Jetzt, genau in diesem Moment, erreicht mein Tweet-Zähler bei Twitter die magisch anmutenden 20.000. Ganz schön viel Gerede; und auch wenn »RTs« – also Wiederholungen der Tweets anderer Leute – und das kurze Hin und Her von Unterhaltungen im Pseudo-Chat-Stil dabei sind, bleibt das ziemlich viel, was ich in den letzten Jahren geschrieben habe, bei Twitter.
In eigener Sache: Einblick in die Zugriffsstatistik
Mich würde ja interessieren, ob das in anderen C‑Level-Blogs (wäre jedenfalls meine Selbsteinschätzung) auch so aussieht.
Also erstens, dass es an »normalen« Tagen laut WordPress-Zählung so um die hundert Artikelzugriffe (»Views«) gibt, und zweitens, dass der Februar 2012 alles andere als normal verlaufen ist. Mit über 6000 Views ist er nach dem März 2011 (Wahl in Baden-Württemberg, Fukushima) der Monat mit den meisten Zugriffen in meinem Blog bisher.
Einen ersten kleinen Peak gab es mit meinem Artikel zu den ACTA-Demos am 11. Februar. So richtig hochgezogen sind die Zugriffszahlen aber erst mit Wulff-Rücktritt und der Debatte um die Gauck-Nominierung. Ich habe dazu vier Blogtexte verfasst: Plädoyer für eine Präsidentin, Der Kandidat der nationalen Einheit, Reden wir noch, oder schreiben Sie schon? und last but not least die innerhalb weniger Tage zum zweitmeistgelesenen Text meines Blogs arrivierte Analyse Gauck auf der Goldwaage (bei dem ich dann ironischerweise erstmal vergessen habe, ein VG-Wort-Zählpixel einzubauen – wer will, darf meinen mit dem Schreiben der Analyse verbrachten fehlenden Schlaf gerne bei Flattr entschädigen).
Interessant sind dabei auch die Quellen dieser Zugriffe: Neben Facebook und Twitter waren es vor allem Erwähnungen im Kommentarbereich von »Leitblogs« in der Gauck-Debatte (in einem der FAZ-Blog-Texte von Julia Seeliger, bei publikative mit dem im Goldwaage-Text analysierten Zitat sowie bei Anatol Stefanowitsch).
Was mich noch mehr als die nach einer langen Durststrecke endlich mal wieder greifbaren Zugriffszahlen gefreut hat, ist die Tatsache, dass die Texte dann in der Tat auch (für meine Blog-Verhältnisse) rege diskutiert wurden, und dass damit vielleicht auch ein Beitrag zum Niveau des Diskurses insgesamt geliefert wurde. Und das, also die direkte Debatte, ist ja – neben der individuellen Soap-Box – dann doch eine ziemlich wichtige Funktion eines Blogs, finde ich.
Warum blogge ich das? Vor allem aus Neugierde darüber, wie es anderswo ausschaut. Und um davon abzulenken, dass das alles auch daran gelegen haben könnte, dass ich mir im Februar dank Faschingsferien endlich mal wieder Zeit nehmen konnte, die Ereignisse des Monats im Blog zu begleiten.
Datenschutz vs. Social Media im Clash der Generationen
Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein ist eine renommierte Einrichtung, die sich um den Datenschutz in Deutschland verdient gemacht hat. Daran besteht gar kein Zweifel.
Trotzdem zweifle ich daran, ob das mit dem Datenschutz noch lange gut gehen wird, um das mal so salopp zu sagen. Das jüngste Beispiel ist die Pressemitteilung des Datenschutzzentrums zu Facebook. Darin wird u.a. gefordert, dass »Stellen« in Schleswig-Holstein Facebook-Fanpages (z.B. diese hier) abzuschalten haben und »Social-Plugins wie den ›Gefällt mir‹-Button« aus ihrer Website entfernen müssen. Sollte dies nicht bis Ende September gesehehn, droht das Datenschutzzentrum mit erheblichen Bußgeldern. Am liebsten würden sie Facebook ganz verbieten. So heißt es am Ende der Pressemitteilung:
Niemand sollte behaupten, es stünden keine Alternativen zur Verfügung; es gibt europäische und andere Social Media, die den Schutz der Persönlichkeitsrechte der Internet-Nutzenden ernster nehmen. Dass es auch dort problematische Anwendungen gibt, darf kein Grund für Untätigkeit hinsichtlich Facebook sein, sondern muss uns Datenschutzaufsichtsbehörden dazu veranlassen, auch diesen Verstößen nachzugehen.
