Lautes Nachdenken über den Wandel vom technikscheuen zum technikaffinen Ökolebensstil

Mobile Sunsail

Wis­sen­schaft­lich beschäf­ti­ge ich mich ja u.a. mit dem Tech­nik­ge­brauch in Nach­hal­tig­keits­mi­lieus. Eine Fra­ge, die mich dabei immer noch vor Rät­sel stellt (bzw. mich moti­viert …), ist der (schein­ba­re?) Wan­del der prin­zi­pi­el­len Hal­tung zu Tech­nik bei „Ökos“.

Eike Wen­zel schreibt dazu:

Neo-Ökos sind technikaffin

Ich habe in den Jah­ren 2002 und 2003 am Zukunfts­in­sti­tut damit begon­nen, über die­se „neu­en Ökos“ zu for­schen. Was uns damals beschäf­tig­te, war ein Wer­te­wan­del, der sich auf vie­len Märk­ten und auf vie­len gesell­schaft­li­chen Ebe­nen fest­ma­chen ließ: Men­schen beweg­ten sich aus ideo­lo­gi­schen Nischen und Milieus her­aus. Spä­tes­tens Ende der 1990er Jah­re konn­te die Fra­ge, was ist poli­tisch links und was ist rechts nicht mehr beant­wor­tet wer­den. Die Men­schen lie­ßen sich nicht mehr in Milieus fest­schrei­ben, sie brach­ten dafür aber eine star­ke Sehn­sucht nach ver­läss­li­chen Wer­ten zum Aus­druck. Auf­fäl­lig war auch, dass die neu­en Ökos Tech­nik anzie­hend fin­den und es nicht – wie die Alt­ökos aus den Bür­ger­be­we­gun­gen der 1980er Jah­re – zu Teu­fels­zeug und Anti-Natur erklärten. 

Wen­zel stellt das hier als Tat­sa­che dar; auch die mir zugäng­li­chen Markt­for­schungs­stu­di­en (z.B. „Typo­lo­gie der Wün­sche“) bestä­ti­gen, dass bei­spiels­wei­se Oft-Käu­fe­rIn­nen von Pro­duk­ten mit Öko-Labels eine posi­ti­ve­re Hal­tung zu Tech­nik haben als Nicht-Käu­fe­rIn­nen. Trotz­dem fin­de ich die­sen Wan­del sehr über­ra­schend. Und habe eine Rei­he von Thesen/Fragen dazu:

  1. Stimmt der berich­te­te Wan­del in der Hal­tung zu Tech­nik? Damit ver­bun­den z.B.:
    • Las­sen sich „Ökos“ 1975 und „Ökos“ heu­te über­haupt sinn­voll vergleichen?
    • Sind dass die (im Kern) glei­chen Men­schen, die ihre Ein­stel­lung geän­dert haben?
    • Oder sind es zwei ganz dis­pa­ra­te Gruppen?
    • Was ist machen die 1975er-Ökos dann heute?
  2. Wie war die Hal­tung in den 1970er / 1980er Jah­ren zu Technik? 
    • Stimmt das über­kom­men­de Kli­schee der „Tech­nik­fein­de“? (vgl. Huber 1989/Technikbilder)
    • Lässt sich das auf Tech­nik all­ge­mein über­tra­gen, geht’s nur um „tech­ni­sche Ratio­na­li­tät“, oder um ganz bestimm­te Technologien?
    • Wie passt die „appro­ria­te technology“-Bewegung in die­ses Bild? (Z.B. die Aneignung/Erfindung von Wind­rad und Sonnenkollektor …)
    • Wie sieht es heu­te aus? 
      • Gibt es milieu-ein­heit­li­che Technikhaltungen?
      • Oder sind Tech­nik­sti­le tat­säch­lich domä­nen­spe­zi­fisch und nicht auf Lebens­sti­le zurechenbar?
      • Sind die „Ökos“ tat­säch­lich so tech­nik­freund­lich, wie das in der Markt­for­schung aus­sieht – oder geht’s wie­der nur um bestimm­te Technologien?
      • Oder muss zwi­schen „Ökos“ und „Ökos“ (aka LOHAS) unter­schie­den werden?
    • Und wenn es tat­säch­lich einen Wan­del in der Hal­tung zu Tech­nik gab (Bsp.: Fritz Kuhn 1984 vehe­ment gegen die Über­wa­chungs­tech­no­lo­gie und Arbeits­ver­nich­tungs­tech­no­lo­gie ISDN – heu­te posi­tio­niert sich die grü­ne Frak­ti­on ganz anders) – wor­an lag’s?
      • Tat­säch­lich ein Pro­zess des Wer­te­wan­dels – und wenn ja, war­um (z.B. Abbau kogni­ti­ver Dis­so­nan­zen zwi­schen Tech­nik­nut­zungs­prak­ti­ken und Ein­stel­lung – also Tech­nik­af­fi­ni­tät wie­der bes­se­ren Wis­sens; oder unter­schied­li­che Aneignungspraktiken)?
      • Aus­dif­fe­ren­zie­rung ver­schie­de­ner Sich­ten auf ver­schie­de­ne Technologien?
      • Demo­kra­ti­sche­re und „bes­se­re“ Tech­nik (z.B. PC als ver­teil­te Macht­res­sour­ce; vgl. auch die von Wen­zel zitier­ten Über­le­gun­gen zum Zusam­men­hang zwi­schen Coun­ter­cul­tu­re und Cyberculture)?
      • „Ver­bür­ger­li­chung“ und „Entidealisierung“/„Entideologisierung“ des Milieus?
      • Beob­ach­ten wir einen lau­fen­den Kampf um dis­kur­si­ve Positionierungen?

    Sol­che und ähn­li­che Fra­gen schwir­ren mir gera­de im Kopf rum. Wenn jemand was dazu sagen möch­te, egal ob All­tags­be­ob­ach­tung, Mei­nung oder Hin­weis auf wis­sen­schaft­li­che Lite­ra­tur – ich neh­me das ger­ne auf und freue mich auf eine Dis­kus­si­on dazu.

    War­um blog­ge ich das? In der Hoff­nung auf crowd­sour­cing und um die Chan­ce zum lau­ten Nach­den­ken zu nutzen.

    Nachtrag: Oder etwas zugespitzer (und vielleicht diskussionsanregender): Waren bzw. sind „Ökos“ skeptisch bezüglich (neuer) Technologie? Und warum?

    Nach­trag 2: Falls jemand Ideen zu Zeit­rei­hen­da­ten hat, die sowohl Umwelthandeln/Umwelteinstellungen oder Indi­ka­to­ren für Milieu­zu­ge­hö­rig­keit als auch Ein­stel­lun­gen zu Tech­nik in über die letz­ten 30 Jah­re ver­gleich­ba­rer Form hät­ten, neh­me ich Hin­wei­se ger­ne entgegen!

    17 Antworten auf „Lautes Nachdenken über den Wandel vom technikscheuen zum technikaffinen Ökolebensstil“

    1. Nur ein spon­ta­ner Hin­weis in Rela­ti­on zu den Grü­nen: Der Cha­os Com­pu­ter Club hat­te in Bonn mal ein Gut­ach­ten für die Grü­ne Bun­des­tags­frak­ti­on zur Ein­füh­rung von Com­pu­tern erstellt. Wenn man mit Leu­ten spricht die dabei­wa­ren war damals eines immer sym­pto­ma­tisch auf­fael­lig: der Com­pu­ter und der techn. Fort­schritt waren in die­sem Mileu eher als „Herr­schafts­ma­schi­ne“ ver­schrien, die nur für schlech­te Din­ge genutzt wer­den wür­de. (Gera­de im Kon­text 1984)

      Inter­es­sant sind hier sicher
      * http://chaosradio.ccc.de/cre077.html
      * http://chaosradio.ccc.de/cre038.html
      Heu­te hat sich das imho ent­schei­dent gewan­delt, aller­dings ist die Gene­ra­ti­on die offen und ver­spielt damit umzu­ge­hen weiss imho noch nicht in den obe­ren Par­tei­funk­tio­nen angekommen.

