Laut der groß angelegten Studie Mobilität in Deutschland 2008 hatte zum Befragungszeitpunkt etwa sieben Prozent der Bevölkerung ab 17 Jahren keinen Führerschein. Wie das 2015 aussieht, werden wir erst nächstes Jahr wissen, eine Neuauflage dieser Befragung ist derzeit in Arbeit. Die Größenordnung wird ähnlich sein; im Jahr 2002 waren es etwa 7,5 Prozent.
Ich finde das interessant, weil ich selbst zu diesen etwa sieben Prozent gehöre. Keinen Führerschein zu machen, war – als ich 18, 19, 20 Jahre alt war – eine bewusste Entscheidung im Sinne eines ökologischen Lebensstils. Nach dem Motto, dass, wer einen Führerschein hat, auch Auto fahren will.
Das funktioniert soweit, ist aber gleichzeitig manchmal auch eine Einschränkung. So ganz allgemein gibt es Orte, an denen ich nicht so gerne wohnen würde, weil sie mit dem ÖPNV nicht oder nur schlecht erreichbar sind, und ich nur ein mäßig begeisterter Fahrradfahrer bin. Städte, selbst eine nicht ganz so große Stadt wie Freiburg, hat in der Hinsicht dann doch Vorteile. Und es gibt natürlich Berufe und Jobs, die einen Führerschein voraussetzen.
Und dann gibt es ab und zu Situationen, in denen ich mir denke, dass es doch praktisch wäre, jetzt Auto fahren zu können. Bei Umzügen, oder wenn aus anderen Gründen viel zu transportieren ist (wobei Möbel bis zur Größe eines Kinderbetts sich auch gut per Fahrradanhänger transportieren lassen). Ein oder zweimal, als wir mit dem Kind ins Krankenhaus mussten, weil es sich von einem Schrank gestürzt hatte oder ähnliches passiert war. Mit Blick auf Spontanurlaube. Und wenn die Bahn bestreikt wird.
Insgesamt aber komme ich ohne Auto und ohne Führerschein – dafür inzwischen mit BahnCard 100 – gut zurecht. Das könnte auch ein Trend sein, gerade in Städten. Wobei ich den diesbezüglichen Zahlen noch nicht so ganz traue.
Wie die unten stehende Abbildung zeigt, war „kein Führerschein“ lange Zeit eine Funktion des Alters. Ab etwa dem Jahrgang 1940 war der Führerschein dann nahezu umfassend verbreitet.
Eigene Abbildung/Berechnung, Datenquelle ist die Angabe „Habe keinen Führerschein“ nach Alter, 2002 (MiD 2002, Tabelle 1 B) und 2008 (MiD 2008, Tabelle P 1 A).
Was die Abbildung nicht zeigt, ist der Genderbias – insbesondere Frauen machten lange keinen Führerschein, während Männer, da mag dann auch beispielsweise der Militärdienst eine Rolle gespielt haben, fast zu hundert Prozent Führerscheininhaber waren.
Die beiden Balken in der Altersgruppe 18–29 Jahre weisen ganz vorsichtig darauf hin, dass es eine kleine Trendwende geben könnte. Das ist die erste Gruppe, bei der es so ist, dass 2008 mehr der zu diesem Zeitpunkt Unterdreißigjährigen keinen Führerschein hatten als es bei denen war, die 2002 unter dreißig waren. Der Unterschied, rund zwei Prozentpunkte, ist allerdings noch nicht besonders aussagekräftig. Ob sich dieser Trend, zumindest in urbanen Gebieten, fortsetzt, wäre dann 2016 zu sehen. In allen anderen Altersgruppen steigt dagegen die Führerscheindichte zwischen 2002 und 2008 an.
Eine technische Entwicklung, die möglicherweise Auswirkungen auf diesen Trend haben wird, ist das selbstfahrende Auto. Wenn die Visionen und Prototypen von Google und anderen erstens in den nächsten Jahren tatsächlich auf der Straße landen und zweitens – das ist ein großes zweitens – für eine Benutzung kein Führerschein notwendig wäre, könnte das die mentale Kosten-Nutzen-Rechnung des Führerscheinbesitzes deutlich verändern. Führerscheinbesitz und Autobenutzung wären dann endgültig entkoppelt.
Bis dahin gibt es Taxis und hilfreiche Mitmenschen. Oder vielleicht, was natürlich um einiges ökologischer wäre, fahrerlose schienengebundene Fahrzeuge. Was nochmal ein ganz anderes Thema ist, theoretisch wären diese ja längst möglich. Praktisch lässt sich bei Bruno Latour einiges dazu lesen, warum sich Aramis nicht durchsetzte.
Ökologisch betrachtet sind selbstfahrende Autos nicht unbedingt ein Problem. Sie könnten vorsichtiger und energiesparender fahren, und sie könnten vor allem gemeinschaftlich genutzt werden, was die Zahl der Autos deutlich senken würde. Was mich zu dem Schluss bringt, dass es sinnvoll wäre, selbstfahrende Autos – ob mit oder ohne Führerschein gefahren – von vorneherein nur mit Elektroantrieb zuzulassen. Und sie in Carsharing-Modellen zu vermarkten, nicht als Privatbesitz.
Warum blogge ich das? Weil ich schon länger was zu diesem Thema schreiben wollte, gerade mit Blick auf mögliche Folgen des selbstfahrenden Autos.