Äh, ja. Ich finde dieses Vorgehen aus zwei Gründen falsch. Erstens gehe ich davon aus, dass es möglich ist, auch Facebook-Profile datenschutzkonform zu verlinken. Statt mit der Bußgeldkeule zu drohen, wäre eine »So geht’s richtig«-Anleitung hilfreich. Zweitens übersieht das Datenschutzzentrum, gerade auch in seiner Bewertung, den Charakter von Facebook und anderen Angeboten als quasi-öffentlichen sozialen Orten. Ein Facebook-Profil lässt sich nicht einfach zu einem angeblich besseren europäischen Social-media-Anbieter umziehen (weil der Mehrwert einer vernetzten Community nicht einfach umziehbar ist), sowas wie »Plattformneutralität« oder einen globalen Cross-Plattform-Vernetzungsstandard gibt es bisher nicht.
Damit aber bleibt die mehr oder weniger freiwillige Entscheidung vieler Menschen für ein Profil bei einer Datenkrake der Status quo. Die Geschäftspraktiken von Facebook verstoßen wohl teilweise gegen das deutsche Datenschutz- und Telemedienrecht. Facebook selbst ist nicht angreifbar, weil kein Sitz in Deutschland. Deswegen geht das Datenschutzzentrum den Weg über den Rücken der NutzerInnen. Nur: Warum sollte das Facebook in irgendeiner Weise beeindrucken?
Besser wäre es doch in der Tat, darüber aufzuklären, in welcher Weise Facebook weitgehend datenschutzkonform genutzt werden kann, evtl. auch die Entwicklung z.B. entsprechender Browser-Extensions zu unterstützen – und sich auf internationaler Ebene dafür einzusetzen, eine Regulierung sozialer Netzwerke auch im Sinne des Verbraucher- und Datenschutzes hinzukriegen. Und letztlich muss es auch darüber gehen, darüber nachzudenken, was Datenschutz in einer Gesellschaft bedeutet, die einen Mehrwert daraus zieht, sich mit quasi-öffentlichen digitalen Medien in privater Hand sozial zu vernetzen.
Der Drohkeulenalleingang scheint mir jedenfalls das falsche Mittel zu sein, und klingt, gerade zwischen den Zeilen, nach etwas ganz anderem: Nach einem Clash zwischen dem klassischen Gut-Böse-Schema des Datenschutzes der 1980er Jahre und einem selbstverständlichen Umgang damit, die Kontrolle über die eigenen Daten ein Stück weit preis zu geben.
Warum blogge ich das? Weil ich mich vom Datenschutzzentrum nicht vertreten fühle. Und wohl nicht der einzige bin, dem das so geht.
P.S.: Der SF-Autor Charles Stross macht sich in einer Keynote bei der USENIX-Konferenz Gedanken darüber, was für Implikationen Technologie wie »Lifelogging« auf Computersicherheit haben.
Die unvermittelte Gleichzeitigkeit von Panik und Alltag
Der plötzliche Einbruch des Schreckens in den darauf vollkommen unvorbereiteten Alltag. Was heute in Oslo und in Utøya passiert ist, macht mich fassungslos. Vielleicht auch deswegen, weil ich mich über die umfangreichen Polizeikordons im Regierungsviertel in Berlin bisher eher lustig gemacht habe. Weil ich mir die Harmlosigkeit eines geselligen Sommerlagers einer politischen Jugendorganisation aus eigener Erfahrung heraus gut vorstellen kann. Weil die Anschläge das Zentrum eines Landes und doch ganz Unbeteiligte treffen.
Panik und Terrorismus sind zwei Worte, die zusammen beschreiben, was hier gerade passiert. Beiden gemeinsam ist, dass sie aus der Ferne betrachtet harmlos klingen, weil sie medial vielfach Verwendung finden für Ereignisse, die im Vergleich zu dem, was da gerade in Norwegen passiert ist, unbedeutend sind. »Terror« kommt wohl aus dem Lateinischen und meint eine große Angst. »Panik« bezieht sich, wenn ich mich richtig erinnere, auf das urplötzliche Erscheinen des griechischen Gottes Pan, das damit verbundene Aufschrecken aus dem sommerlichen Dahindösen.
Terrorismus ist auf die Spitze getriebene Politik der Angst. Und ja: die Anschläge, die Norwegen aus dem Sommer gerissen haben, machen mir Angst. Aber ich glaube, es ist viel zu früh, das, was da gerade passiert ist, politisch reflektieren zu wollen. Ich finde es richtig, dass Angela Merkel den Menschen in Norwegen ihr Mitgefühl ausgesprochen hat. Darum muss es in diesem Moment gehen.
Ich schreibe diesen Blogeintrag aber nicht nur, um mich mit meiner Fassungslosigkeit, mit dem Nahe-Gehen des Terrors auseinanderzusetzen.
