Internet-Tsunami-Spirale nach Lachenmayer et al. 2013, S. 262, Lizenz: CC-BY-NC-SA
Vor wenigen Tagen ist eine Studie zur politischen Öffentlichkeit und Meinungsbildung im Netz erschienen (Lachenmayer et al. 2013). Neu an dieser Studie ist der Fokus darauf, wie „Internet-Tsunamis“ entstehen. Damit meinen die AutorInnen Resonanz-Phänomene zwischen Netzmedien, Massenmedien und letztlich der Politik. Mit Hilfe explorativer Interviews und anhand der vier Fallbeispiele der Plagiatsaffäre um Guttenberg, der Occupy-Wallstreet-Bewegung, dem Arabischen Frühling und der Anti-ACTA-Bewegung nähern die AutorInnen sich einer sozialwissenschaftlichen Beschreibung und Analyse dieses Phänomens.
Einen „Internet-Tsunami“ beschreiben sie dabei als „die themenbezogene Artikulation bestimmter politischer Meinungen bzw. Positionen von einer großen Anzahl an Menschen in einem sehr kurzen Zeitraum.“ (Lachenmayer et al. 2013, S. 17), die in sozialen Medien zu „Informationskaskaden“ führen und letztlich „durch die Leitmedien weiter verstärkt [werden] und […] in der Bildung politischer Massen in der Offline-Sphäre [münden].“ (ebd.). Der Begriff wurde in Analogie zu realen Tsunamis gewählt: unterhalb der Meeresoberfläche liegende Ereignisse wie ein Unterwasserbeben führen zu kleinen Wellen auf der Meeresoberfläche, die in ihrer (Zerstörungs-)Kraft erst spürbar werden, wenn sie auf festen Grund treffen, also das Medium wechseln. Entsprechend sehen die AutorInnen Internet-Tsunamis so, dass zunächst einmal – auf ein auslösendes Ereignis außerhalb des Netzes hin – kleine „Wellen“ von Kommunikationen durch die verschiedenen Netzwerke schwappen, sich verstärken, ihre eigentliche Kraft aber erst beim Medienwechsel in die klassischen Massenmedien und auf die „Straße“ – etwa in Form politischer Manifestationen und Demonstrationen – zeigen. Aus dem scheinbar harmlosen Wortwechsel kann so tatsächliche politische Veränderung entstehen.
Auf S. 162 ff. wird das Bild dann noch etwas differenziert – insbesondere werden „repressive Momente“ mitaufgeführt (die dem „Tsunami“ neue Energie liefern, indem sie „die-gegen-uns“-Stimmungen befördern). Zudem wird das Aufeinanderstoßen zwischen Netz und „realer Welt“ ausdifferenziert und in drei „Mediensprünge“ übersetzt: aus den viralen Verbreitungen und Diskussionen in sozialen Netzwerken zu Online-Ablegern der Massenmedien, von „online“ zu „offline“, und schließlich zur Durchdringung der relevanten Offline-Leitmedien – denen dann tatsächliche Wirkung zugeschrieben wird, und die auch online wieder rezipiert werden.
Das Bild, das Lachenmayer et al. gewählt haben, ist zunächst einmal hilfreich. Das beschriebene Phänomen ist nicht neu, sondern konnte in den letzten Jahren mehrfach beobachtet werden. Und wer hat bei den ausgewählten Fallbeispielen wie ACTA nicht auch schon an ein „In-Schwingung-Versetzen“ zwischen fluidem Netz und eher soliden Massenmedien gedacht? Internet-Tsunamis? Meinetwegen.
Allerdings hat der Begriff auch seine Fallstricke. Insbesondere missfällt mir die strikte Trennung zwischen Kommunikation im Netz einerseits und „realer Welt“ (zu der dann auch die Massenmedien gezählt werden) andererseits. Es ist wohl richtig, davon auszugehen, dass die auslösenden Ereignisse für Internet-Tsunamis solche sein müssen, denen reale Relevanz zuerkannt wird. Aber schon das Erfahren von diesen Ereignissen wird zumeist medial vermittelt geschehen – in „klassischen“ Massenmedien oder in Netzkommunikation. Die zweite Phase, die Phase der Resonanz im Netz, ist eben nicht nur das – es ist netzwerkförmige Kommunikation, die durch Plattformen wie Youtube, Twitter, Facebook oder App.net erleichtert wird.
