statt­fin­den, habe ich auch schon gehört). Ich per­sön­lich fän­de es sehr schön, wenn der Bun­des­par­tei­tag sich dem baden-würt­tem­ber­gi­schen Votum anschlie­ßen wür­de, und ein zukunfts­wei­sen­des, aus­ge­ar­bei­te­tes Kon­zept für ein Grund­ein­kom­men unter­stützt, das durch­aus finan­zier- und umsetz­bar ist. Frei­tag voram Abend der BDK (21 Uhr) wird es noch ein Tref­fen des grün-inter­nen Netz­werks Grund­ein­kom­men geben – viel­leicht ergibt sich dort ja auch noch eine Ver­dich­tung der Antrags­la­ge. Ich wür­de das begrüßen.

Zu Z‑01 ist – ähn­lich wie beim ent­spre­chen­den in Baden-Würt­tem­berg geschei­ter­ten Grund­si­che­rungs­an­trag – vor allem zu sagen, dass eine schö­ne Rhe­to­rik mit eini­gen posi­ti­ven For­de­run­gen und viel Wei­ter-so und einer ganz anders lau­fen­den Pra­xis zusam­men­kommt. In der jet­zi­gen Form kann ich die­sen Antrag nicht unter­stüt­zen; wenn er zu einem ech­ten Kom­pro­miss erwei­tert wird, der Türen für das Grund­ein­kom­men auf­macht, statt es pau­schal zu ver­dam­men, müss­te ich mir das noch­mal überlegen.

Wäh­rend mei­ne Auf­merk­sam­keit der­zeit also vor allem auf der Grund­ein­kom­mens-Grund­si­che­rungs-Debat­te liegt, ist natür­lich auch die Logo-Ent­schei­dung nicht unspan­nend. Ich den­ke, ich wer­de für ein neu­es Logo, und zwar für den Ent­wurf 2 stimmen:

Logo 2

War­um blog­ge ich das? Weil auf Par­tei­ta­gen vie­les schon ent­schie­den ist, wo die wich­ti­ge Mei­nungs­bil­dung im Vor­feld – also jetzt – abläuft. Und weil es auf dem Par­tei­tag selbst wohl nur kos­ten­pflich­ti­ges T‑Lan geben soll.

Open Access in Göttingen

Es gibt eine Open-Access-Initia­ti­ve, an der auch die Uni­ver­si­täts­bi­blio­thek Göt­tin­gen betei­ligt ist. Das ist inso­fern inter­es­sant, weil die grü­ne Bun­des­ar­beits­ge­mein­schaft Wis­sen­schaft, Hoch­schu­le, Tech­no­lo­gie­po­li­tik die­ses Wochen­en­de in Göt­tin­gen tagt und sich zwar auch mit Exzel­lenz­uni­ver­si­tä­ten, ins­be­son­de­re – näm­lich am 2.11. ab 18 Uhr – mit dem The­ma Open Access beschäf­ti­gen wird. Dis­ku­tiert wer­den sol­len die for­schungs­po­li­ti­schen und hoch­schul­prak­ti­schen Sei­ten von Open Access. Der Abend im Grü­nen Zen­trum Göt­tin­gen ist für Inter­es­sier­te offen. Als Refe­ren­tIn­nen sind Dr. Kat­ja Mruck und Dr. Gün­ther Mey aus Ber­lin (FQS, CEDIS der FU Ber­lin, …) und Dr. Nor­bert Los­sau (direk­ter besag­ter Göt­tin­ger Biblio­thek) ein­ge­la­den; inso­fern bin ich sicher, dass es inter­es­sant wer­den wird. Wer sich also ange­spro­chen fühlt, darf ger­ne kommen.

War­um blog­ge ich das? Weil ich Open Access – also den kos­ten­frei­en, öffent­lich Zugang zu (wis­sen­schaft­li­cher) Lite­ra­tur im Inter­net – ein sehr span­nen­des Kon­zept fin­de, gera­de wenn es um öffent­lich geför­der­te For­schungs­er­geb­nis­se geht. Und mir nicht hin­ter­her anhö­ren möch­te, vor­her nicht bescheid gesagt zu haben, dass da was Inter­es­san­tes statt­fin­den wird.

6. November: dezentral gegen die Vorratsdatenspeicherung (Update 4: CDU/CSU, SPD und FDP beschließen Ende des Fernmeldegeheimnisses)

Nicht nur gegen die Bahn­pri­va­ti­sie­rung, son­dern auch gegen die Vor­rats­da­ten­spei­che­rung wird dezen­tral pro­tes­tiert. Sogar mit einem Wiki zur Vor­be­rei­tung. Die dezen­tra­len Aktio­nen fin­den am Diens­tag, den 6. Novem­ber statt – für Frei­burg ist eine Akti­on mit Grund­ge­setz­le­sung von 17.00 bis 19.00 Uhr auf dem Rat­haus­platz geplant. Wenn nicht’s dazwi­schen kommt, wer­de ich wohl dabei­sein – und bin gespannt, wer noch so kommt.

Ausschnitt
Pla­kat für Frei­burg, Quel­le

War­um blog­ge ich das? Aus inhalt­li­chen – Frei­heit statt Angst! (sie­he auch den Beschluss der grü­nen LDK dazu) – wie auch aus medi­en­theo­re­ti­schen Grün­den: wie gut las­sen sich neue Medi­en zur Vor­be­rei­tung poli­ti­scher Aktio­nen etc. einsetzen?

Update: (4.11.2007) Han­no schreibt auch dar­über. Gerüch­te­wei­se soll es auch in Rich­tung Later­nen­um­zug gehen. Die Dun­kel­heit wür­de pas­sen. Ob ich da sein kann, hängt übri­gens noch ein biß­chen von der DB ab.

Update 2: (5.11.2007) Netzpolitik.org mel­det gera­de, dass die Süd­deut­sche wohl mel­det, dass die für Mor­gen vor­ge­se­he­ne Abstim­mung über die Vor­rats­da­ten­spei­che­rung ver­scho­ben wer­den wird. Ob’s stimmt, ist noch unklar. Demons­triert wird mor­gen auf jeden Fall trotzdem.

Update 3: (6.11.2007) „Dank“ DB (Bäu­me in Ober­lei­tung, im End­ef­fekt 2 1/2 Stun­den spä­ter als geplant in Frei­burg) konn­te ich lei­der nicht zur Demo – laut fud­der waren’s in Frei­burg eini­ge hun­dert Leu­te, und laut Tages­schau tau­sen­de deutsch­land­weit. Sehr gut!

Update 4: (11.11.2007) Der Bun­des­tag hat jetzt – gegen den geschlos­se­nen Wider­stand der Grü­nen – die Vor­rats­da­ten­spei­che­rung beschlos­sen. Wie es wei­ter geht? Dazu steht eini­ges bei Julia und bei netzpolitik.org. Samt schwar­zem Traueroverlay.