Wer hat wen beeinflusst?

Ich habe mir sowas ja immer schon für sozio­lo­gi­sche Lite­ra­tur­ver­zeich­nis­se gewünscht (wer zitiert wen, wer baut auf wen auf …) – in etwas all­ge­mei­ne­rer Form gibt es jetzt ein Tool, dass die Wiki­pe­dia nach Ver­bin­dun­gen zwi­schen wich­ti­gen Wis­sen­schaft­le­rIn­nen, Den­ke­rIn­nen, … der Neu­zeit durch­sucht. Spannend.

> mike-love.net – Genea­lo­gy of Influence

War­um blog­ge ich das? Visua­li­sie­run­gen im All­ge­mei­nen und im Speziellen.

Acht statt zwölf

Wis­sen­schaft ist Defi­ni­ti­ons­sa­che. Und man­che wis­sen­schaft­li­che Defi­ni­ti­on hat auch einen erheb­li­chen Ein­fluss dar­auf, wie wir alle unse­re Wirk­lich­keit wahr­neh­men. Z.B. weiss doch jedes Kind, dass es neun Pla­ne­ten gibt. In den letz­ten Tagen wur­de inner­halb der inter­na­tio­na­len Astro­no­men­ver­ei­ni­gung dar­über dis­ku­tiert, eine Defi­ni­ti­on über den Pla­ne­ten­sta­tus fest­zu­le­gen, nach der meh­re­re in letz­ter Zeit ent­deck­te Objek­te eben­so wie der Aste­ro­id Ceres Pla­ne­ten­sta­tus erhal­ten hät­ten. Das wären dann zwölf bis ?? Pla­ne­ten gewe­sen. Doch – so berich­tet jeden­falls Spie­gel online – die end­gül­ti­ge Ent­schei­dung fiel anders aus: Plu­to ist ab sofort kein Pla­net mehr: zu klein und zu exentrisch.

Update: in der CNN-Mel­dung zu dem gan­zen gibt es einen schö­nen Satz zum Ver­hält­nis von Defi­ni­ti­on und Rea­li­tät. Da steht nämlich:

It was unclear how Pluto’s demo­ti­on might affect the mis­si­on of NASA’s New Hori­zons space­craft, which ear­lier this year began a 91/2‑year jour­ney to the oddball object to unearth more of its secrets.

Wenn ich das rich­tig inter­pre­tie­re, dann mag die NASA mög­li­cher­wei­se ungern Din­ge anflie­gen, die kei­ne Pla­ne­ten mehr sind? Oder wie sonst ist „affect the mis­si­on“ zu ver­ste­hen? Hat sich Plu­tos Anzie­hungs­kraft, Ent­fer­nung usw. mit der Ent­schei­dung geän­dert, so dass die NASA-Son­de jetzt – nach­dem Plu­to kein ech­ter Pla­net, son­dern nur noch ein „dwarf pla­net“ ist – dran vor­bei­flie­gen wird?

> Mel­dung bei Spie­gel online über die IAU-Ent­schei­dung, Plu­to den Pla­ne­ten­sta­tus abzuerkennen
> Tele­po­lis von ges­tern: zwölf Planeten
> CNN-Mel­dung

Wikimania

Noch bis Sonn­tag geht die ers­te inter­na­tio­na­le Wiki­pe­dia/­Me­dia­wi­ki-Kon­fe­renz Wiki­ma­nia in Frank­furt am Main. Ich konn­te lei­der nur heu­te hin­fah­ren, war aber doch beein­druckt: die Frank­fur­ter Jugend­her­ber­ge war ziem­lich voll (450 Teil­neh­me­rIn­nen), und ein paar Leu­te kann­te ich sogar aus der Mit­ar­beit an der Wiki­pe­dia (ein paar ande­re kann­te ich noch nicht, habe mich aber inter­es­sant unter­hal­ten; u.a. schrei­ben min­des­tens drei Leu­te sozi­al­wis­sen­schaft­li­che Diplom­ar­bei­ten über Wiki­pe­dia). Typisch für eine Geek-Kon­fe­renz: die Geschlech­ter waren doch eher ungleich ver­teilt (mei­ne Schät­zung: maxi­mal 10 % Frauen). 

