Kein Faden ist FDP und CDU derzeit zu dünn, um nicht doch zu versuchen, daran eine Sau durch den Landtagswahlkampf zu zerren. Das neuste Tierchen kommt aus dem Tierschutzkapitel des grünen Landtagswahlprogramms. Dort heißt es auf Seite 69 im Kontext, Tierschutz und Klimaschutz zu verknüpfen: „In Schulen, Mensen und öffentlichen Kantinen sollte über vegane und vegetarische Ernährung aufgeklärt und diese auch immer in guter Qualität angeboten werden.“
Daraus wird dann bei der FDP (mit Bezug auf ominöse Presseberichte und eine Statement von Ulrike Höfken MdB): „Jetzt gehen die Grünen in ihrer Verbotskultur so weit, dass sie den Bürgerinnen und Bürgern sogar vorschreiben wollen, was diese essen sollen.“
Suche den Unterschied! Wir fordern im Landtagswahlprogramm gar keinen Veggie-Day, sondern wollen in öffentlichen Kantinen a. über vegetarische Ernährung informieren und b. dafür sorgen, dass die Vielfalt an Auswahlmöglichkeiten durch gute vegetarische und vegane Angebote erhöht wird. Was die FDP dagegen haben könnte, ist mir schleierhaft. Entsprechend an den Haaren hergezogen ist der Versuch, Wahlkampf zu betreiben. Aber selbst wenn: Was wäre so schlimm daran, in Kantinen einmal in der Woche nur hochwertiges vegetarisches Essen anzubieten?
Dieses Thema hat auch die CDU schon in ihrem „Faktencheck BW“-Blog entdeckt. Die Diskussion dort verläuft wie zu erwarten ist.
http://www.faktencheck-bw.de/2011/02/09/schnitzel-ade/
Selbst wenn es schon immer eine vegetarische (sehr selten vegane) und ggf. ökologische Alternative gibt, heißt dass nicht unbedingt, dass die Hungerhabenden dies automatisch auch nutzen.
Warum also nicht eine Mischung aus Bottom-up und Top-down, um das Ziel schneller zu erreichen und auch die Argumentation von bspw. der FDP auszuspielen?
Überall Grüne Landesregierungen, die mittelfristig Veggie-Days einführen, gekoppelt mit aktiven Mitgliedern der jeweiligen Institutionen, die ihre Kolleg_innen für einen fleischfreien Tag begeistern – hach, tagträum ;-)
vgl. die Aktionen in Lüneburg:
Zustimmung von meiner Seite daher!
schlimm wäre es nur wenn die politik top-down veggie-days erzwingt, gegen mehr auswahl und aufklärung is natürlich nix zu sagen.
Der Veggi-Day ist im übrigen eine bayrisch-katholische Tradition. So gibt es z.B. in der Münchner Landtagskantine Freitags Fisch (also kein Fleisch) sowie eine Süßspeise. Vgl. auch http://de.wikipedia.org/wiki/Freitag
@Bastian: Nicht nur bayrisch – auch in der Freiburger Mensa gibt es traditionell Freitags Fisch oder Milchreis. Wobei Fisch nun wirklich nicht vegetarisch ist, und Milchreis vielleicht nicht so ganz das ausgewogene Essen wäre.
@Korbinian: Wer als die Politik (sprich: in dem Fall, die öffentliche Verwaltung) soll sich denn hier vorbildhaft verhalten?
@Jan: Befürchte ich auch. Wie sieht eine gute Gegenstrategie aus?
@Tichodrama: danke für den Hinweis!
@Sebastian: klingt nach einem … leckeren … Traum ;-)
Tjaha, die lernen halt von den amerikanischen Rechten und Sarah Palin, die ja auch wieder und wieder Michelle Obama dafür angreifen, dass sie gesünderes Essen in Schulkantinen fordert.
