Wow – bei den bundesweiten Anti-Atom-Demos am gestrigen Samstag waren 250.000 Menschen auf der Straße. Ich konnte nicht dabei sein (München wäre dann doch etwas weit weg gewesen), war aber die letzten beiden Montage auf den Demos hier in Freiburg – da ist auch das Bild oben entstanden. Das Revival der Anti-Atom-Bewegung hat sich ja schon im letzten Herbst angedeutet, als es rund um die Laufzeitverlängerung vielfältige und gut besuchte Aktionen gab. Nach Fukushima ist die Anti-Atom-Bewegung endgültig wieder da. Ich bin extrem gespannt, was das für die Wahl morgen bedeutet. Die Chance auf einen Politikwechsel und darauf, der Energiewende ein großes Stück näher zu kommen, ist jedenfalls greifbar da.
Kurz: Grüner Länderrat in Mainz diskutiert Anti-Atompolitik
Morgen werde ich in Mainz sein, um am grünen Länderrat teilzunehmen. Nähere Infos und Links zu Anträgen und Tagesordnung stehen im Netz. Bisher bin ich davon ausgegangen, dass das vor allem eine im Kontext der vier Wahlen am 20. und 27.3. zu sehende Veranstaltung ist. Mit den aktuellen Ereignissen gewinnt der Länderrat insofern Brisanz, als jetzt – neu hinzugekommen – auch die weitere Ausrichtung der grünen Anti-Atompolitik nach Fukushima auf der Tagesordnung steht.
Klar: für den Ausstieg aus der Atomenergie kämpfen wir Grüne seit Parteigründung – aber mit dem „Merkel-Moratorium“ und den weiteren Pirouetten der Union hat sich die Situation verändert. Jetzt geht’s auch um die Details: Wie kann ein Ausstieg (auch ganz realpolitisch umsetzbar) in schnellstmöglicher Zeit aussehen? Was kommt dann? Wie geht’s mit den radioaktiven Altlasten weiter? Hier der Antrag des Bundesvorstands dazu.
Nicht nur für mich gewinnt der Länderrat damit neue Relevanz. Ich jedenfalls bin gespannt auf die Debatte morgen.
Operation Druckabbau
Gestern morgen titelte ich noch „Erst wenn die CDU das erste AKW vom Netz nimmt, glaube ich Merkel und Mappus“.
Dann kam erst das Merkel-Moratorium (das nicht nur aus der Sicht von Lobby-Control keines ist) mit der Abschaltung der Alt-AKWs für den Wahlkampf – und gerade eben schließlich die Ankündigung von Mappus im Stuttgarter Landtag, dass EnBW das AKW Neckarwestheim‑I dauerhaft vom Netz nehmen wird. Im Liveticker von SpOn heißt es dazu:
[15.11 Uhr] Das AKW Neckarwestheim I wird für immer abgeschaltet. Ministerpräsident Mappus sagte im Landtag: „Neckarwestheim I wird abgeschaltet, dauerhaft, und stillgelegt“. Zuvor hatte der Betreiber EnBW mitgeteilt, dass ein wirtschaftlicher Weiterbetrieb des Reaktors voraussichtlich nicht darstellbar sei.
So schnell kann’s gehen. Wo es eine Stunde davor noch die Rede davon war, dass die EnBW Neckarwestheim‑I nur „freiwillig und vorrübergehend“ vom Netz nehmen wolle, und der SWR heute morgen noch berichtete, dass die EnBW nicht darüber informiert sei, dass Neckarwestheim I abgeschaltet werden soll, und von der Kanzlerin persönlich gefragt werden wolle, ist es jetzt kein Problem, das über Jahrzehnte immer wieder im Mittelpunkt politischer Proteste stehende AKW abzuschalten.
Politisch bewerte ich das ganze weiterhin als Versuch, Druck im Wahlkampf durch ein Notventil abzulassen.