Besucht habe ich Vor­trä­ge zu Wiki­pe­dia und Seman­tic Web, zu sozia­len Dyna­mi­ken inner­halb der Wiki­pe­dia (dabei ging es vor allem um den Neu­tral Point of View (NPOV) und des­sen Fol­gen und zum poli­ti­schen Ein­fluss der Wiki­pe­dia. Beson­ders inter­es­sant fand ich neben dem NPOV-Work­shop das Key­note-State­ment von Jim­my Wales, dem Wiki­pe­dia-Grün­der, und ein Pos­ter aus der Pos­ter-Ses­si­on zum The­ma „Map­ping“.

Jim­my Wales nutz­te sei­ne Key­note dazu, zehn Her­aus­for­de­run­gen zu skiz­zie­ren, die bis­her nicht erfolg­reich gelöst sind, für eine bes­se­re Zukunft der Mensch­heit oder der­glei­chen aber unbe­dingt zu lösen wären. Sei­ne Lis­te war:

1. Befreit die Enzyklopädien!
2. Befreit die Wörterbücher!
3. Befreit die Cur­ri­cu­la! (Lehr­bü­cher vom Kin­der­gar­ten bis zur Universität)
4. Befreit die Musik! (vor allem klas­si­sche Musik, die zwar „Public Domain“ ist, aber nur in arran­gier­ten und damit unter Copy­right fal­len­den Noten­sät­zen und in pro­prie­tä­ren Ein­spie­lun­gen vor­han­den ist)
5. Befreit Kunst­wer­ke (d.h., macht Fotos von den Din­gen, die in Muse­en hän­gen, frei verfügbar)
6. Befreit die Datei­for­ma­te – statt pro­prie­tä­re For­ma­te zu ver­wen­den, die immer auch bedeu­ten, dass eine Fir­ma letzt­lich die Kon­trol­le über die in die­sen For­ma­ten gespei­cher­ten Daten behält
7. Befreit geo­gra­phi­sche Daten und Landkarten!
8. Befreit Pro­dukt­codes (eine Art ISBN für alle Pro­dukt­ar­ten, die gegen gerin­ge Kos­ten für jedeN und seine/ihre Pro­duk­te ver­füg­bar sein soll und Pro­duk­te mög­lichst auto­ma­tisch in elek­tro­ni­schen Waren­häu­sern wie z.B. ama­zon auf­tau­chen lässt …)
9. Freie Über­sich­ten über das Fern­seh­pro­gramm statt Kabelmonopole!
10. Befreit Com­mu­ni­ties! (web­ba­sier­te Com­mu­ni­ties soll­ten dar­auf drän­gen, Foren­ein­trä­ge und von ihnen erar­bei­te­te Daten unter freie Lizen­zen zu stel­len und damit mit­neh­men zu können).

Anders als der Spie­gel es schreibt, sind die­se zehn Punk­te kei­ne Pro­gno­sen, son­dern Zie­le (in der Dis­kus­si­on wur­den sie noch um zwei, drei wei­te­re ergänzt – z.B. Open Access in der Wis­sen­schaft, oder sicher­zu­stel­len, dass mit Steu­er­gel­dern erstell­te Pro­duk­te unter freie Lizen­zen kom­men). Ins­be­son­de­re hin­ter den Punk­ten 3, 6 und 8 ver­bin­den sich aus mei­ner Sicht ziem­lich ambi­tio­nier­te Vor­ha­ben, die das Bil­dungs- und Wis­sen­schafts­sys­tem, die Com­pu­ter­welt und alles, was davon abhängt, und glo­ba­le Han­dels­struk­tu­ren ziem­lich umwir­beln können. 