(„instead of a government thinking that they need to take over and make decisions for us according to some politician or politician’s wife priorities, just leave us alone, get off our back, and allow us as individuals to exercise our own God-given rights to make our own decisions and then our country gets back on the right track.“)
So ein populistisches Geschwätz vom tyrannischen bevormundenden Staat hat auch bei uns eine große Zukunft, befürchte ich. Die FDP ist gerade erst dabei dieses rhetorische Potential zu entdecken. Dabei spielt es glaube ich für die Wirkung solcher Sprüche keine große Rolle, wenn dabei nur ein Strohmann angegriffen wird.
Wie sieht eine gute Gegenstrategie aus?
Ich glaube rhetorisch kann man nur bedingt viel machen. Die Betonung von Auswahl und „lecker“ ;) ist schon ganz gut. Vielleicht Hippie und Veggie-Vokabular vermeiden.
Ansonsten: Einfach machen. Nach kurzer Zeit gewöhnen sich alle dran und merken, dass es gar nicht so schlimm ist.
Ähnliche Diskussionen werden auch z.B. noch beim Thema Gebäudesanierung auf uns zukommen. (Energiesparlampen haben wir ja schon durch :)
Hallo till we,
„Aber selbst wenn: Was wäre so schlimm daran, in Kantinen einmal in der Woche nur hochwertiges vegetarisches Essen anzubieten?“
Es spricht nichts dagegen, wenn alternativ zu Fleischgerichten auch hochwertige vegetarische Küche angeboten wird. Dann hat der Konsument die Wahl. Alles andere ist intolerant.
Das gilt natürlich nur für Kantinen die irgendwie in staatlicher Hand sind. Sobald es reine Privatbetriebe sind, sollte sich der Staat überhaupt nicht einmischen. Gibt es eine Nachfrage regelt das der Markt. Bei mir in der Nähe gibt es zum Beispiel ein sehr gutes, rein veganes Restaurant.
Herzliche Grüße, ffreiberger
@ffreiberger: Hmm, der selben Logik zufolge (wir sind immer noch bei öffentlichen Kantinen, Mensen usw.) müsste ich vor dem BVerfG mein Grundrecht auf Schokoladenpudding einklagen können, wenn eine dieser Einrichtungen es wagt, mal keinen anzubieten, oder?
„Baden und Württemberger! Die Grünen wollen Euch mit Essen ermorden, das keine Tiere umbringt und auch gut für Eure Figur ist!“-Postkarte.
@Jemand: Denk doch an die Befindlichkeiten! Wir armen Baden- und Württemberger! Wo doch sogar unser grünes Plakat „VOLLE KANNE HEIMAT“ ne Kuh zeigt. Mein ultimativer Vorschlag für das CDU-kompatible Wording für den Veggie-Day:
„EINMAL PRO WOCHE KÄSSPÄTZLE ESSEN!“
@Till: der Schokopudding-Vergleich ist, nun ja, köstlich!
@ffreiberger: schonmal überlegt, dass übermäßiger Fleischkonsum die Freiheit anderer einschränkt, und zwar unverhältnismäßig? http://www2.leuphana.de/campusgruen/?p=90
@till
Eben nicht. Fleisch wird immernoch (ob es gefällt oder nicht) von der Mehrheit konsumiert und auch gefordert. Ich finde der Staat sollte darauf Rücksicht nehmen, wie auch auf Minderheiten Rücksicht genommen wird. Dein Schokoladenvergleich läuft ins leere, da ich ja nicht fordere das überall immer ein Fleischgericht zu Verfügung gestellt werden muss.
Mir geht es um die Pflicht. Ich verstehe dich so, dass du einen bindenden Veggie-Day in der Woche einführen möchtest. Ich sehe das als eine Bevormundung staatlicherseits, die nicht begründbar ist. Hier wird eine Erziehung vorgenommen, die wenn tatsächlich sinnvoll auf Einsicht des Einzelnen erfolgen sollte.
So wie niemand gezwungen wird Fleisch zu essen, sollte es auch niemanden verwährt werden. Der Spieß lässt sich auch umdrehen. An einem anderen Tag kann man ja einen reinen Fleischtag ohne Beilagen beschließen.