Aber die schöne Trennung zwischen „realer Welt“ und „Netz“ muss ich leider verunklaren: Wo steht die EMail oder die SMS, die weitergeleitet wird? Welche Rolle spielen netzwerkmediale Angebote der Massenmedien? Was ist mit dem Powerpoint-Vortrag auf einer „realweltlichen“ Tagung, der ebenfalls dazu beitragen kann, die selbstreferentiellen Wellen der Aufregung weiterzutragen und zu verstärken?
Und schließlich die letzte Phase, die Brechung der „Netzwellen“ in den klassischen Massenmedien und klassischen Formen des politischen Aktivismus. Auch hier ist der Phasenübergang im Bild des Tsunamis vereinfacht – es gibt Rückkopplungen, es gibt an sozialen Medien partizipierende JournalistInnen, Demos auf der Straße können wiederum weitere Diskussionszyklen im Netz auslösen usw.
In analytischer Vereinfachung erscheint der Internet-Tsunami einleuchtend. Wer dieses Bild als analytisches Tool einsetzen möchte, sollte sich aber das alte soziologische Thomas-Theorem in Erinnerung rufen: Wenn Menschen Situationen als real begreifen, dann sind sie in ihren Konsequenzen real. Die klare Trennlinie zwischen Online- und Offline-Welt, zwischen Netz und „realer Welt“ ist so klar nicht mehr, wenn dieses Theorem berücksichtigt wird.
Eine zweite Kritik besteht darin, dass die AutorInnen der Studie teilweise davon ausgehen, dass es sich bei „Internet-Tsunamis“ um gelenkte, beabsichtigte Formen des netzpolitischen Aktivismus handelt, dass sie das Phänomen – vor allem in der Analyse ab S. 161 – aus einer Kochbuchperspektive beschreiben. Diese Vorstellung, dass derartige Tsunamis bei geschicktem strategischen Vorgehen ganz bewusst ausgelöst und am Leben gehalten werden können, um schließlich eine von Anfang an geplante Veränderung zu erreichen, ist mir suspekt. Zwar weisen Lachenmayer et al. (2013, S. 162f.) auf die Notwendigkeit hin, die einem entsprechenden, bereits vorhandenen Meinungsklima zukommt, und gehen intensiv auch auf die notwendige Qualität des auslösenden Ereignisses ein:
„Für die Setzung des Inhalts ist das Timing entscheidend, das sich maßgeblich nach dem gesellschaftspolitischen Klima richtet. Hier spielt auch der Zufall eine fundamentale Rolle. Nahezu stündlich versuchen Nutzer im Internet Empörungswellen auszulösen. Der überwiegende Großteil dieser Versuche führt zu keinem Ergebnis.“ (Lachenmayer et al. 2013, S. 162f.).
Das entspricht meiner Wahrnehmung. Für Lachenmayer et al. ist es Anlass, auf die Notwendigkeit einer strategischen Begleitung hinzuweisen, um „Nachhaltigkeit“ und die „gezielte Steuerung von Aufmerksamkeit“ zu erreichen. Im Bild des Tsunamis weisen sie auf die Notwendigkeit einer ständigen Energiezufuhr hin. Gleichzeitig weisen sie selbst daraufhin, dass
„[d]as oben aufgeführte Schema […] keine kausalmechanistische Beziehung aufzeigen [soll], da sich ein Internet-Tsunami nicht linear entwickelt. Außerdem ist die Betrachtung eines Internet-Tsunamis zum jetzigen Zeitpunkt nur retrospektiv möglich. Darum sind die Einzelpersonen oder Interessensgruppen, die möglicherweise hinter einem Internet-Tsunami stehen, wenn überhaupt, auch nur retrospektiv zu ermitteln.“ (Lachenmayer et al. 2013, S. 169, Herv. TW).
