Es wäre falsch, Alter und politischen Stil gleichzusetzen. Es gibt grauenhaft konservative 16-Jährige (und nicht alle davon werden irgendwann mal Minister*in), und es gibt Rentner*innen, die ganz vorne am Puls der Zeit sind. Und die Delegiertenbänke waren bunt gemischt besetzt. Trotzdem ist mir aufgefallen, dass inzwischen viele der zentralen grünen Protagonist*innen jünger als die Partei sind. Die wurde dieses Jahr 35 Jahre alt. Diese Generation setzt seit einiger Zeit die Themen und besetzt Posten und Positionen.
Beispiel Zeitpolitik, einer der fünf Themenschwerpunkte der BDK in Halle. Dass Grüne den sperrigen Begriff Zeitpolitik für sich entdeckt haben, um bisher eher getrennt voneinander stehende Politiken der betrieblichen Mitbestimmung und der Regelung der Arbeitsbedingungen im Zeitalter von Flexibilisierung, Digitalisierung und Entgrenzung und der feministisch geprägten Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Sorgearbeit und gesellschaftlicher Teilhabe sowie die eher aus Richtung der Lebensstil- und Nachhaltigkeitsdebatten hereinschwappende Sorge um Beschleunigung und Verlust von Muße unter einen Schirm zu bringen, müsste eigentlich eine Nachricht sein. Die Medienlogiken sind andere, gerade in diesen Zeiten. Interessant ist auch der Duktus des Beschlusses: die Probleme und Ursachen für politischen Gestaltungsbedarf werden deutlich benannt, aber auf die eher ver- als enthüllende Anklage des Gesamtzusammenhangs in möglichst groben Tönen wird bewusst verzichtet. Stattdessen werden konkrete Instrumente angeboten, die die beschriebenen Probleme im Rahmen der bestehenden Ordnung lösen könnten. Der Pragmatismus geht nun nicht soweit, eine bis ins letzte durchgerechnete Gegenrechnung aufzumachen. Nach wie vor ist für grüne Beschlüsse der Überschuss an Vision kennzeichnend, der Verweis auf ein Es-könnte-auch-anders-sein. Allzu Visionäres (das „ZeitHaben“ als konkret ausformuliertes Modell) wurde von der Parteitagsmehrheit ebenso abgelehnt wie das Ansinnen, sich auf den Status quo zu beschränken. Ein bisschen bessere Welt muss möglich bleiben.
Zeitpolitik als Parteitagsthema koinzidiert mit einer Gegenwart, in der Berufe keine lebenslange Sicherheit mehr bieten, in der der Druck permanenter Weiterbildung im Raum steht, in der der Geist des Startups alle Grenzen sprengt, in der Erreichbarkeit den Präsenzmythos ablöst – und in der Frauen und Männer vor der Herausforderung stehen, Kind und Karriere zu verteilen und allen damit verbundenen Erwartungen gerecht zu werden. Mir ist aufgefallen, wie viele Delegierte mit Kind dabei waren – auch und gerade junge Männer mit Babys. Wer es böse zuspitzen wollen würde, fände in der Trias aus Kindertragetuch, Smartphone und veganem Sojamilchkaffee schon ganz gute Eckpunkte, um diese Generation weichgezeichnet zu beschreiben. (Natürlich gehen dabei ganz viele Differenzen verloren, das ist mir schon klar …)
Und innen? Wenn meine Beobachtung stimmt, dass diese Generation auch einen spezifischen Stil mitbringt, dann ist das einer der guten Vernetzung, der Verbindlichkeit in der Sache, einer gewissen Neugierde selbst für ganz fremde Lebenswelten und Argumente, aber auch eine Kultur des Lobens und des freundlichen Umgangs miteinander. Das sagt jetzt nichts über das Vorhandensein oder Fehlen von Strategien und Intrigen aus. Aber dieser Stil unterscheidet sich doch von einer eher auf Angriff, Sturheit und Rechthaberei aufbauenden alten Streitkultur. Wer mag, darf das als Zuckerwatte empfinden. Aber vielleicht ist es nur Höflichkeit aus dem Wissen darüber, wie sehr Parteien dazu neigen, Menschen zu vereinnahmen und zu verbrennen. Ein Lernprozess.