Inhaltlich ist es richtig, dass Neckarwestheim I abgeschaltet wird. Das wäre nach dem Atomkompromiss ohne Laufzeitverlängerung ja auch bereits geschehen. Aber es gibt ja noch mehr Atomkraftwerke in Baden-Württemberg. Was ist mit denen? Steht die CDU weiterhin zur Aussage „Vielmehr brauchen wir die Kernenergie als verlässliche, kostengünstige und klimafreundliche Brückentechnologie.“ (S. 54, Wahlprogramm)? Und was hat Neckarwestheim, was die anderen Landes-AKW nicht haben?
Nachforschenswert wäre nicht zuletzt hier die Frage, was hinter dem „finanziell nicht darstellbar“ der EnBW steckt. Heißt das letztlich: Neckarwestheim runterzufahren, überprüfen zu lassen, evtl. aufzurüsten und wieder anzufahren wäre teurer geworden als die Restrendite, die durch den dort noch produzierten Strom zu gewinnen gewesen wäre? Oder geht’s da auch um Gesichtswahrung? Und was macht der Garantieaktienkurs jetzt? Darüber hinaus steckt da auch die Frage dahinter, wie eigentlich die Entschädigung der Atomkonzerne dafür aussieht, dass sie beim „Merkel-Moratorium“ mitmachen.
Psychologisch interessant wäre es schließlich, einen Einblick in das Denken von Merkel und Mappus zu erhalten. Steckt hinter dem Wahlkampfmanöver vielleicht doch so etwas wie die plötzliche Erkenntnis, dass an den Horrorszenarieren der Anti-AKW-Bewegung trotz aller gegenteiligen Experten-Beschwörungen etwas Wahres dran sein könnte? Eine Verunsicherung? Und lassen sich andere starre und faktenresistente Weltbilder der PolitikerInnen von Union und FDP auf eine harmlosere Weise erschüttern als durch eine katastrophale Tragödie in Japan? Vielleicht mit einer Denkpause in der Opposition?
Warum blogge ich das? Weil sich auch hier die Ereignisse überschlagen – glücklicherweise in weitaus weniger gefährlichen Art und Weise als in Fukushima gerade.
Kurz: Tipps zum Atomausstieg
Wenn die Regierung es nicht macht, trotz der vielen, vielen, die gestern in Berlin demonstriert haben, dann müssen es a. die Gerichte und b. wir alle regeln. Was? Den Atomausstieg.
Für die Option b. gibt’s Wahlen, und es gibt die Möglichkeit, über den Wechsel des Stromanbieters den Atomausstieg selber zu machen. Bisher bin ich davon ausgegangen, dass im „grünen“ Milieu letzteres ziemlich selbstverständlich ist. Die derzeit laufende Online-Frage der taz zu Ökostrom hat (Stand 11:11) aber nur eine Zustimmung von etwa 53% zur Option „Ökostrom aus meiner Steckdose“.
Warum mich das wundert? Weil es weder teuer noch aufwändig ist, zu einem der echten Ökostromanbieter zu wechseln. Zum Beispiel zu den Elektrizitätswerken Schönau – bei denen sind wir seit geraumer Zeit, und es fühlt sich gut an.
Kurz: Wir haben die Atomkraft
Obige Abbildung machte vor einigen Tagen die Runde durch die sozialen Netzwerke. Passend dazu kommt jetzt ans Licht, dass Schavan eine Studie zum Thema „Neubau von AKW in Deutschland“ beauftragt hatte – und diese verschlossen hält. Mal ganz unabhängig davon, dass Open Access für alle öffentlich finanzierten Studien eigentlich selbstverständlich sein müsste: ich nehme das schon als deutliches Zeichen dafür, dass Schwarz-Gelb nicht nur eine Verlängerung der bisherigen AKW-Laufzeiten (insbesondere der in die neue Legislaturperiode getricksten AKWs), sondern eben auch den inländischen Neubau von AKWs anstrebt.
Deswegen:
Schwarz-Gelb, nein Danke!