Sie­he dazu auch: http://ross.typepad.com/blog/2005/08/jimbos_problems_1.html

Das Pos­ter zum The­ma „Map­ping“ ist unter Places & Spaces anzu­schau­en bzw. dort ist das dem Pos­ter zugrun­de lie­gen­de For­schungs­pro­jekt erläu­tert – Katy Bör­ner und Debo­rah MacPher­son haben ganz unter­schied­li­che Wege zusam­men­ge­stellt, wie Wis­sen über tat­säch­li­che, aber auch über ganz abs­trak­te Gege­ben­hei­ten in Kar­ten umge­wan­delt wur­de – vom U‑Bahn-Plan, der die Gedan­ken­strän­ge in einer Dis­ser­ta­ti­on visua­li­siert, bis hin zu diver­sen „Maps of all sci­en­ces“, die aus­ge­hend von Ver­öf­fent­li­chun­gen und Zitie­run­gen dis­zi­pli­nä­re Struk­tu­ren und der­glei­chen dar­stel­len. Anregend.


> Bericht im Heise-Newsticker
> Bericht in Spie­gel online dazu
> Ein wei­te­rer Bericht in Spie­gel online
> Pho­tos von der Wiki­ma­nia 2005 bei flickr
> Medi­en­echo zur Wiki­ma­nia: Über­blick bei Netzpolitik.org

Altes aus Xanga, Teil XIV (und Schluss)

Fri­day, August 13, 2004

Google goes Olympia …

… und scheint dies­mal grie­chi­sche Göt­tIn­nen beim sport­li­chen Wett­kampf zu zeigen.


Thurs­day, August 12, 2004

taz heute in konsequenter kleinschreibung – rechtschreibreform und regelwut

mei­ne eige­nen erfah­run­gen mit tex­ten, die kon­se­quent klein geschrie­ben sind, beru­hen mehr oder weni­ger nur auf über­schrif­ten, ein­lei­tungs­tex­ten und dem einen oder ande­ren pla­kat für den u‑asta frei­burg, dass in – irgend­wie an links-70er-tra­di­tio­nen erin­nern­der – klein­schrei­bung erschie­nen ist. 

die taz geht heu­te einen schritt wei­ter (der link unten zum per­len­tau­cher faßt zusam­men) und erscheint kom­plett in gemä­ßig­ter klein­schrei­bung. das heißt, sie schreibt nur eigen­na­men und satz­an­fän­ge groß, alles ande­re klein. auf den ers­ten blick sehr gewöh­nungs­be­dürf­tig; es dau­ert eine zeit, bis sich der gewohn­te lese­fluss ein­stellt – dann aber durch­aus angenehm.

> perlentaucher.de (12.08.2004)

am schöns­ten aller­dings fin­de ich an der heu­ti­gen taz nicht das klein­schreib-expe­ri­ment (auch wenn’s eine net­te vol­te gegen sprin­ger und spie­gel ist), son­dern das essay von rein­hard kahl zum zivi­li­sa­to­ri­schen gewinn durch die recht­schreib­re­for­m­un­si­cher­hei­ten: statt sich per­ma­nent an regeln hal­ten zu müs­sen, sind die­se damit ein stück weit auf­ge­weicht und ent­ver­selbst­ständ­licht wor­den. hier kann ich kahl nur zustim­men: regel­wut tut sel­ten gut!

> rein­hard kahl: die list der rechtschreibreform


Mon­day, May 10, 2004

Der Grafiker hinter Googles Grafiken

Irgend­wo auf den Goog­le-Sei­ten gefun­den: Com­pu­ter artist dood­les ood­les of ‚Google’s


Fri­day, April 23, 2004

Google-Galerie

Schön aus­ge­führ­te Früh­lings­land­schaft mit Fisch zum Earth-Day 2004:


earthday04.gif (GIF-Gra­fik, 276x139 Pixel)


Sun­day, March 28, 2004

Weapons of Mass Destruction endlich gefunden …

… sie­he die­se Frie­dens­de­mo in den USA:

> What is war?


