Kontrovers: Sind Grüne wissenschaftsfeindlich? (Update: Facebook-Gruppe)

Egal, ob Homöo­pa­thie, Mobil­funk oder aktu­ell die von Peter Hett­lichs taz-Bei­trag los­ge­tre­te­ne Debat­te um die bemann­te Raum­fahrt – bei sci­ence­b­logs bekom­me ich immer wie­der, gera­de von Natur­wis­sen­schaft­le­rIn­nen, zu hören, dass Bünd­nis 90/Die Grü­nen ja eigent­lich schon inter­es­sant wären, wäre da nicht die „laten­te Wis­sen­schafts­feind­lich­keit“ und „Irra­tio­na­li­tät“.

Das lie­ße sich jetzt igno­rie­ren, aber gera­de in mei­ner Rol­le als Spre­cher der BAG WHT* ist es mir wich­tig, dem nicht aus­zu­wei­chen. Ich glau­be, es tut uns Grü­nen auch gut, in die­ser Fra­ge offen und ehr­lich zu sein.

Des­we­gen möch­te ich ein­fach mal hier die­se pro­vo­kan­te Fra­ge stel­len – ins­be­son­de­re auch an Mit-Grü­ne: Ist das so? Sind wir eine wis­sen­schafts­feind­li­che Par­tei? Oder ist es manch­mal ein­fach nur schwer ver­mit­tel­bar, wie Ratio­na­li­tät und „Alter­na­tiv­me­di­zin“, For­schungs­för­de­rung und Kri­tik an ein­zel­nen Groß­for­schungs­pro­jek­ten in einer Par­tei zusam­men­ge­hen? Wo sind Grü­ne for­schungs­po­li­tisch rich­tig gut auf­ge­stellt? Wo lie­gen die Schwä­chen ande­rer Par­tei­en? Und wie könn­te es bes­ser werden?

P.S.: Hier die For­schungs-Sei­te der grü­nen Bun­des­tags­frak­ti­on, und hier das Wahl­pro­gramm (ab S. 109 geht’s um Forschung).

Update: Wie unten schon in einem der Kom­men­ta­re geschrie­ben, habe ich als Nukle­us für eine wie auch immer orga­ni­sier­te Ver­net­zung grü­ner Wis­sen­schaft­le­rIn­nen (und Debat­ten über Wahr­heit, Modus 2 und Wis­sen­schaft ;-)) jetzt ein­fach mal eine offe­ne Face­book-Grup­pe „Grü­ne in Hoch­schu­len und For­schungs­ein­rich­tun­gen“ auf­ge­macht. Bin gespannt, ob was dar­aus wird – wer mit­ma­chen möch­te, ist herz­lich dazu ein­ge­la­den, sich dort als Mit­glied ein­zu­tra­gen und zu Wort zu melden.

* Bun­des­ar­beits­ge­mein­schaft Wis­sen­schaft, Hoch­schu­le, Tech­no­lo­gie­po­li­tik von Bünd­nis 90/Die Grü­nen.

59 Antworten auf „Kontrovers: Sind Grüne wissenschaftsfeindlich? (Update: Facebook-Gruppe)“

  1. schwie­rig.
    Die GRÜNEN wur­den expli­zit dazu gegrün­det, um Gren­zen des Fort­schritts auf­zu­zei­gen, in dem kon­kre­ten Fall der Atom­kraft. Ich glau­be in der Zeit kann mensch von Tech­nik­feind­lich­keit sprechen.
    Ande­re The­men werden/wurden ähn­lich kon­ser­va­tiv behan­delt, bei­spiels­wei­se die Gen­tech­nik. Wobei ich dort zwi­schen der grü­nen, grau­en und roten Unter­schei­den würde.
    Aber ich glau­be, die Stim­mung ist mitt­ler­wei­le gekippt, hin zu einem Tech­nik- und Fort­schritts­op­ti­mis­mus, solan­ge er gewis­se Vor­tei­le bie­tet. Jetzt geht es nicht dar­um, gewis­se Tei­le der For­schung zu zu stop­pen, son­dern in nach­hal­ti­ge Bah­nen zu lenken.

  2. Dadurch, dass man das The­ma Umwelt nun mal besetzt, lockt man auch vie­le eso­te­risch ange­hauch­te Men­schen an.
    „Alles, was nicht natur pur ist, kann schon nicht gesund sein“ ist auch weit ver­brei­tet usw.

    Ich sehe auf der einen Sei­te unra­tio­na­le Gründe/Ängste gegen WLAN, Nano­tech­no­lo­gie oder Gentech,
    auf der ande­ren Sei­te unter­stüt­zen wir jedoch auch klar Inno­va­ti­on (in bestimm­ten Berei­chen) und Wis­sen­schafts­feind­lich­keit wird schnell vor­ge­wor­fen, wenn man nicht bedin­gungs­los nur die Chan­cen sieht und die Risi­ken ignoriert…

    einen gene­rel­len Vor­wurf „Wis­sen­schafts­feind­lich­keit“ mag ich mir da nicht gefal­len las­sen, jedoch den­ke ich schon, dass das Durch­schnitts-Mit­glied risi­ko­be­ton­ter der For­schung gegen­über­steht als die Mit­glie­der ande­rer Par­tei­en. Das muss nicht schlimm sein, grad wenn Risi­ken von ande­ren igno­riert wer­den, brauch es schon einen kri­ti­schen Gegenpol.
    Ganz glück­lich bin ich aber nicht damit.

    Ich bin übri­gens schon seit fast 2 Jah­ren der ein­zi­ge stu­den­ti­sche Ver­tre­ter in der Kom­mis­si­on für For­schung an mei­ner Uni, da sich sonst kei­nE Stu­die­ren­deR dafür interessiert…(berührt Stud­e­ie­ren­de in ihrem Stu­di­um eben nicht direkt)…

  3. Ich emp­fin­de vie­le Tei­le der Grü­nen als wis­sen­schafts­feind­lich, bzw. mehr noch wis­sen­schafts­des­in­ter­es­siert. Ich den­ke wie vie­len Men­schen aus­ser­halb des Wis­sen­schafts­be­trie­bes ist vie­len Grü­nen nicht klar was es heißt wis­sen­schaft­lich zu arbei­ten und wel­che Bedeu­tung wis­sen­schaft­li­che Erkent­nis­se haben und wie ihr Genau­ig­keits­wert ein­zu­ord­nen ist. Aber dar­in unter­schei­den sich Grü­ne nicht von ande­ren Parteien.

  4. Jeden­falls sind wir alles ande­re als tech­no­lo­gie­feind­lich: Die ers­te Par­tei mit Inter­net-Par­tei­ta­gen, die ein­zi­ge, die kon­se­quent auf Zukunfts­tech­no­lo­gien setzt, wenn es um Ener­gie geht. Tech­no­lo­gie ent­steht nur auf Grund­la­ge von For­schung, ergo: Grü­ne set­zen auf Wis­sen­schaft – wenn auch nicht auf jede.
    @Paula: Die Igno­ranz beruht auf Gegen­sei­tig­keit, weil gera­de in Deutsch­land die Kul­tur der Wis­sen­schafts­ver­mitt­lung nicht mehr das ist, was sie tat­säch­lich ein­mal war (nach 1860). Die Offen­heit für Wis­sen­schaft und For­schung emp­fin­de ich bei Grü­nen sogar beträcht­lich, ent­schei­dend grö­ßer als bei ande­ren Par­tei­en. Lies ein­fach ein paar LAG und BAG-Beschlüsse.

  5. Das ist aber ja genau das Dilem­ma – die Wahr­neh­mung dürf­te bei vie­len Wis­sen­schaft­le­rIn­nen dem ent­spre­chen, was Pau­la hier schreibt – und der Ver­weis auf die Pro­gram­ma­tik bringt dann zu Tage, dass es neben star­ken wis­sen­schafts­freund­li­chen BAG-Beschlüs­sen und For­schungs­ka­pi­teln eben auch z.B. eine sehr kri­ti­sche Hal­tung gegen­über Mobil­te­le­fo­nie gibt. Fazit: gegen­sei­ti­ges Unver­stan­den­füh­len. Wie kon­struk­tiv damit umge­hen? „Green Sci­en­tists“ als neue Teilorganisation?

  6. Ja aber genau die Dis­so­nanz zwi­schen ver­schie­de­nen Grup­pen ist ja so schwie­rig. Und ich den­ke nicht das eine wei­te­re Grup­pie­rung das Pro­blem löst. Das ist wie bei den Netz­be­grü­nern, die wursch­teln auch vor sich hin und grü­nen und trotz­dem stim­men 15 MdB mit Ent­hal­tung beim Zen­sur­su­la-Gesetz. Wir brau­chen mehr Dia­log, viel­leicht in Work­shops an Par­tei­ta­gen so wie es auch bei der Grü­nen Jugend üblich ist.

