20 Jahre nach dem ersten virtuellen Parteitag und ein halbes Jahr nach der großen Schaltkonferenz, dem digitalen Länderrat, tagte an diesem Wochenende die grüne Bundesdelegiertenkonferenz (BDK) digital. Hashtag #dbdk20. Corona macht’s möglich – und gleichzeitig lässt sich feststellen: so eine digitale BDK ist fast genauso anstrengend wie zweieinhalb Tage in irgendeiner Messehalle zu sitzen, dort Reden zu lauschen, konzentriert abzustimmen und nebenbei noch den einen oder anderen Plausch zu halten. Die Hin- und Rückfahrt entfällt, aber das macht das fehlende Wochenende auch nicht wett.
Die große Schaltkonferenz
Vor ziemlich genau 20 Jahren fand der „Virtuelle Parteitag“ der baden-württembergischen Grünen statt. Diese Pionierleistung habe ich damals in meiner Magisterarbeit (eine Zusammenfassung findet sich hier und – ganz knapp – hier) genauer angeschaut. Was macht einen Parteitag aus? Neben der parteiengesetzlich festgeschriebenen Aufgabe der innerparteilichen Meinungsbildung (und Wahlen und Abstimmungen) gehört dazu nach innen auch etwas, was ich als „innerparteiliche Sozialisation“ beschreiben würde: das „Familientreffen“, Kontakte knüpfen, Netzwerke bilden. Und nach außen ist ein Parteitag immer auch mediales Event, eine Möglichkeit, Themen zu setzen, in der öffentlichen Wahrnehmung vorzukommen. Beides verknüpft sich, wenn Journalist*innen, die eine Partei beobachten, auf dem Parteitag direkt mit Delegierten sprechen und ein Gefühl für die Stimmung in der Mitgliedschaft entwickeln. Für Redner*innen auf der Bühne ist die Parteitagshalle Echoraum – es wird schnell klar, wo der Beifall tost und was eher auf müde Gesichter stößt. Die Partei erfährt sich selbst.
Ein Parteitag ist also eine vielschichtige Angelegenheit. Einen solchen vor 20 Jahren ins Netz zu verlegen, hieß damals in Baden-Württemberg: über mehrere Tage lang in verschiedenen Diskussionsforen inhaltlich argumentieren, um dann zu festen Zeitpunkten mit einem gesicherten Verfahren Abstimmungen unter den Delegierten durchzuführen und so am Schluss zu einer Positionierung zu kommen, damals zu Ladenöffnungszeiten. Als einer der ersten Gehversuche der Parteien im Netz war der Virtuelle Parteitag ein überregionales Medienereignis. Die Meinungsbildung erfolgte schriftlich, kein Platz für große Reden. Damit zumindest ein bisschen vom Kennenlernen der anderen Delegierten und Mitglieder übrig blieb, gab es eine „Kaffeeecke“, ein nicht thematisch festgelegtes Diskussionsforum. Das alles, wie gesagt, über einen längeren Zeitraum gestreckt, also eher asynchron, und definitiv textbasiert.
Ein paar Jahre später landete der Virtuelle Parteitag zwar in der baden-württembergischen Satzung, ein paar andere Landesverbände machten ähnliches, aber insgesamt blieb es beim einmaligen Versuch. Die Differenz zu dem, wozu Parteitage in einer Partei dienen, war dann doch zu groß. Zudem gibt es rechtliche Hürden (Wahlen sind nur in Versammlungen möglich), geheime Abstimmungen sind kaum sicher umzusetzen, die Kosten waren ähnlich hoch wie für die Anmietung einer Halle, und die Idee, dass sich jetzt plötzlich große Teile der Mitgliederschaft beteiligen, erfüllte sich auch nicht – ein großer Anteil der Beiträge kam von wenigen „Powerusern“. Über das Geschlechterverhältnis will ich jetzt gar nicht reden.
Kurzum: bis vor kurzen hätte ich gesagt, dass es sich nicht lohnt, das Format Parteitag im Netz nachzubauen.
Wieso ich Facebook (noch) nutze
#deletefacebook ist der Hashtag der Saison, und ich gebe es zu: auch ich habe darüber nachgedacht – und mich vorerst dagegen entschieden, meinen Facebook-Account stillzulegen oder zu löschen.
Ich habe das aber zum Anlass genommen, mal darüber nachzudenken, wie ich eigentlich Facebook nutze. Dabei komme ich auf vier bis fünf für mich zentrale Funktionalitäten:
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Kurz: Netzbeteiligungsgeschichte
Kurzer Hinweis, dass ich heute bei der schnuckelig kleinen #evotecon18 in Erfurt über den Virtuellen Parteitag (der im Jahr 2000 stattfand und 2001 das Thema meiner Magisterarbeit war) und Online-/Offline-Beteiligung bei Bündnis 90/Die Grünen vorgetragen habe. Die Folien können auf SlideShare angeschaut werden, wenn ich dazu komme, schreibe ich auch noch ein bisschen ausführlicher etwas dazu.
Erste Zahlen zum grünen Wahlprogramm 2017 (aktualisiert)
Hinweis: in der ersten Fassung dieses Textes fehlten noch einige Änderungsanträge, die zum Zeitpunkt der Auswertung am 4.5.2017 noch nicht online waren. Inzwischen sind 2127 Änderungsanträge erfasst; den Artikel unten habe ich daraufhin deutlich überarbeitet.
Vor kurzem endete der Antragsschluss für Änderungsanträge zum grünen Bundestagswahlprogramm 2017. Ein Anlass, sich einmal anzuschauen, wer wie viele Änderungsanträge gestellt hat.
Zu beachten ist dabei zunächst die Grundlage, auf die sich die Änderungsanträge beziehen. Mit rund 330.000 Zeichen ist der Entwurf für das grüne Bundestagswahlprogramm 2017 deutlich kürzer ausgefallen als das Programm zur Bundestagswahl 2013, das im Entwurf etwa 450.000 Zeichen umfasste, und nach der Beschlussfassung der Bundesdelegiertenkonferenz auf eine Länge von rund 660.000 Zeichen anwuchs. Damals waren rund 2500 Änderungsanträge gestellt worden.
Zwischen 2013 und 2017 sind einige Dinge passiert. Eine wichtige Änderung betrifft die Art und Weise, wie Änderungsanträge gestellt werden können.
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