Unsichtbare Wahlkampfthemen: Platz der Alten Synagoge

KG II, I

Es gibt Wahl­kampf­the­men, die prä­sent sind. In Frei­burg gehört die Fra­ge Stadt­bau, Mie­ten, Woh­nungs­si­tua­ti­on sicher dazu. Es gibt aber auch Wahl­kampf­the­men, die unter­schwel­lig vor sich hin­kö­cheln. Mög­li­cher­wei­se ist die geplan­te Umge­stal­tung des Plat­zes der Alten Syn­ago­ge ein sol­ches unter­schwel­li­ges Wahl­kampf­the­ma. Viel­leicht ist’s auch eines, dass nur Stu­die­ren­de und deren Umfeld (also mich z.B. ;-)) wirk­lich inter­es­siert. Hell­hö­rig gemacht hat mich jeden­falls die Tat­sa­che, dass im aktu­el­len u‑as­ta-infou‑Bote lis­ten­über­grei­fend gleich sie­ben der dort por­trä­tier­ten zwölf „stu­den­ti­schen“ Kan­di­da­tIn­nen für die Gemein­de­rats­wahl den Platz der Alten Syn­ago­ge ansprechen. 

Ich wür­de mich freu­en, eini­ge die­ser Stim­men dann auch im Gemein­de­rat wie­der­zu­fin­den (und nein, das soll jetzt kei­ne Wahl­emp­feh­lung für die Kan­di­da­tIn­nen der SPD oder CDU wer­den – aber wer schon die­se Par­tei­en wäh­len möch­te, kann ja mal in der Stimm­ge­wich­tung nach­den­ken, wer passt). Bei eini­gen ist auch gar nicht so ganz klar, was sie jetzt eigent­lich wol­len. Zumin­dest das The­ma wird aber gesetzt – das ist schon mal ganz gut so.

Hier die wich­tigs­ten Zita­te (in der Rei­hen­fol­ge, in der das u‑as­ta-info sie abge­druckt hat – lei­der haben sich nicht alle Lis­ten an der Kan­di­da­tIn­nen-Vor­stel­lung dort betei­ligt. Die Lin­ke Lis­te z.B. darf ihre Posi­ti­on ger­ne im Kom­men­tar­feld zu die­sem Bei­trag nachholen ;-)):

„Oft haben wir ganz eige­ne Anlie­gen, z.B. eine Umge­stal­tung des Plat­zes der Alten Syn­ago­ge, die auch die Inter­es­sen der Stu­die­ren­den berück­sich­tigt […]“ (Anna Schmid, Bünd­nis 90/Die Grü­nen, Platz 15)

„[…] möch­te ich mich, falls gewählt, für fol­gen­de Din­ge ein­set­zen: […] Umge­stal­tung des Plat­zes der Alten Syn­ago­ge mit mehr Grün­flä­chen […]“ (Johan­nes Wald­schütz, Bünd­nis 90/Die Grü­nen, Platz 22)

„Ein ande­rer Punkt ist der Umbau des Rott­eck­rings und des Plat­zes der Alten Syn­ago­ge vor dem KG II. Hier soll­ten mei­ner Mei­nung nach die Bedürf­nis­se und die Lebens­welt der Stu­die­ren­den bes­ser berück­sich­tigt wer­den.“ (Dani­el San­der [!], CDU, Platz 2)

„Die Stadt ent­schei­det […] wie der Platz der Alten Syn­ago­ge gestal­tet wird. […] Es gibt also vie­le Grün­de, war­um Stu­die­ren­de sich für Kom­mu­nal­po­li­tik inter­es­sie­ren und enga­gie­ren soll­ten.“ (Hen­ri­ke Hepp­rich, GAF, Platz 6)

„Zur Kom­mu­nal­po­li­tik kam ich über die Hoch­schul­po­li­tik – und anders­rum. Rott­eck­ring und Platz der Alten Syn­ago­ge sol­len seit vie­len Jah­ren umge­stal­tet wer­den […] Stein­wüs­te statt Wie­se? […] Nicht mit mir!“ (Kon­stan­tin Gör­lich, GAF, Platz 15)

