Kurz: Die (Un-)Denkbarkeit eines commonistischen Smartphones

Klei­nes Gedan­ken­ex­pe­ri­ment im Vor­griff auf die Degrowth-Kon­fe­renz im Sep­tem­ber: Unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen wäre ein „com­mo­nis­ti­sches“ Smart­phone denk­bar? In der Nut­zung fällt mir eini­ges dazu ein, wie ein Smart­phone ver­wen­det wer­den kann, um eine zivil­ge­sell­schaft­li­che, nicht markt­för­mi­ge Öko­no­mie vor­an­zu­brin­gen; die erheb­li­che Abhän­gig­keit der Nut­zung von groß­tech­ni­schen Sys­te­men und kapi­ta­lis­ti­schen Infra­struk­tu­ren mal außen vor gelas­sen. Das lie­ße sich viel­leicht auch anders orga­ni­sie­ren. Aber wie sieht es mit der Her­stel­lung aus?

Hier bin ich sehr viel skep­ti­scher. Grob gesagt besteht ein Smart­phone aus: 1. Gehäu­se, 2. Chip­set, 3. Akku, 4. Bild­schirm und 5. Soft­ware. Das Gehäu­se lie­ße sich sicher­lich lokal und wenig vor­aus­set­zungs­reich fer­ti­gen und wäre damit anschluss­fä­hig an ver­schie­de­ne Vor­stel­lun­gen einer weni­ger arbeits­tei­li­gen Gesell­schaft. Die Soft­ware liegt zum Teil – dank Goog­le! – in offe­ner Form vor. Hier­auf kann auf­ge­baut wer­den. Aber bei Chips, Akku und Bild­schirm ist eine Kom­ple­xi­tät gege­ben, bei der ich nicht die Fan­ta­sie habe, mir vor­zu­stel­len, wie die­se Kom­po­nen­ten ohne Eco­no­mies of Sca­le, ohne tief­ge­hen­de Spe­zia­li­sie­rung und ohne glo­ba­le Arbeits­tei­lung her­ge­stellt wer­den sol­len. Und da stößt die Kom­pa­ti­bi­li­tät zwi­schen Com­mo­nis­mus und Smart­phone an Grenzen.

Wenn das so stimmt, lie­ßen sich dar­aus nun zwei Schlüs­se zie­hen: Ent­we­der, bestimm­te Tech­no­lo­gien – alles, wo IT drin­ne steckt – sind inkom­pa­ti­bel mit Vor­stel­lun­gen einer stär­ker regio­na­li­sier­ten, auf Tei­len statt auf Wachs­tum set­zen­den, tief nach­hal­ti­gen Wirt­schaft. Wer eine sol­che will, müss­te dann Ver­zicht auf die­se Pro­duk­te ein­pla­nen. Oder, anders­her­um: wenn es wei­ter Smart­phones etc. geben soll, müss­te geklärt wer­den, wie eine Schnitt­stel­le zwi­schen einer neu­en und einer alten Wirt­schafts- und Gesell­schafts­form aus­se­hen könnte.

Eine Antwort auf „Kurz: Die (Un-)Denkbarkeit eines commonistischen Smartphones“

  1. Las­sen sich wirk­lich Post­wachs­tum und Infor­ma­ti­ons­tech­no­lo­gien zusammendenken?

    Ich glau­be nicht, dass wir wirk­lich auf Infor­ma­ti­ons­tech­no­lo­gien ver­zich­ten müss­ten. Die Trans­for­ma­ti­on in Rich­tung Post­wachs­tums­ge­sell­schaft hat in vie­len Nischen bereits begon­nen. Kurz: Es ist kei­ne tech­ni­sche Fra­ge, ob wir eine Post­wachs­tums­ge­sell­schaft und Infor­ma­ti­ons­tech­no­lo­gien zusam­men­ha­ben kön­nen, son­dern eine gesell­schaft­li­che Frage. 

    Men­schen, die einen ver­ant­wor­tungs­vol­le­ren Umgang mit der Hard­ware der Infor­ma­ti­ons­ge­sell­schaft pfle­gen wol­len, kön­nen schon damit anfan­gen ihre Hard­ware län­ger zu nut­zen. Com­mo­nis­ti­sche Soft­ware (gemein­schaft­li­che Pro­duk­ti­on und Besitz) müss­te dann dar­auf aus­ge­legt sein, dass sie bei­spiels­wei­se auch auf Smart­phones mit älte­ren Betriebs­sys­te­men läuft – lei­der ist dies der­zeit auch bei guten Pro­jek­ten wie Sure­spot nicht der Fall. Der nächs­te und schon prak­ti­zier­te Schritt ist der Weg zum kon­se­quen­ten Recy­cling von kri­ti­schen Bestand­tei­len wie Akkus, die dann von spe­zia­li­sier­ten Klein­un­ter­neh­men in „Kreis­lauf­han­dys“ ver­baut wer­den kön­nen. Gibt es dafür einen Markt? Viel­leicht nicht, aber eine Com­mu­ni­ty doch ganz bestimmt. Spe­zia­li­sier­te Unter­neh­men könn­ten als Pio­nie­re eine ent­spre­chen­de Com­mu­ni­ty auf­bau­en (Bei­spiel: Fair­pho­ne) und für die­se voll­stän­dig recy­cel­te Smart­phones produzieren. 

    Dies sind alles kei­ne unrea­lis­ti­schen Vor­stel­lun­gen. Im Klei­nen gibt es schon Expe­ri­men­te in die­se Rich­tung. Das Recy­cling von Hard­ware und die Nut­zung von com­mo­nis­ti­scher Soft­ware bie­tet die Mög­lich­keit über Zweck-Mit­tel-Rela­tio­nen nach­zu­den­ken: „Wie Zwe­cke der Mit­tel bedür­fen, um sie zu errei­chen, so neh­men alle Mit­tel Ein­fluss dar­auf, inwie­fern die­se Zwe­cke rea­li­siert wer­den kön­nen (Ste­phan Lorenz, Mehr oder Weni­ger, 2014, S. 113).“ Zu wel­chem Zweck nut­ze ich Infor­ma­ti­ons­tech­no­lo­gien und wel­che Mit­tel setz­te ich zur Her­stel­lung ein? Die Beant­wor­tung die­ser Fra­ge führt nur über gesell­schaft­li­che Such­pro­zes­se. Die Demo­kra­ti­sie­rung und För­de­rung die­ser Such­pro­zes­se muss pro­gres­si­ve Poli­tik sicher­stel­len – zumin­dest da wo ent­spre­chen­de Kräf­te die Macht dazu haben. In der Zivil­ge­sell­schaft müs­sen nach­hal­ti­ge Vor­stel­lun­gen von Pro­duk­ti­on, Kon­sum und Demo­kra­tie hege­mo­nie­fä­hig wer­den. Wenn so aus dem Wett­be­werbs­staat ein Koope­ra­ti­ons­staat wird, in der CDU der mäch­ti­ge Wirt­schafts­rat mehr Koope­ra­ti­ons­fä­hig­keit ein­for­dert und der DGB für eine 20-Stun­den-Woche kämpft, dann kann Post­wachs­tum Rea­li­tät wer­den – viel­leicht sogar inklu­si­ve Smartphones.

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