Kurz: Wahlkampf 2.0 der Parteien

Wie der Wahl­kampf 2.0 der Par­tei­en wirk­lich aussieht:

CDU/CSU: Hmm, kei­ne Ahnung. Machen Wahl­kampf wie immer und wün­schen sich die „hei­le“ Welt mit der „hei­len“ Fami­lie zurück. Ist eh nicht die Ziel­grup­pe. Oder so. (Na gut: unbe­zahl­te Prak­ti­kan­tIn­nen pfle­gen die Pro­fi­le).

SPD: Fällt dadurch auf, dass die Behör­den­bü­ro­kra­tie im Wil­ly-Brandt-Haus mit allen inno­va­ti­ven Ansät­zen kol­li­diert.

FDP: Ver­steht dar­un­ter drei Mil­lio­nen SPAM-Emails (wirk­lich wahr!).

LINKE: Sie­he CDU/CSU.

PIRATEN: Spie­len Wahl­kampf als Aug­men­ted Rea­li­ty Game.

GRÜNE: Kom­mu­ni­zie­ren drei Tage lan­ge im Wahl­kampf­end­spurt, was das Zeug hält.

Objektive Ästhetik im Freiburger Wahlkampf

Ein zen­tra­les Wahl­kampf­werk­zeug ist das Pla­kat. Im Kom­mu­nal­wahl­kampf ent­fal­tet sich hier die freie Krea­ti­vi­tät, weit­ge­hend ohne Bin­dung an zen­tra­le Vor­ga­ben. Umso wich­ti­ger ist es, einen neu­tra­len Über­blick dar­über zu bekom­men. Des­we­gen hat eine unab­hän­gi­ge Jury – d.h. ich – alle im Frei­bur­ger Stadt­bild hän­gen­den Wahl­kampf­pla­ka­te gesich­tet und anhand der objek­ti­ven Kri­te­ri­en Ästhe­tik, Ori­gi­na­li­tät, Gene­rie­rung von Auf­merk­sam­keit, kom­men Inhal­te rüber, kom­men Per­so­nen rüber, und wie oft hängt das über­haupt bewer­tet. Das Ergeb­nis erstaunt – Lin­ke Lis­te und gleich danach die CDU füh­ren an. Eine Par­tei oder Lis­te, die mir – nur anhand der Pla­ka­te beur­teilt, ver­steht sich – wirk­lich gut gefällt, habe ich aller­dings nicht gefunden.

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Kurz: Hessischer Landtag schafft Studiengebühren wieder ab (Update 6: Gesetz unterzeichnet)

Lecture on body(less) sociology
Bei­spiel­fo­to „hes­si­sche Hoch­schu­le“, hier: Kassel

Nicht nur das Akti­ons­bünd­nis gegen Stu­di­en­ge­büh­ren freut sich: der hes­si­sche Land­tag hat heu­te mit den Stim­men von SPD, Links­par­tei und Grü­nen – also der fak­tisch vor­han­de­nen lin­ken Mehr­heit, die aber lei­der nicht kon­sti­tu­tiert wer­den darf – die Stu­di­en­ge­büh­ren abge­schafft (und zwar sowohl die Lang­zeit­stu­di­en­ge­büh­ren, die es bis vor einem Jahr gab, als auch die direk­ten Stu­di­en­ge­büh­ren). Und anders als der Ham­bur­ger Kom­pro­miss zwi­schen CDU und Grü­nen ist es auch kei­ne Ver­la­ge­rung der Gebüh­ren nach das Stu­di­um, son­dern ein ech­tes Ende der Gebüh­ren. Gleich­zei­tig soll sicher­ge­stellt sein, dass die Hoch­schu­len trotz­dem nicht mit weni­ger Geld rech­nen müs­sen (das macht eini­ge skeptisch).