„The­men wie die […] Stadt­ent­wick­lung (Platz der alten Syn­ago­ge, Rem­part­stra­ße) […]“ (Kai-Achim Kla­re, SPD, Platz 5)

„Die Umge­stal­tung des Plat­zes der Alten Syn­ago­ge betrifft uns in hohem Maße. Mit dem der­zei­ti­gen Ent­wurf ist die Mehr­heit unzu­frie­den. Vor allem muss die Grün­flä­che vor dem KG II erhal­ten blei­ben. Sie ist ein wich­ti­ger Ort, um Son­ne zu tan­ken, zu ler­nen und Freun­din­nen und Freun­de zu tref­fen.“ (Mari­el­la Schar­fen­berg, SPD, Platz 26)

War­um blog­ge ich das? Aus der lei­sen Hoff­nung her­aus, dass Kom­mu­nal­wah­len man­che schein­bar schon fest­ste­hen­den Tat­sa­chen doch noch ver­än­dern können.

Lauer Wahlkampf!?

Street treesBei dem „Grü­nen Frei­burg“ war der laue Sonn­tag­abend­wahl­kampf nur ein Gram­ma­tik­feh­ler. Die Badi­sche Zei­tung hin­ge­gen meint es ernst, wenn sie (ich mei­ne, zum wie­der­hol­ten Male?) die The­se äußert, dass dem Kom­mu­nal­wahl­kampf in Frei­burg der Pfef­fer fehlt. Andern­orts – z.B. in den Kom­men­ta­ren zu mei­nem Bei­trag hier – geht es dage­gen rich­tig zur Sache. Trotz­dem trifft die BZ mein Bauch­ge­fühl, dass sich so unge­fähr in die The­se: „nicht die Wäh­le­rIn­nen sind poli­tik­ver­dros­sen, son­dern vie­le Par­tei­en und Lis­ten sind wahl­ver­dros­sen (oder wäh­le­rIn­nen­ver­dros­sen)“ packen lässt. 

Wie­so ist das so? Ich habe dazu zwei­ein­halb Vermutungen:

1. Die Pfingst­fe­ri­en­the­se: die letz­ten bei­den Wahl­kampf­wo­chen lie­gen völ­lig unprak­ti­scher­wei­se in den Pfingst­fe­ri­en. Das hat nicht nur zahl­rei­che Brief­wahl­auf­ru­fe pro­du­ziert, son­dern mag zu einem Teil dazu bei­tra­gen, dass die eh schon schwa­che und schwie­ri­ge Mobi­li­sie­rung für Kom­mu­nal- und Euro­pa­wahl noch schlep­pen­der von­stat­ten geht als sonst. Ein­schät­zung: Hin­der­nis, aber nicht der Haupt­grund für die feh­len­de Schärfe.

2. Die Dif­fe­ren­zie­rungs­fehl­schlags­the­se: zu vie­le Lis­ten kön­nen nicht so rich­tig erklä­ren, wo eigent­lich die gro­ßen Unter­schie­de und die gro­ßen Allein­stel­lungs­the­men lie­gen (vgl. auch die Frak­ti­ons­sei­te im letz­ten Amts­blatt). Zudem feh­len zug­kräf­ti­ge Per­sön­lich­kei­ten. Im Ergeb­nis: gro­ßer Brei, und kei­ne Lust, sich als wei­te­rer Koch zu betä­ti­gen. Wun­dert mich aller­dings inso­fern ein biß­chen, als vor dem Wahl­kampf weit­aus hef­ti­ger um Stim­men und The­men gestrit­ten wur­de. Viel­leicht fehlt – und da wäre natür­lich die Badi­sche Zei­tung ange­spro­chen, die selbst nicht immer das bes­te Bild im Wahl­kampf abgibt – eine Instanz, die es schafft, die exis­tie­ren­den Kon­tro­ver­sen zu sor­tie­ren. So füh­le ich mich als poli­tisch inter­es­sier­ter Wäh­ler doch ein biß­chen allein­ge­las­sen mit 11 x 48 EinzelkandidatInnen. 

