Freiheit statt Angst (Update 3)

„Frei­heit statt Angst“ – so lau­tet das Mot­to der bun­des­wei­ten Demo, die am 22.9. in Ber­lin statt­fin­den wird (unter ande­rem unter­stützt von Attac, Bdwi, Bünd­nis 90/Die Grü­nen, CCC, Cam­pus­grün, DIE LINKE, Tei­len der FDP, FFII, FIFF, Foe­bud, FSF, Grü­ner Jugend, HU, JDJL, Julis, LSD, NNM, Pira­ten­par­tei und ver­di). Ziel der Demo:

1. Weni­ger Überwachung

Wir for­dern

* kei­ne Total­pro­to­kol­lie­rung von Tele­fon, Han­dy und Inter­net (Vor­rats­da­ten­spei­che­rung),
* kei­ne gehei­me Durch­su­chung von Computern,
* Stopp der Video­über­wa­chung des öffent­li­chen Raums, kei­ne auto­ma­ti­sche Gesichtskontrolle,
* Stopp von Bio­me­trie und RFID-Chips in Aus­wei­sen und Pässen,
* kei­ne Vor­rats­spei­che­rung von Flugpassagierdaten,
* kein auto­ma­ti­scher Kfz-Kenn­zei­chen­ab­gleich auf öffent­li­chen Straßen. 

2. Bestehen­de Über­wa­chungs­ge­set­ze auf den Prüf­stand stellen
Wir for­dern eine unab­hän­gi­ge Über­prü­fung aller seit 1968 beschlos­se­nen Über­wa­chungs­ge­set­ze auf ihre Wirk­sam­keit und schäd­li­chen Nebenwirkungen.

3. Stopp für neue Über­wa­chungs­ge­set­ze Nach der inne­ren Auf­rüs­tung der letz­ten Jah­re for­dern wir einen sofor­ti­gen Stopp neu­er Geset­zes­vor­ha­ben auf dem Gebiet der inne­ren Sicher­heit, wenn sie mit wei­te­ren Grund­rechts­ein­grif­fen ver­bun­den sind.

Ein lesens­wer­tes Inter­view zu den Hin­ter­grün­den die­ser Demo ist bei jetzt.de zu fin­den (via).

Scha­de, dass Ber­lin so weit weg ist (und dass ich nicht jeden Sams­tag weg sein will, und dass am Tag drauf mei­ne Freun­din Geburts­tag hat), sonst wür­de ich hin­fah­ren. Wich­tig ist das näm­lich, und wer das liest und näher dran ist, soll­te auf jeden Fall hingehen.

War­um blog­ge ich das? 1., weil ich das abso­lut unter­stüt­zens­wert fin­de, die­se The­men mal wie­der ein biß­chen stär­ker in die Öffent­lich­keit zu brin­gen und mich freue, dass es ein so brei­tes Unter­stüt­zer­bünd­nis gibt, und 2., weil ich fin­de, dass „Frei­heit statt Angst“ auch über das kon­kre­te The­ma hin­aus eine sehr gute Leit­li­nie für poli­ti­sches Han­deln dar­stellt: Poli­ti­sche Hand­lun­gen, die ten­den­zi­ell eher Angst erzeu­gen als Frei­heit zu gene­rie­ren, sind fast immer pro­ble­ma­tisch. Das fängt bei „Sicher­heits­ge­set­zen“, die ein Gefühl der Bedro­hung ver­stär­ken, an, und geht über Hartz-IV bis hin zur Fra­ge, ob Umwelt­po­li­tik als Angst­the­ma oder als grü­ne Renais­sance kom­mu­ni­ziert wird.

Update (23.09.2007): Die Demo scheint inso­fern erfolg­reich gewe­sen zu sein, als 15.000 Men­schen dar­an teil­ge­nom­men haben; Poli­zei vs. schwar­zer Block sorg­te für Unruhe.

Update 2 (25.09.2007): Wer – wie zum Bei­spiel ich – nicht bei der Demo war, kann zum Bei­spiel den Rede­bei­trag von Mar­kus Becke­dahl von netzpolitik.org trotz­dem nach­le­sen. Näm­lich hier.