@Matthias
Ja, hab schonmal davon gehört. Finde das aber nicht sehr schlüssig, weil an den Haaren herbeigezogen. So lassen sich noch ganz andere Dinge aufziehen um Freiheiten aller Art einzuschränken. An allem ist der Klimawandel schuld und wenn nicht die Wirtschaftskrise.
Herzliche Grüße, ffreiberger
@ffreiberger: Die Mehrheit isst auch gerne Schokoladenpudding ;-)
Mir ist – beim Blick in dein Blog – klar, dass du das als staatliche Bevormundung siehst. Aber es geht ja, und deswegen passt auch das „reiner Fleischtag“-Beispiel nicht, nicht um Bevormundung um der Bevormundung willen, sondern um bestimmte politische Ziele. Z.B. um den Umweltschutz, inzwischen ja als staatliches Verfassungsziel ins Grundgesetz aufgenommen (Art. 20a).
Wenn es einfach nur darum ginge, eine bestimmte ästhetische Vorliebe („Freitags nie dunkle Soße“) durchzusetzen, würde ich dir recht geben.
Da die Klimabilanz von fleischhaltiger Ernährung aber nachgewiesenermaßen um ein vielfaches schlechter ist als die einer fleischfreien oder gar veganen Ernährung (vgl. auf die Schnelle z.B. hier), wäre ein „Veggie-Day“ (oder eben auch ein vergrößertes Angebot an veganen und vegetarischen Auswahlen in öffentlichen Kantinen) ein wirksames Mittel, um die ernährungsbezogene CO2-Bilanz des öffentlichen Sektors zu verbessern. Und nebenbei vegetarische Gerichte schmackhaft zu machen (wie oben schon gesagt: Kässpätzle statt Schäufele oder Gemüsepfannkuchen statt Schnitzel stellen nun keinen Gaumen vor eine besonders große Herausforderung).
Ein reiner Fleischtag wäre nicht nur mit Blick auf die CO2-Bilanz kontraproduktiv, sondern ignoriert auch, dass VegetarierInnen eben kein Fleisch essen (hier ließe sich auch parallel zum Thema Rauchen/Nichtrauchen argumentieren), und es darüber hinaus viele Menschen gibt, die bestimmte Sorten Fleisch nicht essen, z.B. aus religiösen Gründen. Und alle jeweils andere. Menschen, die nur Fleisch essen, gibt es dagegen kaum. Insofern ist die Argumentation hier eben nicht symmetrisch – auch wenn die FDP das nicht einsehen mag.
(P.S.: Und es hindert einen ja auch niemand daran, an einem Veggie-Day eben woanders als in der Kantine/Mensa zu essen oder sich ein Wurstbrot mitzunehmen)
[Edit: lag im Spam, sorry, vermutlich wg der IMG/URL-Bauteile … habe den Beitrag grade erst gesehen. TW, 15.2.2011, 11:13]
Hallo till,
ich spreche nicht für die FDP, sondern nur für mich.
Deine Argumente überzeugen mich leider nicht, aber ich gebe zu, das mein Beispiel nicht so recht funktioniert.
Ich versuche es einmal anders. Du argumentierst mit der CO2-Bilanz und damit mit dem Klimawandel.
Ich bestreite den Klimawandel nicht, warum sollte ich auch. Das Klima wandelt sich immer.
Es ist nun aber so eine Sache mit dem Klimawandel, niemand kann genau sagen was zu tun ist. Es gibt immer Unsicherheiten und die Prognosen stehen auf ähnlich wackeligen Beinen wie die Wettervorhersage. Es handelt sich einfach um Modellrechnungen mit gewissen Annahmen. (Ich empfehle die Serie „Kleines Klima Kaleidoskop“ http://83273.homepagemodules.de/topic-threaded.php?forum=28&id=2692 uns „Deutschland im Öko-Würgegriff“ http://zettelsraum.blogspot.com/2008/05/deutschland-im-ko-wrgegriff-8-ber.html )
Ich stehe auf dem Standpunkt einmal abzuwarten was passiert. Es wird Gewinner und Verlierer eines Klimawandels geben. Den Gewinnern Gratulation, den Verlierern müssen wir helfen.