Jedenfalls, um zur Zeitpolitik zurück zu kommen: Das würde ich als ein Thema identifizieren, das gerade der Generation „Grün“ auf den Nägeln brennt. Und auch in den beiden anderen, von innen gesetzten Parteitagsthemen, der Wirtschafts- und der Klimapolitik, ließen sich Anknüpfungspunkte an die These finden, dass diese Generation und ihre ganz konkrete Realität und Zukunft jetzt Themen setzt. Mit einer ganz eigenen Verbindung aus Vision und Realismus, mit einem Festhalten an großen Zielen, aber immer ins Konkrete heruntergebrochen und geerdet. Klimawandel ist unsere Zukunft, und eine grüne Wirtschaft ist die, in der wir hier und heute arbeiten. Was fehlt, sind Apodiktisches und Apokalypse. An die Stelle des mahnenden Zeigefingers ist der Optimismus des „Wir schaffen es!“ getreten, selbst wenn dieses optimistische Lebensgefühl aus der Not heraus geboren ist, dass es anderes eben einfach gar nicht möglich wäre.
Wenn die These stimmt, dass die Generation „Grün“ damit begonnen hat, dieser Partei ihren Stempel aufzudrücken, dann müsste sich das auch in der Besetzung der Posten zeigen. Simone und Cem sind beide Jahrgang 1965, also 10 bis 15 Jahre älter als die hier beschriebene Generation. Aber dahinter gibt es dann doch einige, die durchaus den Ton angeben werden: Micha Kellner, politischer Bundesgeschäftsführer, Jahrgang 1977. Gesine Agena, Beisitzerin im Bundesvorstand, Jahrgang 1987. Im Parteirat nicht nur Erik Marquardt (Jg. 1987), sondern auch Ska Keller (Jg. 1981), Madeleine Henfling (Jg. 1983) und Malte Spitz (Jg. 1984). Wenn wir das Spektrum etwas strecken, würden auch Katja Dörner (Jg. 1976) und Christian Meyer (Jg. 1975) noch dazu gehören – ebenso wie der knapp nicht gewählte Alex Bonde, der ebenfalls in diese Altersgruppe gefallen wäre. Was ich damit sagen will: der vor zwei Jahren begonnene Generationenwechsel verfestigt sich. Und verändert zunächst noch nicht einmal so sehr die Außendarstellung, aber doch das Zusammenwirken im Inneren der Partei, bis hin zur Tanzfläche der Parteiparty.
Denen, die jünger als die Partei sind, erscheinen manche alten Konfliktlinien überholt, manche blinde Flecken seltsam, aber auch manche Dinge, die vor dreißig Jahren progressiv waren, heute als angestaubt. Ein Beispiel ist das „Binnen‑I“, das die Partei bisher in ihren Beschlüssen verwendet hat, um Frauen und Männer sprachlich sichtbar zu machen. Heute wurde es durch den Genderstar ersetzt, das Sternchen, das auch Raum für Trans- und Intersexuelle, Transgender und alle diejenigen lassen soll, die sich dem binären Geschlechterschema verweigern.
Ein anderes Beispiel ist der „Aufbruch 2017“, der eher unscheinbar am Ende des zweiten Parteitag-Tages behandelt wurde. Vordergründig diente dieser Tagesordnungspunkt dazu, den weiteren Prozess bis zur Bundestagswahl 2017 zu beschreiben – die Urwahl der Spitzenkandidat*innen, aber auch den Prozess, um das Bundestagswahlprogramm zu erstellen (nebenbei: ich bin mir ziemlich sicher, dass der oben beschriebene neue Sound sich auch dort wiederfinden wird). In diesem Tagesordnungspunkt fand sich aber auch Micha Kellners Projekt der Beteiligungspartei wieder – ein kluges Set an Tools und neuen Verfahren, um auch hier Bündnis 90/Die Grünen neu aufzustellen.
Ebenfalls unter dem Tagesordnungspunkt behandelt wurde „A03“ – der Antrag, den ich als „zurück zu den 1980ern“ beschrieben habe. Auch hier gibt es einen Vordergrund: die Rückkehr zu Verfahrensregeln wie der Rotation, der vollständigen Trennung von Amt und Mandat und eine weitgehende Abschaffung des Delegiertenprinzips. Im Hintergrund die mit diesen Instrumenten verbundene Hoffnung zu einer Rückkehr zu den „wahren“ grünen Werten. Dass „die Basis“ nicht unbedingt identisch mit den Antragsteller*innen von A03 ist, was zu einem gewissen inneren Widerspruch führt, wurde nicht nur in der Abstimmung deutlich (ich habe ungefähr drei Ja-Stimmen bei rund 600 Delegierten im Saal gesehen), sondern auch in der Gegenrede von Britta Haßelmann, die genüsslich darauf hinwies, dass die teilweise Aufhebung der Trennung von Amt und Mandat das Ergebnis einer Urabstimmung unter allen Mitgliedern war – und deswegen gerade bei „Basis“-Fans doch eine gewisse Akzeptanz finden sollte.