  7. Hal­lo,

    dan­ke für den Bei­trag. Ich bin wohl der­je­ni­ge, der die „laten­te Wis­sen­schafts­feind­lich­keit“ in den Raum gewor­fen hat. Mei­ne Erklä­rungs­ver­su­che, dass es wich­tig sei bei der Kri­tik zwi­schen wis­sen­schaft­li­cher Metho­de und wirt­schafts­ge­trie­be­nen Groß­pro­jek­ten zu unter­schei­den wur­de wohl eher als blau­äu­gig und rea­li­täts­fern auf­ge­nom­men. Trotz­dem seh ich eben, gera­de im Bereich Gen­tech­nik die Ten­denz, eine Tech­nik für das ver­ant­wort­lich zu machen was Kon­zer­ne (Mons­an­to…) damit ver­bre­chen. Gera­de in die­sem Zusam­men­hang oft gehör­te Tot­schlag­ar­gu­men­te wie „wir brau­chen schlicht und ein­fach kei­ne grü­ne Gen­tech­nik“ hal­te ich eben für bedenklich.
    Hier wur­de ange­spro­chen, dass Umwelt­the­men eso­te­ri­sches Gedan­ken­gut anlo­cken. Das mag stim­men. Aber sol­ches Gedan­ken­gut von offi­zi­el­ler Sei­te auf der einen und eine „gesun­de Skep­sis“ der wis­sen­schaft­li­chen Metho­de gegen­über auf der ande­ren Sei­te hal­te ich ein­fach für inkon­se­quent. Ich weiß nicht, ob das eine Anbie­de­rung an die eso­te­risch- umwelt­be­wuss­te Frak­ti­on ist oder ehr­li­che Über­zeu­gung, aber in bei­den Fäl­len machen sol­che Mei­nun­gen die hoch­ge­hal­te­ne Skep­sis unglaubwürdig.

    Lie­be Grüße,

    Erik Ruf

  8. @Paula: Soweit ich die Mit­glie­der­struk­tur der Grü­nen ken­ne, gibt es dort – im Ver­gleich zur Bevöl­ke­rung, aber auch im Ver­gleich zu ande­ren Par­tei­en – über­durch­schnitt­lich vie­le aka­de­misch gebil­de­te Men­schen, von denen ver­mut­lich ein gar nicht mal ganz klei­ner Teil auch im Bereich Wis­sen­schaft und For­schung arbeitet. 

    Jetzt gibt es zwar mit Cam­pus­Grün erfolg­rei­che grü­ne Hoch­schul­grup­pen, und mit der BAG Wis­sen­schaft, Hoch­schu­le, Tech­no­lo­gie­po­li­tik und den ent­spre­chen­den LAGen – wo sie exis­tie­ren – „Exper­tIn­nen­zir­kel“ – was es aber nicht gibt, ist eine Ver­net­zung (kann ja erst­mal auch was rein vir­tu­el­les sein) von Wis­sen­schaft­le­rIn­nen bei den Grü­nen. Nor­ma­ler­wei­se wür­de ich jetzt auch nicht unbe­dingt den­ken, dass jede Berufs­grup­pe sowas braucht – aber viel­leicht wäre es gar nicht schlecht, damit Leu­te wie du und div. ande­re (vgl. Face­book-Debat­te zu die­sem Blog­ein­trag) sich nicht als „ein­sam in der Par­tei“ sehen.

    Dass so eine Ver­net­zung nicht alles sein kann, ist mir auch klar – aber wer soll kom­mu­ni­ka­ti­ve Age­bo­te wie Work­shops am Ran­de von Par­tei­ta­gen orga­ni­sie­ren? Und gehen da nicht eh nur die hin, die an der Hoch­schu­le oder in der For­schung sind – wenn’s nicht gera­de ein wis­sen­schaft­li­cher Vor­trag auf dem Par­tei­tag ist, sowas gab’s ja auch schon?

    Nicht zuletzt sehe ich die BAG WHT so ein biß­chen in der Ver­ant­wor­tung für das Ein­bin­den wis­sen­schaft­li­cher Exper­ti­se all­ge­mein in die Par­tei und fra­ge mich, wie das am bes­ten mög­lich ist.

  9. Per­sön­lich bin ich sehr über­rascht vom Vor­wurf der Wis­sen­schafts­feind­lich­keit der Grü­nen. Für mich ste­hen die Grü­nen (gera­de die aktu­el­le BAG-Posi­ti­on) für eine auf­ge­klär­te und trans­dis­zi­pli­nä­re Wis­sen­schaft. Grü­ne Wis­sen­schaft ist eine „Modus‑2“-Wissenschaft, die sich zen­tra­ler gesell­schaft­li­cher Her­aus­for­de­run­gen annimmt, die Tech­nik und Tech­no­lo­gien in ihren gesell­schaft­li­chen Kon­text ein­bet­tet, die in der Wis­sen­schaft unter­schied­li­che Wis­sens­be­stän­de auch jen­seits des eta­blier­ten For­schungs­sys­tems ernst nimmt. Dif­fe­ren­zier­te Tech­no­lo­gie­kri­tik muss Teil eines sol­chen auf­ge­klär­ten Wis­sen­schafts­pro­gram­mes sein. Es erscheint daher sinn­voll, dass die Grünen/Bündnis 90 noch sehr viel pro­ak­ti­ver für sol­che For­men zukunfts­ge­rich­te­ter Wis­sen­schaft ein­tre­ten. Sie wer­den drin­gen­der denn je benötigt.

  10. @Till, dan­ke für den Denk­an­stoß hier.

    Ich fin­de, die­ses Eti­kett soll­ten wir uns nicht anhef­ten las­sen. Die Dis­kus­si­on besteht doch aus zwei Strän­gen: Einer­seits die mora­lisch-ethi­sche Dis­kus­si­on über Wis­sen­schaft: Gibt es Maß­stä­be zur Bewer­tung des Erkennt­nis­in­ter­es­ses der Wis­sen­schaft? Heißt Frei­heit der Wis­sen­schaft, dass es kei­ne Ver­ant­wor­tung der Wis­sen­schaft geben darf? Wenn nein, wie wird die­se Ver­ant­wor­tung imple­men­tiert? Gibt es neben dem Recht auf Wis­sen auch ein Recht auf Nicht­wis­sen? Darf eine Gesell­schaft, die Wis­sen­schaft finan­ziert, Prio­ri­tä­ten set­zen (sie­he Raumfahrt)?

    Und ande­rer­seits die Dis­kus­si­on über grü­ne Eso­te­ri­ker. Die kann man kurz machen. Solan­ge sich Eso­te­rik nicht aufs Pro­gramm aus­wirkt, kann da jeder frei nach Nase. Aber wo ist die Gren­ze zwi­schen Mei­nen und Wissen?

  11. @Uwe: Beim modus 2 wird’s natür­lich erst recht span­nend – der wird ja von Ver­tre­te­rIn­nen har­ter Natur­wis­sen­schaf­ten auch nicht unbe­dingt akzep­tiert, son­dern als eher „eso­te­risch“ ange­se­hen, so jeden­falls mein Eindruck. 

    @Joerg: Rich­tig – es geht um das Ver­hält­nis von Poli­tik als gesell­schaft­li­cher Gestal­tungs­in­stanz und Wis­sen­schaft. Zum zwei­ten Teil der Debat­te muss­te ich lei­der ler­nen, dass das ganz so ein­fach nicht ist. Zumin­dest wer lan­ge genug sucht, fin­det auch in unse­rem Pro­gramm – zum Bei­spiel bei der Fra­ge Homöo­pa­thie im Gesund­heits­teil – „unwis­sen­schaft­li­che“ Ele­men­te. Das kann als Ergeb­nis der Tat­sa­che gese­hen wer­den, dass Bünd­nis 90/Die Grü­nen nach wie vor eine rela­tiv hete­ro­ge­ne „Bünd­nis­par­tei“ sind, und hin­ge­nom­men wer­den – oder wie im ver­link­ten Blog­bei­trag zum Auf­hän­ger einer gro­ßen Par­tei­en­schel­te gemacht werden.