    2. Hier ein Vor­trag von Wau Hol­land auf dem CCC 1998:

      http://ftp.ccc.de/congress/1998/doku/mp3/geschichte_des_ccc_und_des_hackertums_in_deutschland.mp3

      Zwi­schen 1:03:00 und 1:08:00 geht es um Poli­tik & Netz anno 1985. Kurz­fas­sung: Die Grü­nen waren eine „abso­lu­te Kata­stro­phe“, nur die CDU hat­te kapiert um was es da ging. Man hät­te wohl mit „Gras­fa­ser­ka­bel“ kom­men müssen.

      Das mal zu Dei­ner Fra­ge nach dem Kli­schee der Technikfeinde.

      Den Link zu Eike Wen­zel fin­de ich sehr span­nend, Dan­ke dafür.

    3. auf jeden fall eine span­nen­de sache, wür­de mich freu­en, mehr davon zu lesen.

      grad hab ich lei­der nur zeit, für ein per­sön­li­ches erfah­rungs­ge­fühl: sind viel­leicht tech­nik­af­fi­ne leu­te inzwi­schen eher öko gewor­den als andere?

    4. @blumentopf: Auch wenn DIE GRÜNEN sicher nicht iden­tisch mit einem ökologischen/alternativen Milieu sind, fin­de ich, dass der Wech­sel von „PC kommt uns nicht in die Frak­ti­on“ (1980er) zu „wir sind die Inter­net­par­tei“ (heu­te) ein sehr deut­li­ches Bei­spiel für die­se The­se eines (par­ti­el­len) Ein­stel­lungs­wan­dels dar­stellt. Es gab übri­gens – ohne jetzt Zeit zu haben, in das MP3 rein­zu­hö­ren – durch­aus auch Ende der 1980er Jah­re schon (ein­zel­ne) Grü­ne, die sich aktiv in Mail­box­net­zen etc. rum­trie­ben, am /CL-Netz mit­strick­ten usw. – auch hier ist das Bild längst nicht nur schwarz und grün.

    5. @max: Sor­ry, habe dei­nen Kom­men­tar gra­de erst im Spam ent­deckt (ver­mut­lich weil zwei Links drin­ne waren). 

      Den Punkt, dass die Leu­te, die anders mit Com­pu­tern umge­hen, noch nicht ange­kom­men sind, kann ich nur bedingt tei­len – „grü­nes Urge­stein“ wie z.B. Clau­dia Roth nutzt bei­spiels­wei­se eif­rig (und selbst) Facebook.

    6. Man muss da mei­ne ich die all­seits oft zitier­te Aus­brei­tung bestimm­ter Über­zeu­gun­gen in ande­re Milieus mit betrach­ten. War­um die­se sich ver­brei­tet haben, kann bestimmt jemand ande­res erklä­ren. Die zuneh­men­de Tech­nik­af­fi­ni­tät hängt auch mit dem zuneh­men­den Prag­ma­tis­mus bei den Grü­nen (ein­fach nach­voll­zieh­bar) und einem wahr­schein­lich zuneh­men­den Ermü­dungs­er­schei­nun­gen in dem „Öko-Milieu“ (wäre nach­zu­wei­sen) zusammen.
      Tech­nik­feind­lich­keit geht oft­mals mit einer roman­ti­schen Vor­stel­lung von Natur (als Gut) gegen­über Tech­nik als Schlecht eine Ver­bin­dung ein. Viel­leicht hängt der Wer­te­wan­del mit einer Ent­ro­man­ti­sie­rung (s. vie­le Kata­stro­phen) zusam­men? Denk­bar wäre auch eine unter­schied­li­che Bewer­tung der Tech­no­lo­gien (wie oben ange­spro­chen). Koh­le­kraft­wer­ke wer­den doch mitt­ler­wei­le als ver­al­tet gese­hen und über all bekämpft. Übri­gens: erwar­te Nen­nung auch anonym im Vor­wort der Diss. :-)