Wenn auf der einen Seite eine Generation „Grün“ dabei ist, eine neue Parteikultur und neue programmatische Elemente zu verankern, steht dem der Club der „grumpy old men“ gegenüber (wobei old hier nicht unbedingt nur das biologische Alter und men nicht unbedingt das Geschlecht meint – grumpy stimmt aber). Die selbsternannten Lordsiegelbewahrer*innen der Partei wünschen sich klare Frontlinien, also ein klares großes Ganzes, für das gekämpft wird, klare Gegner*innen, gegen die gekämpft wird, und klare Klarheiten, also ungeprüfte und nicht in Frage zu stellende Wahrheiten mit ewiger Geltung.
Der Club der „grumpy old men“ traf sich parallel zu den Sitzungen der Reformer*innen und der Linken und hatte vorher mit Flugblättern dazu geworben, dazu zu kommen. Da nannten sie es „Unabhängiges grünes Basistreffen“. Wie viele hingegangen sind, weiß ich nicht.
Ich war beim Strömungstreffen der Linken, da war es voll – rund 200 Leute, von der Atmosphäre her aber freundlich und konstruktiv. Sagte ich schon, dass mit einer neuen Generation auch ein neuer Geist eingezogen ist? Einige, die sonst immer auf diesem Strömungstreffen zu hören waren, fehlten, obwohl sie beim Parteitag anwesend waren. Vielleicht waren sie bei den Grumpies.
Bei allem Spott: Hier steckt doch ein Problem für Bündnis 90/Die Grünen. Ich kann nachvollziehen, dass vieles von dem, was gerade an Ordnungsprozessen und Umorientierungen stattfindet, aus einer anderen Perspektive als Verlust – an Macht und Einfluss, an Gewissheiten, an Klarheit – empfunden wird. Die beiden weitgehend unbekannten Gegenkandidat*innen für den Parteivorsitz, durchaus mit Nähe zu diesem Spektrum, haben doch relativ viele Stimmen erhalten. Und insbesondere in der den ersten Tag der BDK bestimmenden Debatte um Einwanderung und Flucht, Fluchtursachen und islamistischen Terror wurde in Redebeiträgen immer wieder deutlich, dass Regieren als Zumutung und Kompromisse als Verrat empfunden wurden: „Wir sind die Basis“ gegen die Verschwörung der Machthaber*innen, lieber doch Opposition, statt auch nur eine rote Linie zu überschreiten. Oder, um es noch etwas komplizierter zu machen: ein austarierter Beschluss zu Flucht und Einwanderung, der auch deutliche Kritik an einigen asylpolitischen Entwicklungen der letzten Monate enthält, und der durchaus Zusagen macht, was bei einer grünen Regierungsbeteiligung im Bund anders werden muss, und der mit großer Mehrheit beschlossen wurde, ist noch einmal etwas anderes als die Weigerung, sich auf Komplexitäten überhaupt nur einzulassen und lieber einfache Lösungen zu propagieren. Die Zeitdiagnose, dass Populismus gerade im Aufwind ist, scheint auch innerparteilich zu gelten.
Bisher ist das eine klare Minderheit, eine unorganisierte Gruppe. Ich weiß nicht, ob wir es schaffen, den Diskurs darüber, wie Bündnis 90/Die Grünen sich weiterentwickeln können, auch mit diesem Teil der Mitgliedschaft zu führen. Oder ob dem eine Blockadehaltung entgegensteht, die Dialog eher nicht zulässt. Wenn wir 2017 als Partei insgesamt einen motivierten und starken Wahlkampf führen wollen, wenn wir geschlossen für eine bundespolitische Vision stehen wollen, dann ist eine diffuse Unzufriedenheit, die zu Ende gedacht eine ganz andere Partei haben möchte, ein Problem.
Wo ich gerade dabei bin: Das zweite Problem, das wir als Partei haben, das wir seit 2013 haben, und für das ich bei dieser BDK nicht wirklich eine Lösung gesehen habe, ist die fehlende starke Geschichte, der grüne Faden, der nicht nur innen zusammenhält, sondern auch außen immer wieder sichtbar wird. Und der fehlt einer Partei, die derzeit in neun Ländern an der Regierung beteiligt ist.