Dass in Oslo etwas Schlimmes passiert ist, habe ich heute nachmittag erfahren, als ich Twitter aufgemacht habe. Mein zweiter Blick ging dann in die Onlinemedien, um näheres darüber zu erfahren, was da passiert ist. Twitter ist ein sehr unmittelbares Medium. Vielleicht trägt das dazu bei, dass mir diese Anschläge als gravierender Erscheinen als die in London oder in Spanien vor einigen Jahren. Das geht bis hin zu Live-Tweets aus Utøya.
Aber es ist nicht nur das Gefühl, direkt dabei zu sein, das am Medium Twitter hängt. Es ist – so meine ich jedenfalls – auch die Unerwartbarkeit der Katastrophe in diesem Rahmen. Wer Nachrichtensendungen anschaut, geht davon aus, dass es hier auch schreckliche Bilder geben kann. Wer seine Twitter-Timeline liest, hat zumeist andere implizite Erwartungen.
Schlimmer noch: Der Einbruch des Schreckens, der panische Schock – das findet auf Twitter nur bedingt statt. Zur Unmittelbarkeit von Twitter gehört auch eine Ungleichzeitigkeit der kommunizierten Realitäten. Die Hälfte der Tweets in meiner Timeline beschäftigen sich gerade mit den Anschlägen in Norwegen. Die andere Hälfte verarbeitet und verbreitet weiterhin private und politische Nettigkeiten, die im ungestörten Alltag den Reiz von Twitter ausmachen, im direkten Nebeneinanderstehen aber nur noch banal und taktlos wirken. Wahlumfragen, Nickeligkeiten bezüglich des S21-Stresstests, Flirts, Witze über das Wetter – müsste nicht all dieses kommunikative Prozessieren von Alltäglichkeit angesichts der Anschläge ins Stocken kommen, stoppen, pausieren?
Mir jedenfalls schlägt meine Timeline gerade in diesem Nebeneinander, wo doch ein Ausnahmezustand herrschen müsste, akut auf den Magen.
Das Nebeneinander von Katastrophe und Banalität ist natürlich nicht auf Onlinekanäle wie Twitter beschränkt. Hier wummern die Bässe vom Stadtteilfest, während ich diesen Blogeintrag schreibe. Zeitungen drucken ständig Nichtigkeiten neben Höchstrelevantem, generieren Abgebrühtheit, wo Empfindsamkeit überfordert wäre. Oder verbinden im Sensationsjournalismus beides – machen die Katastrophe in ihrer Permanenz zur Banalität.
Kurzum: Die moderne Gesellschaft kennt keine Pausentaste. Aber einfach zum Alltag übergehen, wenn die medial mitgeteilte Wirklichkeit emotionale Schreckstarre vermittelt – kann es das sein?
Warum blogge ich das? Weil ich mich erschreckt habe.
Kurz: Gerät gesucht
Nachdem ich arbeitsbedingt jetzt mindestens zweimal pro Woche von Freiburg nach Stuttgart pendle, und außerdem gerne Arbeitsplatzrechner und persönliche Social-Media-Accounts trennen möchte, frage ich mich, ob ich nicht ein Gerät (Smartphone, Tab, eBook-Reader) brauche. Bisher nehme ich mein Netbook mit, mit dem ich aber im Zug nicht ins Netz gehen kann*, und das mir eigentlich auch zu groß und schwer ist. Und mein relativ smartes Nokia E65.**
Das Gerät, das ich suche, gibt es vermutlich nicht. Wenn doch jemand ein solches Gerät kennt, bitte ich um sachdienliche Hinweise. Oder gerne auch dazu, wie ihr ähnliche »use cases« gelöst habt.
Hier meine Wünsche:
- leicht, klein, einfach ständig mitzunehmen, aber groß genug, um Facebook, Twitter und/oder Bücher drauf lesen zu können;
- möglichst »grün« (also geringer Energieverbrauch, geringe SAR-Werte, sozial-ökologische Standards bei der Herstellung);
- günstig: sowohl in Bezug auf den Anschaffungspreis als auch in Bezug auf Netzkosten;
- nicht unbedingt von Apple (hatte mal wegen Walled Garden geschrieben, dass ich nie ein iPad haben möchte), möglichst offen;
- komfortabel zu bedienen; vor allem für Lesen, aber auch für das Schreiben von Tweets, Notizen, kurzen Texten.
* D.h. theoretisch über WLAN und die T‑Mobile-Hotspots, aber passt nicht zu meinem derzeitigen Vertrag. Und einen Surfstick habe ich derzeit nicht.
** Das aber als einziges Interface zum Netz ein bisschen arg unkomfortabel ist, sich nicht als eBook-Reader eignet und ebenfalls an einem T‑Mobile-Vertrag hängt, der für ständige Netznutzung so nicht gedacht ist.