Inter­es­sant dürf­te nun sein, ob das Geset­ze­ma­chen mit wech­seln­den Mehr­hei­ten in Hes­sen funk­tio­niert – das Gesetz umset­zen muss ja nach wie vor die CDU-Regie­rung. Wenn ja, wäre es nicht nur ein gutes Signal für eine soli­da­ri­sche­re Hoch­schul­po­li­tik, son­dern auch ein inter­es­san­ter Schritt auf dem Weg hin zu einem prag­ma­ti­sche­ren Umgang mit Par­tei­gren­zen und Koalitionen.

Update: (5.6.2008) Gra­de schrei­be ich noch von der inter­es­san­ten Fra­ge, wie die geschäfts­füh­ren­de CDU-Regie­rung das Gesetz den wohl umset­zen will, da erreicht mich die Nach­richt vom „Eklat im hes­si­schen Land­tag“ – der geschäfts­füh­ren­de Minis­ter­prä­si­dent Koch meu­tert und beruft sich auf Form­feh­ler. Anders gesagt: Poli­ti­ken der wech­seln­den Mehr­hei­ten schei­nen mit Minis­ter­prä­si­den­ten nicht so recht zu funktionieren.

Update 2: (6.6.2008) Der Grund, war­um Koch das Gesetz nicht unter­schrei­ben will, ist aller­dings auch inter­es­sant und wirft kein gutes Licht auf die hand­werk­li­chen Fähig­kei­ten der AutorIn­nen des Geset­zes – die zen­tra­le Aus­sa­ge zu ver­ges­sen bzw. miss­ver­ständ­lich zu for­mu­lie­ren, muss nicht sein. Hof­fen wir also, dass das Gesetz nach­ge­bes­sert wird und Koch dann kei­nen wei­te­ren Grund hat, es nicht zu unterschreiben.

Update 3: (11.6.2008) Par­al­lel zum poli­ti­schen Pro­zess gab’s auch den Ver­such, die Stu­di­en­ge­büh­ren mit Ver­weis auf die in der hes­si­schen Lan­des­ver­fas­sung ver­an­ker­te Schul­geld­frei­heit juris­tisch zu bekämp­fen – das ist, mit einem augen­schein­lich poli­tisch moti­vier­ten 6:5‑Urteil des Lan­des­ver­fas­sungs­ge­richts – gera­de geschei­tert. Bleibt der poli­ti­sche Weg, der im zwei­ten Anlauf dann viel­leicht auch mal klappt.

Update 4: (17.6.2008) Mit der erneu­ten Abstim­mung schei­nen die Stu­di­en­ge­büh­ren jetzt end­gül­tig abge­schafft (wann Koch unter­schreibt, weiss ich aller­dings auch nicht). Spie­gel Online berich­tet vom Ende der „Part­ner­schaft zwi­schen Par­la­ment und Regie­rung“ – jetzt wird’s wohl um Neu­wah­len oder eine knap­pe rot-grün-rote Mehr­heit gehen.

Update 5: Die Tages­schau ver­knüpft die Hes­sen­fra­ge nicht mit der hes­si­schen Macht­po­li­tik, son­dern mit dem Hin­weis dar­auf, dass CDU und Grü­ne im Senat in Ham­burg wohl inzwi­schen die Grund­zü­ge der dor­ti­gen nach­ge­la­ger­ten 375-Euro-Gebüh­ren beschlos­sen haben. Als eines der aus grü­ner Sicht wich­tigs­ten Geset­zes­vor­ha­ben aus dem Koali­ti­ons­ver­trag bleibt abzu­war­ten, wie gut das unter schwar­zer Feder­füh­rung tat­säch­lich gelingt.

Update 6: (3.7.2008) Hes­sen: Gesetz unter­zeich­net, Haus­halts­sper­re ver­hängt.

Kurzeintrag: Hessenwahl

Hes­sen bleibt span­nend, aber aus links-grü­ner Per­spek­ti­ve stellt sich doch vor allem die Fra­ge, „Wie lan­ge will sich die Sozi­al­de­mo­kra­tie noch in einer Koali­ti­on mit den Christ­de­mo­kra­ten quä­len, wenn es doch eine Mehr­heit für eine pro­gres­si­ve Poli­tik gibt?“. Nach­dem die FDP offen­sicht­lich nicht regie­ren will, fra­ge ich mich das auch, und mei­ne: gera­de im ja doch grün gese­hen sehr real­po­li­ti­schen Hes­sen wäre rot-rot-grün ein inter­es­san­tes Expe­ri­ment. Von mir aus auch – vgl. Geschich­te der Grü­nen – als Lafon­taine-Cohn-Ben­dit­sche Duldung.