Update 3: Über Mar­kus‘ Rede­bei­trag habe ich ganz die aus­führ­li­che Bericht­erstat­tung zur „größ­ten Demons­tra­ti­on für mehr Daten­schutz seit 20 Jah­ren“ bei netzpolitik.org über­se­hen. Mit vie­len Links.

Evolutionsdruck für Texterkennung

Schwei­zer Künst­ler haben einen Web­ser­vice gestar­tet, der es ermög­licht, das Web als Bild zu sur­fen. Statt HTML lie­fert Pici­dea Gra­fi­ken – und Link­maps. Damit ist ein Sur­fen unter Umge­hung von Zen­su­ren mög­lich, sofern ein Zugang zum Pici­dea-Ser­ver oder einem Klon davon mög­lich ist. 

Das gan­ze fühlt sich irgend­wie wit­zig an und funk­tio­niert ganz gut. Nur mit Ses­sion­ma­nage­ment und der­glei­chen (also allem, wo mensch sich ein­log­gen muss) kommt das Sys­tem natür­lich nicht klar. (Und mit Frames auch nicht, sie­he mei­ne Web­site).

Wer es selbst aus­pro­bie­ren will, kann das hier tun. Und hier mehr dar­über erfahren.

Via Font­blog.

War­um blog­ge ich das? Viel­leicht nicht nur eine Lösung für die Umge­hung von Zen­sur­maß­nah­men in Chi­na (oder bei Blue­Wall) etc., son­dern auch eine Mög­lich­keit, ziem­lich anonym durchs Netz zu sur­fen. Inso­fern eine ziem­lich inter­es­san­te Neue­rung. Mal schau­en, wann sie wo ille­gal wird.

Gentrification + Google = „militante gruppe“ (Update 3)

Der taz zufol­ge sitzt der Ber­li­ner Stadt­so­zio­lo­gie Andrej H. wohl des­we­gen in Unter­su­chungs­haft, weil sowohl in Beken­ner­schrei­ben der „mili­tan­ten grup­pe“ wie auch in sei­nen Arbei­ten sozio­lo­gi­sche Fach­be­grif­fe wie „Pre­ka­ri­sie­rung“ und „Gen­tri­fi­ca­ti­on“ auf­ge­taucht sind. Wenn’s nicht so ernst­haft wäre, wür­de das gen­re­tech­nisch glatt als Far­ce durchgehen.

Das Ermitt­lungs­ver­fah­ren, das vor drei Wochen zur Fest­nah­me des Ber­li­ner Stadt­so­zio­lo­gen Andrej H. geführt hat, geht offen­bar auf eine Inter­net­re­cher­che des Bun­des­kri­mi­nal­amts mit Hil­fe des Such­por­tals Goog­le zurück. Dies erklär­te ges­tern in Ber­lin H.s Anwäl­tin Chris­ti­na Clemm, die erst­mals Ein­sicht in die Ermitt­lungs­ak­ten neh­men konnte.
Clemm zufol­ge haben die Fahn­der des BKA im Inter­net nach bestimm­ten Stich­wor­ten gesucht, die auch die „mili­tan­te grup­pe“ in ihren Beken­ner­schrei­ben benutzt. Dar­un­ter sei­en Begrif­fe wie „Gen­tri­fi­ca­ti­on“ oder „Pre­ka­ri­sie­rung“. Da H. zu die­sen The­men for­sche, sei­en die Fahn­der auf ihn auf­merk­sam gewor­den. „Das reich­te für die Ermitt­lungs­be­hör­den für eine fast ein­jäh­ri­ge Obser­va­ti­on, für Video­über­wa­chung der Haus­ein­gän­ge und Lausch­an­griff“, so Clemm.

Der offe­ne Brief gegen die­ses Vor­ge­hen wur­de übri­gens laut taz inzwi­schen von über 2000 Leu­ten (aktu­ell: 2600) unter­zeich­net; eine Ein­ord­nung des gan­zen von Saskia Sas­sen und Richard Sen­nett fin­det sich auf der taz-Mei­nungs­sei­te. Zu den Unter­schrif­ten kom­men noch über 1300 Unter­zeich­ne­rIn­nen des inter­na­tio­na­len Briefs hin­zu (via).

