Realistische Erwartungen an Politik und PolitikerInnen, bitte!

Gut gesetzte Pointe

Zwei­mal Ver­wun­de­rung mei­ner­seits, was man­che für Erwar­tun­gen an die Poli­tik und an die Poli­ti­ke­rIn­nen haben.

Bei­spiel 1: Ende Novem­ber tagt die Bun­des­de­le­gier­ten­kon­fe­renz (Bun­des­par­tei­tag) der Grü­nen in Kiel. Auf der Tages­ord­nung steht u.a. ein ziem­lich guter netz­po­li­ti­scher Antrag. Zu die­sem Antrag, ins­be­son­de­re zu sei­nen For­de­run­gen im Bereich Urhe­ber­recht, gibt es eine gan­ze Rei­he an Ände­rungs­an­trä­gen. Anders gesagt: Es gibt inner­halb der grü­nen Par­tei unter­schied­li­che Vor­stel­lun­gen dar­über, wie das in Zukunft mit Urhe­ber­recht, Kul­tur, dem Netz etc. sein soll. Es wird also rege dis­ku­tiert – und am Schluss wird der Par­tei­tag ent­schei­den, ob die eine oder die ande­re Posi­ti­on sich durch­setzt, oder ob es einen Kom­pro­mis geben wird. 

Ich hal­te das für ein ziem­lich demo­kra­ti­sches Vor­ge­hen. Metro­naut macht dar­aus einen „Grü­ne müs­sen um netz­po­li­ti­sche Kom­pe­tenz zittern“-Artikel. Kann man machen. Einen Schritt wei­ter gehen dann eini­ge in mei­ner Time­line, die allein dar­in, dass über die­se Din­ge debat­tiert wird (und ja, die BAG Kul­tur sieht das oft anders als die BAG Medi­en & Netz­po­li­tik!), einen Affront sehen. Wie soll denn bit­te sonst eine Mei­nung zustan­de kom­men, wenn nicht im Streit um unter­schied­li­che poli­ti­sche Vorstellungen?

Bei­spiel 2: Inzwi­schen sind eini­ge Poli­ti­ke­rIn­nen regel­mä­ßig auf Twit­ter zu fin­den, twit­tern selbst – mal flap­sig, mal ernst­haft – und machen deut­lich was ande­res als Pres­se­mit­tei­lungs­hin­wei­se. Das gelingt eini­gen bes­ser als ande­ren. Ich fin­de es zunächst mal posi­tiv – und fin­de es auch posi­tiv, dass dar­un­ter auch Kon­ser­va­ti­ve sind, die inhalt­lich durch­aus nicht mit der Mehr­heit der netz­po­li­ti­schen Gemein­de über­ein­stim­men. Denen wird jetzt – wie­der­um auf Twit­ter, aber auch z.B. in die­sem Blog­bei­trag – vor­ge­wor­fen, sich auf Twit­ter so zu ver­hal­ten, wie sonst auch, also sozi­al zu inter­agie­ren, sich auch mal poli­tisch zu necken usw. Nico Lum­ma beschwert sich dar­über, dass diese …

… vor dem Zubett­ge­hen noch eine paar poli­ti­sche Sal­ven abfeu­ern, das geht gut geüb­ten Poli­ti­kern leicht von der Hand, das kennt das Volk aus unzäh­li­gen Talk­shows und es tut nie­man­dem weh. 

Was bit­te soll das? Wel­che Erwar­tun­gen wer­den hier an die Poli­ti­ke­rIn­nen gestellt? Voll­zeittwit­tern, aber bit­te nur ernst­haft poli­tisch, nie flap­sig, und natür­lich immer zugäng­lich für die Weis­heit der Vie­len? Ich fin­de das unrea­lis­tisch – und sehe im von Lum­ma kri­ti­sier­ten Poli­tikt­wit­tern kei­ne Insze­nie­rung, son­dern eine Selbst­prä­sen­ta­ti­on. So sind sie halt.

War­um blog­ge ich das? Als Ver­such einer begrün­de­ten Gegenposition.

2 Antworten auf „Realistische Erwartungen an Politik und PolitikerInnen, bitte!“

  1. zum 1. Bei­spiel: Natür­lich muss man dis­ku­tie­ren und dis­ku­tie­ren an sich ist gut, aber der „nor­ma­le Wäh­ler“ will halt mög­lichst ein­fach und prä­gnant prä­sen­tiert bekom­men, wofür er sich ent­schei­den kann. Daher muss man auch in einer ange­mes­se­nen Zeit zu einem Ergeb­nis kom­men. Wenn wir sagen, bei den Grü­nen geht das Spek­trum von A‑Z, dann kön­nen wir uns als Volks­par­tei sehen (bei uns sind alle ver­tre­ten), oder als „unkla­re Linie“…
    Daher den­ke ich, dass man zuerst mal alle Mög­lich­kei­ten abwä­gen muss, sich dann für eine kla­re Lösung ent­schei­det, und die dann auch in das Pro­gramm aufnimmt.

    zum 2. Bei­spiel: Ich sage schon lan­ge, dass Twit­ter weni­ger Kom­mu­ni­ka­ti­on und mehr Spamming-Tool ist. So nut­zen es auch vie­le Poli­ti­ker, die sich mal wit­zig, mal wis­send, mal seri­ös prä­sen­tie­ren wollen.
    Ich den­ke, das ist solan­ge OK, solan­ge das auch ehr­lich zuge­ge­ben wird. Unse­re Grü­nen-Poli­ti­ker „spam­men“ viel bei Face­book, dar­aus ent­wi­ckeln sich Dis­kus­sio­nen, aber die Autoren betei­li­gen sich nicht mehr an der Dis­kus­si­on (ich hab zwar paar Namen im Kopf, bei denen ICH das Gefühl habe, da es aber noch nicht veri­fi­ziert wur­de, ver­schwei­ge ich die Namen).
    Wenn sie sagen, wir ver­brei­ten Infos und Mei­nun­gen über Face­book: OK.
    Wenn sie behaup­ten, sie wären Volks­nah weil sie bei Face­book aktiv sind: Nicht OK.

    Und noch eine letz­te Fra­ge­run­de: Was ist der unter­schied zwi­schen Insze­nie­rung und Prä­sen­ta­ti­on? Glaubst du wirk­lich, irgend jemand prä­sen­tiert sich wirk­lich so wie er ist? Nein, jeder insze­niert sich. Mal mehr, mal weni­ger, aber immer!

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