Auf der Suche nach einer Bewegung, die die Welt retten will

The Earth

Irgend­was läuft da schief. Es gibt eine Hand­voll glo­ba­ler Her­aus­for­de­run­gen – die Kli­ma­kri­se, und in deren Schlepp­tau die gan­zen übri­gen Nach­hal­tig­keits­the­men, die auch nicht ein­fach ver­schwun­den sind; neue Aus­beu­tungs­ver­hält­nis­se ganz unter­schied­li­cher Art; einen grund­le­gen­den Wan­del von Wirt­schaft, Arbeit und All­tag durch das Bün­del tech­no­lo­gi­scher Ent­wick­lun­gen, das gemein­hin als „Digi­ta­li­sie­rung“ bezeich­net wird. 

Es ist jetzt nicht so, dass der Instru­men­ten­kas­ten, um die­sen Her­aus­for­de­run­gen zu begeg­nen, völ­lig unbe­kannt wäre. Dem ist nicht so, selbst wenn im Ein­zel­fall umstrit­ten ist, was wo am bes­ten hilft, und wel­che tech­no­lo­gi­schen und sozia­len Inno­va­tio­nen wel­che Fol­gen hät­ten. Aller­dings habe ich mehr und mehr den Ein­druck, dass die­se The­men, glo­bal betrach­tet, ins Hin­ter­tref­fen gera­ten. Wenn der Begriff nicht längst ver­brannt und anders­wei­tig besetzt wäre, wür­de ich mich als besorgt bezeich­nen. (Und nein, es geht nicht um Mora­lis­men und apo­ka­lyp­ti­sches Den­ken – die Pro­ble­me sind kon­kret, die Instru­men­te und Lösungs­ideen sind vor­han­den, nur der Weg von A nach B erscheint der­zeit lei­der zuge­stellt und verbaut.)

Also: gro­ße Her­aus­for­de­run­gen, Lösungs­we­ge, die mehr denn je auf glo­ba­le Zusam­men­ar­beit ange­wie­sen sind, übri­gens auch eini­ge durch­aus erfreu­li­che Ent­wick­lun­gen – und dann: eine welt­po­li­ti­sche Lage, in der Dik­ta­to­ren, Qua­si-Dik­ta­to­ren und reli­giö­se Extremist*innen zuneh­mend die Agen­da bestim­men. Rechts­po­pu­lis­ti­sche Par­tei­en und Bewe­gun­gen fei­ern in ganz Euro­pa Erfol­ge, der Natio­na­lis­mus kehrt zurück (Groß­bri­tan­ni­en!), und in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten steht ein Prä­si­dent zur Wahl, der die Bushs als größ­ten­teils harm­los erschei­nen lässt.

Irgend­wie kommt mir das gan­ze wie ein schlech­tes Ree­nact­ment von Manu­el Cas­tells‘ Infor­ma­ti­ons­zeit­al­ter vor – zehn, zwan­zig Jah­re alte Glo­ba­li­sie­rungs­theo­rie, die genau den jetzt zu beob­ach­ten­den Zusam­men­hang aus Glo­ba­li­sie­rung und Wan­del der Arbeits­welt (und ja, auch ein biss­chen Öko­lo­gie) einer­seits und dem Wie­der­erstar­ken fun­da­men­ta­lis­ti­scher Natio­na­lis­men und Bewe­gun­gen pos­tu­liert, der jetzt zu beob­ach­ten ist. 

Was Cas­tells nicht lie­fert, ist ein poli­ti­sches Rezept. Das gibt es wohl auch nicht. Was zu beob­ach­ten ist, ist eine Repo­li­ti­sie­rung, die nicht nur den Rechts­po­pu­lis­mus und fun­da­men­ta­lis­ti­sche Bewe­gun­gen betrifft. Aller­dings bin ich mir gar nicht so sicher, wie sich Syri­za, Pode­mos, Cor­byn, San­ders und wie sie alle hei­ßen ein­ord­nen las­sen. Da und dort scheint es mir auch bei die­sen Bewe­gun­gen einen gehö­ri­gen Schuss – in dem Fall: lin­ken – Popu­lis­mus zu geben, zudem einen Bezug eher auf den jewei­li­gen Natio­nal­staat denn auf die glo­ba­le Are­na. Ste­hen die­se auf der Sei­te der­je­ni­gen, die nach Lösun­gen der oben skiz­zier­ten Her­aus­for­de­run­gen suchen, oder sind es Wel­len­rei­ter, die ver­su­chen, über­hol­te Ideo­lo­gien anschluss­fä­hig an eine jun­ge Gene­ra­ti­on zu machen?

Mir fehlt eine brei­te – von mir aus: links­li­be­ra­le – Bewe­gung der „Mode­ra­ten“: prag­ma­tisch, dis­kus­si­ons­freu­dig statt vor­fest­ge­legt (also bereit, Gewiss­hei­ten auch wie­der auf­zu­lö­sen und in Fra­ge zu stel­len, statt sich in ein­mal gefun­de­ne Wahr­hei­ten zu ver­beis­sen), lösungs­ori­en­tiert, aber nicht tech­no­kra­tisch (auch nicht in der neus­ten Spiel­art des Sili­con-Val­ley-Solu­tio­nis­mus), mit glo­ba­lem und nicht mit natio­na­lem Bezugs­punkt, aber auch im Bewusst­sein, dass die Her­aus­for­de­run­gen, vor denen wir ste­hen, tat­säch­lich exis­tie­ren und mit einer gewis­sen Dring­lich­keit gelöst wer­den müs­sen – ohne dabei die Men­schen­rech­te und die Demo­kra­tie in Fra­ge zu stel­len, son­dern genau auf deren Basis.

Den einen oder ande­ren Ansatz für eine sol­che Bewe­gung, für ein sol­ches Bünd­nis sehe ich durch­aus, übri­gens auch und gera­de im grü­nen Kon­text. Ob das reicht, auch hin­sicht­lich der Mög­lich­keit anste­cken­der Begeis­te­rung, weiß ich nicht. Aber ver­su­chen soll­ten wir es.

War­um blog­ge ich das? Um zu sehen, ob ich mit die­ser Gefühls­la­ge allei­ne bin.

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