Wenn es nach dem „Political Compass“ geht, dann gab es zwischen 2013 und 2017 einen massiven Rechtsruck im deutschen Parteiensystem – wobei „rechts“ sich dabei auf beide der Achsen beziehen würde, die der „Political Compass“ als Koordinaten der Politik ansieht, also sowohl eine Tendenz zu mehr Autoritarismus als auch eine wirtschaftspolitische Tendenz nach rechts. In der Abbildung sind die beiden Diagramme für 2013 und 2017 übereinander gelegt. Die Pfeile zeigen, von wo nach wo in diesem Koordinatensystem die deutschen Parteien gewandert sein sollen.
Während die Verschiebungen bei SPD und CDU – eine leichte Bewegung der SPD nach „wirtschaftsrechts“, eine leichte Bewegung der CDU Richtung liberalere Gesellschaft – irgendwie nachvollziehbar erscheinen, verwundert der Rest. Die FDP ist demnach deutlich autoritärer geworden. Die LINKE ist zwar in beiden Diagrammen die Partei, die am klarsten im progressiven Quadranten verortet wird, aber auch hier soll es eine Bewegung Richtung „Mitte“ gegeben haben. Und Bündnis 90/Die Grünen – da soll es dem Diagramm zufolge in den letzten vier Jahren quasi eine Spiegelung gegeben haben – eine Verschiebung um fast ein Drittel des Koordinatensystems sowohl in Richtung wirtschaftliche Rechte als auch in Richtung autoritärerer Politik. Die AFD bleibt in beiden Darstellungen die autoritärste Partei, angeblich ist sie aber weniger wirtschaftlich rechts als die CDU oder die FDP.
Das 2017er-Diagramm kursiert seit einigen Tagen in sozialen Netzwerken – insbesondere Mitglieder der LINKEN wollen damit beweisen, dass nur eine einzige Partei dem Rechtsruck stand gehalten hat, und natürlich dafür dann bei der Bundestagswahl im September auch gewählt werden muss. Was ist dran?
Ich hatte vor einiger Zeit bereits etwas zum „Political Compass“ 2013 und der Frage, ob Grüne eine linke Partei sind, geschrieben. Damals vermutete ich, dass für die Einordnung der Parteien deren Wahlprogramme ausgewertet wurden. Wenn ich mir allerdings unser Wahlprogramm für 2017 anschaue und es mit dem für 2013 vergleiche, wundert mich dieses Ergebnis. Deswegen habe ich per Mail nachgefragt – und als Antwort nur einen lapidaren Hinweis auf »FAQ, Frage 9« bekommen.
Grob übersetzt steht da:
Wie ist es möglich, ehrlich festzustellen, wo Politiker*innen liegen, ohne diese zu fragen?
Wie ist es möglich, herauszukriegen, ob sie ehrlich sind, wenn du sie fragst? Grade rund um eine Wahl? Wir beziehen uns auf Berichte, die Abstimmungen im Parlament, Programme … und das Handeln, das lauter als Worte spricht. Das dauert viel länger, als Politiker*innen schlicht zu bitten, den Test zu machen – aber es ergibt doch eine viel genauere Einordnung. Bereits früh haben wir gemerkt, dass Politiker*innen, die den Test machen, oft auf eine Art und Weise antworten, die zwar zur Stimmung in der Wählerschaft passt, aber nicht zu ihrem Handeln.
Der Test, der hier angesprochen wird, ist der Fragebogen, der auf der Website „Political Compass“ online ausfüllbar ist, und als dessen Ergebnis zwei Koordinaten ausgespuckt werden: ein Wert auf der wirtschaftlichen Links-Rechts-Skala (X: ‑10,0 bis +10,0), und ein Wert auf der Skala zwischen libertärer und autoritärer Haltung (Y: ‑10,0 bis +10,0).