Bleibt also nur zu hof­fen, dass die Jus­tiz sich als lern­fä­hig erweist, statt sich am Ter­ror­be­kämp­fungs­vor­bild USA (fal­scher Name = Ter­ro­rist, fal­sche Geträn­ke = Ter­ro­ris­tin, …) zu orientieren. 

War­um blog­ge ich das? Als Update hier­zu und dazu, und weil ich es wei­ter­hin unmög­lich fin­de; im schlimms­ten Fall ist das hier der Anfang einer Kri­mi­na­li­sie­rung kri­ti­scher Sozialforschung!

Update: Zumin­dest Andrej H. wur­de jetzt vor­erst – gegen Kau­ti­on – aus der Unter­su­chungs­haft ent­las­sen. Die Bun­des­an­walt­schaft hat mit­ge­teilt, dass sie dage­gen Beschwer­de erhe­ben wird.

Update 2: Der Voll­stän­dig­keit hal­ber, und weil das The­ma aktu­ell bleibt, noch der Hin­weis auf einen wei­te­ren offe­nen Brief aus Rich­tung Rosa-Luxem­burg-Stif­tung / Gewerkschaften.

Update 3: (03.09.2007) Hin­weis auf ein Inter­view mit Andrej Holms Anwäl­tin zur aktu­el­len Lage.

Netzwerke überall

Dies­mal nicht die sozia­len Netz­wer­ke im Inter­net, oder die Akteurs-Netz­wer­ke, die all­täg­li­che Prak­ti­ken tra­gen, son­dern ein kur­zer Hin­weis auf einen Para­dig­men­wech­sel in der Gentechnik:

To their sur­pri­se, rese­ar­chers found that the human geno­me might not be a „tidy coll­ec­tion of inde­pen­dent genes“ after all, with each sequence of DNA lin­ked to a sin­gle func­tion, like a pre­dis­po­si­ti­on to dia­be­tes or heart disease.

Ins­tead, genes appear to ope­ra­te in a com­plex net­work, and inter­act and over­lap with one ano­ther and with other com­pon­ents in ways not yet ful­ly unders­tood. Accor­ding to the insti­tu­te, the­se fin­dings will chall­enge sci­en­tists „to rethink some long-held views about what genes are and what they do.“

Quel­le, via.

War­um blog­ge ich das? Weil es so scheint, als wäre Netz­werk das neue schwarz, äh, also die neue Groß­theo­rie, die sys­tem­theo­re­ti­sches Den­ken in ziem­lich vie­len Kon­tex­ten hand­hab­bar macht.

Jetzt auch tragbar (Update)

Wovon ist die Rede? Das Nach­fol­ge­b­log des Neu­en Uni­ver­sums, näm­lich die Rie­sen­ma­schi­ne, gibt es jetzt auch trag­bar. Also als Buch. Und weil die Her­aus­ge­be­rIn­nen das gan­ze brav auch als ein den Ver­kauf anre­gen­des PDF (6 MB) ver­öf­fent­licht haben (also qua­si die knit­ter­freie Fas­sung des trag­ba­ren Papier­din­ges), wer­be ich dafür ger­ne. Gese­hen habe ich bis­her nur letz­te­res, hat mir gefal­len (auch bezüg­lich der Gestal­tung), das ande­re liegt im Bestell­aus­gang beim Inter­net­buch­händ­ler mei­nes Ver­trau­ens (a 8,95 Euro, wird als Res­sour­ce für die nächs­te Bahn­fahrt erwartet).

War­um blog­ge ich das? Muss etwas mit sub­li­mi­na­ler Hyp­no­se zu tun haben.

Update: Heu­te war’s dann im Brief­kas­ten – und wur­de, statt es ordent­li­cher­wei­se für die Bahn­fahrt auf­zu­he­ben, gleich gele­sen. Bis auf einen fälsch­li­cher­wei­se in den Text gerutsch­ten Bin­de­strich irgend­wo war’s ganz nett.