In eigener Sache: Neue Arenen des Mit-Redens

Die Redak­ti­on der baden-würt­tem­ber­gi­schen grü­nen Mit­glie­der­zeit­schrift Grü­ne Blät­ter hat­te mich gebe­ten, für ihre Aus­ga­be „Gedan­ken & Spie­le – Ein Heft über grü­ne Per­spek­ti­ven“ ein paar Wor­te über inner­par­tei­li­che Betei­li­gung zu ver­lie­ren. Statt die aktu­el­len Betei­li­gungs­pro­jek­te der Bun­des­par­tei vor­zu­stel­len – das wäre ein Bei­trag für sich – habe ich mir das The­ma „Basis­de­mo­kra­tie“ als Aus­gangs­punkt genom­men, und über­legt, was das heu­te auch hei­ßen kann.

Der Bei­trag ist in den heu­te in den Brief­käs­ten lie­gen­den Grü­nen Blät­tern zu fin­den, aber auch unter https://www.gruene-bw.de/neue-arenen-des-mit-redens/ zu fin­den – oder direkt hier. Über eine Dis­kus­si­on freue ich mich.

Neue Arenen des Mit-Redens

Seit den acht­zi­ger Jah­ren haben wir Grü­ne vie­le Ver­fah­ren der Basis­de­mo­kra­tie aus­pro­biert – sei es unter Ehren­amt­li­chen oder im Par­la­ment – und eine Betei­li­gungs­kul­tur geschaf­fen. Heu­te gilt es dar­über zu reden, wel­che Aus­wir­kun­gen die sozia­len Medi­en auf Dis­kus­sio­nen und Ent­schei­dungs­pro­zes­se in unse­rer Par­tei haben, regt Till Wes­ter­may­er an.

„Die ver­bind­li­chen Grund­wer­te […] sind die Prin­zi­pi­en: öko­lo­gisch, basis­de­mo­kra­tisch und sozi­al“, heißt es in der Prä­am­bel unse­rer Sat­zung aus dem Jahr 1980, die an unse­re his­to­ri­schen Wur­zeln erinnert.

Was genau „basis­de­mo­kra­tisch“ mein­te? Der Sozi­al­wis­sen­schaft­ler Ste­phan Ehr­ler iden­ti­fi­ziert eine Pri­se Bür­ger­initia­tiv-Gras­wur­zel­de­mo­kra­tie (alle sind gleich­be­rech­tigt, die Orga­ni­sa­ti­on ist dezen­tral und auto­nom), die aus der Räte­de­mo­kra­tie ent­lehn­te Ehren­amt­lich­keit, abge­schmeckt mit Rousseau’schen Vor­stel­lun­gen vom Volkswillen.

Ins­ge­samt war Basis­de­mo­kra­tie wohl eher Pra­xis als klar umris­se­ne Theo­rie. Typisch waren zum einen das Rota­ti­ons­prin­zip und die Amts­zeit­be­gren­zung, um eine poli­ti­sche Kas­te zu ver­hin­dern. Zum ande­ren zähl­ten dazu die anfangs kol­lek­tiv agie­ren­den Vor­stän­de, das impe­ra­ti­ve Man­dat, der Min­der­hei­ten­schutz oder die bis heu­te prak­ti­zier­te Öffent­lich­keit der Sit­zun­gen, das Aus­lo­sen von Rede­bei­trä­gen und die Mit­ar­beits­mög­lich­keit für Nicht­mit­glie­der. All das war 1980 Alleinstellungsmerkmal.

Die „Poli­tik des Gehört­wer­dens“ ist eine blei­ben­de Errun­gen­schaft der grü­nen Regie­rungs­jah­re. „Betei­li­gung“ haben wir uns land­auf, land­ab auf die Fah­nen geschrie­ben und sind damit nicht mehr alleine.

Whats­app, Face­book und Co. sind nicht mehr wegzudenken

Aber wo dis­ku­tie­ren wir Grü­ne selbst eigent­lich heu­te? Neben Par­tei­ta­gen mit wei­ter­hin nied­ri­gen Antrags­hür­den, neben neu­en Online- und Off­line-Betei­li­gungs­ver­fah­ren, wie sie die Bun­des­par­tei der­zeit erprobt, sehe ich hier vor allem die sozia­len Medien.

Natür­lich spie­len Orts­ver­bän­de, Arbeits­ge­mein­schaf­ten und auch Flü­gel wei­ter eine gro­ße Rol­le; von Akteu­ren wie Regie­rungs­mit­glie­dern ganz zu schwei­gen. Mit Twit­ter, Whats­app und Face­book sind neue Reso­nanz­räu­me dazu­ge­kom­men, in denen – intern oder öffent­lich – die Par­tei­mei­nung gebil­det wird.

Die­se Are­nen haben ihre Schat­ten­sei­ten, etwa den Hang zur Eska­la­ti­on. Und von der Suche nach Mitantragssteller*innen abge­se­hen – anschluss­fä­hig an For­ma­lia ist das nur sehr bedingt. Trotz­dem: Wo, wenn nicht in die­sen end­lo­sen Dis­kus­si­ons­strö­men, wird durch­ge­kaut, wie es mit „Grün“ wei­ter­geht? Hier wer­den neue The­sen aus­ge­tes­tet, hier sto­ßen unter­schied­li­che grü­ne Lebens­wel­ten frucht­bar auf­ein­an­der. Kurz gesagt: (Auch) hier leben wir Beteiligung.

Wenn die­se Beob­ach­tung stimmt, hat das Kon­se­quen­zen. Die rei­chen von der Fra­ge, wie die­se Form der Mei­nungs­bil­dung eigent­lich legi­ti­miert ist (wer ist dabei, wer ist aus­ge­schlos­sen?), über die Kopp­lung an for­ma­le­re Ver­fah­ren bis hin zur Öff­nung zur Zivil­ge­sell­schaft – gelingt die in der inner­grü­nen Social-Media-Debat­te, oder schmo­ren wir da im eige­nen Saft? Auch dar­über soll­ten wir reden.

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