Ich war nicht dabei, weil ich in Hannover weilte, weilen musste. Gerne hätte ich mitgestimmt. Ob meine Stimme aber was geändert hätte?
Jedenfalls liegt jetzt das Ergebnis der Listenaufstellung der Freiburger Grünen vom Wochenende vor. Große Überraschungen gab es dabei keine, das einzige „ungeplante“ Gesicht unter den aussichtsreichen Plätzen ist der von mir durchaus geschätze Kulturpolitiker Timothy Simms.
Eine ausführliche und ziemlich offene Bewertung der Listenaufstellung gibt es bei GrünesFreiburg (von Thomas Koderisch). Es stellt sich im Anklang an diesen Artikel schon die Frage, ob eine Versammlung, bei der eine Minderheit von etwa einem Drittel sich nachher schlecht vertreten fühlt, die beste Ausgangslage für eine erfolgreiche Kommunalwahl 2009 ist. Und wer da aktiv Wahlkampf machen wird.
Konstantin Görlich nimmt das Ergebnis gleich zum Anlass, auf die (Grün-)Alternative (GALFR) hinzuweisen. Die haben inzwischen nicht nur das schickere Logo, sondern, wenn es GALFR gelingt, eine über die üblichen Verdächtigen hinausreichende KandidatInnen-Liste aufzustellen, ernsthafte Chancen, eine ganze Reihe „grüner“ Stimmen einzuheimsen. Nicht zuletzt deswegen, weil das baden-württembergische Kommunalwahlsystem es ja erlaubt, Stimmen über mehrere Listen zu verteilen. Wenn ich GALFR wäre, würde ich jetzt versuchen, Leute aus Bürgerinitiativen, Elterngruppen, der „Szene“ usw. einzubinden. Ich bin gespannt, ob das gelingt.
Der grüne Kreisverband Freiburg hatte, wenn ich das als Freiburger Bürger so sagen darf, die Chance, mit der Listenaufstellung zu zeigen, dass Grüne auch in Freiburg immer noch und immer wieder für „change“ stehen, und dass Vielfalt auch nach diversen Aus- und Übertritten weiterhin wichtig ist. Das Ergebnis der Listenaufstellung weist nicht in diese Richtung. Damit will ich jetzt gar nicht die Arbeit der vielen FachpolitikerInnen herabwürdigen. Aber ein über die Summe der Tellerränder hinausweisendes zukunftsfähiges Personaltableau, das wirklich neue Akzente setzt, sieht nun leider einmal anders aus.
Lichtblick an der ganzen Sache: das offene Ausfechten der – so meine Aussenwahrnehmung – auch innerhalb des KV Freiburg schon länger schwellenden Konflikte, die signifikante Minderheit für einen Politikwechsel, und das wohl doch vorhandene Gespür dafür, welche Mitglieder der Fraktionsführung für einige der „Kommunikationsprobleme“ der letzten Zeit hauptverantwortlich sind.
Warum blogge ich das? Weil ich die ganze Vorgeschichte der Listenaufstellung recht genau beobachtet habe, mir – vor einiger Zeit – auch schon überlegt habe, ob ich selbst versuchen soll, mich stärker in die Freiburger Kommunalpolitik einzubringen, und mich dann angesichts der politischen Rahmenbedingungen (und meiner Zeitressourcen) dagegen entschieden habe, den Versuch zu wagen. Umso mehr gilt mein Respekt all denen, die es auch ohne „Zusage“ sicherer Plätze versucht haben.
Lieber Till, danke für die Wertschätzung. Ein großes Fragezeichen mache ich hinter den Begriff des „Politikwechsels“.
Meine Einschätzung zu dem Austritt der zwei sich jetzt Grün-Alternativ nennenden habe ich ja schon oft gepostet, auch in diesem Blog: Meines Erachtens war die inhaltliche Basis des Bruchs eher dürftig und die bisherige Arbeit der neuen Gruppierung bestätigt das. Neue Akzente wurden kaum gesetzt, vielmehr wurde eine Differenz zur Herkunftsfraktion eher behauptet, als dass diese tatsächlich an inhaltlichen Gründen festzumachen wäre.
Der einzig große Aufreger ist es, dass a) einzelne Fraktionsmitglieder das befristete Alkoholverbot im Bermudadreieck mitgetragen haben (übrigens mit teilweise für mich zwar nicht teilbaren, so doch gut nachvollziehbaren Argumenten) und b) Grüne Mitglieder im Aufsichtsrat der VAG nicht deutlich gegen Essverbot und Videoüberwachung eintreten. Naja.
