Wer mir z.B. auf Twitter folgt, wird sich nicht darüber wundern, dass ich durchaus einige Zeit „im Internet“ (pdf) verbringen kann. Dass „das Internet“ dabei eher den Charakter eines fortlaufenden Stromes hat, ist eine der netteren (und addiktiveren) Eigenschaften speziell dieses Medienbündels. Blogs, Twitter, Facebook – all das sind Medien, die alle paar Minuten wieder etwas Neues bieten. Oder – und dann macht sich eine gewisse Verzweiflung breit – eben nicht.
Interessant finde ich die unterschiedlichen Nutzungspraktiken, die so ein eher zielloser Streifzug durchs Netz – früher wäre das als „im Netz surfen“ bezeichnet worden – mit sich bringt. Beispielsweise lese ich ab und zu in meiner Timeline – also in den Tweets der Menschen und Organisationen, denen ich auf Twitter folge – davon, dass jemand mehrere hundert Browsertabs offen hat. Das ist bei mir selten der Fall. Wie generell das ziellose Herumsurfen bei mir eigentlich fast nur noch auf dem Smartphone stattfindet. (Außer, wenn ich Couchpotato spiele und reddit durchblättere).
Wie fließt der Strom des Netzes zu mir? In allererster Linie auf Twitter und Facebook. (Und wenn ich mir andersherum anschaue, wie mein Blog gefunden wird, dann spielen soziale Netzwerke hier ebenfalls eine sehr große Rolle). Das heißt, irgendwer postet etwas (und zwar ganz egal, ob Unterhaltung oder Politik), und irgendwer ist einer oder eine, dem oder der ich folge. Überwiegend sind das dann keine Eigenproduktionen, sondern Fundsachen: Zeitungsartikel, deutsch- oder englischsprachig. Youtube-Videos (wobei ich die eher selten anschaue, ich mag Text lieber als Bewegtbilder). Einträge auf irgendwelchen Blogs. (Mehr oder weniger) lustige Bilder. Und dann gibt es natürlich die Sachen, die Menschen selbst gemacht haben, und auf die sie hinweisen. Eigene Blogeinträge. Eigene Onlinezeitungstexte. Eigene Fotos bei Flickr.
Das ist die eher zufällige Seite, wie ich mitkriege, was es Neues im Netz gibt. (Interessant sind dabei die Nahrungsketten – eine obskure, aber irgendwie interessante Seite taucht bei reddit auf (eine Sammelseite, gehört zu Conde Naste, vor ein paar Jahren wäre es noch Slashdot gewesen), wird dann von BoingBoing (einem professionellen amerikanischen Blog, das aus einem Independent-Zine entstanden ist) aufgenommen und findet sich ein paar Tage später auch bei Spiegel Online oder in den Netzrubriken des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Und zwischendrin mehrfach im Schnippselstrom.)
(Womit ich jetzt übrigens nicht sagen möchte, dass Facebook und Twitter nur Linkschleudern wären – oder den Konversationscharakter, den beide haben, also den Fluss von Gesprächen, in die sich einzuklinken erlaubt ist, wären beide deutlich uninteressanter).
Die andere Seite sind eine Handvoll von Blogs (und wenigen anderen Onlineformaten), die ich regelmäßig anschaue. Entweder über ein Draufklicken, oder weil ich sie im RSS-Reader auf meinem Smartphone habe. Das bereits erwähnte BoingBoing gehört dazu, das Blog meines derzeitigen Lieblingsschriftstellers Charles Stross, aber auch xkcd und what if. Und es gibt eine weitere, häufiger mal wechselnde Handvoll Blogs, die ich manchmal anschaue.
Das sind alles eher Dinge, die weder ehrenamtlich noch beruflich relevant sind. Da verfolge ich andere Blogs und Websites, netzpolitik.org beispielsweise. Aber nur so, zur hochrangingen Unterhaltung, eher nicht. Eben weil es sonst um Arbeit gehen würde. Nachvollziehbar?
Vielmehr, stelle ich gerade fest, ist den meisten der fixen „Orte“, die ich im Netz regelmäßig „freiwillig“ aufsuche, dein hohes Maß an Nerdtum zu eigen. Viele der interessanteren Blogposts bei Charles Stross oder auf BoingBoing beschäftigen sich mit irgendwelchen naturwissenschaftlichen Spekulationen, mit ästhetischen Fragen oder mit neuen Subkulturen. Nichts, was ich wissen müsste, aber immer wieder … faszinierend! (Vielleicht auch ein Grund, warum ich gerne die spezifische Spielart von Science Fiction lese, die ich gerne lese – aber dazu ein anderes Mal mehr).
Und dann ist oft der Sprung in die Wikipedia gar nicht weit. Vom Mars zur NASA zur ISS zu chinesischen Raumstationen und Raumfahrtplänen. Oder von Wahlergebnissen irgendwo zum dortigen Regierungssystem. Auch die Linkstruktur der Wikipedia ist eine schöne Kletterleiter für den Zeitvertreib im Netz. Tags bei Flickr ebenso. Für all das gilt: It’s Serendipity at its best.
Und das Internet als Internet ist eben gleichzeitig alles drei: Unterhaltungsplattform, Kommunikationsmedium, und ernsthafte Wissens- und Nachrichtenstruktur. Meine Öffentlichkeit ist eine spezielle, und das macht sie so interessant für mich – auch wenn das noch nicht ganz den Grad des Coineusseurs seltener Schallplatten o.ä. samt der dazugehörigen Distignuiertheit erreicht hat. Und sich – alles im Fluss – Webfundstücke glücklicherweise nicht wie Briefmarken ablegen, auf ihren Wert schätzen und in Sammlermessen verkaufen lassen. (Und auch über einen „Verein für Internetnutzung in der Freizeit e.V.“ bin ich zum Glück noch nicht gestolpert.)
P.S.: Wer möchte, darf das auch als Reaktion auf Evgeny Morozovs Essay zum Tod des Cyberflaneurs lesen.
Warum blogge ich das? Weil ich neugierig bin, was andere tun, wenn sie im Netz „surfen“.
Eine Antwort auf „Streifzüge durchs Netz“