Wed­nes­day, March 17, 2004

Frühling in Freiburg heißt Sommer

Irgend­wie erscheint die Stadt wie ver­än­dert, kaum dass die war­me Jah­res­zeit ange­bro­chen ist. Das sprich­wört­li­che süd­länd­li­sche Flair wird ange­schal­tet, Fens­ter wer­den auf­ge­ris­sen, die Eis­ca­fes haben wie­der auf (Scho­ko­or­an­ge­zimt!). Und alle Welt rennt im T‑Shirt her­um und sitzt im Stra­ßen­ca­fe. Noch abends um sechs hat es jetzt 27°C: eine Stadt erwacht aus dem Winterschlaf.

Altes aus Xanga, Teil V

Mon­day, Octo­ber 07, 2002

Bahn nicht nett

In der taz von heu­te (07.10.2002) war ein halb­sei­ti­ge Farb­an­zei­ge der Deut­schen Bahn AG geschal­tet, in der für das neue Preis­sys­tem gewor­ben wird. Die hat mich zu fol­gen­dem Brief an die Bahn animiert …

Sehr geehr­te Damen und Herren,

in der taz (die tages­zei­tung) von heu­te haben Sie auf S. 9 eine Anzei­ge mit dem Slo­gan „Seit Jah­ren kri­ti­sie­ren Sie unse­re Prei­se. War­um machen Sie Ihre Prei­se nicht selbst?“ geschal­tet. Net­te Idee – aller­dings fin­de ich die Anzei­ge dann doch ziem­lich frech und möch­te Ihnen auch ger­ne erklä­ren, war­um. Kurz gesagt: Ich mache mir schon jetzt mei­ne Prei­se selbst und bin mit dem alten Preis­sys­tem samt sei­ner Fle­xi­bi­li­tät ziem­lich zufrie­den. Wie das geht? Als Besit­zer einer Bahn­Card sen­ke ich mir die Prei­se gleich mal um 50%. Und wenn ich eine län­ge­re Rei­se pla­ne (meis­tens bin ich nur für ein oder zwei Tage weg, lei­der genau die Ziel­grup­pe, die Ihr neu­es Sys­tem nicht vor­sieht), dann nut­ze ich z.B. den Supersparpreis. 

Sie neh­men mir also die Frei­heit, mir mei­ne Prei­se „selbst zu machen“. Indem Sie die für mich beson­ders wich­ti­ge Fle­xi­bi­li­tät aus dem Bahn­preis­sys­tem neh­men, und indem Sie die Bahn­Card auf 25% Ermäs­si­gung redu­zie­ren. Fin­de ich nicht nett, und so zu tun, als sei­en die Kun­den bis­her dumm gewe­sen, fin­de ich auch nicht nett.

Schö­ne Grüsse,

Till Wes­ter­may­er

P.S.: Übri­gens bin ich mir ganz sicher, dass die Bahn­prei­se auch in 2003 noch hef­tig in der Kri­tik ste­hen wer­den. Denn gra­de auf kür­ze­ren Stre­cken und im fle­xi­blen Nut­zungs­be­reich sind sie kon­kur­renz­los hoch. Ich wer­de wei­ter­hin Bahn fah­ren – wäre aber sehr dank­bar für eine ande­re Preis­po­li­tik (die nicht auf Früh­früh­bu­cher und Groß­grup­pen setzt), und für eine Stra­te­gie, die erst­mal dar­auf setzt, die jet­zi­gen Kun­den zu hal­ten statt neue dazuzugewinnen.

> Pres­se-Infor­ma­ti­on Personenverkehr


Thurs­day, Octo­ber 03, 2002

Na sowas …

Ab und zu über­kommt mich das Ver­lan­gen, mich dem Ego-Sur­fen (2) hin­zu­ge­ben. Was ich dann meist auch tue. Dabei stößt mensch auf aller­hand erstaun­li­ches: Dop­pel­gän­ger! Zita­te mei­ner Haus­ar­bei­ten in ande­ren Haus­ar­bei­ten, samt ordent­li­cher Lite­ra­tur­an­ga­be! Unterschriftensammlungen!