Live aus Heilbronn (Update 7: Grundeinkommensbeschluss online)

Und es gibt doch WLAN. Inso­fern kann ich live aus dem Sit­zungs­saal vom grü­nen Lan­des­par­tei­tag in Heil­bronn blog­gen. Ich bin auch nicht der ein­zi­ge, der das tut – die Ergeb­nis­se der Lan­des­vor­stands­wahl kön­nen bei Grü­nes Frei­burg nach­ge­le­sen wer­den, auch Hen­ning ist schon mit zwei Ein­trä­gen (1, 2) ver­tre­ten. Und nicht zuletzt die grü­ne Par­tei berich­tet ausführlich.

Eine Sache war mir ges­tern abend beson­ders wich­tig: die Reso­lu­ti­on zum The­ma Bür­ger­rech­te und inne­re Sicher­heit, die sich kri­tisch mit der geplan­ten Online-Vor­rats­da­ten­spei­che­rung usw. aus­ein­an­der­setzt (BTW: am 6.11. soll es dezen­tra­le Demos dazu geben). In einem Rede­bei­trag dazu habe ich ein­ge­for­dert, dass wir nicht nur defen­siv die Bür­ger­rech­te ver­tei­di­gen, son­dern sie offen­siv leben und aus­wei­ten. Dazu gehö­ren für mich elek­tro­ni­sche und nicht-elek­tro­ni­sche For­men demo­kra­ti­scher Par­ti­zi­pa­ti­on, eine Umkeh­rung der Infor­ma­ti­ons­as­sym­me­trie (sprich: der Staat muss offen­le­gen, nicht die Bür­ge­rin oder der Bür­ger), also ein Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­setz und die Aus­deh­nung des Daten­schut­zes in die Berei­che Unter­neh­men und Sozi­al­amt. Letzt­lich brau­chen wir eine Kul­tur der Betei­li­gung und Par­ti­zi­pa­ti­on – und eine Ant­wort auf die Fra­ge, wie sozia­ler Zusam­men­halt her­ge­stellt wer­den kann. Mit Sicher­heits­ge­set­zen und einem „Prä­ven­ti­ons­staat“ sicher nicht.

Jetzt kommt gleich die Wahl zum Län­der­rat. Um die span­nen­de Fra­ge Grund­ein­kom­men oder Grund­si­che­rung wird es dann mor­gen gehen.

War­um blog­ge ich das? Weil es geht!

Update: Mit dem heu­ti­gen Tag kann ich sehr zufrie­den sein: ich wur­de mit einem guten Ergeb­nis erneut zum Län­der­rats­de­le­gier­ten gewählt, und auch mein Antrag A3 zum The­ma Werbung/Sponsoring wur­de – leicht modi­fi­ziert – ange­nom­men. Jetzt hof­fe ich nur, dass es mor­gen beim Grund­ein­kom­men ähn­lich gut läuft.

Span­nend war das Expe­ri­ment der Grund­ein­kom­mens­grup­pe, im Foy­er anhand einer Excel-Tabel­le zu dis­ku­tie­ren, wie die kon­kre­ten Aus­wir­kun­gen (und die Finan­zie­rung) bei der nega­ti­ven Ein­kom­mens­steu­er aus­se­hen. Da gab es nach eini­ger Zeit rich­ti­ge Men­schen­trau­ben und sehr ange­reg­te Dis­kus­sio­nen – gera­de auch mit dem „skep­ti­schen Flü­gel“. Ein schö­nes Bei­spiel für grü­ne Diskussionskultur. 