2.5. Schließ­lich: Die „Die-die-müssten-sind-müde“-These: da den­ke ich vor allem an mei­ne eige­ne Par­tei. Ich will nie­mand von der Lis­te (und drum­her­um) abspre­chen, enga­giert Wahl­kampf zu machen. Ich ken­ne sogar eini­ge Grü­ne, die das sehr enga­giert tun, und denen anzu­mer­ken ist, dass sie Spaß dran haben, und auch Spaß dran hät­ten, in den Gemein­de­rat ein­zu­zie­hen. Bei zu vie­len Kan­di­da­tIn­nen ist mein Ein­druck aber tat­säch­lich der einer gewis­sen Mut­lo­sig­keit; der Wahl­kampf wird zur Pflicht­übung, anders­lau­ten­de Mei­nung wer­den nicht als Her­aus­for­de­rung zur Über­zeu­gung gese­hen, über­haupt: The­men und Pro­gram­me sind weit­aus weni­ger inter­es­sant als der Klas­sen-Macht­er­halt. Das mag auch etwas mit den schwarz-grü­nen Lie­be­lei­en, mit dem Kurs des Bür­ger­meis­ters und mit einer damit ver­bun­de­nen gewis­sen Zahn­lo­sig­keit der Frak­ti­on zu tun haben.

Wenn die­se Dia­gno­se zutrifft, ist das scha­de – Frei­burg hat kämp­fe­ri­sche­re Grü­ne ver­dient. Um es deut­lich zu sagen: Damit will ich nicht zur Wahl von Kon­kur­renz­lis­ten auf­ru­fen – bei denen auch nicht alles grün ist, was glänzt -, son­dern dazu, die Vor­zü­ge des baden-würt­tem­ber­gi­schen Kom­mu­nal­wahl­rechts zu nut­zen und sich genau zu über­le­gen, wer auf der Lis­te für span­nen­de und bür­ger­na­he Poli­tik steht – und wer nicht. 

War­um blog­ge ich das? Ich habe ein biß­chen über­legt, ob ich so einen Bei­trag über­haupt vor der Wahl ver­öf­fent­li­chen darf. Aber jetzt ist das The­ma heiß – und muss wohl auch nach der Wahl noch dis­ku­tiert wer­den. Wenn Wahl­kampf nicht zur Show­ver­an­stal­tung ver­kommt, muss die­se Reflek­ti­ons­ebe­ne erlaubt sein. Falls sich jemand per­sön­lich ange­spro­chen fühlt: mir geht’s nicht um die Zahl der besuch­ten Podi­ums­dis­kus­sio­nen, son­dern um sowas wie „Hal­tung“. Und da sehe ich halt tat­säch­lich ganz unter­schied­li­che Her­an­ge­hens­wei­sen an die Bür­ge­rIn­nen – nicht nur bei Grüns, son­dern bei allen Lis­ten. Das wür­de ich ger­ne the­ma­ti­sie­ren. Und hof­fe, hier­mit einen Anstoss dafür zu geben.

Kurz: GAF findet Skandal, Themen leiden

An Bünd­nis 90/Die Grü­nen in Frei­burg gibt es eini­ges zu kri­ti­sie­ren. Eigent­lich auch kein Wun­der: Groß­frak­ti­on und Regie­rungs­par­tei, rich­tig vie­le Mit­glie­der – dass das Han­deln der Par­tei dann nicht immer allen gefällt, geht wohl gar nicht anders. Die Grü­nen-Abspal­tung GAF hat die­sen Dis­sens zum Pro­gramm und tritt mit einer eige­nen Lis­te an. Ange­sichts der Band­brei­te „grü­ner“ Per­so­nen und Pro­jek­te in Frei­burg ist die­ser Schritt durch­aus nach­voll­zieh­bar. Dass die GAF-Pla­ka­te kei­ne eige­nen Inhal­te ken­nen, son­dern nur die Grü­nen-Kri­tik vor­an­trei­ben – geschenkt, und beim ers­ten Lesen auch ganz wit­zig. Immer­hin sind auf den zwei bis drei Web­sites der Lis­te doch eine gan­ze Rei­he kon­kre­ter The­men zu fin­den. Bis­her war mei­ne Posi­ti­on des­we­gen immer, dass es einer Stadt wie Frei­burg eigent­lich nur gut tun kann, wenn grü­ne und links-alter­na­ti­ve The­men viel­fäl­tig debat­tiert wer­den, und eben nicht nur aus der manch­mal ein­ge­schränk­ten Sicht einer eng in die Stadt­re­gie­rung ein­ge­bun­de­nen grü­nen Partei.

