Nach dem Mitgliederentscheid

Am Sams­tag habe ich mir eini­ge Kenn­zah­len zum grü­nen Mit­glie­der­ent­scheid ange­schaut. Heu­te wur­de nun das Ergeb­nis ver­kün­det.

An der Urab­stim­mung teil­ge­nom­men hat wohl ein gutes Vier­tel der Mit­glie­der – 27 26,2 Pro­zent, habe ich gehört. Das sind nicht alle, aber sicher­lich mehr als die „mitt­le­re Funk­tio­närs­ebe­ne“ der Akti­ven in den Lan­des­par­tei­en und in der Bun­des­par­tei. In Zah­len wären das bei etwa 60.000 Mit­glie­dern dann rund 16.200 Per­so­nen. Gera­de im Ver­gleich mit den Zah­len zur Online­be­tei­li­gung fin­de ich das eine beacht­li­che Mit­glie­der­mo­ti­va­ti­on (man­che spre­chen dabei auch von Gami­fi­ca­ti­on der poli­ti­schen Betei­li­gung – sei’s drum).

In zwei Drit­tel aller Kreis­ver­bän­de fan­den Mit­glie­der­ver­samm­lun­gen samt Urnen­wahl statt, vie­le haben die Mög­lich­keit zur Brief­wahl genutzt. Ich den­ke, dass die Aus­ein­an­der­set­zung mit den 58 zur Wahl ste­hen­den Schlüs­sel­pro­jek­ten für vie­le grü­ne Mit­glie­der ein ers­ter Schritt dazu war, sich aktiv mit den Beschlüs­sen zum Bun­des­tags­wahl­pro­gramm zu befas­sen – Mobi­li­sie­rung und Fort­bil­dung in einem.

Das Ergeb­nis der Abstim­mung (sie­he Abbil­dung) ent­sprach im Bereich Ener­gie und Öko­lo­gie mei­nen Erwar­tun­gen, in den ande­ren bei­den Berei­chen wur­de das, was an Prio­ri­tä­ten bis­her erkenn­bar gewe­sen war, ziem­lich durch­ein­an­der gewür­felt. Dar­ge­stellt sind in der Abbil­dung die Pro­zent der Gesamt­stim­men – abge­ge­ben wer­den konn­ten ja je Bereich 3 Stim­men, dazu kommt die Joker­stim­me, die nicht extra aus­ge­wer­tet wur­de, son­dern dazu addiert wur­de. Da es im Bereich „Ener­gie und Öko­lo­gie“ 16 Pro­jek­te gab, in den ande­ren bei­den jeweils 19 21, ver­wun­dert es nicht, dass die Spit­zen­pro­jek­te dort jeweils deut­lich bes­ser abschnei­den als die Spit­zen­pro­jek­te bei der „Gerech­tig­keit“ oder der „Moder­nen Gesell­schaft“. Die Abbil­dung zeigt auch, dass die ers­ten bei­den Pro­jek­te jeweils mit einem sehr deut­li­chen Vor­sprung vor allen ande­ren gewählt wur­den, und dass die Plät­ze drei und vier jeweils fast gleich­auf lie­gen. Wer will, kann jeweils drei oder vier Grup­pen unter­schei­den: Die zwei Top­pro­jek­te je Bereich, eine Grup­pe von vier bis fünf „Runner-Up“-Projekten mit jeweils rela­tiv ähn­li­chen Ergeb­nis­sen, und die dann „fer­ner liefen“.