Es geht deswegen doch wohl weniger darum, dass bestimmte Inhalte über den tellerrand fallen, sondern darum, dass sich ein nennenswerter Teil der partei nicht repräsentiert fühlt. Das ist schlimm genug und zeigt, dass da offenbar seitens der Mehrheit zuwenig an das Ganze gedacht wird. Aber man sollte das ganze nicht zu sehr inhaltlich-ideologisch aufladen, das wäre unehrlich. In der Projektgruppe Kommunales hätte sich ja eine inhaltliche Opposition einbringen können. Hat sie aber kaum.
Übrigens sehe ich zumindest kulturpolitisch schon einen „Change“: Mit mir auf 8 und Tilo Buchholz (Drummer der Brothers) auf 14 sind zwei glaubwürdige Vertreter aus der Freiburger Kulturszene an Bord. Was glaubst Du, was ich mir aus dieser Ecke immer anhören durfte, wie wenig die Grünen davon verstünden. Zumindest die Kulturpolitik, die ja infolge des haushaltssanierungskurses starker Kritik ausgesetzt war, hat bei den Grünen neues gewicht, das Programm wurde ja auch von Tilo und mir mitgeschrieben und das wird es der fundamentaloppositionellen Position der UL schwerer machen im Kulturbereich zu reüssieren. Zu einem Kulturellen Wandel und zu einer dynamischen Kultur gehört es nämlich auch, dass manche Zuschüsse auch hinterfragt werden und nicht jede Kürzung als kulturfeindlich zurückgewiesen wird.
Dass die inhaltlichen Differenzen bei der Abspaltung nicht im Grundsätzlichen lagen, sondern dass es da eher eine Mischung aus unterschiedlichen Positionierungen innerhalb des grünen Spektrums plus fehlendem Respekt war, der letztlich dazu geführt hat – das sehe ich inzwischen auch so. Aber vielleicht ist genau das: das erfolgreiche Zusammenbringen leicht unterschiedlicher Positionen auf der Basis gegenseitigen Akzeptierens und Nachvollziehenwollens etwas, was in der alten Fraktion oftmals nicht geklappt hat.
Unterschreiben würde ich auf jeden Fall das Gefühl einer fehlenden Repräsentation durch größere Teile der Partei.
Zur fehlenden Bildung einer inhaltlichen Opposition: Mein Eindruck bei der Projektgruppe Kommunales – ich war ja nur beim ersten Workshop dabei – war schon, dass die alte Fraktion hier die Zügel fest in der Hand hatte, und dass zwar einige da waren, die durchaus auch andere Schwerpunkte setzen wollten, aber relativ klar ausgeklammert wurden. Und damit meine ich nicht nur und auch nicht in erster Linie mich. Hier ist vielleicht nicht der richtige Ort, um zu diskutieren, wie die Stimmung in der PG Kommunales in den folgenden Sitzungen war; ich kann mir aber gut vorstellen, dass sie nicht darauf angelegt waren, die personalpolitische wie inhaltliche Ausrichtung der grünen Fraktionsarbeit mal zu überdenken.
zur pg kommunales: ich war – bis auf die zweite ‑auf allen sitzungen der gesamt-pg – sowie in den aks kultur sowie zweimal bei den wirtschaftsleuten, insofern hat mein urteil schon eine gewisse empirische basis. klar haben sich die leute aus der fraktion stark eingebracht, aber dominiert haben sie diesen prozess gewiss nicht. Vergleichbar mit der ersten, moderierten sitzung waren die folgenden übrigens nicht.
nachtreten ist immer einfach. ich verstehe die ganze aufregung nicht. es war doch schon tage, wenn nicht wochen vorher klar, wie die verhältnisse sein werden. trotzdem haben sich viele grüne mitglieder nicht eingebracht. ich hätte mir auch mehr fairness und anstand von einigen alt-stadträtInnen gewünscht, aber so ist nunmal politik und warum sollte das bei grüns anders sein.
die galfr hat vielleicht die schönere seite dafür fehlt es ihnen aber an eigenem profil und klaren politischen botschaften. bin gespannt, wie (und mit wem) die beiden sich im wahlkampf zwischen linke liste und grün aufstellen wollen.
@holger: Ich habe mich auch schon Tage und Wochen vorher wenig glücklich damit gefühlt. Und war da wohl nicht der einzige. Weil Politik bei „Grüns“ eben eigentlich anders sein sollte.