    7. @Till: Aus dem Vor­trag von Wau geht ja her­vor, dass die grü­ne Bun­des­tags­frak­ti­on damals zwar Anti­pa­thien gegen­über der Tech­nik hat­te, aber umge­kehrt die Leu­te aus dem CCC-Umfeld eine Affi­ni­tät zu den Grü­nen hat­te. Das wur­de von der grü­nen Bun­des­tags­frak­ti­on halt nur nicht erwidert.

      The­se: Die Grü­nen sind vor allem dadurch tech­nik­af­fi­ner gewor­den, weil für nach­wach­sen­de Par­tei­gän­ger-Gene­ra­tio­nen Mobil­funk und Inter­net selbst­ver­ständ­lich waren. Oder anders gesagt, die Par­tei wur­de von den tech­nik­af­fi­nen Leu­ten unterwandert. ;-)

      Also ein schlich­tes Gene­ra­tio­nen­pro­blem. In den 80ern war ich Schü­ler, und soweit ich mich erin­nern kann, fan­den unse­re Lehrer/innen – weit­ge­hend links-alter­na­tiv ein­ge­stellt – Tech­nik und Com­pu­ter ein­fach nur suspekt und sag­ten dies auch offen. Ich erin­ne­re mich, damals (1988) gab es gera­de den Zwi­schen­fall mit dem neu­en Air­bus A320-100 (Air-France-Flug 296), bei dem das Fly-by-wire Sys­tem die Pilo­ten­feh­ler teil­wei­se kor­ri­giert und damit wohl wei­te­re Tote ver­hin­dert hat. Ich habe des­halb einer Leh­re­rin ent­geg­net, dass Com­pu­ter ja durch­aus Men­schen­le­ben ret­ten kön­nen. Geern­tet habe ich nur Geläch­ter, das hat damals nie­mand begriffen.

      Inzwi­schen gibt es ja eine Men­ge Stu­di­en auch zu den posi­ti­ven öko­lo­gisch-sozia­len Wir­kun­gen der Tech­nik, z.B. die­se hier zur Aus­wir­kung von Mobil­funk auf den Fische­rei­markt in Südindien:

      http://www.spiegel.de/netzwelt/mobil/0,1518,483482,00.html

      In der c’t 21/2008 auf Sei­te 106 war auch mal ein hoch span­nen­der Arti­kel zum Mobil­funk­markt in Afri­ka. Gibt’s lei­der nicht online.

      Und ich den­ke, es ist inzwi­schen so ein biß­chen die Ein­sicht gereift, dass die Tech­nik doch eini­ges Posi­ti­ves bewir­ken kann, wie man sieht eben auch z.B. in der „drit­ten Welt“.

    8. „Las­sen sich »Ökos« 1975 und »Ökos« heu­te über­haupt sinn­voll vergleichen?“
      1975 war der Begriff „Öko“ noch gar nicht eta­bliert, mei­ne ich.