  12. Zum einen: Ist ja immer die Fra­ge, was man unter Wis­sen­schaft ver­steht. Für mich hat Wis­sen­schaft sehr viel mit Skep­sis zu tun – stimmt das über­haupt? kann das funk­tio­nie­ren? könn­te es auch anders sein?
    Die Grü­nen schla­gen sich sicher­lich ver­gleichs­wei­se oft auf die Sei­te des Rest­zwei­fels, der immer noch nicht aus­ge­räumt ist. Das nervt natür­lich den Wis­sen­schaft­ler, des­sen For­schung durch die­se Zwei­fel blo­ckiert wird. Wis­sen­schafts­feind­lich im gene­rel­len Sinn fin­de ich das aber über­haupt nicht.
    Zum ande­ren: Wis­sen­schaft hat ihre Gren­zen, die sich zum Bei­spiel auch aus der Men­schen­wür­de erge­ben. Oder im Bereich der Gen­tech­nik aus einem christ­li­chen Men­schen­bild, das ein der­art fun­da­men­ta­les Her­um­spie­len mit Leben nicht gut­heis­sen kann. In einer plu­ra­lis­ti­schen Gesell­schaft wie der unse­ren sind es nicht nur christ­li­che Begrün­dun­gen, son­dern eben auch „eso­te­ri­sche“, die hier eine deut­li­che Posi­tio­nie­rung nach­sich­zie­hen. Ob es aller­dings bei Grüns mehr Men­schen als in ande­ren Par­tei­en gibt, die aus sol­chen Grün­den bei man­chen Tech­no­lo­gien sehr skep­tisch sind, kann ich nicht einschätzen.

  13. Es geht nicht dar­um, ob sich im Par­tei­pro­gramm unwis­sen­schaft­li­che Tei­le befin­den oder nicht. Es geht ledig­lich dar­um, dass man sich bei einer skep­ti­schen Grund­ein­stel­lung, wie die Grü­nen sie ger­ne hoch­hal­ten, nicht aus­su­chen kann gegen­über was man skep­tisch ist. Man soll­te sein Maß­band auch auf alle Mei­nun­gen in glei­cher Wei­se anwenden.

    @Tim: Ich bin sehr wohl damit ein­ver­stan­den, der Wis­sen­schaft ethi­sche Gren­zen zu set­zen, wie jeder Wis­sen­schaft­ler. Aber trotz­dem fra­ge ich mich wel­che Legi­ti­ma­ti­on eso­te­ri­sche oder christ­li­che Begrün­dun­gen für die­se Gren­zen haben. Das ist genau das was ich mit den unter­schied­li­chen Maß­stä­ben mei­ne. Ein­schät­zung von Risi­kos (als ob Wis­sen­schaft­ler das nicht tun) und Skep­ti­zis­mus in allen Ehren – aber dann gegen­über allen Mei­nun­gen, ob Stamm­zel­len­for­schung, Han­dy­strah­lung oder Gentechnik.

    Und zu den Defi­ni­to­nen von Wis­sen­schaft: Es gibt fak­tisch nur eine und die lebt vom Zweifeln.

  14. @Sentient6 wenn ich allem glei­cher­ma­ßen skep­tisch gegen­über ste­he ist das genau­so dumm wie wenn ich alle Hei­lungs­an­sät­ze glei­cher­ma­ßen zulas­se. Es gibt wis­sen­schaft­li­che Erkennt­nis­se denen man mehr Skep­sis ent­ge­gen­brin­gen muss als ande­ren. Eben­so ist nicht jede Mei­nung nur weil sie jemand hat gleich­wer­tig mit allen ande­ren Mei­nun­gen. Ich glau­be das haben wir Grü­ne schon erkannt, aber es fehlt noch an der Abwä­gung der Mei­nun­gen und das ein­ord­nen in die ver­schie­de­nen Kategorieen.

  15. Hal­lo Till,

    der von Dir ver­link­te Bei­trag macht aus mei­ner Sicht deut­lich, dass es auch dort ums Glau­ben (und um Pole­mik) und nicht ums Wis­sen geht. Das zeigt sich schon bei dem Umgang mit der Aku­punk­tur-Stu­die. Wenn die Metho­de beim Pati­en­ten bes­ser wirkt als her­kömm­li­che Ver­fah­ren und sei es durch einen Pla­ce­bo­ef­fekt und die­ser wis­sen­schaft­lich belegt ist, dann ist es doch nicht unwis­sen­schaft­lich, dar­auf zu behar­ren, dass die­ses Ver­fah­ren von der Kas­se über­nom­men wird.

  16. Nein Jörg, wenn der Pla­ce­bo­ef­fekt bei Akku­punk­tur hilft, dann soll­te der Pla­ce­bo­ef­fekt von der Kas­se bezahlt wer­den und zwar nur in dem Fall wo der Pla­ce­bo­ef­fekt hilft. Es ist falsch, da haben die Kri­ti­ker im ver­link­ten Bei­trag recht, Akku­punk­tur zu för­dern weil sie einen hilf­rei­chen Pla­ce­bo­ef­fekt bei einer (rela­tiv gering­fü­gi­gen) Erkran­kung hat. Sie ist trotz­dem kein Heil­mit­tel dass bei ernst­haf­ten Erkran­kun­gen ein­zu­set­zen ist. Das wäre wie gesagt fahr­läs­sig. Inso­fern ist die Kri­tik an Big­gis Poli­tik rich­tig. Nicht alle Heil­me­tho­den sind gleich geeig­net und das ist unab­hän­gig davon ob das die Pati­en­ten wol­len oder nicht. Aber das ist eine Tan­gen­te auf die wir hier an die­ser Stel­le ver­zich­ten soll­ten. Es geht ja dar­um dass die Grü­nen als wis­sen­schafts­feind­lich gese­hen wer­den die­se „Wenns hilft“ Men­ta­li­tät ist Teil des­sen was dazu bei­trägt. Du lässt doch sicher einem Atom­kraft­be­führ­wor­ter das Argu­ment durch­ge­hen „Wenns Strom macht“. Das der ver­link­te Bei­trag pole­misch ist ist rich­tig aber das heißt nicht dass die Mei­nung da auf Glau­ben fußen. Ich habe das Gefühl dass die Eso­te­ri­ker und Tech­no­lo­gie­s­kep­ti­ker ein­fach lau­ter sind. Ich geh z.B. bei der Mobil­funk­de­bat­te immer aus dem Raum um mich nicht zu ärgern.

    Viel­leicht ist die Grü­ne Wis­sen­schaft­le­rIn­nen Grup­pe doch kei­ne so schlech­te Idee.

  17. Hal­lo Paula,

    es ist voll­kom­men uner­heb­lich wer was sagt. Natür­lich habe ich in der Pra­xis einer Idee gegen­über weni­ger Skep­sis wenn sie ein Nobel­preis­trä­ger von sich gibt, als wenn sie von einer fach­frem­den Per­son kommt. Trotz­dem, wenn die Fak­ten­la­ge dünn ist, dann setzt sich eine Idee nicht durch egal von wem sie kommt. Wenn eine Per­son eine Behaup­tung auf­stellt, die Wis­sen­schaft­lich unter­sucht wer­den kann, dann muss die­se unter­sucht wer­den und dann muss die­se Unter­su­chung voll­kom­men unab­hän­gig davon sein, wer sie auf­ge­stellt hat.
    Inso­fern ist es durch­aus sinn­voll jeder Idee die glei­che Chan­ce zu geben. Was zählt sind Daten und Fak­ten. Ich weiß nicht was dumm dar­an sein soll, eine Idee an der Rea­li­tät zu prü­fen, anstatt sie zu glau­ben oder nicht, je nach­dem wer sie hat­te. Natür­lich muss man man­chen Erkennt­nis­sen gegen­über kri­ti­scher sein als ande­ren. Aber nur, wenn das dahin­ter­ste­hen­de Daten­ma­te­ri­al nicht aus­rei­chend ist, oder schlecht inter­pre­tiert wur­de. Nicht wenn die­se Erkennt­nis­se nicht ins eige­ne Welt­bild pas­sen. Rea­li­ty gives a damn about your beliefs.

    Hier trifft man auch unwei­ger­lich auf den Bereich Alter­na­tiv- bzw. Kom­ple­men­tär­me­di­zin. Und hier muss ich Joerg deut­lich widersprechen:
    Natür­lich muss eine Behand­lung über den Pla­ce­bo­ef­fekt hin­aus hel­fen. Denn wenn sie das nicht tut, dann kann ich ein belie­bi­ges Mit­tel ver­schrei­ben. Das zeigt auch die Stu­die. Wenn es egal ist, ob ich den Pati­en­ten „kor­rekt“ mit Akku­punk­tur behan­del oder ob ich ein­fach die Nadel­sti­che mit Zahn­sto­chern simu­lie­re, dann müss­ten bei­de Ver­fah­ren doch gleich­wer­tig sein, oder? Sie wir­ken ja! Genau­so macht es kei­nen Unter­schied wenn ich jeman­den mit Homöo­pa­thie füt­ter oder mit einer Zucker­ku­gel, sie wir­ken bei­de. Aber bei bei­den For­men wirkt der Pla­ce­bo­ef­fekt (ok, phy­si­ka­lisch Gese­hen SIND sie sogar das Gleiche).

