Weltentraum

Zur Zeit sto­ße ich stän­dig auf den wun­der­schö­nen klei­nen Film von Erik Wern­quist, Wan­de­rers.

Wan­de­rers – a short film by Erik Wern­quist from Erik Wern­quist on Vimeo.

Die Pla­ne­ten sind wort­wört­lich die Wan­de­rer, aber in die­sem Film sind es auch wir Men­schen, die zwer­gen­klein vor den sie­ben Wun­dern des Son­nen­sys­tems ste­hen, die hier com­pu­ter­tech­nisch und den­noch ori­gi­nal­ge­treu nach­ge­bil­det wurden.


Mir als eif­ri­gem Sci­ence-Fic­tion-Leser erschei­nen eini­ge die­ser Noch-Nicht-Orte sehr ver­traut. Bei ande­ren muss ich raten, wel­cher Pla­net oder Mond dar­ge­stellt wer­den soll. Der gro­ße rote Fleck in Jupi­ters Atmo­sphä­re. Das ver­trau­te Mars­ge­röll. Eis­mee­re, die viel­leicht auf Titan zu fin­den sind.

Flo­ri­an Frei­stet­ter nimmt, und da ist er nicht der ein­zi­ge, die­sen Film zum Anlass, die ein­ge­schla­fe­ne Erobe­rungs­lust der Mensch­heit zu befeu­ern. Mir ergeht es beim Anblick der Bil­der anders: ich ent­wick­le ein Gefühl der melan­cho­li­schen Nost­al­gie für Rei­sen, von denen zu ver­mu­ten ist, dass sie nie statt­fin­den wer­den. Sehn­sucht nach dem, was nie sein wird.

Para­do­xer­wei­se ist es gera­de der neu auf­flam­men­de Welt­raum­wett­lauf, der mich zu die­ser Schluss­fol­ge­rung bringt. Das eine sind die Robo­ter, auf dem Mars, oder unlängst die Kome­ten­lan­dung von Philae, dem Lan­der der Roset­ta-Mis­si­on. Erfolg­reich und ein­drucks­voll, aber gleich­zei­tig auch der ganz prak­ti­sche Hin­weis dar­auf, wie lang­fris­tig und teu­er allein schon Mis­sio­nen sind, die Robo­ter zu ande­ren Him­mels­kör­pern bringen.

Das ande­re sind die Plä­ne für bemann­te Mars­mis­sio­nen – ein Wett­streit zwi­schen ver­schie­de­nen Staa­ten, aber auch mit kom­mer­zi­el­len Spie­lern. Je kon­kre­ter die­se Mis­sio­nen wer­den, des­to deut­li­cher wird, wie groß und lebens­feind­lich der Welt­raum tat­säch­lich ist, und wie wenig der gewohn­ten Umwelt selbst ein halb­wegs erd­ähn­li­cher Pla­net wie der Mars tat­säch­lich ist. Ein lan­ger Text über die Unwahr­schein­lich­keit von „Mars One“ ist hier eben­so erhel­lend wie die­se Ana­ly­se aus dem MIT.

Dass unser über Robo­ter­son­den ver­mit­tel­tes Wis­sen über „unser“ Son­nen­sys­tem – was für eine Ver­mes­sen­heit ange­sichts der Dimen­sio­nen! – in Zukunft rasch wach­sen wird, davon bin ich über­zeugt. Dass es über das eine oder ande­re wis­sen­schaft­li­che oder mili­tä­ri­sche Expe­ri­ment hin­aus­ge­hen­de gro­ße Schrit­te in der bemann­ten Raum­fahrt geben wird, hal­te ich, zumin­dest in den nächs­ten Deka­den, für aus­ge­schlos­sen. Dafür ist der Auf­wand, die Umwelt mit­zu­neh­men, ein­fach zu groß. Noch dazu wür­den Mis­sio­nen mit mensch­li­chen Pas­sa­gie­ren eben auch kei­ne Unmit­tel­bar­keit ver­spre­chen. Es wären doch immer Schutz­häu­te, Kame­ras und Viso­ren zwi­schen der Astro­nau­tin und dem Pla­ne­ten. Und dafür der Aufwand?

(Von inter­stel­la­ren Distan­zen und Zeit­räu­men zu reden, wäre noch ein­mal eine ganz ande­re Geschich­te …)

Viel­leicht kommt es ganz anders. Viel­leicht gibt es über­mor­gen einen Durch­bruch in der Fusi­ons­for­schung. Viel­leicht steckt eine der Inter­net­grö­ßen heu­te schon unvor­stell­ba­re Sum­men in die pla­ne­ta­re Raum­fahrt und ändert damit zwar nicht die Natur­ge­set­ze, aber das Spiel. Wahr­schein­lich erscheint mir das alles jedoch nicht.

Und damit blei­ben die Bil­der des Films Sci­ence Fic­tion, blei­ben ein vages Ver­spre­chen auf eine Zukunft, das nicht ein­ge­löst wird. Bis dahin sit­zen wir hier, in End­lich­keit und unter einer dün­nen Atmosphäre.

War­um blog­ge ich das? Weil ein Mehr an Wis­sen manch­mal auch dazu führt, Igno­ranz über die ver­meint­li­che Lös­bar­keit von Pro­ble­men zu redu­zie­ren – was sich an den Träu­men von der mensch­li­chen „Erobe­rung“ des Welt­alls pla­ka­tiv zeigt, auch wenn dabei Sei­fen­bla­sen zerplatzen.

P.S.: Flo­ri­an Frei­stet­ter, des­sen oben ver­link­ter Blog­ein­trag übri­gens sehr lesens­wert ist, auch wenn ich zu einem ande­ren Schluss kom­me, wies mich auf Twit­ter dar­auf hin, dass sein im Febru­ar erschei­nen­des Buch zei­gen wür­de, dass inter­pla­ne­ta­re bemann­te Raum­fahrt (gibt es dafür eigent­lich ein neu­tra­les Wort?) zwar schwer, aber auch prak­tisch mög­lich sei. Ich bin gespannt.

P.P.S.: Nach län­ge­rer Twit­ter-Debat­te sind wir bei es geht, aber die Gesell­schaft müss­te anders orga­ni­siert sein, ange­kom­men. Da wer­de ich dann sozio­lo­gisch und poli­tisch berufs­blind bzw. skeptisch.

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