      „Stimmt das über­kom­men­de Kli­schee der »Tech­nik­fein­de«? (vgl. Huber 1989/Technikbilder).“
      Die den Grü­nen lan­ge Zeit (und immer noch) vor­ge­wor­fe­ne „Tech­nik­feind­lich­keit“ ist ein Kampf­be­griff derer, die dazu nei­gen, bestimm­te Tech­ni­ken ohne kri­ti­sches Hin­ter­fra­gen pau­schal als Aus­weis des Fort­schritts gut­zu­hei­ßen. Gera­de beim tech­ni­schen Fetisch Num­mer 1, dem Auto­mo­bil, waren die Umwelt­be­we­gun­gen und die Grü­nen so ziem­lich die ers­te grö­ße­re Grup­pe, die so ein unkri­ti­sches Tech­nik­ver­ständ­nis als falsch erkann­ten. Heu­te sind mir Tei­le der Grü­nen da eher zu tech­nik­gläu­big, wenn zum Bei­spiel eini­ge glau­ben, durch Elek­tro­au­tos lie­ße sich ein Umsteu­ern im Bereich Mobi­li­tät befördern.

      Zu Dei­nem Punkt 4: In den 80ern ging es in zen­tra­len Aus­ein­an­der­set­zun­gen wie etwa um die Volks­zäh­lung dar­um, staat­li­che Angrif­fe auf die Frei­heit des Ein­zel­nen abzu­weh­ren, wobei die Mög­lich­keit der Anwen­dung neu­er tech­ni­scher Metho­den durch staat­li­che Orga­ne beson­de­ren Anlass zur Sor­ge gab. Heu­te ermög­li­chen eini­ge Tech­ni­ken die Behaup­tung und Aus­wei­tung indi­vi­du­el­ler Frei­hei­ten und müs­sen dabei gegen die behörd­li­chen Ver­su­che, hier Ein­schrän­kun­gen vor­zu­neh­men, ver­tei­digt wer­den. Es besteht also gar kein Wider­spruch, solan­ge man sich die bür­ger­recht­li­che Klam­mer vergegenwärtigt.

      1. @Andreas: Darfst du ger­ne – ich mach die Kom­men­ta­re nicht so schnell zu ;-)

        @Kay: Mir geht’s nicht um den Begriff, son­dern um den Lebens­stil. Und Bemü­hun­gen dar­um gab’s ab ca. 1975 durch­aus. (Nur mal so als ein Bei­spiel – die­ses Buch hier, im Ori­gi­nal 1977 erschie­nen). Und da war Tech­nik (und mir geht’s nicht nur um Com­pu­ter) durch­aus – zumin­dest Groß­tech­nik – etwas, was sehr skep­tisch betrach­tet wur­de. Vgl. auch E.F. Schu­ma­cher und L. Mum­ford. Und das für mich span­nen­de ist eben, wie aus einer Bewe­gung, die mit selbst­ge­bas­tel­ten Wind­rä­dern und von Hand zum Woll­wa­schen gebrach­ten Wasch­ma­schi­nen gestar­tet ist, Elek­tro­au­to-Fans und mobi­le Viel­te­le­fo­nie­rerIn­nen wurden.

        @blumentopf: Dan­ke für die Hin­wei­se (gera­de auch beim Mobil­te­le­fon fin­de ich die Debat­te sehr spannend …)

    9. hi till et al.,

      ich habe im vor­spann mei­ner dis­ser­ta­ti­on vor eini­gen jah­ren den ver­such unter­nom­men, die begrif­fe tech­no­phi­lia und tech­no­pho­bia aus­ein­an­der­zu­k­la­mue­sern. denn hin­ter bei­den begrif­fen steckt eine viel­zahl von unter-ideo­lo­gien und dahin­ter jeweils ver­schie­dens­te kraef­te, die teil­wei­se ein (manch­mal auch oeko­no­mi­sches) inter­es­se an der vor­herr­schaft der einen oder der ande­ren welt­sicht haben. lei­der lie­gen die­se argu­men­te nicht in einem arti­kel vor, son­dern nur in mei­nem buch (http://www.earthscan.co.uk/?tabid=250). inhalts­ver­zeich­nis unter (www.brandrg.plus.com/research-diss.htm). sor­ry fuer die scham­lo­se eigen­wer­bung. weil es mir nicht um mei­ne eige­nen oeko­no­mi­schen inter­es­sen geht hier der tip: bibliothek!