    Genau das ist der Grund, war­um Dop­pel­blind­stu­di­en mit Kon­troll­grup­pe durch­ge­führt wer­den. Um den Pla­ce­bo­ef­fekt her­aus­zu­fil­tern. Der ver­link­te Arti­kel inter­pre­tiert die Stu­die also auf die ein­zig sinn­vol­le Art. Das hat nichts mit Pole­mik oder Glau­ben zu tun.

  18. Sentient6, das war wohl ein Mis­ver­ständ­niss, es klang in mei­nen Ohren so als woll­test du sagen ich sol­le eta­blier­ten gut unter­mau­er­ten Theo­rien genau­so skep­tisch gegen­über­ste­hen wie aus der Luft gegrif­fe­nen The­sen. Da sind wir uns wohl einig dass das nicht so ist. Und wer die Idee bringt und kri­ti­siert ist natür­lich völ­lig unerheblich.

    Aller­dings und das füge ich nur an um den Kom­men­tar-Thread nicht völ­lig fehl zu lei­ten. For­schung muss sich ethi­schen Gren­zen. Das Wohl der Men­schen und aller Spe­zi­en auf unse­rem Pla­ne­ten soll­ten Richt­li­nie sein für die Zie­le die sich For­schung setzt.

  19. Na dann hat sich das ja erledigt. :)

    „For­schung muss sich ethi­schen Grenzen.“

    Da stim­me ich dir zu, habe ich ja auch oben schon geschrie­ben. Nur fin­de ich es falsch, die­se Gren­zen aus Eso­te­rik oder dem christ­li­chen Glau­ben abzuleiten.

    „Das Wohl der Men­schen und aller Spe­zi­en auf unse­rem Pla­ne­ten soll­ten Richt­li­nie sein für die Zie­le die sich For­schung setzt.“

    Auch da stim­me ich dir zu. Aber trotz­dem muss neben­bei noch genug Platz für die Grund­la­gen­for­schung ohne kon­kre­tes Ziel sein. Die­se hat als Haupt­an­trieb die Neu­gier, die Suche nach dem „was unse­re Welt im Inners­ten zusam­men­hält“. Denn man weiß nie, wo die Erkennt­nis­se schlum­mern, die wir zur Ret­tung unse­res Pla­ne­ten brau­chen. Inso­fern ist die ziel­ge­rich­te­te For­schung nicht immer mög­lich. Was nicht heißt, dass sie nicht zusätz­lich zur Grund­la­gen­for­schung betrie­ben wer­den soll­te, klar.

  20. Hal­lo Pau­la, hal­lo Till,
    mir will kein ver­nünf­ti­ger Grund ein­fal­len, war­um Ihr „Wenns hilft“ und „Wenns Strom macht“ in einen Topf werft. Wel­che Ethik soll­te dage­gen spre­chen, die For­schung über die Evi­denz von Metho­den wie der Aku­punk­tur zu fördern?

  21. Jörg, es gab For­schung zur Wirk­sam­keit von Akku­punk­tur die gezeigt haben, dass es aus­schließ­lich ein Pla­ce­bo­ef­fekt ist der wirkt. War­um soll ich tau­send­mal die glei­che Fra­ge stel­len nur weil mir die Ant­wort nicht gefällt?

  22. Rich­tig, wenn die Fra­ge geklärt ist, kann man sich das spa­ren. Aber es ging ja nicht nur um die­se Fra­ge, son­dern um wei­te­re. Was ist eigent­lich Evi­denz? Wie kann man sie mes­sen? Ist es zuläs­sig, von den Effek­ten bei einem Indi­vi­du­um auf eine gan­ze Grup­pe zu schlie­ßen usw.
    Um das noch­mal klar­zu­stel­len: Ich kann mit Kom­ple­men­tär­me­di­zin nichts anfan­gen. Aber ich weh­re mich dage­gen, dass die För­de­rung der Erkennt­nis­se über sol­che Metho­den als unwis­sen­schaft­lich dar­ge­stellt wird. Es scha­det doch nichts, mehr dar­über zu wis­sen. Wel­che Büch­se der Pan­do­ra wird dadurch aufgemacht?

  23. @Joerg: bin da selbst eher unent­schie­den (einer­seits pro Auf­klä­rung, ande­rer­seits genü­gend Sozi­al­kon­struk­ti­vist, um zu wis­sen, dass auch wis­sen­schaft­li­ches Wis­sen weni­ger fest ist es als ger­ne scheint), hat­te den Link und das The­ma Homöopathie/Alternativmedizin eher als typi­sches Bei­spiel dafür auf­ge­führt, wo grü­ne Pro­gram­ma­tik und „har­te“ Wis­sen­schaft­lich­keit – wie sie hier Pau­la ver­tritt – auf­ein­an­der­pral­len. Und wo es in der Debat­te in bei­de Rich­tun­gen (mit über­zeug­ten Homöo­pa­thie-Gläu­bi­gen eben­so wie mit über­zeug­ten Wis­sen­schafts­gläu­bi­gen) dann rich­tig heiß her­geht, und ein „offen für alles“ argu­men­ta­tiv nicht mehr gut geht.

  24. Öhm. Die wis­sen­schaft­li­che Metho­de legt ziem­lich genau fest, dass die Effek­te bei einem Indi­vi­du­um nicht als zuläs­si­ge Evi­denz gel­ten für eine Grup­pe. Und mes­sen kann man sie an den Dop­pel­blind­stan­dards die es in der medi­zi­ni­schen For­schung gibt. Die­se Fra­gen hier auf­zu­wer­fen ver­schlei­ert das eigent­li­che Pro­blem und hal­te ich für fatal im Dis­kurs dar­um wie wir Wis­sen­schafts­po­li­tik betrei­ben. Wie man gesi­cher­te Erkent­nis­se über medi­zi­ni­sche Metho­den gewinnt ist klar, die For­de­rung ist nun, dass sich bis­her nur durch Tra­di­tio­nen oder eso­te­ri­sche Grup­pie­run­gen ver­brei­te­te Metho­den die­sen Unter­su­chun­gen stel­len. Soll­te sich wider­er­war­ten erge­ben dass sie funk­tio­nie­ren. Pri­ma! Soll­te sich her­aus­stel­len, dass sie bes­ser funk­tio­ni­ern als bis­her eta­blier­te Metho­den, oder soll­ten sie sonst Vor­tei­le haben dann bin ich dafür dass sie ihren fes­ten Platz an vor­ders­ter Front der Behand­lung haben. Dann gehen sie aber auch in den Kanon der klas­si­schen Medi­zin über.

    Bis­her wird aber gefor­dert dass „alter­na­ti­ve“ Medizin/Behandlung von Kran­ken­kas­sen über­nom­men wird ohne Hin­wei­se dass es mehr als Pla­ce­bo­ef­fekt ist, bzw. mit ein­deu­ti­gen Gegen­be­wei­sen. Dass da der Vor­wurf wir sei­en wis­sen­schafts­feind­lich nicht weit ist, ist ver­ständ­lich. Und die Idee, dass man das bezah­len müße weil vie­le Men­schen in der BEvöl­ke­rung das wol­len ist so als wür­de man die Kos­ten für die Bild­zei­tun­gen über­neh­men weil vie­le Men­schen das lesen.

    Ich glau­be ja nicht, das Wis­sen­schafts­kri­tik kei­nen Platz in der Gesell­schaft hat, immer­hin kön­nen wir Ergeb­nis­se nur aus unse­rer eige­nen Erfah­rung her­aus beur­tei­len, aber nur weil das so ist muss ich nicht alle Wis­sen­schaft anzwei­feln, so wie es man­che Eso­te­ri­ker tun.

  25. Um mal zum ursprüng­li­chen The­ma zurück­zu­kom­men, ich glau­be nicht, dass „Die Grü­nen“ per se Wis­sen­schafts­feind­lich sind. Das Pro­blem ist viel­mehr, dass es ein­zel­ne oder Grup­pen gibt, die sys­te­ma­tisch anti­wis­sen­schaft­li­che und pseu­do­wis­sen­schaft­li­che Ideen laut­stark ver­tre­ten, ohne dass im Ernst­fall aus den eige­nen Rei­hen Wider­spruch kommt. 

    Da ent­steht halt der Ein­druck, dass schlicht ein gro­ßer Teil der schwei­gen­den Mehr­heit bei­fäl­lig nickt. Es sind eben nicht irgend­wel­che Pro­gram­me und Beschlüs­se, die das Bild einer Par­tei prägen.

    Ich bin auf jeden Fall gespannt, ob sol­che Initia­ti­ven zukünf­tig einen sicht­ba­ren Effekt haben.

