Dass DIE GRÜNEN in ihrer Anfangszeit ein eher apokalyptisches Verhältnis zu Informationstechnik hatten, ist bekannt. Irgendwann hat sich das geändert. Ein wichtiges Dokument dieses Wandels ist mir heute wieder in die Hand gefallen – der im April 1996 von der 7. Ordentlichen Bundesversammlung (also dem Bundesparteitag) getroffene Beschluss „Die Informationsgesellschaft ökologisch, sozial und demokratisch gestalten – Leitgedanken zur Zukunft der Informationsgesellschaft“. Wenn ich mich richtig daran erinnere, war Manuel Kiper maßgeblich daran beteiligt. Wer möchte, kann in diesem Beschluss den Ausgangspunkt einer aktiven und progressiven netzpolitischen Positionierung von Bündnis 90/Die Grünen sehen. Das ist jetzt fast 17 Jahre her. Und vieles von dem, was in diesem Papier steht, ist auch heute noch aktuell.
Unten gibt es – schlecht mit dem Handy abfotografiert – den Inhalt dieses Beschlusses.
Update [03.03.2013]: @isarmatrose war so nett, beim Archiv Grünes Gedächtnis der Heinrich-Böll-Stiftung nach dem Originalbeschluss zu fragen. Der liegt eingescannt als PDF vor: Beschluss der 7. ordentlichen Bundesversammlung, 1.–3. März 1996: Die Informationsgesellschaft ökologisch, sozial und demokratisch gestalteten – und ist doch etwas lesefreundlicher als die Handyfotos der daraus entstandenen Broschüre. Auch das dem Beschlus zugrunde liegende Eckpunktepapier der Bundestagsfraktion von Kiper et al. (1995) liegt damit digital vor.
P.S.: Übrigens ist in dem Beschluss auch die Forderung nach einer „steuerfinanzierten Grundsicherung“ enthalten – ein mit informationstechnischer Rationalisierung begründeter Griff nach dem Grundeinkommen. 1996! Nehmt dies, Piraten!
P.P.S.: @holgernohr weist darauf hin, dass es bereits 1995 ein entsprechendes Eckpunktepapier der Bundestagsfraktion gegeben haben muss, wie die Computerwoche berichtete.
P.P.P.S.: Das ganze ist übrigens zusammen mit einem medienpolitischen Programm (unter dem Titel „Die Zukunft der Medien ist Sache aller BürgerInnen“) in einer Broschüre erschienen. Nur falls sich jemand wundert, warum die Seitenzahlen mit 18 anfangen.
Vor 17 Jahren haben die Grünen mit progressiver #Netzpolitik begonnen. Ein Beschluss des Parteitags von 1996: http://t.co/tyJWSyqv53 #gruene
Da du eine Polemik gegen die Piraten bringst, muss ich jetzt auch mal polemisch zurückkeilen: So fortschrittlich einige der Punkte klingen, umgesetzt wurde 2 Jahre später von Rot-Grün recht wenig. Da kann man sich jetzt natürlich hinstellen und sagen, dass man damals die heutigen Probleme schon vorhergesehen hat, wenn man etwa Netzneutralität fordert oder gegen prekäre Arbeitsplätze und Scheinselbstständigkeit ist. Dumm nur, wenn man zwischendurch an der Regierung ist und dann nichts davon umgesetzt hat und verpennt hat, gerade in der ersten Boomzeit des Netzes passende Gesetze zu machen. Seien wir ehrlich: Rot-Grün hat die Netzpolitik mehr als verschlafen. Und es hat mit seiner Sozialgesetzgebung die prekären Jobs gefördert.
(Hinweis: Hätte dieser Text keine Polemik gegen die Piraten enthalten, hätte ich auch die alte Rot-Grün-Keule nicht ausgepackt ;) )
Der Seitenhieb auf die Piraten mag kindisch sein (und die Kritik an den großkoalitionär-grünen Agendagesetzen teile ich), aber ganz unabhängig davon finde ich es legitim und wichtig, mal zu überlegen, welche Faktoren dafür verantwortlich sind, dass sich bestimmte Ideen durchsetzen, liegenbleiben oder ohne Gedächtnisfunktion immer wieder neu erfunden werden müssen.
@JanAlbrecht Was der Michael sagt: http://t.co/cjs5s1f0J0 Es ist nicht relevant, wann ein Positionspapier beschlossen wurde, sondern Taten.
Wenn du noch weiter zurückgehst, wirst du noch viel früher Positionen der – weiland – „BAG Computer und Medien“ finden, an denen u.a. ein gewisser Wau Holland mitgefeilt hat. Vielleicht gibt es da noch Fundstellen in alten „Datenschleudern“. Ich schau mal nach, ob ich noch in einigen alten Ordnern was habe.
Danke, klingt spannend!