Wie genau aus dem Fragebogen diese Werte berechnet werden, verrät die Organisation hinter dem „Political Compass“ leider nicht. Anders als bei ähnlichen Arbeiten, wie sie etwa an Universitäten durchgeführt werden, und wie sie in mit ausführlichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen dokumentiert werden, bleibt das Rechenmodell im Dunkeln. Es kann demnach auch nicht nachvollzogen werden, ob die beiden Achsen tatsächlich orthogonal zueinander stehen, und ob die Fragen im „Test“ und die Zuordnung zu den beiden Achsen tatsächlich eine empirische Basis (etwa im Sinn einer Faktorenberechnung) hat. Es bleibt auch recht schleierhaft, wer eigentlich diese Organisation ist. Wikipedia verweist hier auch nur auf die Website, die eine „Pace News Ltd.“ als Copyright-Inhaber ausweist, und auf frühere Vermutungen, dass die Website (seit 2001 online) der britischen Wohlfahrtsorganisation „One World Action“ nahe steht.
Das alles ist solange unproblematisch, solange „Political Compass“ vor allem als Werkzeug gesehen wird, das dazu beiträgt, die Komplexität politischer Haltungen deutlich zu machen. Insofern sehe ich trotz der ganzen Intransparenzen einen gewissen Sinn darin, den „Political Compass“ als individuellen Test zu nutzen – das Ergebnis bietet einen Gesprächsanlass, es kann darüber diskutiert werden, was hinter so komischen Chiffren wie „rechts“ und „links“ tatsächlich zu verstehen ist. Als politische Analyse im Vorfeld einer Wahl ist es allerdings schwierig, wenn eine im Dunkeln bleibende Organisation ohne Offenlegung ihrer Daten Parteien in ein Raster einsortiert.
Und auch die FAQ hilft hier nur bedingt weiter – da geht es ja eigentlich um einzelne Politiker*innen, nicht um Parteien. Und „Berichte“, „Abstimmungen“, „Programme“ und „das Handeln“ sind hinreichend vage, um damit auch eine Einordnung nach Bauchgefühl zu rechtfertigen. In einem Mehrheitswahlsystem mag zudem die Bedeutung der einzelnen Politiker*innen noch einmal größer sein als in unserer proportionalen Repräsentation. Offen bleibt damit, ob die einzelnen Koordinaten aus den Wahlprogrammen heraus destilliert wurden, ob Statements der Spitzenkandidat*innen der einzelnen Parteien ausgewertet wurden, oder ob – um beim grünen Beispiel zu bleiben – ein Boris Palmer mit öffentlichen Äußerungen die ganze Bewertung im Raster nach rechts ziehen kann, obwohl die vom Parteitag beschlossene Programmatik, die dann ja auch die Grundlage etwa für einen Koalitionsvertrag darstellen würde, ganz anders aussieht.
Ich habe daher noch einmal ausführlicher darum gebeten, mir Fragen dazu zu beantworten, welche Materialien genau in die Auswertung einfließen, und wie diese vorgenommen wird. Dazu habe ich von „Political Compass“ allerdings bisher keine Antwort erhalten. Sollten diese noch eintreffen, werde ich den Artikel hier gerne updaten.
Die Frage nach der Methodologie ist auch deswegen interessant, weil der eigentliche Test sehr stark auf persönliche Werte zugeschnitten ist – neben Fragen zu Freihandel, Abortion oder der Todesstrafe gibt es auch Fragen danach, wie wichtig etwa religiöse Werte sein sollen, ob eine Schulpflicht bestehen soll, oder ob abstrakte Kunst wertvoll ist. Hier wird es dann schon schwieriger, ein Parteiprogramm neben den Fragebogen zu legen und zu antworten – und Fragen auszulassen, oder mit „neutral“ zu antworten, ist nicht vorgesehen. Gleichzeitig fällt auf, dass in der aktuellen politischen Auseinandersetzung zentrale Fragen (etwa nach Klimaschutz) im Fragebogen nicht vorkommen, andere dagegen auf längst etablierte gesellschaftliche Konsense verweisen (etwa bei der Haltung zur Homosexualität) und damit wenig Differenzierungsmöglichkeiten bieten.
Ich habe den Versuch trotzdem gemacht, und den Test entlang des Wahlprogramms ausgefüllt. Bei einigen Fragen war das nicht möglich, da es dort um persönliche Werte ging. Da spielte dann meine Einschätzung der persönlichen Haltung des typischen Parteimitglieds eine Rolle; hier habe ich allerdings auch eher die mittleren Werte (agree/disagree) gewählt und keine starke Zustimmung/Abneigung.