Diese Vielstimmigkeit ist nicht neu, aber sie ist besonders schmerzhaft. Das mag etwas mit der Kleeblatt-Konstellation der Fraktions- und Parteispitze zu tun haben, es mag aber auch etwas damit zu tun haben, dass noch immer viel Energie nach innen fließt, in organisatorische Arbeit, in das Austarieren von Kompromissen zwischen den Ebenen, in diverse inhaltlich arbeitende Kommissionen und Arbeitskreise. Die Vitalität, Visionskraft und argumentative Stärke fehlt in der Außendarstellung. Das mag alles etwas besser werden, wenn in einem Jahr klar ist, wer von den Mitgliedern als Spitzenkandidat*in gewählt wurde; die Binsenweisheit, dass Personen auch Themen und Haltungen verkaufen, ist ja nicht falsch. Jedenfalls ist das die ganz große Baustelle, die bis zum Bundestagswahlkampf geschlossen sein sollte.
Und das dritte Problem? Symbolbild: Kretschmann redet – und zu standing ovations steht ein Block, einer antiken Formation nicht unähnlich, auf. Das ist Baden-Württemberg. Der Rest bleibt sitzen. Vielleicht bin ich hier pessimistisch, aber ich sehe – auch nach dem Unfall von neunzehn fehlenden Stimmen bei der Parteiratswahl – ein sich beschleunigendes Auseinanderwachsen auch der inneren Logiken zwischen Baden-Württemberg und allen anderen Landesverbänden, vor allem aber zwischen Baden-Württemberg und dem Bundesverband. Das schlimmste, was uns passieren kann, ist ein „mir san mir“, dem dann völlig egal ist, was in Berlin debattiert und entschieden wird, solange zuhause die Prozente stimmen. Der 13. März 2016 ist hier ein Merkstein. Wenn es ein Kabinett Kretschmann II geben wird, und wenn die derzeitige Stärke in den Umfragen sich bestätigt, halte ich es nicht für unwahrscheinlich, dass auf die offene Bühne gelangt, was bisher eher in Kaminrunden und Telefonkonferenzen verhandelt und gestritten wird. Ein solcher Zustand wäre nicht gut für das grüne Projekt. Und es gibt ein Leben außerhalb der Landesgrenzen!
(Und ja: Dabei geht es nicht um Formelkompromisse, sondern um handfeste inhaltliche Interessensdifferenzen.)
Der Parteitag ist zu Ende, drinnen wurde gerade noch das Klima gerettet, gestern war es noch sonnig, jetzt weht draußen eisig der Schneesturm um die Messehalle irgendwo im Gewerbegebiet der Stadt Halle. Und Grüne werden weiterhin gebraucht in einem Land, in dem der Winter längst Einzug gehalten hat.
Warum blogge ich das? Als etwas anderen Bericht von der BDK 2015. Und weil meine Basis mehrheitlich keine Best-of-BDK-Liste wollte. (Und die beiden großen Themen, die ja auch die Medienberichterstattung dominierten, und viele Reden füllten, lasse ich mal außen vor – dazu steht anderswo genug).
Der Beitrag bringt sehr schön auf den Punkt, wie sich das Binnenklima in der Partei ändert. Und wahrscheinlich ist die Entwicklung ja auch logisch: Wer in einer Zeit politisch sozialisiert wurde, als grüne Positionen absolute Minderheitenpositionen waren, wer gewohnt war, für seine Meinung wahlweise verlacht oder bekämpft, auf jeden Fall aber nicht ernstgenommen zu werden, hat natürlich eine andere politische Kultur verinnerlicht als die nachfolgenden Generationen. Sie sind aufgewachsen in einem Klima, das die Grünen als Teil des Establishments (und das meine ich nicht abwertend) sieht. Da muss man nicht dauernd gegen alles und jeden kämpfen. Deshalb ist die beschriebene Entwicklung auch Ausdruck einer (positiven) gesellschaftlichen Veränderung (und by the way: sie wurde auch von den Grumpies mit erkämpft ;-)).