Per­sön­lich schmerzt es mich etwas, dass bei­de Hoch­schul­pro­jek­te (24 und 25) im Bereich „Gerech­tig­keit“ sehr schlecht abge­schnit­ten haben – hier warf die Kon­kur­renz durch die gro­ßen sozi­al- und finanz­po­li­ti­schen The­men ein­fach zu groß. Bei den netz­po­li­ti­schen Pro­jek­ten hat der Ruf nach Infor­ma­ti­ons­frei­heit und Trans­pa­renz (Pro­jekt 46) mit 17,4% noch eini­ger­ma­ßen pas­sa­bel abge­schnit­ten. Daten­schutz (14,0%), Breit­band­aus­bau (8,1%) und Urhe­ber­recht (7,7% bzw. im Kunst­be­reich noch­mal 3,2%) kamen dage­gen auf weni­ger gute Wer­te. Mein Kreis­ver­band scheint in die­ser Hin­sicht übri­gens ziem­lich reprä­sen­ta­tiv für die Par­tei zu sein – ich durf­te auf unse­rer Mit­glie­der­ent­scheids-Ver­samm­lung die hoch­schul- und die netz­po­li­ti­schen Pro­jek­te vor­stel­len, ern­te­te bei der Hoch­schul­po­li­tik ein paar Nach­fra­gen zu Details, aber wenig Inter­es­se, und durf­te mir bei den Netz­the­men jen­seits der Infor­ma­ti­ons­frei­heit durch­aus auch kon­tro­ver­se Mei­nun­gen anhö­ren. Bei­de The­men­fel­der haben die brei­te Basis der Par­tei nicht als Leit­pro­jek­te für die Bun­des­tags­wahl und eine even­tu­el­le Regie­rungs­über­nah­me über­zeugt. Das heißt nicht, dass die Par­tei denen, die sich damit aus­ein­an­der­set­zen und dort aktiv sind, nicht aus­rei­chend Raum und Rück­halt für durch­aus gute Kon­zep­te gibt (die ja wei­ter­hin Teil des Wahl­pro­gramms sind), son­dern es heißt, dass die Zen­tra­li­tät, die ich bei­den The­men­fel­dern zuwei­se, inso­fern es dabei um die zukünf­ti­ge Siche­rung gesell­schaft­li­cher Teil­ha­be und um den pro­duk­ti­ven Kern einer Wis­sens- und Wis­sen­schafts­ge­sell­schaft geht, wird wohl von der Mehr­heit der Mit­glie­der nicht so gese­hen. Hier besteht also noch gro­ßer par­tei­in­ter­ner Überzeugungsbedarf!

Abge­se­hen davon fin­de ich per­sön­lich die Aus­wahl der Top-Pro­jek­te durch­aus gelun­gen: Ener­gie­wen­de, Mas­sen­tier­hal­tung und die Fra­ge nach den Gren­zen des Wachs­tums sind grü­ne Kern­the­men mit gro­ßer Mobi­li­sie­rungs­fä­hig­keit und Reso­nanz. (Auch die öko­lo­gi­sche Finanz­re­form und die Bahn­po­li­tik auf den Plät­zen fünf und vier pas­sen gut ins Kern­pro­fil der Par­tei). Im Bereich „Gerech­tig­keit“ ste­hen mit Min­dest­lohn und Bür­ger­ver­si­che­rung zwei kla­re Sozi­al­pro­jek­te an der Spit­ze. Der Wunsch nach gesell­schaft­li­cher Soli­da­ri­tät und gegen die Spal­tung der Gesell­schaft ist hier sehr deut­lich. Auch die fol­gen­den drei Pro­jek­te – die Regu­lie­rung der Finanz­märk­te auf Platz drei, die Ver­mö­gens­ab­ga­be auf Platz vier und die heiß dis­ku­tier­te Steu­er­re­form mit immer­hin noch 22,9% der Stim­men auf Platz fünf – ste­hen für das Pro­fil, gesell­schaft­li­che Soli­da­ri­tät wie­der her­zu­stel­len, Bür­ger­tum hin oder her. In der „Moder­nen Gesell­schaft“ ist die Kri­tik an Rüs­tungs­expor­ten ganz oben gelan­det, gefolgt von Kita­plät­zen statt Betreu­ungs­geld. Auf den Plät­zen drei bis fünf fol­gen der Kampf gegen den Rechts­extre­mis­mus, fami­li­en­freund­li­che Arbeits­zeit­mo­del­le sowie mehr demo­kra­ti­sche Betei­li­gung. Das ist defi­ni­tiv eine gute grü­ne Mischung. 