Das können in einem Fall Deiche sein, in einem anderen Bewässerungsanlagen usw.
Wer sagt überhaupt, dass das heutige Klima das Optimum darstellt?
Also wenn man das so sieht wie ich, vielleicht etwas naiv, dann kann deine Argumentation nicht greifen.
Klimaschutz ist außerdem nicht gleichzusetzen mit Umweltschutz.
Staatliche Eingriffe sind aus meiner Sicht auch nicht unbegrenzt gerechtfertigt auch wenn ein Ziel im Grundgesetz erwähnt wird. Diese stehen nämlich im Spannungsverhältnis ggü. den ebenfalls im GG erwähnten Bürgerrechten. Hier ist jeweils gründlich abzuwegen. Hier habe ich nun meine Zweifel, ob das über Aufklärung hinaus gehen kann.
Ich glaube das an dieser Stelle der Dissenz zu groß wird und schlage vor: Let´s agree to disagree. [URL=http://www.World-of-Smilies.com][IMG]http://www.world-of-smilies.com/wos_essen/26.gif[/IMG][/URL]
Herzliche Grüße, ffreiberger
P.S.: Das mit der Klimabilanz ziehe ich auch in Zweifel, weil wo fangen wir an und wo hören wir auf? Wundervoll auf den Punkt bringt es dieser Artikel http://zettelsraum.blogspot.com/2008/05/deutschland-im-ko-wrgegriff-8-ber.html
Ich finde es übrigens, wo ich mir die Debatte hier anschaue, erstaunlich, wie weit sich die Umweltbewegung/die Grünen in ihren Forderungen dem Dogma der Konsumentensouveränität und Marktdominanz angepasst haben und sich trotzdem noch anhören müssen, persönliche Freiheiten zu beschneiden.
Es wird ja hier wirklich nur eine Ausweitung des Angebots auf vegetarische Gerichte gefordert.
Man stelle sich einmal vor, die westlichen Industriestaaten würden ihre Umweltpolitik tatsächlich so gestalten, wie es tatsächlich notwendig wäre, um die Entwicklung des Klimawandels effektiv einzudämmen. Dann würden wir nämlich Rindfleisch verbieten, das Fliegen beschränken und alle Autos außer dem 3L-Lupo einfach nicht mehr zulassen.
Aber nein, das fordert ja niemand. Seit die Grünen 1998 fast die rot/grüne Regierung vergeigt hätten, weil die einen Benzinpreis von fünf Mark gefordert haben, trauen die sich ja auch nicht mehr so richtig viel. Es würden ja auch zu viele ihrer feel-good-Wähler wieder abspringen, wenn eine wirklich konsequente Umweltpolitik gemacht würde. Von den anderen Parteien ganz zu schweigen. Stattdessen werden jetzt eben vegetarische Gerichte in Kantinen gefordert. Ist ja nicht schlecht, aber doch irgendwie ganz schön harmlos.
Aber liebe FDP, gewöhnt Euch daran, dass eure Ideologie des unbeschränkten privaten Reichtums und Konsums im Grunde keine Zukunft haben darf. Der Liberalismus sollte sich mal langsam eine eigene Antwort auf Klimawandel und schwindende Ressourcen überlegen, wenn er nicht ganz irrelevant werden will.
„Aber selbst wenn: Was wäre so schlimm daran, in Kantinen einmal in der Woche nur hochwertiges vegetarisches Essen anzubieten?“
Hm, was wäre schlimm daran, einen Tag lang NUR Fleisch anzubieten, oder NUR Süßígkeiten?
Was mir grad noch auffällt: 241 Seiten Wahlprogramm. Das ist ein Scherz, oder? Oder ist das extra so aufgebläht, damit es auch ja keiner mehr lesen mag?