      noch wich­ti­ger als die­se ana­ly­se ist mir aber das argu­ment, und die hoff­nung, die­se dicho­to­mie grund­saetz­lich zu ueber­win­den im sin­ne einer freund­li­chen, stra­te­gi­schen „co-evo­lu­ti­on“ zwi­schen tech­ni­schem und sozia­lem wan­del. dar­in ste­cken mei­nes erach­tens enor­me, bis­her unge­nut­ze, nach­hal­tig­keits­po­ten­tia­le, die unter ande­rem desalb nicht aus­ge­schoepft wer­den, weil es eben inter­es­sen gibt, die an der per­p­etu­ie­rung die­ser unglueck­li­chen dicho­to­mie inter­es­siert sind. des­halb mein schlacht­ruf: Stra­te­gic Alli­ances Are More Pro­duc­ti­ve Than Ideo­lo­gi­cal Purity.

    10. @Ralf: Dan­ke für den Hin­weis (gegen Eigen­wer­bung, die was zur Sache tut – und das ist hier ja defi­ni­tiv der Fall – habe ich gar nichts). Ich habe mal die Fern­leih-Mecha­nis­men in Bewe­gung gesetzt.

      Zum Co-Evo­lu­ti­on-Argu­ment: wenn ich dich hier rich­tig ver­ste­he (ohne in das Buch rein­ge­schaut zu haben), dann geht’s dir um eine nor­ma­ti­ve Fun­die­rung einer bestimm­ten Form von sozia­ler Tech­nik­ge­stal­tung, und nicht um die Beob­ach­tung empi­risch vor­find­ba­rer Co-Evo­lu­ti­on (im Sin­ne von Mike Micha­el 2000)?

    11. Ich fin­de Skep­sis neu­em Gegen­über durch­aus nach­hal­tig und die Skep­sis neu­en Tech­no­lo­gien gegen­über – im Sin­ne von Gedan­ken zur Tech­nik­fol­gen­ab­schät­zung – SEHR NOTWENDIG.

      Von daher macht es durch­aus Sinn, das die „Lang­zeit­er­fah­rung“ mit Tech­nik die Bewer­tung ver­än­dert (auch bei Grüns)!

      Und die wei­ter star­ke Ableh­nung von Atom­tech­no­lo­gie (auch deren Erfor­schung), Gen­tech­nik und zum Teil WLan zeigt ja auch, dass grund­sätz­lich die Abwä­gung der Fol­gen bei Grüns wei­ter statt­fin­det. Noch vor eini­gen Jah­ren, hat z.B. die Grü­ne Jugend (ja angeb­lich die Pio­nie­re) auf­grund der unge­klär­ten Strah­len­ge­fah­ren einen Beschluss gegen WLan gefasst!