Noch ein paar Wor­te zur Fra­ge der Vor­her­sa­ge­kraft der Online­de­bat­te. Ich hat­te ja die Kom­men­ta­re und Votes aus­ge­zählt und fest­ge­stellt, dass die­se recht gut zusam­men­pas­sen. Wer­den jetzt die Votes auf der Online­platt­form, die nur von Mit­glie­dern ver­teilt wer­den konn­ten, mit dem Abstim­mungs­er­geb­nis ver­gli­chen, ergibt sich eine Über­ra­schung, wie die neben­ste­hen­de Abbil­dung zeigt (auf der hori­zon­ta­len Ach­se ist jeweils das Ergeb­nis beim Mit­glie­der­ent­scheid auf­ge­tra­gen, auf der ver­ti­ka­len Ach­se die Zahl der Online-Stim­men für Argu­men­te zu die­sem Pro­jekt; rechts sind Gewin­ner der Urab­stim­mung, oben die Gewin­ner des Online-Votings).

Ich habe das nicht aus­ge­rech­net, aber im Bereich „Ener­gie und Öko­lo­gie“ sieht es nach einer kla­ren Kor­re­la­ti­on aus: Wird nur die­ser Bereich betrach­tet, wirkt es so, als hät­te das Online-Voting eine deut­li­che Vor­her­sa­ge­kraft für die ech­te Abstim­mung gehabt. Zwar sind Platz 1 und 2 ver­tauscht, aber es ist doch ein deut­li­cher Zusam­men­hang zu erkennen.

Anders sieht es bei der „Gerech­tig­keit“ und erst recht bei der „Moder­nen Gesell­schaft“ aus. Die Pro­jek­te, die in letz­te­rem Bereich mit deut­lich Abstand online ganz vor­ne lagen – „Ehe öff­nen“, der oran­ge­ne Punkt bei 200 Online-Votes, und die (von mir falsch benann­te) euro­päi­sche Bür­ger­initia­ti­ve, also der Demo­kra­tie­kon­vent für Euro­pa, bei etwa 150 Votes – sind in der ech­ten Abstim­mung bei­de nur im Mit­tel­feld gelan­den. Ein Zusam­men­hang zwi­schen Online-Votes und ech­ter Abstim­mung ist nicht zu erken­nen. Dies ver­wun­dert ins­be­son­de­re hin­sicht­lich des Euro­pa-Pro­jekts 55, für das es eine regel­rech­te Wer­be­kam­pa­gne gab. (Aber auch der Pres­se­wir­bel der taz für den Laub­frosch hat die­sem nicht wirk­lich genutzt).

Eine mög­li­che Erklä­rung für die­se Unter­schie­de zwi­schen „Ener­gie und Öko­lo­gie“ und den ande­ren Berei­chen sehe ich in der grö­ße­ren Pro­jekt­he­te­ro­ge­ni­tät in den bei­den Berei­chen, viel­leicht auch dar­in, dass Ener­gie­wen­de, Umwelt­the­men all­ge­mein, eine laten­te Wachs­tums­kri­tik, und selbst­ver­ständ­lich auch der Tier­schutz nach wie vor zen­tra­le grü­ne Her­zens­the­men sind. Grü­ne mögen unter­schied­li­che Auf­fas­sun­gen dazu ver­tre­ten, wel­che Steu­er­sät­ze rich­tig sind, wie Ent­wick­lungs­po­li­tik und Dro­gen­po­li­tik am bes­ten gelin­gen, oder wo die Gren­zen der For­schungs­frei­heit lie­gen sol­len. Ener­gie- und Umwelt­ex­per­tIn­nen sind wir dage­gen alle. 

