Die Freude, Papier in der Hand zu halten

Titel Mensch – Technik – Ärger?

Auch in digi­ta­len Zei­ten erfreut es einen – mich jeden­falls – dann doch immer noch, eige­ne Tex­te schwarz auf weiss gedruckt in der Hand zu hal­ten. In die­sem Fall han­delt es sich um mei­nen Bei­trag „Trans­for­ma­ti­on durchs Tele­fon?“, der im end­lich erschie­ne­nen Sam­mel­band Mensch – Tech­nik – Ärger? von Dori­na Gumm, Moni­que Lanneck, Roman Lan­ger und Edouard J. Simon ent­hal­ten ist. Eine Zusam­men­fas­sung der forst­re­le­van­te Sei­te davon ist schon vor ein paar Wochen in den Forst­tech­ni­schen Infor­ma­tio­nen (FTI) erschie­nen (und wird ab Herbst/Winter 2008 unter der FTI-Web­site auch online abruf­bar sein). 

Ziel des Sam­mel­ban­des – die Arbeit dazu begann schon im Herbst 2006 und zog sich u.a. des­we­gen lan­ge hin, weil es rein Review-Ver­fah­ren gab – war es, das The­ma „Immer Ärger mit der Tech­nik?“ inter- und trans­dis­zi­pli­när auf­zu­drö­seln. Ich habe dazu das Fall­bei­spiel Mobil­te­le­fon gewählt und mir ange­schaut, wie die­se kon­kre­te Infor­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­no­lo­gie mit dazu bei­getra­gen hat bzw. dafür genutzt wur­de, Struk­tu­ren aus­ge­la­ger­ter Arbeit (Forst­dienst­leis­ter) in der Forst­wirt­schaft zu schaf­fen – und damit natür­lich auch ganz neue Poten­zia­le für Ärger. Den theo­re­ti­schen Hin­ter­grund dafür bil­de­te die Idee der Netz­werk­ge­sell­schaft, wie sie Cas­tells ent­wi­ckelt und neu­er­dings auch in Rich­tung Mobil­te­le­fon adap­tiert hat. Am forst­li­chen Bei­spiel wird sicht­bar, wie das Mobil­te­le­fon sowohl als nütz­li­ches Werk­zeug wie auch als „vir­tu­el­le Fes­sel“ fun­gie­ren kann – und dass dar­über, also auch über das Aus­maß an Ärger­lich­keit, weni­ger die Tech­nik selbst als viel­mehr die sozia­le Gestal­tung der Tech­nik­nut­zung, also die akzep­tier­ten Prak­ti­ken und Erwar­tun­gen ent­schei­den (wann darf das Mobil­te­le­fon aus­ge­schal­tet wer­den, ohne als Kleinst­un­ter­neh­mer wirt­schaft­li­che Sank­tio­nen erwar­ten zu müs­sen?). Inso­fern fin­den sich in mei­nem Text – im Samm­eband selbst wird er vor allem als Bei­trag zum The­ma Arbeits­welt dis­ku­tiert – auch über den forst­li­chen Kon­text hin­aus­ge­hen­de Anschlüs­se und Überlegungen.

Zum Sam­mel­band ins­ge­samt: er ist zwar trans­dis­zi­pli­när ange­legt, aber letzt­lich doch ziem­lich IT-las­tig gewor­den; Tech­nik wird in vie­len Bei­trä­gen sehr stark ein­ge­grenzt auf „infor­ma­ti­ons­tech­ni­sche Sys­te­me“, und vie­le AutorIn­nen haben einen direk­ten oder (selbst bei mir) zumin­dest indi­rek­ten Infor­ma­tik­hin­ter­grund. Das fin­de ich inso­fern ein biß­chen scha­de, als das Buch ins­ge­samt damit sei­nen eige­nen Anspruch nur teil­wei­se ein­löst. Trotz­dem sind für sich genom­men eini­ge sehr span­nen­de Bei­trä­ge her­aus­ge­kom­men. Für mich per­sön­lich fand ich vor allem drei Tex­te brauch­bar: Peter Bröd­ner zum „Elend com­pu­ter­un­ter­stüt­zer Orga­ni­sa­ti­on“, Paul F. Sie­gert zur Tech­nik­ge­schich­te der E‑Mail und den Abschluss­text von Roman Lan­ger et al., in dem ein Modell skiz­ziert wird, sozio­tech­ni­sche Sys­te­me zu erfor­schen, das vie­les aus der Tech­nik­so­zio­lo­gie auf­nimmt, was mir auch sinn­voll erscheint. Das mag aber je nach Inter­es­sen­schwer­punk­ten auch ganz anders aus­se­hen. Wer sich ganz kon­kret mit Infor­ma­ti­ons­tech­nik­so­zio­lo­gie (oder dem Bereich „Infor­ma­tik und Gesell­schaft“) befasst, wird eine gan­ze Men­ge mehr brauch­ba­res finden.

Lite­ra­tur­an­ga­ben
Gumm, Dori­na / Janneck, Moni­que / Lan­ger, Roman / Simon, Edouard J. (Hrsg.) (2008): Mensch – Tech­nik – Ärger? Zur Beherrsch­bar­keit sozio­tech­ni­scher Dyna­mik aus trans­dis­zi­pli­nä­rer Sicht. Müns­ter: LIT. 24,90 Euro, 209 Sei­ten, ISBN 3–8258-1347–9. Bei Ama­zon bestellen.

Wes­ter­may­er, Till (2008): »Immer erreich­bar sein? Über­le­gun­gen zum forst­li­chen Mobil­te­le­fon«, in Forst­tech­ni­sche Infor­ma­tio­nen, Jg. 60, Nr. 3+4/2008, S. 25–29.

Wes­ter­may­er, Till (2008): »Trans­for­ma­ti­on durchs Tele­fon? Mobi­le Kom­mu­ni­ka­ti­on und die Aus­la­ge­rung von Arbeit in der Netz­werk­ge­sell­schaft, dar­ge­stellt am Bei­spiel forst­li­cher Dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men«, in Gumm et al., S. 135–152.

War­um blog­ge ich das? Ein biß­chen auch als Reak­ti­on auf den wis­sen­schaft­li­chen Her­stel­lungs­pro­zess, der für mich zeit­wei­se eher nach „Immer Ärger mit dem Buch?“ klang – für die Her­aus­ge­be­rIn­nen war das sicher noch deut­lich stär­ker so. Was mich immer noch nicht ganz über­zeugt, ist die Buch­ge­stal­tung – das Titel­bild ist gelun­gen, der Innen­teil sieht lei­der stark nach print on demand aus, was eigent­lich nicht not­wen­di­ger­wei­se so sein müss­te, selbst wenn die­ses Her­stel­lungs­ver­fah­ren gewählt wird.

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