  26. Ah! Also ich bin ja zum har­ten Wissenschafts„glauben“ erzo­gen wor­den und es war qua­si eine Offen­bah­rung als ich vor 2 Jah­ren ver­stan­den habe das und wie Wis­sen kon­stru­iert wird. Es hat eine Lücke in mei­nem Sys­tem gefüllt die da war aber die ich nicht beschrei­ben konnte. 

    Wenn in einem Pro­gramm die Sät­ze „man habe noch kei­ne Wis­sen dar­über ob Strah­lung von Sen­de­mas­ten gefähr­lich sei“ und „aber man küm­me­re sich auch um Strah­lungs­sen­si­ble Mit­bür­ger“ neben­ein­an­der ste­hen, dann stinkt das nach Hum­bug, auch wenn es als „offen für alles“ gemeint ist. 

    Ins­ge­samt sind so vie­le Grü­ne Wis­sen­schaft­le­rIn­nen oder als sol­che gebil­det, dass ich nicht glau­be, dass die Gefahr besteht von irrea­len Glau­bens­wel­ten über­wäl­tigt zu wer­den, aber ich den­ke es ist gut das immer wie­der zu thematisieren.

  27. Hal­lo Pau­la, kei­ne Angst, ich will mich nicht an Dir abar­bei­ten. Auch mir stinkt es, wenn man sich bei bestimm­ten eso­te­ri­schen Grüpp­chen anbie­dert. Aber eine klei­ne Spit­ze sei mir noch erlaubt: Du kri­ti­sierst Aus­sa­gen, dass man noch nicht wis­se, ob Mobil­funk­strah­lung gefähr­lich sei. Was ist dar­an aus­zu­set­zen? Natür­lich weiß man das noch nicht. Man weiß nur von auf­fäl­li­gen Zell­ak­ti­vi­tä­ten. Ob das auf län­ge­re Sicht gefähr­lich oder harm­los ist weiß bis­lang kein Mensch.

  28. Ich hab mir auch mal paar Gedan­ken gemacht. Die Lang­form auf mei­nem neu­en Blog, die Kurz­form hier:
    Ich und die Grü­nen sehen den Ein­satz diver­ser Tech­no­lo­gien sehr kri­tisch, ins­be­son­de­re wenn davon ein gro­ßes Risi­ko aus­geht. Ech­te Wis­sen­schaft (im Labor) die qua­si der Bevöl­ke­rung nicht scha­det, ist ganz anders einzuschätzen.

  29. @christian
    labo­re sind eben­so unsi­cher wie akws. der mensch­li­che fak­tor. inso­fern bin ich durch­aus dafür man­che din­ge nicht ein­mal im labor zu machen.
    @paula
    „Wie man gesi­cher­te Erkent­nis­se über medi­zi­ni­sche Metho­den gewinnt ist klar, die For­de­rung ist nun, dass sich bis­her nur durch Tra­di­tio­nen oder eso­te­ri­sche Grup­pie­run­gen ver­brei­te­te Metho­den die­sen Unter­su­chun­gen stellen.“
    ich habe aus prin­zi­pi­el­len grün­den pro­ble­me mit der zur zeit ange­wand­ten metho­de, angeb­lich gesi­cher­te erkennt­nis­se über medi­zi­ni­sche metho­den zu bekom­men. oder genau­er for­mu­liert: ich fin­de es schwie­rig, hier von gesi­cher­ten erkennt­nis­sen zu spre­chen. mei­nes erach­tens blei­ben viel zu wenig varia­blen berück­sich­tigt, die ange­wand­ten model­le sind in der regel nicht kom­plex genug, um wirk­lich­keit auch nur annä­hernd abzu­bil­den. com­or­bi­di­tä­ten, sozia­le para­me­ter, bio­gra­phi­sche para­me­ter blei­ben in aller regel aus­ge­blen­det, wenn dop­pel­blind­stu­di­en gemacht werden.
    das ändert nichts dar­an, dass ich einen groß­teil von alter­na­tiv­me­di­zi­ni­schen metho­den für hum­bug hal­te und dop­pel­blind­stu­di­en immer noch bes­ser sind als gar­nichts. die schul­me­di­zin hat aber der alter­na­tiv­me­di­zin vor­aus, dass sie plau­si­bel ist. eine – für mich als che­mi­ker – nach­voll­zieh­ba­ren wirk­me­cha­nis­mus für bach­blü­ten oder homöo­pa­thi­sche mit­tel­chen ist mir jeden­falls bis­lang noch nicht untergekommen.

  30. @Sentient6 Dan­ke.
    @Jörg ich kri­ti­sier nicht die­se Aus­sa­ge, son­dern dass im nächs­ten Satz die Grup­pe „Strah­lungs­sen­si­bler Men­schen“ beschwich­tigt wird. Wenn man sagt man weiß nicht ob Schä­den ent­ste­hen, dann kann man nicht sagen es gibt strah­lungs­sen­si­ble Men­schen. Das woll­te ich kri­ti­sie­ren, war aber schon spät ;)
    @Tim seh ich auch so. Aber bes­ser Mit­tel­mä­ßi­ge Metho­den zum tes­ten als nur Glauben.

    Guten Mor­gen übrigens :)

  31. @Tim, ja ich gebe dir recht, aber ich woll­te da die Tren­nung zwi­schen Wis­sen­schaft und dem Ein­satz von halbaus­ge­reif­ten Tech­no­lo­gien beto­nen. Klar, es gibt Sachen, die unethisch oder auch im Labor sehr gefähr­lich sind. Die sehe ich auch kritisch. 

    Aber zum Bei­spiel im Bereich Gen­tech­nik sind Labor­ar­bei­ten ganz anders zu bewer­ten als Frei­land­ver­su­che und Anbau von Gen-Mais. Beim Anbau dient dann qua­si die Welt­be­völ­ke­rung als Versuchskaninchen. 

    Klar kann man sich auch über die Labor­ver­su­che strei­ten, aber man muss auch mal sehen, was wirk­lich wie gefähr­lich ist. Die typi­sche Kos­ten-Nut­zen-Abwä­gung halt ;-)

  32. Um noch eimal auf die Aus­gangs­fra­ge zurückzukommen:
    Wenn ich mir die Anfän­ge der Grü­nen anse­he, dann herrsch­te dort eine mas­si­ve Tech­no­lo­gie­kri­tik: ange­fan­gen bei der Atom­kraft, der Gerä­te­me­di­zin und der indus­tria­li­sier­ten Land­wirt­schaft bis hin zum PC (vgl. Bun­des­pro­gramm 1980). In der Kri­tik domi­nier­te zumeist ein Bild, es wäre bes­ser, wenn die­se tech­no­lo­gi­schen Ent­wick­lun­gen wie­der zurück­ge­dreht wer­den wür­den – im Sin­ne von: es ging doch auch ohne.
    Was aber schon für 1980 nicht gilt, ist die Annah­me, die Grü­nen sei­en pau­schal wis­sen­schafts­kri­tisch. Denn die Kri­tik z.B. an der Atom­kraft stütz­ten sich auch 1980 schon auf wis­sen­schaft­li­che Exper­ti­se und kri­ti­sche WissenschaftlerInnen.
    Geän­dert hat sich m.E. seit­dem – zumin­dest in den größ­ten Tei­len der grü­nen Anhän­ger­schaft – das Ver­hält­nis zu Tech­no­lo­gie und zur tech­no­lo­gi­schen Ent­wick­lung. Denn neue Tech­no­lo­gien wer­den nicht mehr nur als Pro­blem, son­dern auch als (sicher kri­tisch zu dis­ku­tie­ren­de) Chan­ce zur Pro­blem­lö­sung ange­se­hen. Bes­tes Bei­spiel sind wohl die erneu­er­ba­ren Ener­gien, die Wind­kraft, die Solar­tech­nik. Die­ses neue Ver­hält­nis zu Tech­no­lo­gie zeigt sich auch an der grü­nen Offen­heit ins­be­son­de­re für Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­no­lo­gien. Auch hier wer­den stär­ker die Chan­cen des Wan­dels betont (zur Ver­net­zung, zur demo­kra­ti­schen Wil­lens­bil­dung etc.) als die Sor­ge um den Ver­lust gewohn­ter Umgangsweisen.
    Und noch ein letz­ter Gedan­ke: Jede Par­tei hat ihre Prio­ri­tä­ten in der tech­no­lo­gi­schen Ent­wick­lung, das zeigt schon allei­ne die Ver­tei­lung des For­schungs­bud­gets. Aber auch z.B. der Aus­bau der Stra­ßen statt der Eisen­bahn kommt einer gesell­schaft­li­chen Steue­rung der For­schungs­ka­pa­zi­tä­ten gleich. Die Frei­heit der For­schung ist nicht ein­fach da, wenn der Staat sich mög­lichst gar nicht ein­mischt. Auch die Frei­heit der For­schung muss aktiv her­ge­stellt werden.