Trotz dieser Warnung durchzieht die Haltung, Internet-Tsunamis als zentral steuerbare Ereignisse anzusehen, das Analysekapitel. Der Wunsch, in Zukunft Tsunamis in vitro zu analysieren und zu lenken, ist deutlich herauslesbar. Eine solche Haltung ignoriert die Netzwerkstruktur nicht nur sozialer Medien, sondern auch der heutigen Gesellschaft, die aus meiner Sicht ja gerade durch einen Einflussverlust zentralisierter Institutionen gekennzeichnet ist. Klar kann es Steuerungs- und Einflussnahmeversuche geben. Aber gerade ACTA ist doch ein schönes Beispiel dafür, wie viele individuelle, voneinander unabhängige Handlungen und Kommunikationen einzelner, angefeuert durch massenmediale und politische Relevanz, tatsächlich zu einem Resulat in Form der Veränderung der politischen Stimmung geführt haben.
Was dem Bild des Tsunamis in der Analyse (in der Konklusion klingt es anders) weitgehend fehlt, ist der Charakter eines „Naturereignisses“, den dieser bei gelungener Auslösung einnimmt. Dazu gehört ganz fundamental der Verlust von Kontrolle darüber, wohin sich dieses Ereignis bewegt. Ein gelungener Internet-Tsunami – und da gleicht er sozialen Bewegungen – ist eine Hydra, der abgeschlagene Köpfe nachwachsen. Solange es Wellen gibt, können Institutionen und Individuen darauf surfen, dürfen sich aber nicht der Illusion hingeben, die Richtung der Wellen ändern zu können.
Es ließe sich über das konkrete Analysetool „Internet-Tsunami“ hinaus einiges zu der sozialwissenschaftlichen Fundierung der Studie sagen, die recht nonchalant von Habermas zu Luhmann weitergeht, um dann doch wieder (soziales) Internet und Massenmedien in eins zu setzen. Brauchbarer erscheint mir hier der mit „policy windows“ und „problem windows“ argumentierende politikwissenschaftliche Teil der Studie.
Die auf dieser Grundlage in der Konklusion herausgearbeiteten Kernmerkmale eines Internet-Tsunamis erscheinen mir dann durchaus brauchbar, um dieses Phänomen fassen zu können (Lachenmayer et al. 2013, S. 263f.). Demnach sind Internet-Tsunamis (1) schwer vorhersagbar, da sie sich nicht linear entwickeln, und von mit „Suchsystemen“ (technischer Art?) schwer erkennbaren „Offline-Ereignissen“ abhängig sind. Entsprechend sind Internet-Tsunamis (2) nicht planbar. Sie sind vom gesellschaftspolitischen Klima abhängig. Interessensgruppen können versuchen, Tsunamis auszuläsen bzw. zu instrumentalisieren – ob das gelingt, ist aber nicht vorhersagbar. Etwas arg massen- und zugleich technikpessimistisch erscheint mir dann (3) die Einschätzung, dass Onlinemassenphänomene in höchsten Maß anfällig für „Fehlinformationen und Manipulation“ (S. 264) seien, aufgrund der „Weiterleitungsgeschwindigkeit, der Vernetzungsdichte und des Vertrauensübertrages“ (ebd.) im Internet; die Information wird intellektuell nicht durchdrungen, Click-AktivistInnen lassen sich vom Sog der Masse mitziehen. All das also ganz anders als das, was z.B. in und mit Fernsehtalkshows passiert. Richtig erscheint mir (Stichwort Streisand-Phänomen) dagegen (4) die Einschätzung, dass Repressionsversuche eher die Aufmerksamkeit für Internet-Tsunamis erhöhen und diese gleichsam anfeuern. Unterdrückung wirkt also kontraproduktiv. Schließlich entschließen sich die AutorInnen zu der gar nicht so gewagten Prognose, dass (5) Internet-Tsunamis zukünftig zunehmen werden.