Oder aber auch die Tat­sa­che, dass im letz­tes Jahr im Novem­ber einen Bei­trag in de.rec.sf.misc geschrie­ben habe, in dem ich mich über die Unmög­lich­keit eines Uni­ver­sal­trans­la­tors aus­ge­las­sen habe (so wie in StarT­rek) – und dass die­ser Bei­trag dann im „Net­di­gest“ auf­ge­nom­men wur­de: (Best of Net­di­gest – Monat­lich die humor­volls­ten Bei­trä­ge des Use­net). Und weil’s so nett ist, wird der Bei­trag hier­mit von mir wiederveröffentlicht 

From: till@tillwe.de (Till Wes­ter­may­er)
News­groups: de.rec.sf.misc
Sub­ject: Re: [Andro­me­da] Wer ist Trance Gemi­ni
Date: 23 Oct 2001 18:15:00 +0200
Mes­sa­ge-ID: <8BRS9iXdbzB@westermayer-74391.user.cis.dfn.de>

[23.10.01: Ochsensepp@t‑online.de]

>Man braucht z.B. nur dar­an den­ken, daß der Text, den
>ich gera­de hier tip­pe, nicht in die­ser Form zum Ser­ver
>über­tra­gen, son­dern vor­her in eine com­pu­ter­ge­rech­te
>Spra­che digi­ta­li­siert wird. Auch eine Art von
>„Trans­la­tor“. Aller­dings mit der Ein­schrän­kung, daß hier
>kein bewuß­tes Ver­ste­hen des Tex­tes not­wen­dig ist.

Argl. Nein. Du ver­wech­selst ver­schie­de­ne seman­ti­sche Ebe­nen (oder, um’s infor­ma­ti­ons­tech­nisch aus­zu­drü­cken: Pro­to­koll­schich­ten). Natür­lich hast Du recht, dass es kei­nen Unter­schied macht, ob Infor­ma­ti­on jetzt per Laser an/aus oder per Schall oder per Infra­schall oder wie auch immer über­tra­gen wird. Aber mal abge­se­hen davon, dass unser hypo­the­ti­scher Uni­ver­sal­trans­la­tor dann auch noch ein gigan­ti­sches Feld an mög­li­chen bedeu­tungs­tra­gen­den Fre­quenz­be­rei­chen im elek­tro­ma­gne­ti­schen Spek­trum abde­cken müss­te, gibt’s fol­gen­des Problem:

Ebe­ne A Inhal­te, Bedeutungen

Ebe­ne B Gram­ma­tik, Syn­tax und Mor­phe­me, Wörter

Ebe­ne C Lau­te, Pho­ne­me, Töne

Ebe­ne D Schall / Fre­quenz­be­reich
(‚bedeu­tungs­lo­se Information‘)

So mal irgend­wie adhoc. Ein Uni­ver­sal­trans­la­tor zwi­schen einer bekann­ten und einer unbe­kann­ten Spra­che muss nun fol­gen­des leisten:

Auf Ebe­ne D erken­nen, was Infor­ma­ti­on und was ‚Rau­schen‘ ist; wel­cher Fre­quenz­be­reich zur Infor­ma­ti­ons­über­tra­gung ver­wen­det wird, wel­che Kon­fi­gu­ra­tio­nen davon über­haupt Sinn erge­ben. ((Als Bei­spiel, um’s deut­li­cher zu machen: Eine Text­sei­te, auf der ver­schie­de­nen­far­bi­ge Schnör­kel abge­druckt sind. Spie­len die Far­ben der Schnör­kel eine Rol­le oder nicht? Oder geht es nur um die Form? Oder ande­res Bei­spiel: im Chi­ne­si­schen ist auch die Ton­hö­he rele­vant, bei uns eher nicht …))

Wenn Ebe­ne D geklärt ist, kommt Ebe­ne C dran: Von wo bis wo geht ein Pho­nem („ein Buch­sta­be“), wo fan­gen neue Wör­ter an? ((Das ist für die maschi­nel­le Erken­nung mensch­li­cher gespro­che­ner Spra­che bis heu­te ein nicht ganz ein­fach zu lösen­des Pro­blem, wes­we­gen z.B. bei Dik­tier­pro­gramm rela­tiv gro­ße Pau­sen zwi­schen Wör­tern not­wen­dig sind.
Plas­ti­sches­bei­spiel­was­ge­hört­hier­zu­wel­chem­wort­da­zu­und­wo­her­weisst­du, dass der Anfang die­ses Sat­zes rich­tig „Plas­ti­sches Bei­spiel: was gehört hier …“ lau­tet und nicht „Plas Tisch Es bei Spiel­wasg! E Hört­hi­er! …“ ist?))