  33. Ich bin kein Grü­ner, aber Öko. Die Fra­ge ist aber mei­ner Mei­nung nach ein­fach falsch rum gestellt. Wie kommt es, dass Wis­sen­schaft­ler glau­ben die Weis­heit mit Löf­feln gefres­sen zu haben?

    Grüne/Ökos sind nicht wis­sen­schafts­feind­lich, aber sie haben erkannt, dass „die Wis­sen­schaft“ ein­fach enorm vie­le Lücken auf­weist. Des­we­gen darf man sie nicht zu ernst neh­men. Es genügt ein­fach mal 10 Jah­re zu war­ten und man darf unge­straft jeden For­scher aus­la­chen, was er heu­te für einen Blöd­sinn erzählt. Oder man guckt ein­fach mal, was vor eini­gen Jah­ren als „wis­sen­schaft­li­cher Stand“ galt. Das ist viel­fach überholt. 

    Wären For­scher ehr­lich, und wür­den öfter mal sagen, dass sie schlicht kei­ne Ahnung haben, dann könn­te man ihnen mehr glau­ben. So wun­dert es mich nicht, wenn selbst den­ken­de Men­schen erst mal skep­tisch sind. 

    Ich blog­ge stän­dig über neue For­schungs­er­geb­nis­se aus dem Bereich Ernäh­rung. Dabei wider­spre­chen sich die Wis­sen­schaft­ler stän­dig selbst. Bin ich wis­sen­schafts­feind­lich wenn ich das trotz­dem blogge?

  34. @Horst: Ich fin­de dei­nen Bei­trag doof. Du scheinst die Kom­men­ta­re vor dei­nem nicht gele­sen zu haben, sonst wüss­test du, dass hier kei­ner pau­schal Wis­sen­schaft­ler als Göt­ter oder Halb­göt­ter posi­tio­niert. Dei­ne Pole­mik ist… naja… pole­misch. Die meis­ten hier haben sich bemüht eben das zu ver­mei­den. Ich wün­sche mir dass du es eben­so hältst.

    Wis­sen­schaft­le­rIn­nen sind Men­schen mit einem begren­ze­ten Kon­text der sich aus ihren Erfah­run­gen zusam­men­setzt. Wis­sen­schaft hin­ge­gen ist eine Metho­de um Wis­sen zu erfor­schen und rigo­ros zu prü­fen. Als sol­che ist die­se Metho­de anfäl­lig für Feh­ler durch den Nut­zer. Aller­dings ist eine Metho­de die ab und zu Feh­ler macht bes­ser als gar kei­ne Metho­de son­dern purer Glaube.

    Ich möch­te eben­so vehe­ment wider­spre­chen dass sich die For­schung alle zehn Jah­re sel­ber über­holt. Gra­vi­ta­ti­on wird heu­te immer noch so erklärt wie es einst New­ton tat, Aspi­rin wird seit eh und je nach der glei­chen Metho­de syn­the­ti­siert und so gibt es vie­le wei­te­re Bei­spie­le. Dar­über hin­aus gibt es auch Theo­rien die nach eini­ger Zeit über­wor­fen wur­den weil ein ande­res Modell die Fun­de und Ergeb­nis­se der Unter­su­chun­gen bes­ser erklärt, so war es zum Bei­spiel mit dem geo­zen­tri­schen und dem helio­zen­tri­schen Welt­bild. Nichts­des­to­trotz geht die Son­ne jeden Mor­gen im Osten auf. 

    Wis­sen­schaft, es ist eine Metho­de, weißt kei­ne Lücken auf, son­dern unser Wis­sen und des­halb for­schen wir wei­ter um die­se Lücken zu schlie­ßen. Dass alles was heu­te erzählt wird in zehn Jah­ren über­holt ist ist Unfug, schlicht und ergrei­fend. Mei­ne Reak­tio­nen die ich erfor­sche wer­den in zehn Jah­ren immer noch so ablau­fen, viel­leicht habe ich aber dann eine ande­re Begrün­dung warum.

    Das For­scher nicht stän­dig sagen dass sie nicht genau wis­sen wie das zusam­men hängt, son­dern ver­su­chen ihre Ergeb­nis­se mög­lichst spek­ta­ku­lär klin­gen zu las­sen hängt viel damit zusam­men wie For­schungs­gel­der ver­teilt wer­den. Das zu ände­ren ist Auf­ga­be der Wis­sen­schafts­po­li­tik. Dazu kommt das Uni­ver­si­täts­pres­se­mit­tei­lun­gen die Ergeb­nis­se noch­mal ver­schlei­ern und Medi­en die die­se auf­grei­fen sie noch ein­mal misrepräsentieren. 

    Gera­de im Bereich Ernäh­rung wird in der Tat viel Hum­bug kol­por­tiert, aller­dings kann man dar­aus nicht Wis­sen­schaft im all­ge­mei­nen schlie­ßen. Zudem lohnt es immer die ori­gi­nal Lite­ra­tur zu lesen und zu schau­en wer die For­schung finan­ziert hat. Wie gesagt: Wis­sen­schaft­ler sind auch nur Men­schen, das stellt aber die Wis­sen­schaft an sich nicht in Frage.

    Eben sol­che Äuße­run­gen brin­gen Grü­ne und Ökos in veruf Wis­sen­schafts­fein­de zu sein. Das ist scha­de und ich bit­te dich dei­ne Äuße­run­gen zu über­den­ken und etwas zu differenzieren.

  35. Erwischt. Die Kom­men­ta­re oben habe ich nicht gele­sen. Aber diver­se Ver­ball­hor­nun­gen alter­na­ti­ver Ansich­ten in den Sci­ence­b­logs. Lei­der fin­de ich gera­de nicht die Stel­len. Zumin­dest im letz­ten Pod­cast erzählt Tho­mas Wann­hof davon, dass man „Unkraut“ statt Gen­pflan­zen aus­rei­sen soll­te. Sor­ry, aber da darf man sich doch aufregen.
    Wobei ich gegen Tho­mas nichts habe und auch sei­nen WWWW-Pod­cast immer höre. Ist ja nicht so, dass ich Vor­ur­tei­le gegen Wis­sen­schaft hät­te. Ich infor­mie­re mich da ja auch ziem­lich stark. Nur fin­de ich Wis­sen­schaft­ler, die sich ein­bil­den, nur sie hät­ten Recht, ein­fach furcht­bar. Selbst­ver­ständ­lich gibt es Ausnahmen. 

    Was ich sagen woll­te, ist ja auch nicht „Wis­sen­schaft­ler sind böse“, son­dern „Wis­sen­schaft­ler haben oft ein Pro­blem mit alter­na­ti­ven Ansich­ten“. Das kommt mei­ner Ansicht öfter vor, als die Fra­ge im Titel die­ses Blogposts.

    Und natür­lich gibt es auch unter Ökos Spin­ner. Ich will ja nicht mal aus­schlie­ßen, dass ich einer bin. 8-)

  36. Ich wür­de er sagen die Wis­sen­schaft­le­rIn­nen die sich ein­bil­den nur sie hät­ten Recht sind die Aus­nah­me. Im all­ge­mei­nen ist das Wis­sen­schafts­ge­schäft sehr ernüch­ternd und wenn man nicht mit einem gewis­sen Maß an Demut da ran geht zer­schellt man ziem­lich schnell an den Fehl­schlä­gen. Öffent­lich prä­sen­te Wis­sen­schaft­le­rIn­nen sind da eine ganz anders zusam­men gesetz­te Grup­pe, da mag es viel Über­heb­lich­keit geben. Da Wis­sen­schaft von alter­na­ti­ven Ansich­ten lebt wür­de ich dei­ne Behaup­tung so umfor­mu­lie­ren, dass „Wis­sen­schaft­ler oft ein Pro­blem mit alter­na­ti­ven Ansich­ten haben die nicht durch Indi­zi­en belegt sind oder durch sie eine gewis­se Wahr­schein­lich­keit erhalten.“

    Ps. Wir sind hier nicht bei Scienceblogs ;)

  37. Dan­ke an Pau­la für die Dif­fe­ren­zie­run­gen und die kla­ren Aus­sa­gen zu den ‚Anrei­zen‘ im Wis­sen­schafts­sys­tem, mög­lichst spek­ta­ku­lär zu sein. Über­haupt, Till, dan­ke für die­se Debatte!