@Politik_Azubi
„Hm, was wäre schlimm daran, einen Tag lang NUR Fleisch anzubieten, oder NUR Süßígkeiten?“
Vermutlich, dass dann eine beträchtliche Zahl an Menschen an diesem Tag eine Zwangsdiät einlegen müssten. Aber wie Till ja bereits oben ausgeführt hat, sind hypothetische Fragen, wie Du sie hier aufwirfst, logisch unzulässig.
Zum Wahlprogramm: Das gibt es auch in Kurzfassung und in leichter Sprache.
@Jan Deinem Urteil der Harmlosigkeit schließe ich mich an. Nicht umsonst steht ja auch z. B. die Anti-Atomkraft-Bewegung den Grünen weiterhin skeptisch gegenüber. Die Forderung, den „Atomkonsens“ weiter einzuhalten, ist nicht das, was die Atomkraftgegner wollen.
@Politik_Azubi: Zur Länge des Wahlprogramms: es ist recht übersichtlich gestaltet – der gleiche Inhalte hätte sich wohl auch auf 200 Seiten oder weniger packen lassen, aber so ist es deutlich lesbarer. Es gibt ein Index am Schluss, es gibt im Text Querverweise, es gibt klar hervorgehobene Leitprojekte, und es gibt (neben den schon genannten Kurzfassungen) auch ein erstes Kapitel, das die wichtigsten Ziele zusammenfasst – insgesamt macht das Programm m.E. sehr gut, auch auf einer konkreten Ebene, klar, was mit Grüns als Regierungspartei zu erwarten ist/wäre.
@Jan: Interessante Perspektive. Ich selbst bin da hin- und hergerissen, weil ich tatsächlich nicht glaube, dass ein ökologisch radikaleres Programm Umsetzungschancen hätte. Letztlich stellt sich damit die Frage nach dem gesellschaftlichen Ort grundlegender Veränderungen.
Die gesellschftliche und politische Umsetzbareit steht natürlich auf einem ganz anderen Blatt und ich schätze auch moderate und relative Fortschritte. Und da steht Deutschland ja weniger schlecht dar als andere westliche Staaten.
Ich hatte ja neulich eine kleine Replik auf Deine SPD-Programmkritik geschrieben, falls Du dich erinnerst. Darin hatte ich ausgedrückt, was ich mir von einer potentiellen rot-grünen Regierung (im Bund) wünsche. Moderat auftreten im Wahlkampf, dann aber nicht zögern, etwas vom politischen Kapital zu investieren in zunächst unpopuläre, aber richtige Aktionen wie damals Ökosteuer, EEG usw.
Ich stelle mir den Wähler gerne als kleines Kind vor, das man mal an die Hand nehmen und trösten muss, wenn es zum Zahnarzt geht. Da gibts erst viel Gezeter, aber hinterher war alles gar nicht so schlimm und die Schmerzen sind weg. Wird man sich in ein paar Jahren wirklich noch darüber aufregen, dass in Restaurants nicht mehr geraucht werden darf? Nein. Ist es wirklich so schlimm, hin und wieder ein vegetarisches Gericht zu essen? nein. usw. Irgendwann ist es Normalität.
@ffreiberger (16): Musste deinen Beitrag aus dem Spam fischen, deswegen erscheint er erst jetzt.