Wenn auch C erfolg­reich ent­schlüs­selt ist (es geht natür­lich hier­bei nicht wirk­lich immer nur in eine Rich­tung: schon bekann­tes Wis­sen auf den höhe­ren Ebe­nen kann umge­kehrt auch hel­fen, die wei­ter unten lie­gen­den Ebe­nen zu ent­schlüs­seln – wenn Du z.B. schon weisst, dass ‚Tisch‘ und ‚Es‘ kor­rek­te Wör­ter (Ebe­ne B!) sind, dann liegt die Inter­pre­ta­ti­on „Plas Tisch Es bei Spiel­wasg!“ natür­lich nahe …), wenn also C erfolg­reich ent­schlüs­selt ist, geht es um B – einer­seits um die Fra­ge, wel­che Wör­ter und Wort­bruch­tei­le exis­tie­ren, und ande­rer­seits um die Fra­ge, nach wel­chen Regeln die­se in wel­chen For­men wie anein­an­der­ge­fügt wer­den dür­fen. Wo hören Sät­ze auf, was sind Ver­ben und Nomen (oder äqui­va­len­te Kon­zep­te in ande­ren Denk­sche­ma­ta), etc. Auch dies ist ein rela­tiv kom­ple­xes Gebiet, vor allem dann, wenn die Ver­mu­tung stimmt, dass Men­schen eine gene­tisch ver­an­ker­te Uni­ver­sal­gram­ma­tik ver­wen­den, in der ver­an­kert ist, dass Din­ge wie Suf­fi­xe, Prä­fi­xe, … mög­lich sind, und kul­tu­rel­le Prä­gung nur noch dar­über ent­schei­det, wel­cher Teil der Uni­ver­sal­gram­ma­tik akti­viert und wel­cher zurück­ge­drängt wird. Also, kurz gesagt, auch hier gibt es eine gan­ze Men­ge not­wen­di­ges Wis­sen und sehr viel Rätselraten.

Und nach D, C und B bleibt immer noch Ebe­ne A. Du hast also als Uni­ver­sal­trans­la­tor erfolg­reich erkannt, dass die Ton­hö­he irrele­vant ist, die Laut­stär­ke aber sehr wich­tig und dass auch die Geschwin­dig­keit, mit der etwas gespro­chen wird (Fre­quenz­be­reich bis 140 KHz …) infor­ma­ti­ons­hal­tig ist. Die in vage Sym­bo­le über­setz­te Laut­fol­ge „Plas­ti­sches­bei­spiel­was­ge­hört­hi­er …“ hast Du eben­falls erfolg­reich in die rich­ti­gen Wort­be­stand­tei­le zer­legt und auch erkannt, was gram­ma­ti­ka­lisch was für eine Funk­ti­on hat. Als Ergeb­nis des DCB- Ana­ly­se­pro­zess stehst Du jetzt als vor fol­gen­der Information:

„Plas (Verb, Ver­gan­gen­heits­form weib­lich) Tisch (Ver­weis auf) Es (Höf­lich­keits­par­ti­kel, weib­lich) Bei (Namens­be­stand­teil) Spiel­wasg (Amts­be­zeich­nung, weib­lich)! E (Verb, Ver­gan­gen­heits­form, plu­ral) Hört­hi­er (Amts­be­zeich­nung, männlich)!“