(Bei diesem letzten Punkt stelle ich mir allerdings die Frage, ob das nicht die Anpassungsfähigkeit von a. Individuen und b. sozialen Teilsystemen an neue Gegebenheiten unterschätzt. Der beschriebene Wirkmechanismus eines Internet-Tsunamis beruht in den als katalysierend erkannten Mediensprüngen massiv darauf, dass massenmediale Aufmerksamkeit auf Netzphänomene fällt. Je häufiger Tsunamis-in-the-making im Netz auftauchen, desto uninteressanter werden sie für die Nachrichtenfilter der Massenmedien, desto schwerer wird es also, deren Aufmerksamkeit zu erringen. Online-Unterschriftensammlung, anyone?)
Warum blogge ich das? Ursprünglich, weil ich schauen wollte, ob die aktuell laufende #aufschrei-Debatte sich mit diesem Tool beschreiben lässt – Falk Steiner hatte das, wenn ich mich richtig erinnere, vorgeschlagen. Beim genaueren Lesen der Tsunami-Studie schwand dann aber mein Interesse daran, das Tool analytisch einzusetzen. Vermutlich ist die Antwort bzgl. #aufschrei „ja“ – mit massenmedial transportiertem auslösenden Ereignis (Brüderle-Artikel im STERN), anschwellender netzmedialer Debatte, der Bündelung im Tag #aufschrei und dem erneuten Übersprung in Massenmedien – erst schnell und online, dann auch auf den Offline-Titelseiten und in der Tagesschau – passt #aufschrei in dieses Schema. Die Frage nach dem „Und nun?“ bleibt.
Literatur
Lachenmayer, Jan et al. (2013): Internet-Tsunamis. Politische Massen im digitalen Zeitalter. Berlin: xaidialoge, URL: http://www.internet-tsunamis.de, Abruf 27.01.2013. Seitenzahlen und Zitate nach dem PDF der Studie, Version 1.1.
Und gute Analyse von @_tillwe_ zur Internet-Tsunami-Studie http://t.co/XVwNyBv0
Tsunami quergelesen http://t.co/i9kZ7LI0
dank @_tillwe_ erfahren, was es mit dieser tsunamistudie auf sich hat, bei der ich mitgewirkt habe: http://t.co/GnAqtpVP
Hallo Till,
danke für Deine detaillierte Auseinandersetzung mit der Studie. Wir fühlen uns dabei richtig wiedergegeben und verstanden. Drei Anmerkungen zu Deinen Ausführungen:
1. Die Kritik der Trennung zwischen Kommunikation im Netz und „realer Welt“ teilen wir im Prinzip. Für uns besteht diese eigentlich auch nur als analytische Hilfskonstruktion. Wir gehen mittlerweile dazu über von on- und offline Kommunikation zu sprechen. Hast Du einen besseren Vorschlag?
2. Aus unserer Sicht sind Internet-Tsunamis nicht steuerbar oder lenkbar, wohl aber können sie beeinflusst werden. Dazu werden eben Mechanismen angewandt (explizit oder implizit) die wir im Kapitel Social Campaigning genauer ausführen. ACTA ist ein schönes Beispiel dafür, wie sich Netzpolitik.org, sehr erfolgreich solcher Mechanismen bedient hat. Politische Massen können durch gezielte und strategische Platzierung von Themen für gut organisierte Partikularinteressen instrumentalisiert werden, müssen sie aber nicht! „Dennoch sollte von Steuerungsphantasien (…) Abstand genommen werden. Obwohl in Retrospektive durch Kampagnenstrukturen oftmals initial Einfluss genommen wurde, sind deren (Miss-)Erfolg prospektiv kaum planbar. Die Netzwerkarchitektur des Internets und dessen Beschaffenheit als nichtlineares Medium begünstigt Selbstaufschaukelungseffekte und erleichtert eine Mobilisierung, macht diese aber auch umso unberechenbarer. Impulse können oftmals das genaue Gegenteil der intendierten Wirkung bewirken.„ (PDF, Seite 247) Es sind eben, wie Du selbst sagst, soziale Massenphänomene. Die Ausführungen ab S. 161 sind daher gerade nicht als Kochbuchrezept zu verstehen, sondern als abstraktes Schema von Mustern und Mechanismen, die einen stark beschreibenden Charakter haben.