Die spannende Frage kommt aber noch: Wenn sich der Ton von „das läuft falsch“ zu „wir schaffen das und zwar so“ ändert, ist damit eine andere Rolle verbunden. Nehmen wir das ernst, bedeutet es einen klar formulierten Macht- und Gestaltungsanspruch. Ob wir bereit sind, den auch unter den real existierenden Bedingungen des politischen Betriebs einzuhalten, muss sich erst noch zeigen. Denn sonst könnte aus dem „wir schaffen das und zwar so“ recht schnell wieder ein „das läuft falsch“ werden. Ich erlaube mir einfach mal optimistisch zu sein.
du beklagst dich über Grumpy old men, die klare Haltung einfordern. Drei Sätze später: „Wo ich gerade dabei bin: Das zweite Problem, das wir als Partei haben, das wir seit 2013 haben, und für das ich bei dieser BDK nicht wirklich eine Lösung gesehen habe, ist die fehlende starke Geschichte, der grüne Faden, der nicht nur innen zusammenhält, sondern auch außen immer wieder sichtbar wird. Und der fehlt einer Partei, die derzeit in neun Ländern an der Regierung beteiligt ist. “ jo.…äh…klar.…
Der jungen Generation fehlt es nicht an Intrigen und Hinterzimmer, da haben sie sehr gut von der Mutterpartei gelernt – aber das nur am Rande. Was der Bundespartei tatsächlich fehlt, ist die Erfahrung, zwischen durch Regierungsbeteiligungen erstarkten Landesverbänden und bundespolitischen Positionen eine gelingende Balance herzustellen. Gerade werden viele Länderinteressen zu Landesparteiinteressen, die dann z.T. bundespolitischen Parteiinteressen gegenüberstehen und im Zweifelsfall gewinnen. BaWü ist (in meiner Außenwahrnehmung) dafür nur das herausgehobenste Beispiel. Eine personell schwach wie schon lange nicht mehr aufgestellte, wenig einheitlich auftretende Bundestagsfraktion schwächt die Bundespartei da noch weiter. Und das hat das innerparteiliche Machtverhältnis (jenseits von BDKen) stark in Richtung G‑Länder verschoben und führt dazu, dass zumindest in meinem Berliner linksgrün sympathisierenden Umfeld viele Leute etwas frustriert und ratlos sind, ob sie noch Grün wählen können oder doch eher die Linke. Für 2017 hoffe ich, dass der Wahlkampf da wieder klare Konturen rein bringt und die Landesverbände die Bundespartei unterstützen, nicht demontieren…
Ein nachträglicher Gedanke nach einer längeren Facebook-Debatte, die bei Schmähungen begann und bei der Feststellung endete, dass der starke Fokus, den ich oben auf’s Alter lege, vielleicht etwas anderes verdeckt, was nur teilweise etwas mit dem Alter zu tun hat, und das passt gut zu dem, was Alex Burger oben sagt: die Dimensionen „Grün als Teil des Establisments“ und „Grün als hartes Ringen um eine Alternative zum Establishment“. Die dürfte jede*r von uns in unterschiedlichem Maße in sich vereinen – bei den Grünen der ersten Generation mag das Ringen um die Alternative überwogen haben, das ist möglicherweise auch der Antrieb der „Grumpies“, bei den Grünen der zweiten und dritten Generation kam und kommt dem „Grün als Teil des Establisments“ dann ein ganz anderes Gewicht zu, weil diese Erfahrung so vorher einfach nicht gemacht werden konnte. Und daraus lassen sich dann andere politische Herangehensweise und auch ein jeweils unterschiedliches Verständnis davon ableiten, was „Grün“ im Kern eigentlich ausmacht.
Ich möchte als „nur“ Grün-Sympathisant bzw. Wähler auch noch etwas beisteuern. Die Debatte auf facebook hat mich mehr als erstaunt. Ich habe den Text ganz anders gelesen und verstanden. Als Außenstehender leide ich ebenfalls an der Partei. Wenn man aus der linken, friedensbewegten Ecke kommt musste man an den Grünen viel leiden ;-). Dein Text versöhnt mich da ein wenig. Er lässt einen an einigen Stellen einen ironischen (zumindest habe ich es so wahrgenommen) und kritischen Blick ins Innere der Partei zu. Auch wenn mir bewusst ist, dass ein solcher Blick immer fragmentarisch sein wird, halte ich ihn für sehr wertvoll. Der Text hat mir auch wieder bewusster gemacht hat, dass es nicht nur das Ringen um politische Positionen sondern auch interkulturelle Konflikte zwischen Flügeln, Generationen, Strömungen und was auch immer gibt. Das macht das ganze wieder menschlicher.
Zu meinem Absatz zu BaWü aus dokumentarischen Gründen noch ein Zitat aus der Schwäbischen Zeitung von heute: