Kurz: Umgangsformen

Am Wochen­en­de hat­ten wir Lan­des­de­le­gier­ten­kon­fe­renz in Donau­eschin­gen. Unter ande­rem hielt dort unse­re Bun­des­vor­sit­zen­de Ricar­da Lang eine sehr star­ke Rede zu Putin und der Ukrai­ne, zu stei­gen­den Ener­gie­prei­sen und dem Anspruch, statt eines „Win­ters der Wut“ einen „Win­ter der Soli­da­ri­tät“ erle­ben zu wollen.

Ich habe ein biss­chen dazu get­wit­tert, Ricar­da hat einen der Tweets ret­weetet – und mir damit einen Ein­blick in das Schlamm­loch gege­ben, dass Twit­ter auch sein kann. Mei­ne Time­line zeigt das, was ich sehen will – die Tweets und Ret­weets der Leu­te, denen ich fol­ge, kei­ne Emp­feh­lun­gen, kei­ne algo­rith­misch rein­ge­schleu­der­ten Tweets. Das ist meist niveau­voll und bei allen Dif­fe­ren­zen durch einen freund­li­chen Umgang mit­ein­an­der gekenn­zeich­net. Und mei­ne eige­nen Tweets erlan­gen sel­ten eine Sicht­bar­keit, die Trol­le anlockt.

Hier war das nun anders – gegen Ricar­da gerich­te­te Belei­di­gun­gen im Dut­zend, und natür­lich Vor­wür­fe aller Art gegen grü­ne Poli­tik. Letz­te­res gehört dazu, ers­te­res fin­de ich uner­träg­lich. Und ich kann mir vor­stel­len, wie übel das bei Accounts wie dem von Ricar­da Tag für Tag aussieht. 

Twit­ter ermög­licht es inzwi­schen, ein­zu­schrän­ken, wer ant­wor­ten darf. Das habe ich dann auch gemacht – und groß­zü­gig alle geblockt, denen sicht­bar nicht an Debat­te, son­dern nur an Beschimp­fung und Hass gele­gen ist. Und das ist völ­lig legitim.

Parteitagsnachbericht: Aufstellung als Regierungspartei

Am Frei­tag und Sams­tag fand – mit Sit­zun­gen bis in die Nacht – die 47. Bun­des­de­le­gier­ten­ver­samm­lung von Bünd­nis 90/Die Grü­nen statt, also unser Bun­des­par­tei­tag. Im Mit­tel­punkt – auch der media­len Auf­merk­sam­keit – stan­den dabei die Neu­wah­len des sechs­köp­fi­gen Bun­des­vor­stands (mit Ricar­da Lang und Omid Nou­ri­pour als neu­en Vor­sit­zen­den) und des Par­tei­rats – also in etwa das, was in ande­ren Par­tei­en „Prä­si­di­um“ heißt. Gro­ßen Raum nah­men dane­ben Sat­zungs­än­de­run­gen sowie eine mehr­stün­di­ge Aktu­el­le Debat­te samt Ver­ab­schie­dung der schei­den­den Bun­des­vor­stands­mit­glie­der (Anna­le­na Baer­bock, Robert Habeck, Jami­la Schä­fer und Micha­el Kell­ner) ein. In der Aktu­el­len Debat­te ging es – nach einer letz­ten gemein­sa­men Rede von Anna­le­na und Robert – immer wie­der um die Ukrai­ne-Kri­se und die Hal­tung der Bun­des­re­gie­rung dazu, um die EU-Taxo­no­mie (dazu wur­de auch ein Antrag ver­ab­schie­det), aber auch um Erwar­tun­gen an die grü­ne Regie­rungs­be­tei­li­gung und um den Koalitionsvertrag.

Deut­li­cher Unter­ton: jetzt beginnt eine neue Ära. Die Häu­tung und Neu­auf­stel­lung der Par­tei, die so etwa 2015 begon­nen hat, und an der Micha einen gro­ßen Anteil hat, zu der ein neu­es Grund­satz­pro­gramm gehört und die mit der Wahl von Robert und Anna­le­na 2018 dann in den Boos­ter-Modus der Ver­än­de­rung schal­te­te, ist zunächst ein­mal erfolg­reich abge­schlos­sen. Wir sind mit 125.000 Mit­glie­dern kei­ne klei­ne Par­tei mehr. Wir regie­ren – end­lich wie­der – mit. Und wir ver­ste­hen uns – Minis­ter­prä­si­dent Kret­sch­mann tadel­te das – nicht als „Milieu­par­tei“, son­dern als Bünd­nis­par­tei, die kapiert hat, dass die not­wen­di­gen gro­ßen Ver­än­de­run­gen nur gemein­sam mit der Bevöl­ke­rung, der Wirt­schaft und der Zivil­ge­sell­schaft erreich­bar sind. Das alles gehört zur neu­en Rea­li­tät von Bünd­nis 90/Die Grü­nen – und das alles wird auch die Wahl­kämp­fe in die­sem Jahr (Saar­land, NRW, Schles­wig-Hol­stein, Nie­der­sa­chen) bestimmen. 

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Grünes Hoch, hohes Grün

Green day II

Ein Monat nach den baden-würt­tem­ber­gi­schen Land­tags­wah­len ste­cken wir mit­ten in der Ver­hand­lun­gen mit der CDU über eine zwei­te grün-schwar­ze Koali­ti­on; dies­mal nicht als Kom­ple­men­tär­ko­ali­ti­on, son­dern als Auf­bruch für Baden-Würt­tem­berg ange­legt, in dem sich die deut­lich ver­scho­be­nen Kräf­te­ver­hält­nis­se wider­spie­geln. 32,6 Pro­zent als bes­tes Land­tags­wahl­er­geb­nis Grü­ner über­haupt (58 der 70 Direkt­man­da­te im Land!), und 24,1 Pro­zent für die CDU. Das hat nicht nur dazu geführt, dass die CDU-Spit­zen­kan­di­da­tin ihren Abschied von der Poli­tik erklärt hat, son­dern auch kla­re grü­ne Erfol­ge bereits in den Son­die­rungs­ge­sprä­chen ermöglicht. 

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