Nach­dem die Votes bei der Online-Abstim­mung eine ande­re Funk­ti­on hat­ten – im Kern ging es ja dar­um, die Güte von Argu­men­ten zu bewer­ten – soll­ten die­se Diver­gen­zen zwi­schen Online-Abstim­mung und Basis­vo­tum nicht über­be­wer­tet wer­den. Dass die Vor­her­sa­ge­kraft des Online-Votums ins­ge­samt gese­hen gering war, kann daher, mei­ne ich, nicht im Umkehr­schluss als Argu­ment über die gerin­ge Reprä­sen­ta­ti­vi­tät digi­ta­ler Betei­li­gung her­an­ge­zo­gen wer­den, son­dern ist eher eine Aus­sa­ge dar­über, dass es sich eben doch um zwei paar Stie­fel handelt.

War­um blog­ge ich das? Weil ich, Gami­fi­ca­ti­on hin oder her, den Mit­glie­der­ent­scheid als inter­es­san­tes Expe­ri­ment der inner­par­tei­li­chen Mobi­li­sie­rung und Bele­bung sehe.

P.S.: Dass es, wenn 58 Pro­jek­te zur Abstim­mung ste­hen und davon neun aus­ge­wählt wer­den, am Schluss 49 Pro­jek­te gibt, die nicht an der Spit­ze lan­den, war übri­gens vor­her­seh­bar. (Und natür­lich hat nie­mand beim Kampf um die Schlüs­sel­pro­jek­te im Pro­zess rund um das Bun­des­tags­wahl­pro­gramm ernst­haft dar­über nach­ge­dacht, wie vie­le wie aus­ge­rich­te­te Pro­jek­te die bes­ten Chan­cen haben, beim Mit­glie­der­ent­scheid gewählt zu wer­den. Den­ke ich jeden­falls. Was mich zu der Fra­ge führt, was denn jetzt kon­kret mit den aus­ge­wähl­ten neun Pro­jek­ten geschieht. Aber das ist noch ein­mal eine ganz ande­re Geschichte.)

