Zwei digitale Parteitage

Screenshot CDU-Parteitag

Ich habe heu­te neben dem Abwa­schen und Auf­räu­men den Stream des CDU-Lan­des­par­tei­tags lau­fen gehabt – schließ­lich war ich doch ein wenig neu­gie­rig, wie sich unser Koali­ti­ons­part­ner und poli­ti­scher Mit­be­wer­ber so schlägt. Wie auch unser Lan­des­pro­gramm­par­tei­tag (Mit­te Dezem­ber) fand der CDU-Par­tei­tag digi­tal statt. 

Neben­bei: dass eini­ge Men­schen in der CDU immer noch glau­ben, sie hät­ten digi­ta­le Par­tei­ta­ge erfun­den, und den ers­ten ech­ten digi­ta­len Par­tei­tag mit dem CDU-Bun­des­par­tei­tag her­ge­zau­bert, zeugt aus mei­ner Sicht vor allem von einer gewis­sen Tel­ler­rand­blind­heit. Da drau­ßen pas­sie­ren span­nen­de Din­ge, und nicht immer ist die CDU vor­ne dabei …

Jetzt also der digi­ta­le Lan­des­par­tei­tag. Was mir sehr bekannt vor­kam, war das Set­ting: es gab neben dem Par­tei­tags­prä­si­di­um (hier v.a. aus dem Gene­ral­se­kre­tär Manu­el Hagel bestehend) ein zwei­köp­fi­ges Mode­ra­ti­ons­team, das in einem nach­ge­bil­de­ten Sofa (OBI-Schick in den CDU-Far­ben oran­ge und grau mit dun­kel­blau­en Akzen­ten) Aus­zähl­pau­sen über­brück­te und Reden durch Fra­gen­stel­len etc. auf­lo­cker­te. Das habe ich schon mal woan­ders gese­hen – beim grü­nen Bun­des­par­tei­tag im Novem­ber 2020 näm­lich, damals mach­te sich die FAZ über die Sofa­ecke lus­tig, und das Wohn­zim­mer tauch­te auch wie­der bei unse­rem Lan­des­par­tei­tag auf. Ist ja auch eine schö­ne Sache. Eben­so scheint sich das Set­ting, den Par­tei­tag mit einem Rumpf­team aus Par­tei­spit­ze plus tech­ni­schem Sup­port aus einer Hal­le her­aus zu über­tra­gen, und Reden vom Pult mit Zuschal­tun­gen und Video­bei­trä­gen zu mischen, als Stan­dard­mus­ter für digi­ta­le Par­tei­ta­ge eta­bliert zu haben. 

Neben dem Farb­kon­zept (knall­oran­ge) gab es aber natür­lich auch wei­te­re Unter­schie­de. In den Inhal­ten, obwohl ich an der einen oder ande­ren Stel­le den Ein­druck hat­te, die CDU wür­de sich da durch­aus bei Grüns bedie­nen, und beim Verfahren.

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Kurz: Wachsen wir über uns hinaus

„Wach­sen wir über uns hin­aus“ – das ist die Über­schrift über dem ges­tern auch der Öffent­lich­keit vor­ge­stell­ten grü­nen Pro­gramm­ent­wurf für Baden-Würt­tem­berg. Dis­ku­tiert und ent­schie­den wird dar­über am Wochen­en­de auf der Lan­des­de­le­gier­ten­kon­fe­renz. Jetzt schon ist klar, dass zu den rund 120 Sei­ten noch ein paar dazu­kom­men wer­den – immer­hin lie­gen über 800 Ände­rungs­an­trä­ge vor.

Über die Län­ge lässt sich strei­ten. Inhalt­lich bin sehr zufrie­den mit die­sem Pro­gramm: das zeigt näm­lich nicht nur, wie sich Baden-Würt­tem­berg in den ver­gan­ge­nen bald zehn Jah­ren wei­ter­ent­wi­ckelt hat, son­dern macht eben­so deut­lich, dass wir Grü­ne noch einen gan­zen Kof­fer vol­ler Ideen dafür haben, wie es wei­ter­ge­hen kann. Genau jetzt braucht es ambi­tio­nier­te Maß­nah­men, um das Ziel zu ver­wirk­li­chen, Baden-Würt­tem­berg kli­ma­neu­tral zu machen. Und jetzt ist auch der Zeit­punkt, um den Wan­del des baden-würt­tem­ber­gi­schen Wirt­schafts­stand­orts hin zu einem zukunfts­fes­ten Wirt­schaf­ten ein­zu­lei­ten. Wir ste­hen, auch jen­seits der Coro­na-Pan­de­mie, vor rie­sen­gro­ßen Her­aus­for­de­run­gen. Digi­ta­li­sie­rung ist längst noch nicht da, wo sie sein könn­te, und ori­en­tiert sich bei wei­tem noch nicht über­all am Nut­zen für Mensch und Umwelt. Neue gesell­schaft­li­che Spal­tun­gen bre­chen auf. Die Wei­ter­ent­wick­lung der Schu­len in Rich­tung Ori­en­tie­rung an indi­vi­du­el­ler För­de­rung der Kin­der wur­de unter­bro­chen und soll wie­der auf­ge­nom­men wer­den. Und und und …

Ich bin gespannt auf den Par­tei­tag und die Debat­ten, die dort geführt wer­den. Das Signal jeden­falls ist klar: Grü­ne haben noch was vor. Und dafür wer­den wir kämpfen.