    12. Es hat ja in der Zwi­schen­zeit auch ein Wan­del des Tech­nik­be­grif­fes statt­ge­fun­den, wozu das kri­ti­sche­re Tech­nik­ver­ständ­nis der neu­en Bewe­gun­gen eini­ges bei­getra­gen hat. Die Erwei­te­rung des Begrif­fes wie­der­um erleich­ter­te einen posi­tiveb Zugang zu Tech­nik an sich.
      Wie­der das Bei­spiel Ver­kehr: Ver­stand man da Tech­nik zunächst als die der Fahr­zeu­ge, ins­be­son­de­re des Stra­ßen­ver­kehrs, wur­de mit der Zeit deut­lich, dass auch Ver­fah­ren zur Fahr­plan­op­ti­mie­rung als tech­ni­sche Lösun­gen zu ver­ste­hen sind. Der ITF als Ziel­ori­en­tie­rung wur­de ja in den 80ern ent­wi­ckelt und fand in den 90ern wei­te Ver­brei­tung (mit allen Män­geln, die vor allem aus einem man­geln­den Ver­ständ­nis für das „I“ her­rüh­ren). Hier stan­den die Grü­nen der ent­spre­chen­den Tech­nik schon früh wesent­lich offe­ner gegen­über als ande­re, und letzt­lich hat mich unter ande­rem die­se Art der Tech­nik­freund­lich­keit der damals noch über­wie­gend ers­ten Grü­nen­ge­ne­ra­ti­on in die Arme der Par­tei getrieben.
      Wei­ter­hin darf man nicht außer acht las­sen, dass bestimm­te For­men der kon­ven­tio­nel­len Tech­nik gera­de in den auf­stre­ben­den Schich­ten als Aus­weis eines geho­be­ne­ren sozia­len Sta­tus betrach­tet wur­den, wes­we­gen gera­de im sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Milieu ein all­ge­mei­nes Unver­ständ­nis für Tech­nik­kri­tik ver­brei­tet war. Auch wie­der am Bei­spiel Ver­kehr: Bei uns hat­te 1968–1974 ein SPD-Bür­ger­meis­ter die Abschaf­fung der Stra­ßen­bahn im Namen des Fort­schritts betrie­ben. Inzwi­schen hat die­ser Affekt auch stark nach­ge­las­sen, weil das Milieu geschrumpft ist.
      Und im zurück­lie­gen­den Bun­des­tags­wahl­kampf (bei mir inzwi­schen aller­dings ganz woan­ders in Deutsch­land) hat sich nie­mand der poten­ti­el­len Wäh­le­rIn­nen nega­tiv dar­über geäu­ßert, dass unse­re Kan­di­da­tin das The­ma Kon­sum­kri­tik in den Vor­der­grund gestellt hat. Das war auch eine Fra­ge der Betrach­tungs­wei­se und Begriffswahl.

    13. @Stefan: mich inter­es­siert dabei (eher sozio­lo­gisch als poli­tisch) die­se Ungleich­zei­tig­keit: Beschluss gegen WLAN, weil Risi­ken unklar – aber gleich­zei­tig ist ein Teil der sel­ben Grup­pe belei­digt, wenn es auf einem Kon­gress kein offe­nes WLAN gibt. Wie kommt das zusam­men, was für Pro­zes­se lau­fen da ab?

      @Kay: Gute Hin­wei­se! „Tech­nik“ ist bei nähe­rem Betrach­ten eh ein ganz und gar nicht ein­fa­cher Begriff, der natür­lich deu­tungs­of­fen ist.

    14. Zur „Tech­nik“ fällt mir nur ein, dass bereits in den 70ern die sog. Ökos Alter­na­ti­ven – auch tech­ni­scher Natur – vorschlugen!

      Lie­ber bezie­he ich mich z.B. auf einen (nicht­grü­nen, aber wohl­ge­son­ne­nen) Vor­schlag vom Brief an den Club of Rome aus dem J. 1995. „Fak­tor Vier – Dop­pel­ter Wohl­stand – hal­bier­ter Natur­ver­brauch“, ISBN auf Anfra­ge. Ja, Ihr alle habt Recht, wenn das nicht aus grü­ner (par­tei­po­li­ti­scher) Rich­tung kam. Für mich war es ein Kick, mich „grün“ ein­zu­brin­gen (zu versuchen). 

      Einen „Öko“ tech­ni­scher Natur mit Idea­lis­mus könnt Ihr alle im Pho­ton 09/2009, S. 138 ff. anschauen.

      Tech­nik an sich ist unver­werf­lich, aber wir alle sind aus­rei­chend intel­li­gent, zu bewer­ten, ob T. heißt: AKW? Fusi­ons­re­ak­tor? PC? Photovoltaik? 

      Oder auch: Opti­mie­run­gen mit­hil­fe techn. Angebote?

    15. Pingback: naturgetr.eu

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