Das Ergebnis ist ‑5,75 auf der ökonomischen Links-Rechts-Skala, und ‑6,97 auf der gesellschaftlichen Skala – also noch links-liberaler als die oben eingetragene Position der LINKEN, und etwas unterhalb und links von der für 2013 eingetragenen Position für Bündnis 90/Die Grünen.
Es kann jetzt natürlich sein, dass ich meine Partei mit einer gewissen Verzerrung betrachte, und meine persönlichen Werte zu stark mit eingeflossen sind. Das Ergebnis ist das, was ich erwartet hätte – da fühle ich mich beheimatet.
Deswegen der Aufruf: Vielleicht mag jemand anderes das selbe Spiel noch einmal spielen – gerne auch für andere Parteien – und in den Kommentaren dann das Ergebnis mitteilen (ich bastle auch gerne ein Diagramm daraus). Mal sehen, ob dabei ein anderes Bild entsteht als bei der Einordnung nach Abstimmungsverhalten und lautem Handeln, die „Political Compass“ vorgenommen hat.
Ich habe auch eine Vermutung, was dabei herauskommen wird: das deutsche politische Spektrum – mit Ausnahme vielleicht der AFD – wandert dann im Vergleich zur Abbildung auf der Website „Political Compass“ insgesamt stärker in die Mitte des Koordinatensystems. Und das würde wiederum bedeuten, dass Deutschland nach wie vor ein recht liberales und an gesellschaftlichem Wohlstand orientiertes Land ist – ganz egal, wie sehr versucht wird, diese Haltung umzudrehen und zuzuspitzen.
Warum blogge ich das? Weil es zwar in der Folge der Terroranschläge und der Flüchtlingsdiskussion so etwas wie einen gesellschaftlichen Rechtsruck gegeben haben mag, weil ich aber die These, dass sich damit die grundlegenden Werte der Parteien massiv verschoben haben, nicht teile – und gerne empirische Argumente dazu sehen würde.
P.S.: Eventuell interessant in diesem Kontext ist das WZB Manifesto-Projekt, hier ein Überblicksartikel – das ist in seiner inhaltsanalytischen Auswertung für bundesdeutsche Wahlprogramme allerdings erst im Jahr 2013 angekommen, soweit ich das erkennen kann.
Update (25.08.2017): Während ich von Political Compass auf meine Mail weiterhin keine Reaktion bekommen habe, bin ich heute auf wahlnavi.de gestoßen – diese Plattform fragt speziell zur Bundestagswahl, legt ihre Methodik offen – und kommt zu einem Bild, das mir sehr viel realistischer erscheint (unten und oben im Vergleich zum Political Compass getauscht):
Hab jetzt nicht das grüne Programm gescannt, sondern das so eingegeben, wie ich die Grünen im Bund in den letzten drei Jahren wahrgenommen habe. Bei Unklarheiten gewinnt das Weltbild der Spitzenkandidat*innen im Stechen, soweit bekannt.
Habe auch überwiegend nicht die jeweiligen „strong“ positions gewählt. Alles, was in Koalitionsverhandlungen aufgeweicht werden könnte, ist da per se nicht „strong“. Es blieben dennoch einige eindeutige Positionen übrig, aber das vor allem bei den ohnehin unstrittigen gesellschaftlichen Fragen, um die es bei dieser Wahl gar nicht geht.
Komme für die Grünen auf ‑3,88 ökonomisch und ‑5,74 gesellschaftlich. Die Außensicht ist nun mal hier und da etwas kritischer. Bei der Frage nach dem utilitaristischen Zweck von Bildung hab ich Euch zum Beispiel ein „Agree“ gegeben, allein schon deswegen, weil grüne Politik auf umfassende Bildung im humanistischen Sinne praktisch keinen Wert legt und Grüne dafür in der Regel auch keinen Sinn entwickeln.
Aber auch diese Dinge ändern die Gesamtbewertung nur graduell, nicht aber grundsätzlich. Die Einschätzung derer, die sich das Tool ausgedacht haben, weicht davon immer noch so stark ab, daß ich sie nicht nachvollziehen kann. Fragen zur inneren Sicherheit, wo für mich am ehesten eine Rechtsverschiebung sichtbar wird, kamen kaum vor.
Die gefühlten Positionen der Partei Die Linke spiele ich nach einer kleinen Pause heute nachmittag auch noch durch.