Jetzt musst Du nur erra­ten, dass „Plas“ die Ver­gan­gen­heit eines Verbs „plut­schig“ ist, was soviel wie „grüs­sen, küs­sen, umar­men, Sex haben mit, aufs innigs­te has­sen“ bedeu­tet, dass „Tisch“ immer auf eine unter­ge­ord­ne­te Per­son bezo­gen ist, die aber trotz­dem („Es“!) höf­lich behan­delt wird, dass „Bei“ ein häu­fi­ger Vor­na­me ist und das „Spiel­wasg“ ein Amt in der Reli­gi­ons­re­gie­rungs­form die­ser Wesen ist, dass unge­fähr mit „Mätres­se der zöi­ba­t­är leben­den Hohenpriester/in“ über­setz­bar wäre, was natür­lich nichts über die immense Bedeu­tung die­ses Amtes aussagt.

Außer­dem musst Du erra­ten, dass ‚Ich‘ immer weg­ge­las­sen wer­den kann bezie­hungs­wei­se schon in der Ver­gan­gen­heits­form „Plas“ von „Plut­schig“ ent­hal­ten ist. Wenn Du dann noch errätst, dass „E“ soviel wie „Bedau­ern, Sym­pa­thie haben mit, Ver­ach­ten“ bedeu­tet (eine Form des Verbs ‚etschig‘), und dass „Hört­hi­er“ wört­lich zwar „Was­ser­trä­ger der Mätres­se“ über­setzt wäre, aber seit zwei­hun­dert Jah­ren die Bezeich­nung für einen Kreis von hohen Wür­den­trä­gern ist, die über den Umweg von pla­to­ni­schen oder auch ande­re Bezie­hun­gen mit der Mätres­se der jeweils herr­schen­den Hohenpriester/in gro­ßen Ein­fluss auf die Regie­rungs­po­li­tik haben. Außer­dem musst Du noch wis­sen, dass Gegen­über­stel­lun­gen wie „so dass“, „aber“, … meis­tens ein­fach weg­ge­las­sen wer­den – „das Gute und das Böse spricht für sich“

Sobald als die DCB-Anayl­se vor­liegt und die ein­fa­chen Rate­spie­le auf A gelöst wor­den sind (was dum­mer­wei­se z.T. tief­rei­chen­de eth­no­gra­phi­sche und sozi­al­wis­sen­schaft­li­che Stu­di­en erfor­dert ), kann der Uni­ver­sal­trans­la­tor sich dran­ma­chen, und fol­gen­den Out­put generieren:

„(Ich) hat­te (den auf Haß­li­e­be auf­bau­en­den selbst­zer­stö­re­ri­schen) Sex, (der für die Arbei­ter­kas­te unse­rer Spe­zi­es typisch ist,) mit der eigent­lich ver­ach­tens­wer­ten, aber natür­lich sehr zu ehren­den Mätres­se Bei, (aber) (ich) (bin jetzt in der Lage, dar­aus die Schluss­fol­ge­rung zu zie­hen, dass) mein (mit­lei­dig-ver­ach­ten­de) Mit­ge­fühl dem Rat der Was­ser­trä­ger zu gel­ten gehabt hätte.“

((Und jetzt musst Du natür­lich noch wis­sen, dass die Dir gegen­über­ste­hen­de Per­son eigent­lich nur damit prah­len will, dass sie in einem rela­tiv nahen, aber in der poli­ti­schen Struk­tur die­se Leu­te eher unwich­ti­gen Ver­wandt­schafts­ver­hält­nis mit einem der Was­ser­trä­ger steht, und dass sie das tut, weil damit tra­di­tio­nell Ver­kaufs­ge­sprä­che begon­nen wer­den. Und dass die rich­ti­ge Ant­wort wäre: „(Ich) bedaue­re (aber bin eigent­lich nei­disch) zutiefst das schreck­li­che Schick­sal des eigent­lich ver­ach­tens­wer­ten, aber natür­lich sehr zu ehren­den Mit­ge­schöp­fes, des­sen Namen zu erfah­ren ich nicht wür­dig bin (obwohl) mein eige­ner Onkel einen der Was­ser­trä­ger auf­ge­fres­sen gehabt hät­te (wenn er den jemals in der Haupt­stadt Kramsnbdta gewe­sen wäre)“))