    Ohne eine Dis­kus­si­on über Alter­na­ti­ven – ob bei der For­mu­lie­rung von Unter­su­chungs­fra­gen oder der Inter­pre­ta­ti­on von Daten – kann Wis­sen­schaft nicht funk­tio­nie­ren. Wis­sen­schaft, oder das, was wir für Erkennt­nis hal­ten als Ergeb­nis von Wis­sen­schaft, ist dis­kur­siv kon­stru­iert. Mir sind bis­lang wenig Wis­sen­schaft­le­rIn­nen begeg­net, die ein Pro­blem mit kri­ti­schem Nach­fra­gen und ggfs. dem Benen­nen von Alter­na­ti­ven hät­ten. Pro­ble­me der exklu­die­ren­den Schu­len­bil­dung und von wis­sen­schaft­li­chen Seil­schaf­ten sowie das Pro­blem, dass inner­wis­sen­schaft­li­che Hier­ar­chien nicht nur Leu­te über- und unter­ord­nen, son­dern auch ihre Ideen, las­se ich jetzt mal hier weg… 

    @ Horst: Natür­lich weist unser Wis­sen Lücken auf – sonst wären wir ja fer­tig mit dem For­schen an und für sich. Das wäre 1. lang­wei­lig und 2. Sta­gna­ti­on des Den­kens und Dis­ku­tie­rens. Kei­ne beson­ders sym­pa­thi­sche Vorstellung.

    Aber das jetzt ein­mal bei Sei­te las­send und zur Aus­gangs­fra­ge zurück – und eine Fra­ge dazu: Was genau ist Wis­sen­schafts­feind­lich­keit? Und nei­gen GRÜNE beson­ders dazu? Ich fin­de Frie­ders Bei­trag dazu erst ein­mal rich­tig: Eine (über-?)kritische Posi­ti­on zu Tech­no­lo­gien ist nicht per se wis­sen­schafts­feind­lich. Wis­sen­schaft ist mehr als nur tech­no­lo­gie­ori­en­tiert. Was wir (sage ich jetzt mal ganz frech) jedoch ableh­nen, ist das vie­ler­orts ver­brei­te­te Pos­tu­lat von der Wert­frei­heit der Wissenschaft(en). Das mag eine typisch GRÜNE Eigen­schaft sein, Bele­ge jen­seits eines Bauch­ge­füh­les kann ich dazu aller­dings nicht beibringen. 

    Im Gegen­teil erle­be ich übri­gens oft ein gna­den­los unkri­ti­sches Ver­hält­nis zu Wis­sen­schaft, gepaart mit nai­ven Vor­stel­lun­gen über ihre Arbeits- und Pro­duk­ti­ons­rea­li­tä­ten in der Par­tei, wenn „Stadt des Wis­sens“ so in etwa der höchs­te Ehren­ti­tel ist, den man für sich in Anspruch neh­men möch­te, alles nur noch nach der magi­schen Kraft der Wis­sens- und Wis­sen­schafts­ge­sell­schaft schielt, die uns einen Aus­weg ermög­licht, und ins­be­son­de­re Uni­ver­si­tä­ten für einen Ort gehal­ten wer­den, die, wenn man sie und ihre Insas­sen von der Hoch­schul­leh­re­rIn bis zur Stu­den­tIn nur rich­tig dazu ermuntert/anreizt, min­des­tens das Kli­ma ret­ten kön­nen und den Welt­frie­den schaffen. 

    Bei GRÜNs tref­fen so eine Grund­hal­tung der Vor­sicht und der Zuwei­sung von Ver­ant­wor­tung an jedeN ein­zel­neN Wis­sen­schaft­le­rIn wie das Gesamt­sys­tem einer­seits, und eine nai­ve Sehn­sucht nach der posi­ti­ven, fast schon magi­schen Kraft von ‚Inno­va­ti­on‘ und ‚Wis­sen­schaft‘ auf­ein­an­der. GRÜNE Wis­sen­schafts­po­li­tik muss sich mit bei­dem aus­ein­an­der set­zen – denn auch das in mei­nen Augen wich­ti­ge und posi­ti­ve Zuwei­sen von Ver­ant­wor­tung und Ableh­nen der fixen Idee einer Wert­frei­heit kann genau­so ins extre­me kip­pen und zu unsin­ni­gen Aus­wüch­sen fühen, wie ich das für die Inno­va­tions-Lieb­ha­be­rIn­nen oben über­spitzt dar­ge­stellt habe. Wie weit kann man für eine neue Tech­no­lo­gie oder Anwen­dung im Vor­hin­ein im wis­sen­schaft­li­che Sin­ne ‚bewei­sen‘, dass sie unschäd­lich ist (und was ist ‚unschäd­lich in die­sem Fall)? Da sind wir dann bei den Aus­ein­an­der­set­zun­gen um Han­dy­strah­lung und Frei­land­ver­su­che mit gen­tech­nisch ver­än­der­tem Mais. Die­se Aus­ein­an­der­set­zun­gen füh­ren, und hier eine kla­re Posi­ti­on fin­den, hal­ten und ggfs. wei­ter­ent­wi­ckeln, wenn es sinn­voll ist, ist der ein­zi­ge Weg, weg zu kom­men von dem Bauch­ge­fühl-Vor­wirtf der laten­ten Wis­sen­schafts­feind­lich­keit (ich begeg­ne übri­gens auch oft Leu­ten, die glau­ben, dass bei den GRÜNEN alle Män­ner Socken stri­cken, auch so ein Bauch­ge­fühl-Vor­ur­teil, das sich hält).

    Wir haben vie­le Wis­sen­schaft­le­rIn­nen in unse­ren Rei­hen. Deren Exper­ti­se ein­bin­den und nut­zen, wäre sinn­voll, geschieht ja auch durch­aus. GRÜNE Wis­sen­schafts­po­li­tik und die BAG Wis­sen­schaft, Hoch­schu­le, Tech­no­lo­gie sind in mei­nen Augen aller­dings nicht das inner­par­tei­li­che Erklär-Bär-Modul zum bes­se­ren Durch­drin­gen von gesell­schaft­li­chen Pro­blem­la­gen. Die BAG kann und muss immer wie­der – ger­ne auch exem­pla­risch an aktu­el­len hei­ßen The­men – die Fra­ge auf­grei­fen, was Ver­ant­wor­tung in der Wis­sen­schaft heißt. Denn dar­aus lei­tet sich direkt ab, nach wel­chen Regeln Wis­sen­schaft funk­tio­nie­ren soll, wie Wis­sen­schaft und ihre Insti­tu­tio­nen gesteu­ert wer­den und sich selbst steu­ern sol­len. Das ist dann eine Auf­ga­be für Wissenschaftspolitik. 

    Der Vor­stel­lung, wir sei­en wis­sen­schafts­feind­lich, kann eigent­lich nur durch Kom­pe­tenz und kla­re Argu­men­ta­ti­on ent­ge­gen­ge­tre­ten wer­den. Die Ein­bin­dung von wis­sen­schaft­li­cher Exper­ti­se in unse­re Posi­ti­ons­fin­dun­gen ist eine die­ser heiß gelieb­ten „Quer­schnitts­auf­ga­ben“, das müss­te eigent­lich über­all geschehen… 

    Was ich ein inter­es­san­tes The­ma aller­dings in die­sem Zusam­men­hang auch für die BAG fän­de, wäre die Aus­ein­an­der­set­zung mit der öffent­li­chen Dar­stel­lung und Ver­mitt­lung von Wis­sen­schaft und ihren Ergeb­nis­sen – auch aus den oben von Pau­la genann­ten Grün­den. Denn was in der brei­ten Öffent­lich­keit ankommt, hat oft nicht mehr viel mit der sehr dif­fe­ren­zier­ten Arbeit der Wis­sen­schaft­le­rIn­nen und ihren Pro­jek­ten zu tun, und schürt sowohl nai­ve Sehn­süch­te als auch Bauch­ge­fühl-gespeis­te Abwehr gegen­über nicht ver­stan­de­nem (auch eine ganz gesun­de Regung manchmal).

    Anja Schillhan­eck
    Wis­sen­schafts­po­li­ti­ke­rin, Wis­sen­schaft­le­rin, Tills Co-Spre­che­rin in der BAG

  38. Hal­lo,
    herz­lich will­kom­men auf dem Weg zur Wirk­lich­keit. Der Weg ist stei­nig, aber der LAK HFT in Bay­ern hat ver­sucht, ihn zu gehen ( ist schon eini­ge Jah­re her). Das ‚For­schungs­po­li­ti­sche Papier´ dürf­te für man­che inter­es­sant sein ( sie­he Web­sei­te ) , wel­che Thea­ter­wis­sen­schaf­ten, Gen­tech­no­lo­gie und Para­psy­cho­lo­gie in einen Topf wer­fen ( viel­leicht noch Steu­er­rechts­wis­sen­schaft­li­che Basis­dis­kus­si­ons­grund­la­gen etc. dazu)…

    Die CDU als Par­tei hat sicher­lich weit weni­ger Kennt­nis­se, als all­ge­mein ange­nom­men. Aber die im Mit­tel hoch­ge­bil­de­ten Grü­nen zer­flei­schen sich bzgl. 110% Aus­sa­gen und der Erkennt­nis, daß man nicht alles wis­sen kann.…
    Also: Cool down – und star­tet die Hun­derts­te Ver­net­zung – bis in 10 Jah­ren wie­der gefragt wer­den wird: War­um sind die Grü­nen so technikfeinlich .….