Wie die Position zur Schulpflicht in die Bewertung eingeht, wär auch mal interessant zu wissen. Ablehnung der Schulpflicht nehme ich praktisch ja hauptsächlich als Teil der Agenda der religiösen Rechten wahr.
Ich habe mal die AfD-Positionen, wie ich sie aus dem Landtag BW kenne, eingegeben – dann kommt 3,75/4,67 raus (also Mitte blaues Feld), das passt ganz gut.
Ich kenne keine Forderung im FDP-Programm, welche einen Rechtsruck darstellen würde.
Im Gegenteil: Legalisierung Cannabis, Ehe für Alle, Doppelstaatsbürgerschaft, Ablehnung NetzDG & Überwachubg und
Bekenntnis zu privater, verschlüsselter Kommunikation, Steuertarif nach rechts verschieben ( kleine Einkommen entladten) , Digitalmimisteroum, und und und.
Das ist das progressivste Programm seit 1980.
Vielleicht ist die Position von C. Lindner mit eingeflossen. Hymnen-Singpflicht für deutsche Nationalspieler und die gewaltsame Annexion der Krim durch Putin anerkennen. Alles andere als progressiv.
Wenig verwunderlich:
Economic Left/Right: ‑5.38
Social Libertarian/Authoritarian: ‑7.74
ich habs auch gemacht, mit den Aussagen, wie ich das Wahlprogramm kenne (ganz gut, bilde ich mir ein) und lande etwas zentraler, aber auch klar im Left/Libertarien-Feld. Ich habe auch nur agree/disagree als Antwort genommen.
Lieber Till,
vielen Dank für die Arbeit. Ich teile deine Einschätzung, sowohl was die Intransparenz als auch die Gesamtseriösität des Tests angeht, voll. Hier mein Ergebnis, ohne, dass ich einzelne Antworten stärker bewertet habe, als andere (also nur „agree“/„disagree“):
Economic Left/Right: ‑2.88
Social Libertarian/Authoritarian: ‑5.03
Beste Grüße aus Canberra
Jörn
Hey!
Ich bin Sozialdemokratin und hatte folgendes Ergebnis:
Economic Left/Right: ‑6.13
Social Libertarian/Authoritarian: ‑6.26
Werde auf meinem Blog auch Freunde aufrufen, von denen viele Parteimitglieder sind, ebenfalls an diesem Test teilzunehmen. Man kann die Quintessenz von „auch du bist AfD“ ja nicht stehenlassen.
Liebe Grüße
Alice
Diese Bewegung nach rechts und oben zwischen 2013 und 2017 ist schon deutlich. Wie kann das sein?
Ich habe eine (etwas andere) Vermutung: die alte 2013er Einsortierung entspricht ja ziemlich genau dem, wie man sich so klassischerweise die Positionen unserer etablierten Parteien vorstellt: Die Linke und die Grünen links unten, CDU, CSU, AFD rechts oben, die SPD irgendwo mittendrin. So möchten die Parteien ja auch selbst wahrgenommen werden. Das sind die gelernten Plätze, die ja auch lange – zum Teil viele Jahrzehnte lang – Bestand hatten.
Ganz anders sieht es aber aus, wenn man die Parteien nach ihrem HANDELN bewertet: Wie stimmen sie in den wichtigen Fragen ab? Welche politischen Entscheidungen fällen oder behindern sie? Was bleibt von der Wahlkampfpropaganda noch übrig, wenn der laufende Politikbetrieb wieder angefangen hat? Was ist das tatsächliche Gesicht der Parteien? So ganz ohne weichgespülte Werbeslogans und stylisch-schönen Wahlplakatfotos?
In der zurückliegenden Legislaturperiode haben tatsächlich alle Parteien eine Bewegung nach rechts vollzogen. Bedingt durch die gesellschaftlichen und politischen Ereignisse, Krisen und Enthüllungen hat besonders die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD mehrfach und nachhaltig gezeigt, für wen sie Politik betreiben: die großen Konzerne, Unternehmen und Banken. Beispiele? Das viel zu billige Freikaufen der Energiekonzerne für die Atommüll-Entsorgung, die billige und technisch unzureichende Software-Nachbesserung im Rahmen des Diesel-Skandals, die fehlende Kontrolle der Investment-Banken (Cum-Ex-Skandal) und der viel zu gnädige Umgang mit ihnen usw. usf. „Too big too fail“? Deutschlands Stärke (die Größe und die wirtschaftliche Potenz) ist Deutschlands Schwäche: systemisch träge, wenig innovativ und sehr konservativ. Eben rechts.