Jetzt hat die GAF jedoch eine Pres­se­mit­tei­lung ver­öf­fent­licht, die mich ziem­lich ärgert. Es geht dabei um Dis­kus­si­ons­run­den des loka­len Alter­na­tiv­sen­ders Radio Dreyeck­land. An denen angeb­lich Grü­ne nur des­we­gen nicht teil­nah­men, weil sie nicht mit der GAF dis­ku­tie­ren woll­ten. Was, soweit mir bekannt ist, nur ein Bruch­teil der Wahr­heit aus­macht. Es mag auf Ein­zel­per­so­nen zutref­fen, dass die Wun­den des Frak­ti­ons­aus­ein­an­der­bre­chens noch nicht ver­schorft sind. Das betrifft aber nicht alle RDL-Dis­kus­si­ons­ter­mi­ne, son­dern einen ein­zel­nen Ter­min. Ande­re schei­ter­ten wohl schlicht an Per­so­nal­man­gel, kurz­fris­ti­ger Anbe­raumung und krank­heits­be­ding­ter Absa­ge. Bedau­er­lich, aber kein Grund für einen Möchtegern-Skandal!

Die­ses Skan­da­li­sie­ren hal­te ich für unred­lich. Es bringt auch kei­ne Sym­pa­thien – nicht zuletzt vor dem Hin­ter­grund, dass das baden-würt­tem­ber­gi­sche Kom­mu­nal­wahl­recht es ja durch­aus zulässt, Grü­ne ver­schie­de­ner Lis­ten zu wäh­len. Auch des­we­gen betrach­te ich den Frei­bur­ger Wahl­kampf wei­ter­hin gespannt – und bit­te alle Betei­lig­ten dar­um, the­ma­ti­sche Akzen­te zu set­zen, statt sich hin­ter Stil­fra­gen zu verstecken.

Objektive Ästhetik im Freiburger Wahlkampf

Ein zen­tra­les Wahl­kampf­werk­zeug ist das Pla­kat. Im Kom­mu­nal­wahl­kampf ent­fal­tet sich hier die freie Krea­ti­vi­tät, weit­ge­hend ohne Bin­dung an zen­tra­le Vor­ga­ben. Umso wich­ti­ger ist es, einen neu­tra­len Über­blick dar­über zu bekom­men. Des­we­gen hat eine unab­hän­gi­ge Jury – d.h. ich – alle im Frei­bur­ger Stadt­bild hän­gen­den Wahl­kampf­pla­ka­te gesich­tet und anhand der objek­ti­ven Kri­te­ri­en Ästhe­tik, Ori­gi­na­li­tät, Gene­rie­rung von Auf­merk­sam­keit, kom­men Inhal­te rüber, kom­men Per­so­nen rüber, und wie oft hängt das über­haupt bewer­tet. Das Ergeb­nis erstaunt – Lin­ke Lis­te und gleich danach die CDU füh­ren an. Eine Par­tei oder Lis­te, die mir – nur anhand der Pla­ka­te beur­teilt, ver­steht sich – wirk­lich gut gefällt, habe ich aller­dings nicht gefunden.

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Kurz: Solardacheignung

freesun

Bei der Suche nach den Öff­nungs­zei­ten der Stadt­bi­blio­thek bin ich auf der Sei­te der Stadt Frei­burg bei „Free­sun“ – die Frei­bur­ger Son­nen­dä­cher – hän­gen geblie­ben: ein inter­ak­ti­ver Atlas, der zu ein­zel­nen Gebäu­den im Stadt­ge­biet sagt, ob die aus der Luft ver­mes­se­ne Dach­flä­che sich nach Nei­gung und Win­kel zur Son­ne für Pho­to­vol­ta­ik und Solar­ther­mie eig­nen wür­de. Fin­de ich span­nend. Und das Miets­haus, in dem wir woh­nen, wäre aus­ge­spro­chen gut geeig­net. Jetzt bleibt nur zu hof­fen, dass die GAGFAH das auch so sieht …