6 Antworten auf „Nach dem Mitgliederentscheid“

  1. Ich hat­te ja zu einem Dei­ner vor­an­ge­gan­ge­nen Bei­trä­ge schon ange­merkt, dass die Ein­schät­zung dar­über, wel­che Pro­jek­te es schaf­fen wür­den, über die rein zah­len­mä­ßi­ge Aus­wer­tung des Online-Tools hin­aus­ge­hen muss.
    Anders aus­ge­drückt: Von den neun Gewin­ner­pro­jek­ten ist für mich nur eine ech­te Über­ra­schung dabei. 1, 8 waren von Anfang an Top­fa­vo­ri­ten, im Vor­feld der Abstim­mung kam die 57 dazu. 27 wur­de bei den Ergeb­nis­mel­dun­gen sehr häu­fig genannt. 5, 20, 38 und 45 gehör­ten zumin­dest zu denen, die man, alle Ein­drü­cke zusam­men­ge­nom­men, auf der Rech­nung haben muss­te, wenn auch bei der 20 viel­leicht weni­ger deut­lich. (Ich gebe zu, dass ich, pes­si­mis­tisch wie ich ver­an­lagt bin, das Poten­ti­al des in mei­ner Regi­on sehr nütz­li­chen Pro­jekts 45 unter­schätzt habe.) Übrig bleibt Pro­jekt 17. Hier­zu gebe ich ger­ne noch­mal mei­ne Ein­schät­zung zum Bes­ten, wonach die­ses (wie auch 1 und 38, die es wohl aber auch so geschafft hät­ten) einen ent­schei­den­den klei­nen Vor­teil durch sei­ne Posi­ti­on auf dem Stimm­zet­tel hat­te. Einen ent­spre­chen­den Effekt gab es bei der Ham­bur­ger Bür­ger­schafts­wahl schon mal mit den Bewerber_innen auf Lis­ten­platz 31, die auch oben auf dem Stimm­zet­tel stan­den und alle durch Per­so­nen­stim­men nach vor­ne gewählt wurden.
    Davon abge­se­hen ist eini­ges von der Detail-„Kritik“, die ges­tern zu lesen war, eher put­zig als ernst­zu­neh­mend. Wer unbe­dingt über­se­hen will, dass Ver­mö­gens­ab­ga­be und Ein­kom­mens­steu­er­re­form auf den Plät­zen 4 und 5 sehr ordent­lich abschnit­ten, darf dies ja tun, aber der Spin ist dann doch zu offen­sicht­lich. Wer ernst­haft über­rascht ist, dass das Ende der Mas­sen­tier­hal­tung zu den Gewin­nern zählt, hat ein­fach kei­ne Ahnung von Grü­nen und grü­ner Politik.
    Beim Pro­jekt 8 zeigt sich auch, dass Vor­ha­ben, die meh­re­re Poli­tik­fel­der gleich­zei­tig betref­fen, bevor­zugt aus­ge­wählt wur­den. Das Ende der Mas­sen­tier­hal­tung betrifft Ernäh­rung, Kli­ma­schutz, Natur­schutz, Tier­schutz, Ent­wick­lung im länd­li­chen Raum samt dor­ti­gem Arbeits­markt und Sozia­lem und Nord­süd­po­li­tik. Die trot­zi­gen Reak­tio­nen man­cher Car­ni­vo­ren zei­gen hier auch, dass wir da eini­ges rich­tig machen. Auch ande­re der gewähl­ten Pro­jek­te eig­nen sich als Aus­gangs­punkt für meh­re­re Themenfelder.
    Die Kam­pa­gnen für ein­zel­ne Pro­jek­te waren tat­säch­lich unter­schied­lich erfolg­reich. Anders als gele­gent­lich zu lesen waren sie aber nicht sämt­lich erfolg­los. So gab es auch für die erfolg­rei­chen Pro­jek­te 57 und 5 in den letz­ten Wochen eini­ges an Wer­bung, was gera­de bei den Wachs­tums­in­di­ka­to­ren nicht ganz ohne Bedeu­tung gewe­sen sein dürf­te. Bei 48 (und 32) könn­te das jüngs­te BVerfG-Urteil demo­bi­li­sie­rend gewirkt haben. Pro­jekt 55 schnitt dafür, dass es in der brei­ten Öffent­lich­keit sonst gar nicht dis­ku­tiert wird, auch nicht so schlecht ab, aber vie­len reich­te eben die 57 für den Blick über den Tel­ler­rand aus. Eine ziem­li­che Abfuhr bekam nur das vor­nehm­lich im Rhein-Main-Gebiet zu ver­neh­men­de laut­star­ke Trom­meln für Pro­jekt 11 (als Mobi­li­täts­po­li­ti­ker weiß ich, wovon ich da rede). Das wur­de von Grü­nen aus ande­ren Regio­nen viel­leicht als zu pene­trant und ner­vig emp­fun­den. Zusam­men mit der Über­le­gung, dass ein sehr regio­nal­spe­zi­fi­scher Aspekt nicht bun­des­wei­tes Pro­jekt wer­den soll­te, hat das vie­le, die dem The­ma Mobi­li­tät gene­rell eher zuge­neigt sind, ver­mut­lich dazu bewo­gen, die 11 erst recht nicht zu wäh­len, wes­we­gen sich die Mobi­li­täts­stim­men dann auch auf Pro­jekt 10 kon­zen­trier­ten. Hät­te auch fast gereicht.
    Die Kom­men­ta­re, die die Betei­li­gungs­quo­te kri­ti­sie­ren, sind auch däm­lich. Denn das läuft letzt­lich auf gene­rel­le Kri­tik an erwei­ter­ten For­men par­tei­in­ter­ner Basis­be­tei­li­gung hin­aus. Stellt man dazu in Rech­nung, dass Bünd­nis­grü­ne Struk­tu­ren übli­cher­wei­se sehr durch­läs­sig sind, kann man die Ent­hal­tung viel­leicht als einen Hin­weis auf die Kom­ple­xi­tät des Ver­fah­rens deu­ten, mehr aber nicht. Vie­le Mit­glie­der pfle­gen eben die „kon­struk­ti­ve Ent­hal­tung“. Das soll­te auch erlaubt sein.