Update 2: Wie­der zuhau­se – und sehr zufrie­den. Die inten­si­ve Vor­ar­beit, Ver­net­zung und Immer-wie­der-Erklä­rung des Sockel­grund­ein­kom­mens hat sich aus­ge­zahlt – das Modell wur­de, für eini­ge doch über­ra­schend, vom Lan­des­par­tei­tag ange­nom­men (mit 114 zu 76 Stim­men). Jetzt ist nur zu hof­fen, dass auch die Medi­en begrei­fen, dass da ein dif­fe­ren­zier­tes Kon­zept dahin­ter­steht. Und für Fritz gilt: wer die Dele­gier­ten beschimpft, ist selbst dran schuld.

Hier noch ein Hin­weis auf den SWR-Bericht (der sich in dem Punkt irrt, dass es, auch wenn vie­le baden-würt­tem­ber­gi­sche Lin­ke dahin­ter stan­den, kein Antrag des lin­ken Flü­gels war).

Update 3: Wo ich schon gera­de bei der Medi­en­schel­te bin – der hier Zitier­te dürf­te damit auch nicht glück­lich sein. Bzw. ein „die Auf­he­bung der“ vermissen …:

Plä­doy­er für Tren­nung von Amt und Mandat?
Der Land­tags­ab­ge­ord­ne­te Jür­gen Wal­ter sieht in den rela­tiv schwa­chen Ergeb­nis­sen „ein Plä­doy­er für die Tren­nung von Amt und Mandat“. […]

Update 4:

Abstimmung Grundeinkommen
Foto: Frank Peters

Auf der Web­site von Frank Peters, dem Spre­cher der Arbeits­grup­pe Grund­ein­kom­men von Bünd­nis 90/Die Grü­nen Rhein­land-Pfalz, gibt es nicht nur mich beim Kar­ten­he­ben zu sehen (s.o.), son­dern auch eine gan­ze Rei­he weit­aus span­nen­de­rer Fotos sowie Mini-Vide­os der wich­tigs­ten Pro-Redebeiträge.

Update 5: (16.10.2007) Inzwi­schen ist der Beschluss zum Grund­ein­kom­men mit den Ände­run­gen von Hen­ning (und dem Antrag, Rent­ne­rIn­nen nicht aus­zu­neh­men, von unse­rem Kreis­ver­band) online. Viel Spaß beim Lesen und Weiterverbreiten.

In der Badi­schen Zei­tung (BZ) von heu­te blickt Rein­hard Büti­ko­fer nach vor­ne (lei­der nur für Abon­nen­tIn­nen). Der Arti­kel schließt zwei­deu­tig damit, dass Rein­hard sich von Grund­ein­kom­men und dem in Baden-Würt­tem­berg vor­ge­leg­ten Grund­si­che­rungs­an­trag abgrenzt und dann für eine Grund­si­che­rung mit nega­ti­ver Ein­kom­mens­steu­er plä­diert. Wenn die Redak­ti­on der BZ da kei­nen Mist gebaut hat, wäre das eine inter­es­san­te Aussage.

Update 6: Wie ich beim Zusam­men­stel­len einer klei­nen Pres­se­schau fest­ge­stellt habe, ist Oswald Metz­ger alles ande­re als begeis­tert vom Beschluss, schimpft wie ein Rohr­spatz und droht mit Aus­tritt, wenn die Par­tei nicht folg­sam ist. Aha.

Update 7: (17.10.2007) Ger­hard Schick hat einen sehr ver­nünf­ti­gen offe­nen Brief an Oswald Metz­ger geschrie­ben. Dort steht eigent­lich alles, was zur inzwi­schen die wei­te­ren Medi­en errei­chen­den Auf­re­gun­gen zu sagen ist (die hat auch was Gutes: immer­hin erreicht die Nach­richt, dass die baden-würt­tem­ber­gi­schen Grü­nen sich für ein Grund­ein­kom­men aus­ge­spro­chen haben – selbst wenn des dort etwas schräg dar­ge­stellt wird – so auch die bun­des­deut­sche Öffentlichkeit).