  39. @Anja: dan­ke für den aus­führ­li­chen Kom­men­tar – lass uns in den nächs­ten Tagen mal über­le­gen, ob wir was davon auf die nächs­te BAG-Sit­zung packen können.

    @Reinhold: Ich habe ehr­lich gesagt gewis­se Inter­pre­ta­ti­ons­schwie­rig­kei­ten bei dei­nem Kom­men­tar. Das mag dar­an lie­gen, dass mein Brow­ser Iro­nie­tags manch­mal nicht anzeigt. Dür­fen wir ver­net­zen, oder liegt der Stein der Wei­sen eh längst in Bay­ern begraben?

  40. Inter­es­san­te Debat­te. Mein Kom­pli­ment, die­ser Blog und spe­zi­ell die­ser Bei­trag trägt dazu bei, die Grü­nen, (die ich übri­gens mein Leben lang gewählt habe) wie­der etwas posi­ti­ver zu sehen (Zum ers­ten Mal zweif­le ich die­ses Jahr dar­an, ob sie mei­ne Stim­me bei die­ser Bun­des­tags­wahl bekommen)
    Auch so etwas gibt es: Ich bin öko­lo­gisch ori­en­tiert, wis­sen­schaft­lich und eso­te­risch sehr inter­es­siert, elek­tro­sen­si­bel, arbei­te aber als Ver­lags­in­ha­ber den­noch täg­lich und gern im Netz.
    Die Ent­wick­lung des Inter­net ist für mich ein qua­li­ta­ti­ver Sprung für die Mensch­heit, es ist, als wüch­se dem Pla­ne­ten in den letz­ten 2 Jahr­zehn­ten ein Ner­ven­sys­tem. Ich sehe in der neu­en Mög­lich­keit einer welt­wei­ten Kom­mu­ni­ka­ti­on ein rie­si­ges Poten­ti­al, den öko­lo­gi­schen Her­aus­for­de­run­gen, die wie die Kli­ma­ka­ta­stro­phe pla­ne­ta­res Aus­maß haben, auch end­lich mensch­heits­weit zu begeg­nen. Es geht schließ­lich um nichts weni­ger als um die abso­lu­te Not­wen­dig­keit eines trans­na­tio­na­len Bewusst­seins­wan­dels, und dabei kann das Netz durch Gegen­öf­fent­lich­keit, durch Ver­net­zung Gleich­ge­sinn­ter und dem prak­ti­schen Tei­len von Wis­sen (Stich­wort Open Source) sehr hilf­reich sein.
    Die Grü­nen erschei­nen mir auf die­sem Gebiet sehr brä­sig bis skep­tisch. Ich selbst spü­re nach 50 Lebens­jah­ren und dem prak­ti­schen Durch­le­ben und Aus­pro­bie­ren sehr vie­ler gesell­schaft­li­cher und tech­ni­scher Alter­na­ti­ven ein­deu­tig, dass es nie­mals eine öko­lo­gi­sche Lösung gegen die Tech­nik geben wird.
    Ein nach­hal­tig bewirt­schaf­te­ter Pla­net kann nur durch Men­schen geschaf­fen wer­den, die Tech­nik bis ins Detail ver­ste­hen, ihr so weder in blin­dem Glau­ben anhän­gen noch sie instink­tiv ableh­nen, son­dern sie kom­pe­tent und ziel­ge­rich­tet als Werk­zeug ein­set­zen kön­nen und dabei auf der Basis kla­rer Wer­te reflek­tie­ren, ab wo Tech­nik-Ein­satz eher Teil des Pro­blems statt eines Fort­schrit­tes ist.
    Also: Dan­ke für die Dis­kus­si­on und die Ermu­ti­gung durch eine Dis­kus­si­on wie die­ser hier. Geht akti­ver ins Netz! Und bedenkt, dass eure pein­li­chen Ent­schei­dun­gen wie bei der Ley­en-Debat­te viel­leicht bei mehr eurer Wäh­ler Kon­se­quen­zen haben, als ihr denkt.

    Mar­tin Garms aus Lenz­kirch im Schwarzwald

  41. Ein paar Hin­wei­se auf wei­te­re (Blog-)Reaktionen zum The­ma „Grü­ne & Lin­ke vs. bemann­te Raumfahrt“. 

    Hier ein Sci­ence­B­log­ger, der die grü­ne Posi­ti­on (Geld hin zur unbe­mann­ten Raum­fahrt) verteidigt:

    http://www.scienceblogs.de/kritisch-gedacht/2009/07/entmannte-raumfahrt.php

    Hier ein Blog­ger, der die Grü­nen wegen ihrer Oppo­si­ti­on in Sachen Raum­fahrt und Gen­tech­nik künf­tig nicht mehr wäh­len will:

    http://p‑pricken.de/2009/07/da-geht-sie-hin-meine-stimme/

    Und am Ende noch der Ver­weis auf den SB-Pod­cast der Woche, dies­mal natür­lich zur Fra­ge, ob sich die bemann­te Raum­fahrt lohnt, sowie zu den Posi­tio­nen von Grü­nen und Linken:

    http://www.scienceblogs.de/wissenschaft-zum-mitnehmen/2009/07/scienceblogs-podcast-die-sendung-mit-der-raumfahrt.php

    Ansons­ten eine inter­es­san­te und wich­ti­ge Debat­te. Span­nend auch zu sehen, wie inten­siv bei den Grü­nen dar­über dis­ku­tiert wird – eine ähn­lich Dis­kus­si­on hät­te der Uni­on zum The­ma Netz­sper­ren gut getan, die kam aber lei­der erst so rich­tig in Schwung, als das Kind schon in den Brun­nen gefal­len war… Wobei ja auch die inten­si­ven Dis­kus­sio­nen bei den Grü­nen die 15 Ent­hal­tun­gen und 3 Aus­fäl­le am Ende nicht ver­hin­dern konnten.

  42. Ha, gera­de erst ver­linkt, schon bin ich hier.

    Mein Pro­blem mit den Grü­nen ist nicht ein­mal wirk­lich, dass sie gegen Atom­kraft sind oder gegen Gen-Food – auch wenn das für mich schwer wiegt. Viel­mehr aber sind die Grü­nen (ver­ständ­li­cher­wei­se) per se gegen Atom­kraft und Gen-Food. Ich habe den Ein­druck, dass dies eben dog­ma­ti­sche, aus der Par­tei­ge­schich­te erklär­ba­re For­de­run­gen sind, die nicht wirk­lich hin­ter­fragt wer­den. Damals war Tscher­no­byl, die Cas­to­ren fah­ren immer noch, und so wird es dann wohl auch immer sein. Das ver­stärkt mein Pro­blem, da ich eben nicht glau­be, dass sich die Grü­nen von Argu­men­ten oder Erkennt­nis­sen umstim­men lassen.

    Dazu kom­men dann Sachen wie bspw. die Alter­na­tiv­me­di­zin-Dis­kus­si­on bei Hart aber Fair, bei der typi­scher­wei­se eine Grü­nen-Abge­ord­ne­te von ihrem Wun­der­hei­ler erzählt. Die Natur­ver­bun­den­heits­par­tei zieht sol­che Leu­te eben an (auch wenn es sie in jeder Par­tei gibt); die Sache mit der bemann­ten Raum­fahrt kann ich da noch am ehes­ten verstehen.

    Es gibt vie­le Din­ge, die mir bei den Grü­nen auch sehr sym­pa­thisch sind: Gleich­be­rech­ti­gung, Frau­en­för­de­rung und ande­re pro­gres­si­ve The­men decken sie für mich sehr gut ab. Ich will aber nicht zwi­schen Gleich­be­rech­ti­gung und Gen- sowie Atom­tech­nik ent­schei­den müs­sen, also qua­si zwi­schen Gegen­warts­ge­stal­tung und Zukunftstauglichkeit.

  43. Nach­trag: nach­dem ich jetzt auch die Kom­men­ta­re gele­sen habe… Pau­la hat Recht, zumin­dest soweit sich das heu­te sagen lässt ;) Ich bewun­de­re, dass sie die Dis­kus­si­on so lan­ge durch­ge­hal­ten hat und sogar mit dafür gesorgt hat, dass sie nicht in das klas­si­sche Sche­ma abgleitet.

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