  2. Bündnis90 / Grü­ne haben laut Böll-Stif­tung ca. 10.000 Man­dats­trä­ge­rIn­nen. Dies habe ich nach­ge­schaut, da mich der zwei­te Satz mit der Funk­tio­närs­ebe­ne“ nach­denk­lich mach­te. Soviel über die „mitt­le­re Funk­tio­närs­ebe­ne“ geht die Betei­li­gung viel­leicht doch nicht hinaus?

  3. Dan­ke, Till und Kay, für die­se umfas­sen­de Ana­ly­se. Als einer der­je­ni­gen, die gehö­rig die Wer­be­trom­mel für das „latent wachs­tums­kri­ti­sche“ Pro­jekt 05 gerührt haben, kann ich dei­ner Ein­schät­zung über die Erfolgs­chan­cen sol­cher Bemü­hun­gen tei­len, Kay. Ein so staub­tro­cke­nes The­ma wie der Ruf nach ande­ren Wohl­stands­in­di­ka­to­ren wählt sich nicht von allein, selbst man eine kri­ti­sche Hal­tung zum Wachs­tum als ein urgrü­nes Anlie­gen ver­steht. Beach­tens­wert dabei ist näm­lich gera­de die kogni­ti­ve Dis­so­nanz, mit der man irgend­wie das Wachs­tums­man­tra ablehnt und gleich­zei­tig „nach­hal­ti­ges Wachs­tum“ als Aus­weg aus der euro­päi­schen Kri­se für den ein­zig gang­ba­ren Weg hält. Oder in Jür­gen Trittins Wor­ten: „Dem Wachs­tum eine Grü­ne Rich­tung geben“.

    Das berührt dei­nen Punkt zum angeb­li­chen „Umwelt- und Ener­giex­per­ten­tum“ unse­rer Mit­glie­der, Till. Mei­ner Mei­nung nach haben Wachs­tums-Enquete, diver­se Buch­ver­öf­fent­li­chun­gen und media­le Prä­senz von Wachs­tums­kri­tik in den letz­ten Jah­ren ein dif­fu­ses Unwohl­sein in der Bevöl­ke­rung und bei den Mit­glie­der bei der alten Fra­ge nach der Ver­ein­bar­keit von Öko­no­mie und Öko­lo­gie erzeugt. Mit dem Green New Deal haben wir uns klar für eine sol­che Ver­ein­bar­keit aus­ge­spro­chen, aber mit der neu­en Wel­le der Wachs­tums­kri­tik wird deut­lich, dass durch „nach­hal­ti­ges Wachs­tum“ eben doch nicht alle Pro­ble­me gelöst wer­den. Ich wür­de des­halb von einer Repo­li­ti­sie­rung bei der öko­lo­gi­schen Fra­ge spre­chen, die das Schlüs­sel­pro­jekt 05 nach oben gespült hat; begrün­det durch die viel­fa­che Ver­mu­tung, dass wir als „Umwelt­ex­per­ten“ wohl doch noch nicht die letz­ten Kon­se­quen­zen aus unse­rem Wis­sen um die pla­ne­ta­ren Gren­zen gezo­gen haben. Stra­te­gisch liegt da eini­ges brach – oder anders­rum: da ist noch viel Poten­ti­al bei der Außen­kom­mu­ni­ka­ti­on, um den zuneh­mend wachs­tums­kri­ti­sche­ren Umwelt- und Ent­wick­lungs­ver­bän­den zu signa­li­sie­ren, dass wir uns ernst­haft der Fra­ge stel­len, wie unse­re Poli­tik eigent­lich jen­seits des Wachs­tums aussieht.

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