Die letzten paar Tage gab’s Rummelplatz rund um die Uni. Genauer gesagt: die Wissenschaftsmeile, Höhepunkt der Festwoche (ich muss ja zugeben: je länger ich das Jubiläum jetzt tatsächlich mitkriege, desto skeptischer betrachte ich es). Jedenfalls hat die Wissenschaftsmeile einige Schattenseiten: die Rempartstraße und der Rotteckring sind gesperrt (gut so) – aber alles ist umzäunt, und die Umleitungsstrecke ist ziemlich halsbrecherisch. Und Festprogramm mit jeder Menge Musik und Getobe passt nicht so gut zu Klausuren, die gleichzeitig geschrieben werden.
Aber nehmen wir die Wissenschaftsmeile doch einfach mal ernst und schauen, was die offizielle Universität unter Wissenschaft versteht. Dabei ist es natürlich am besten, streng empirisch und quantitativ vorzugehen. Grundlage für die Erhebung bildet also die vergebene Standfläche:
Offizieller Plan der Meile (Anklicken zum Vergrößern)
Einen ersten groben Eindruck davon, was Wissenschaft ist, gibt eine Auszählung der vergebenen (und im Plan eingezeichneten) Standfläche. Den Gastronomiebereich habe ich dabei ungefähr verdoppelt, was gerechtfertigt ist, weil überall Bierbänke rumstehen. Dabei ergibt sich folgende Aufgliederung (in Prozent der gesamten Fläche der Wissenschaftsmeile ohne „Lauffläche“ und Gebäude):
Ausgewiesene Wissenschaftsfläche: 42,5 %
Sonstige Flächen: 57,5 % (davon 54 % Gastronomie, 31 % Beachvolleyball und 14 % Bühnen)
Als erstes Zwischenfazit lässt sich also festhalten: Wissenschaft nach der Definition Wissenschaftsmeile besteht zu über der Hälfte aus Essen, Musik/Unterhaltungsprogramm/Reden und Beachvolleyball.
Wie verteilen sich nun die 42,5 % „Wissenschaft im engeren Sinne“? Relevant dafür sind die Aussteller auf der Wissenschaftssmeile. Verteilen wir diese also wiederum nach Standfläche:
Wissenschaftsmarkt: 46 %
MPG, FhG, andere Hochschulen, ABI: 16 %
Sponsoren: 15 %
Internationales: 11 %
Landeseinrichtungen: 6 %
Aka-Filmclub: 4 %
Arbeitssicherheit an der Universität: 1 %
Gleichstellungsbüro: 1 %
Eine genaue Auflistung für den Wissenschaftsmarkt existiert nicht. Meiner Einschätzung nach besteht er etwa zu einem Fünftel aus Geistes- und Sozialwissenschaften, einem Fünftel aus Serviceeinrichtungen (UB, Medienzentrum) und die restlichen drei Fünftel bestehen – jeweils etwa zur Hälfte – aus der Medizin und aus Naturwissenschaften.
Anders gesagt: wissenschaftliche Standfläche in der Wissenschaftsmeile in einem ganz engen Sinn besteht aus den etwa 4/5 des Wissenschaftsmarktes (= 37 %), den 16 % anderer Hochschulen und Forschungseinrichtungen plus vielleicht noch einmal fünf Prozentpunkten Wissenschaftsanteil bei den anderen Ausstellern.
Damit lässt sich zusammenfassen: etwa ein Viertel der gesamten Standfläche der Wissenschaftsmeile besteht aus Wissenschaft i.e.S. (überwiegend Medizin und Natur- und Technikdisziplinen), der Rest verteilt sich auf Gastronomie (31 %), Beachvolleyball (18 %), Bühnen, Serviceeinrichtungen und Sponsoren.
Oder anders gesagt: bei der Wissenschaft an der Universität Freiburg kommt zuerst das Fressen, dann – je nachdem, welche Disziplin – das Forschen, die Sponsorengelder und die Bürokratie sowie das Unterhaltungsprogramm. Jedenfalls wäre das der – rein quantitative – Eindruck von Wissenschaft, den das zahlreich anwesende Volk gewinnen müsste. Was fehlt? Studierende kommen nicht wirklich vor (klar, Hiwis „dürfen“ die Stände betreuen) und auch der Eindruck vom Forschungsinhalt bleibt m.E. eher oberflächlich (Wissenschaft ist: Menschen aufbohren, bunte Diagramme und Landkarten und archäologische Fundstücke). Und Sozialwissenschaft taucht vor allem als Wahlstatistik auf. Aber irgendwie passt das auch zum Jubiläum insgesamt.
Warum blogge ich das? Weil ich die letzten paar Tage mindestens zweimal täglich an der Wissenschaftsmeile vorbeigehen musste und nicht so ganz begeistert bin; ich bin mir auch nicht so sicher, wie weit ein Volksfest wirklich zum Public Understanding of Science beiträgt. Wer sich selbst ein Bild machen will, kann das noch bis morgen Mittag tun: Offizielle Website