Inhaltlich: ich halte nichts davon, hier eine Diskussion über „Gibt es den Klimawandel wirklich? Und wenn ja, wäre er denn so schlimm?“ zu beginnen. Ich bin überzeugt davon, dass es einen menschengemachten Klimawandel gibt, dass es sinnvoll ist, dagegen vorzugehen. Und auch für die Bilanzierung des CO2-Impacts verschiedener Lebensstile, Ernährungsweisen usw. inkl. der damit verbundenen Abgrenzungsprobleme gibt es klare und nachvollziehbare wissenschaftliche Methoden. Auch wenn ich aus einer wissenschaftssoziologischen Perspektive gerne bereit bin, auch mal darüber zu reden, dass auch naturwissenschaftliche Erkenntnisse zu einem gewissen Grad Konstruke sind, erscheint es mir nicht sinnvoll, zu versuchen, über die Umsetzungsebene von Umwelt- und Klimapolitik zu reden, wenn die wissenschaftliche Grundlage dafür in Frage gestellt wird. Das wäre dann so ähnlich wie eine Argumentation anhand der Linie „Recht auf täglich Schokoladenpudding, schon allein deswegen, weil unsichtbare rosa Einhörner Bauchweh verursachen, wenn kein Schokoladenpudding gegessen wird.“
@Tichodroma: Danke für den Link mit der Kurzfassung. Das ist wirklich kurz und verständlich, aber auch so weichgespült, dass es eigentlich alles und nichts aussagt. Aber ich fürchte, daran wird sich in diesem Land auch in 1000 Jahren nichts ändern.
Und sorry für meine hypothetische Frage. Aber gerade bei Ernährung gibt es wirklich mehr Meinungen als Wissenschaftler und jeder meint die Weisheit gepachtet zu haben. Und da sollte sich die Politik nun nicht auch noch einmischen.
@Till: 241 Seiten – da lese ich ein spannendes Buch, ein paar Kurzgeschichten o.ä. – aber kein Wahlprogramm. Vielleicht sollte man sich mal auf ein paar weniger Punkte konzentrieren, die in den kommenden Jahren auch WIRKLICH umsetzbar sind, anstatt so zu tun als hätte man für alles eine Lösung und zu allem eine Meinung.
Denn echt: Wer liest denn sowas, außer einer kleinen elitären Gruppe, ein paar Hardcore-Wählern und den Verfassern selber?
@Politik_Azubi: Ich gehe davon aus, dass die meisten Menschen bestimmte Themen haben, die ihnen wichtig sind. Das Wahlprogramm macht es relativ einfach, sich – vertiefend zur allgemeinen Richtung im Kurzprogramm bzw. im ersten Kapitel – genau an den Stellen, die einen oder eine wirklich interessieren, ganz konkret darüber zu informieren, was Grüne bei diesen jeweils wichtigen Themen wollen. Dass das Wahlprogramm von allen WählerInnen von vorne bis hinten gelesen wird, war glaube ich nicht die Intention, die wir damit verbunden haben …
@Jan: Ich erinnere mich. Hm, ob WählerInnen es gerne haben, wenn sie als kleine Kinder behandelt werden? Schließlich haben kleine Kinder üblicherweise nicht die Möglichkeit, sich zu entscheiden, ob sie mit Mama zum Zahnarzt oder mit Papa zum Süßigkeitenladen gehen (oder mit der großen Schwester Schokoladenpudding essen). Aber genau vor dieser Wahl stehen wir WählerInnen ja …
@Politik_Azubi: Es geht bei der Ernährung ja längst nicht nur um wissenschaftliche Fragen zur persönlichen Gesundheit oder zum Klima. Ernährung ist wesentlich auch eine ethische Frage: Will ich, dass für meinen Genuss andere Tiere gequält und getötet werden?
Die Diskussion solcher ethischer Fragen ist auf alle Fälle auch im politischen Raum zu diskutieren. Bei anderen, wesentlich weniger konkreten Fällen wie der PID, wird sogar der heilige Fraktionszwang aufgehoben! Warum wird mit ähnlicher Ernsthaftigkeit nicht auch über die Stellung des Menschen unter den anderen Tieren diskutiert?
@till:
Da missverstehst du mich. Ich halte den Klimawandel auch für eine Tatsache. Habe ich auch oben so geschrieben.
Nur, ich stelle in Frage wie man darauf vernünftig reagiert?
Ich kann auf der einen Seite Gelder ausgeben für die Abmilderung oder gar Verhinderung eines Klimawandels in dem wir versuchen das CO² zu reduzieren und dabei jedes Mittel wählen, das dabei hilft. Dann wirke ich aber nur auf Prognosen ein, die ich nicht mit Sicherheit abschätzen kann.
