In vier Wochen ist grüner Bundesparteitag in Hamburg. Ich bin zwar Ersatzdelegierter meines Kreisverbandes und als BAG-Sprecher könnte ich auch einfach so hinfahren, werde es aber (mangels freier Novemberwochenenden) höchstwahrscheinlich nicht tun. Und bin gar nicht so traurig darüber. Einerseits schon, weil’s halt auch immer eine Möglichkeit ist, einen nicht unerheblichen Teil der grünen Familie zu sehen. Andererseits lassen mich die Schwerpunkte dieser BDK seltsam kalt. Dabei sind es eigentlich wichtige Themen – die Freiheitsdebatte, Ernährung als Teil guten Lebens, Flüchtlingspolitik, die „europäische Friedensordnung“ (was auch immer das sein mag). Aber ich habe zunehmend den Eindruck (und nicht erst seit Waziristan-Vergleichen), dass das, was der Bundesparteitag hier jeweils entscheidet, nicht wirklich eine Rolle spielen wird. Glühende Kontroversen sehen jedenfalls anders aus. Wirklich. Und Wahlen stehen auch keine an, obwohl diverse Presseorgane so klingen, als sei das anders. Und ob die vorliegende Tagesordnung dazu geeignet ist, Feuer zu entfachen und zumindest das grüne Herz zu wärmen und zu motivieren – ich weiß nicht. Insofern befürchte ich, dass ich „Hamburg“ gar nicht so sehr vermissen werde. Was schade ist.
Kurz: Innerparteiliche Demokratie da und dort
Auf Facebook bin ich über eine Notiz der FDP gestolpert, dass es da – also in der FDP – einen ganz tollen Demokratisierungsschub gegeben habe. Was wohl, mit Blick auf die Ausgangsbasis, auch nicht ganz falsch ist. Unter der Überschrift „Mehr Mitsprache für Mitglieder“ wird erläutert, dass auch Mitglieder nun Antragsrechte bekommen – 250 geprüfte Unterschriften reichen aus, um einen Antrag einzubringen. So unterschiedlich sind die Parteitraditionen – bei uns sind auf Landesebene 10, auf Bundesebene 20 formlose Unterstützungserklärungen von Mitgliedern notwendig, um einen Antrag einzureichen. Das führt dann zum Teil zu einer Antragsflut, gerade auch, weil in Zeiten von Mailinglisten und Facebook Unterstützungserklärungen sehr schnell zusammen kommen. Möglicherweise wäre deswegen sogar eine leichte Anhebung sinnvoll. Aber dass die Beteiligungshürden in ähnlich großen Parteien so unterschiedlich sind, und das grüne Basisdemokratie-Konzept immer noch so fortschrittlich ist – das war mir bisher entgangen. (Auch Rederecht haben bei der FDP nur Delegierte …)
Bei der FDP scheint es dieser Notiz zu Folge wohl auch so zu sein, dass Kandidaturen für Ämter ebenfalls nicht einfach aus freiem Willen erfolgen können, sondern wiederum mit Unterstützungsunterschriften verbunden sein müssen – auch hier 250 Stück.
Der Fairness halber sei noch dazu gesagt: Wenn bei der FDP nicht Mitglieder, sondern Delegierte einen Antrag einbringen, dann reichen 25 Delegierte.
Und was lernen wir daraus? Erstens, dass grüne Basisdemokratie tatsächlich eine Besonderheit ist – die aber erst auffällt, wenn mal andere Parteiverfahren dagegen gehalten werden. Und zweitens, dass es vielleicht durchaus überlegenswert wäre, auch für Bewerbungen ein Quorum ähnlich wie bei Anträgen vorzusehen. Nicht als Abschreckungsinstrument, sondern um z.B. Bewerbungen von Personen zu verhindern, wie dies beim Europavotum auf der LDK der Fall war, die gar nicht anwesend sind, auch nicht vorhaben, sich vorzustellen, aber mal – spaßeshalber? – eine schriftliche Bewerbung eingereicht haben. Ein KV oder 10 Mitglieder als Bewerbungshürde – warum nicht?
Nach der Landesdelegiertenkonferenz 2013 – eine kleine Bilanz
Foto: Grüne BaWü
Am Schluss hat der Novemberregen im in der Tat pittoresken Esslingen mit heftigen Windböen meinen Regenschirm zerstört. Dieser wurde also ein Opfer des Parteitags.
Und sonst? In einem sehr gut gefüllten Bewerberfeld – inklusive einer erfolgreichen Spontankandidatur – hat es mit meiner Parteiratsbewerbung leider nicht geklappt. Das ist einerseits schade, andererseits habe ich eine ganze Menge Zuspruch von verschiedenen Seiten bekommen, und letztlich auch ein durchaus positives Feedback auf meine Rede (wer will, kann sie hier nachlesen). Es hat nicht sein sollen; vielleicht auch deswegen, weil ich – anders als einige andere Kandidaten – vor allem darüber geredet habe, wie ich die Partei und den Parteirat sehe, und nicht darüber, was die aktuellen Herausforderungen der Europapolitik oder der Regierungspolitik sind. Für beides sehe ich im Parteirat nicht den richtigen Ort – nicht umsonst spreche ich in meiner Rede vom „strategischen Herz der Partei“.
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Vor der Landesdelegiertenkonferenz 2013
Am Wochenende steht die jährliche Landesdelegiertenkonferenz der baden-württembergischen Grünen an, diesmal im – so heißt es – reizvollen Esslingen. Ich bin für den Kreisverband Breisgau-Hochschwarzwald zu diesem Parteitag delegiert, und schaue dem Wochenende mit gemischten Gefühlen entgegen.
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Was auf der BDK mit dem Wahlprogrammentwurf passierte
Vor dem grünen Programmparteitag (BDK, kurz für Bundesdelegiertenkonferenz) hatte ich ein paar Visualisierungen zu den Änderungsanträgen zum Bundestagswahlprogramm gepostet. Nachdem inzwischen die von der BDK veränderten Texte vorliegen, ist es Zeit für eine kleine Bilanz der Parteitagsarbeit (bzw. der Antragskommissionsarbeit) in drei Diagrammen:
Zunächst einmal fällt auf, dass der verabschiedete Beschluss fast eineinhalb mal so lang ist wie der Entwurf des Wahlprogramms.
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