Dis­clai­mer: als Teil des Redak­ti­ons­teams durf­te ich am Ent­ste­hungs­pro­zess des Pro­gramms seit Februar/März betei­ligt sein – und freue mich, dass es end­lich das Licht der Welt erblickt.

20 Jahre Internetparteitag

Die „Tages­schau vor 20 Jah­ren“ erin­nert auf Twit­ter dar­an, dass der ers­te Inter­net­par­tei­tag jetzt zwan­zig Jah­re her ist. Wie Andrea Lind­l­ohr schreibt, mög­li­cher­wei­se inspi­riert von , einer damals sehr belieb­ten Netz-Poli­tik­si­mu­la­ti­on. Der dama­li­ge Inter­net­par­tei­tag des grü­nen Lan­des­ver­bands Baden-Würt­tem­berg war text­ba­siert, dau­er­te meh­re­re Tage, und ver­band die Foren­dis­kus­si­on mit jeweils einen Tag umfas­sen­den Abstim­mungs­fens­tern. Beschlos­sen wur­de letzt­lich unter ande­rem eine Reso­lu­ti­on zu Laden­schluss­zei­ten – wich­ti­ger aber war das Sym­bol: Par­tei­tag geht auch im Netz. Kos­ten­punkt: ähn­lich hoch wie ein Lan­des­par­tei­tag in der Hal­le, v.a. die damals noch auf Dis­ket­ten basie­ren­de Sicher­heits­ar­chi­tek­tur war teuer. 

So rich­tig eta­blie­ren konn­te sich das For­mat nicht. Und noch 2018 – nach dem Beginn und Ende des Hypes um die Pira­ten­par­tei mit ihren liqui­den Ent­schei­dun­gen – war mei­ne Ver­mu­tung: das kommt auch nicht wie­der, höchs­tens in Form von Betei­li­gungs­pha­sen vor Par­tei­ta­gen. Coro­na macht’s mög­lich, dass jetzt alle Welt von digi­ta­len Par­tei­ta­gen spricht und eini­ge davon sogar mit Erfolg durch­ge­führt wer­den. Mal sehen, was nach der Pan­de­mie davon übrig bleibt.

Ich neh­me das Jubi­lä­um jeden­falls mal zum Anlass, die diver­sen Tex­te von mir dazu gesam­melt zur Ver­fü­gung zu stel­len. Ein paar der Auf­sät­ze, die dazu pas­sen wür­den, sind der­zeit nicht online erreich­bar, weil Sei­ten relauncht wur­den oder Netz­zeit­schrif­ten ein­ge­stellt wur­den – ich neh­me die hier mal mit auf und lie­fe­re bei Gele­gen­heit nach:

Die erste digitale Bundesdelegiertenkonferenz – Abstimmungsmarathon um unsere Grundwerte

#dbdk20

20 Jah­re nach dem ers­ten vir­tu­el­len Par­tei­tag und ein hal­bes Jahr nach der gro­ßen Schalt­kon­fe­renz, dem digi­ta­len Län­der­rat, tag­te an die­sem Wochen­en­de die grü­ne Bun­des­de­le­gier­ten­kon­fe­renz (BDK) digi­tal. Hash­tag #dbdk20. Coro­na macht’s mög­lich – und gleich­zei­tig lässt sich fest­stel­len: so eine digi­ta­le BDK ist fast genau­so anstren­gend wie zwei­ein­halb Tage in irgend­ei­ner Mes­se­hal­le zu sit­zen, dort Reden zu lau­schen, kon­zen­triert abzu­stim­men und neben­bei noch den einen oder ande­ren Plausch zu hal­ten. Die Hin- und Rück­fahrt ent­fällt, aber das macht das feh­len­de Wochen­en­de auch nicht wett.

„Die ers­te digi­ta­le Bun­des­de­le­gier­ten­kon­fe­renz – Abstim­mungs­ma­ra­thon um unse­re Grund­wer­te“ weiterlesen

In eigener Sache: Was wäre wenn, …

Der grü­ne Kreis­ver­band Frei­burg hat sein Mit­glie­der­ma­ga­zin Grün in Frei­burg von Print auf online umge­stellt und mich gebe­ten, für die zukünf­tig regel­mä­ßig geplan­te Rubrik „Sag’s den Grü­nen“ den Auf­takt zu machen. Geschrie­ben habe ich – noch im August, vor der Auf­re­gung um eine unhy­gie­ni­sche Groß­de­mo in Ber­lin – etwas dazu, wie wir Grü­ne uns ver­hal­ten hät­ten, wenn die Coro­na-Pan­de­mie vor 30 Jah­ren statt­ge­fun­den hät­te? (Ja, es geht um die Fra­ge der Ori­en­tie­rung an Wis­sen­schaft­lich­keit und Fak­ten …). Aber auch jen­seits davon ist die ers­te Online-Aus­ga­be von Grün in Frei­burg recht inter­es­sant geworden.