3. Und zum letzten Punkt, was die Häufigkeit an Internet-Tsunamis angeht. Gut möglich, dass sich ein „Gewöhnungseffekt“ für Themen aus dem Netz einstellt. Allerdings glauben wir daran, dass sich politische Massen zukünftig vermehrt on- und offline bzw. in der Kombination beider, zur Meinungsartikulation zusammenfinden. Der Trend, weist aus unserer Sicht in Richtung Protest- und Bewegungsgesellschaft und politische Meinungsäußerungen, mehr oder weniger loser Interessengruppierungen nehmen demnach zu.
Beste Grüße,
Jan
Danke für die direkte Kommentierung!
Zu 1. fällt mir auch nicht so viel mehr ein. Nachdenkenswert finde ich es aber, mal zu schauen, ob es sich nicht letztlich um Massenkommunikation bzw. „Kleingruppenkommunikation“ unabhängig vom technischen Medium handelt, die beide vernetzt stattfinden, wobei letztere neuerdings in technischen Medien stattfinden kann (und damit in ihrer Wirkung um ein Vielfaches beschleunigt ist), die bisher nicht möglich waren. (Einiges von dem, was Jan-Felix Schrape in seiner Netzsoziologie so macht, könnte hier ganz anschlussfähig sein).
2. Ok, so verstanden sind wir da weitgehend einig – ich befürchte halt, dass die Kochbuch-Darstellung den einen oder anderen Social Media Optimizer dazu verleitet, darin das Nonplusultra erfolgreicher Kampagnen im Netz zu sehen.
Und zu 3.: Den Trend hin zum politischen Format des kurzfristigen, projektförmigen und diskursiven Zusammenschlusses von Aktiven halte ich für plausibel (Castells, Castells, Castells, …), mein Argument hinsichtlich der Abnutzung von Tsunamis war aber ein anderes: Derzeit machen Massenmedien ganz definitiv noch eine Unterscheidung zwischen Online und Offline. Sie sehen sich noch immer (mit abnehmender Tendenz) als ganz in der Offlinewelt verankerte Veranstaltungen, die ihre Fühler in den Onlinebereich ausstrecken und für sich auch die Aufgabe reklamieren, „online“ für ihre Offline-LeserInnen nach Storys hin abzutasten (das schreibt ihr ungefähr so auch, wenn ich mich richtig erinnere). In dieser Konfiguration ist „im Netz rotten sich zehntausende unter dem Hashtag #xyz zusammen“ selbst schon eine Nachricht.
Je mehr nun Massenmedien sich nicht mehr als Offline-Medien sehen (z.B. durch den Generationenwechsel der JournalistInnen hin zu einer mit Social Media sozialisierten Generation, z.B. durch die zunehmende Ablösung der Marke vom Sendemedien), und je häufiger das Thema „im Netz gibt’s einen Tsunami“ gebracht wurde, destwo geringer ist der Nachrichtenwert einer Netzaktion (in ihrer Form). Damit wird der Sprung von online nach offline (um diese analytische Trennung zu gebrauchen) unwahrscheinlicher. Was bleibt, ist der Nachrichtenwert des politisch-thematischen Kerns – für den die selben Aufmerksamkeitsregeln gelten wie für alles andere. Anders gesagt: Vor ein paar Jahren war „da machen Leute eine virtuelle Demo“ noch eine Nachricht, und eine Onlinepetition mit 100.000 Unterschriften hatte Titelseitencharakter. Heute ist „Leute im Netz regen sich massenhaft über xyz auf und organisieren sich“ eine Nachricht – bald wird sie es nur noch sein, wenn es wirklich viele sind, wenn das Thema als Thema resonanzfähig ist (was bei #aufschrei z.B. der Fall ist) oder wenn es wirklich schnell geht mit der Mobilisierung.
((Und der nächste Schritte wäre es dann, über die Rolle von Bewegungsinstitutionen in fluiden und temporären Netzwerken politischer Beteiligung nachzudenken …))