Alles nach der Maxime „Wasser predigen, Wein saufen“. Vor der Wahl mit Maske, danach ohne. Die 2013er-Grafik ist die Theorie, die 2017er-Grafik ist die Realität.
Nette Theorie, aber Political Compass behauptet ja, 2013 und 2017 die selbe Methode verwendet zu haben. Insofern: nö, selbst wenn die Theorie stimmen würde, was sie nicht tut (schau dir das reale Abstimmungsverhalten an!), würde sie nicht erklären, wie die selbe Methode 2013 und 2017 zu so unterschiedlichen Ergebnissen kommt.
PS: Auf meine Mail mit konkreteren Nachfragen hat Political Compass bis heute nicht reagiert.
Tatsächlich glaube auch ich, dass es am Handeln und Auftreten der Parteispitzen liegt. Die Parteiprogramme werden, wie es aussieht, nur einbezogen und in vielen Fällen bleibt der Grundtenor von Wahlprogrammen recht ähnlich, man reagiert nur auf akute Missstände ‑entweder scharf oder beschwichtigend, und nimmt gesellschaftliche Entwicklungen auf, die im Allgemeinen graduell sind.
Viel interessanter sind dann die Worte und Taten der Politiker. So treten die Grünen dieses Mal besonders „dogmatisch“, was den Charakter ins Autoritäre verschiebt, auf und Äußerungen der Linken, man wolle Protestwähler der AfD zurückgewinnen, fließen ebenfalls ein, wie etwa Fr. Wagenknecht am Anfang des Jahres gegen DiTiB wetterte und mehr Polizei forderte.
Solche Aussagen sind es wohl, die angesichts der erlebten Flüchtlingswelle zum Teil besonders aus dem bekannten Tenor ausreißen, die den Kompass dieses Mal so verschoben haben.
Wobei mich interessieren würde, wie man beispielhaft die Themen Feminismus/Gleichstellung/Queer einordnet, sind die libertär oder werden sie bei zu starker Forcierung als autoritär eingestuft? Das wäre für mich persönlich sehr aufschlussreich über die Arbeit des Kompass‘.
P.P.S.: Zum realen Abstimmungsverhalten ist deinwal.de aufschlussreich.
Ich halte den starken turn der Grünen bei der sehr vage beschriebenen Methode für realistisch. (Überhaupt, dass Politikbeobachter*innen ihre Methoden nicht offenlegen, ist gängige Praxis und auch durchaus legitim, man denke nur an die blackbox „Projektion“ bei der Sonntagsfrage.) Der „turn to power“ hat zum einen den Realos bei den Grünen eben noch mehr Oberwasser gegeben als ohnehin schon, und zusätzlich die Position von Mandatsträger*innen gestärkt. Worauf dieses Ergebnis mE hindeutet, ist, dass es zwischen der Basis der Grünen und den Mandatsträger*innen der Grünen größere Verschiebungen ideologischer Natur gibt. Während die Basis idR eher links bis linksliberal ist (was sich teilweise auch im Parteiprogramm Ausdruck verleiht), sind die Mandatsträger*innen machtgewohnt und machtbewusst und sind in den letzten Jahren in eine neue Phase eingetreten: Dass ihnen die Meinung der Basis tendenziell eher egal ist und sie ihre durch gute Umfragewerte gesicherte Machtposition nutzen, um Realo-Politik zu machen, das heißt: konservative Politik. Denn dass bei den Grünen in den wichtigen Positionen und auf vielen Mandaten Konservative sitzen, ist ja jetzt keine Neuigkeit. Der Umfragen-Warp hat ihnen nur erlaubt, sich endlich von der Parteibasis zu entkoppeln.
na, der artikel ist ja top gealtert.
hat der autor wohl unrecht gehabt und politico sehr wohl die zukunft klar gesehen.
was nun? reflektion? nein, mehr klugscheissen.
ich speicher mir diesen blogpost mal bei archive.org damit man in 10 jahren nochmal lachen kann über die kurzsichtig&selbstverliebtheit.