Die Klimatologie (?) ist meinen Kenntnissen (zugegeben ich bin kein Fachmann, stützte mich aber auf die oben genannten Quellen) so komplex, das nicht jede Auswirkung auf den Klimawandel exakt vorrausgesagt werden kann. Neben dem CO² gibt es ja noch viele andere Faktoren, die auf den Klimawandel einwirken.
Ich denke eine vernünftigere, weil berechenbarere, Herangehensweise wäre die Auswirkungen des Klimawandels abzuwarten und diese dann punktuell abzumildern bzw. zu egalisieren.
Es ist ja nicht so, das ein Klimawandel nur Verlierer produziert. Es wird auch Gewinner geben.
Zu allen Zeiten gab es schon wärmere (z.B. mittelalterliche Warmzeit) und kältere (kleine Eiszeit) klimatische Bedingungen in Mitteleuropa wie auch auf der gesamten Welt.
Es gibt meines Wissens keine seriöse Quelle, die besagt, dass das Ökosystem im Gesamten weltweit kippen würde und man niergends mehr leben könnte.
Herzliche Grüße, ffreiberger
@ffreiberger: Dann habe ich das in der Tat missverstanden. Aber auch die Position, der Klimawandel könne ja (für uns …) durchaus positiv sein, und die Folgen für andere seien uninteressant, halte ich nicht für politisch haltbar. Zudem ist mein Stand des Wissens der, dass es auch in Deutschland eher zu heißeren Sommern (Hitzetote, Nahrungsmittelprobleme …) und zu nasseren Wetter im Winter kommen wird (Überschwemmungsereignisse etc.).
Insofern muss ich dir widersprechen: Abwarten ist keine vernünftige Herangehensweise. Vielmehr ist es richtig, zu versuchen, die zukünftige Entwicklung möglichst genau zu simulieren, sich zu überlegen, was Anpassungsstrategien sein können – aber eben auch jetzt schon alles zu tun, um den Klimawandel nicht weiter voranzutreiben. Sprich: den CO2-Ausstoss (und Äquivalente) der Weltgesellschaft deutlich zu reduzieren. Und da gehört die Ernährung nunmal dazu.
Zum Thema: nicht nur Verlierer, sondern auch Gewinner – das halte ich für pauschal gesagt falsch. Zunächst einmal deswegen, weil wir in einer globalisierten Gesellschaft leben, und sowas wie z.B. Getreidepreise auch davon abhängen, wie sich z.B. die Landwirtschaft in Indien entwickelt. Zudem scheint es so sein, dass insgesamt eher negative Effekte vorherrschen werden: Die Wikipedia fasst z.B. schön zusammen, dass ganz überwiegend mit einem Rückgang der Agrarproduktivität zu rechnen ist. Und dann kann das ganze auch noch volkswirtschaftlich betrachtet werden: demnach ist es deutlich billiger, jetzt in Klimaschutz zu investieren als für spätere Schäden aufkommen zu müssen (Stern-Report).
Last but not least: ein weiter ansteigender CO2-Ausstoss (und das ist derzeit der Trend) kann tatsächlich dazu führen, dass die globale Erwärmung in eine katastrophale Feedbackschleife umschlägt (runaway climate change). Ob ein solcher Effekt tatsächlich wahrscheinlich ist, oder ob es gegenläufige Feedbacksysteme gibt, ist umstritten – ich finde es aber nicht richtig, experimentell auszuprobieren, ob weiter steigende CO2-Konzentrationen in der Erdatmosphäre eine nicht mehr zu stoppende laufende Erwärmung auslösen.
Ich habe hier eine Reihe Wikipedia-Artikel verlinkt, die ja bekanntermaßen versuchen, einen neutralen Standpunkt einzunehmen. Auch wenn Wikipedia manchmal weniger seriös ist, erscheinen mir die verlinkten Artikel gut recherchiert.
Climateprogress hatte gerade einen ganz guten Artikel dazu:
http://climateprogress.org/2011/02/16/inaction-on-climate-change-is-risky-business/