(((Also viel Spaß dabei, die­sen Leu­ten zu erklä­ren, war­um sie sich in der nächs­ten hal­ben Stun­de der För­de­ra­ti­on anschlies­sen müs­sen, wenn sie nicht ihren Pla­ne­ten ver­lie­ren wol­len und zu elen­dig behan­del­ten Skla­ven der Kei­ne­ah­nung­wer werden)))

Fazit: Bis­her ist es der KI nicht gelun­gen, einen wirk­lich funk­ti­ons­fä­hi­gen Simul­tan­über­set­zer zwi­schen zwei bekann­ten gespro­che­nen Spra­chen, die letzt­lich auf iden­ti­schen bio­lo­gi­schen Grund­la­gen beru­hen, zu kon­stru­ie­ren. Durch frem­de und unbe­kann­te bio­lo­gi­sche und sozio­kul­tu­rel­le Grund­la­gen ohne jede Vor­ar­beit wird die­ses Pro­blem nicht wirk­lich ein­fa­cher. Es wird also noch etwas dauern …

Gruss, Till


Wed­nes­day, Octo­ber 02, 2002

Drama im Kino: Nackt

Wer bei Namen wie Doris Dör­rie oder Hei­ke Makat­sch eine Komö­die erwar­tet, dürf­te von Nackt ent­täuscht sein. Statt des­sen gibt es klas­si­sches Dra­ma, thea­ter­li­ke. Wun­der­bar ein­präg­sa­me Mono­lo­ge und toll gedrech­sel­te Wort­spie­le inklu­si­ve (habe mir lei­der keins gemerkt). Die Zahl der Dar­stel­ler ist rela­tiv begrenzt, bis auf gele­gent­li­che Wackel­vi­deo­erin­ne­rungs­rück­blen­den ist die Hand­lung ordent­lich chro­no­lo­gisch und fin­det an – Bus­hal­te­stel­le mit­ge­zählt – drei Schau­plät­zen bzw. in drei Woh­nun­gen (Hip­pie­schick mit Zelt­bett, IKEA-Bri­git­te-Bunt­heit a la jun­ge Fami­lie, nur ohne Kind, zurück­hal­tend-prot­zi­ger Palast inkl. flä­chen­de­cken­dem Flach­bild­fern­se­her und toll in Sze­ne zu set­zen­den Bunt­glas­tü­ren) statt. Sechs Freun­de mit unter­schied­li­chen und unter­schied­lich erfolg­rei­chen Ideen, dar­un­ter zwei Paa­re und ein Ex-Paar, sechs Cha­rak­ter­ei­gen­schaf­ten von chao­tisch-lieb bis kalt­her­zig und auf­ge­dreht (und natür­lich gilt: Geld ver­dirbt den Cha­rak­ter), und eine Ein­la­dung zu einem Abend­essen, zu dem eigent­lich nie­mand will. Das Gespräch kommt auf Glück (nee, eigent­lich nicht), Lie­be und die Tat­sa­che, dass angeb­lich Part­ner die Hän­de (und Kör­per) des ande­ren blind nicht erken­nen kön­nen. Nach eini­gem Hin- und Her wird das aus­pro­biert, kriegt einen dra­ma­ti­schen Dreh und endet in mensch­li­chen Abgrün­den. Und dann doch wie­der beim Hap­py-End. Vor­der­grün­dig jedenfalls.

> Nackt


Satur­day, Sep­tem­ber 28, 2002

Wahlwerbung ist Wahlwerbung

Was lese ich heu­te in mei­ner Lieb­lings­ta­ges­zei­tung? Einen net­ten Kom­men­tar zum Phä­no­men der Wahl­wer­bung – also der Wer­bung für was auch immer mit der Bun­des­tags­wahl –, der doch eini­ge Gedan­ken auf­nimmt, die ich mir da auch schon mal drü­ber gemacht habe. Neben den im Arti­kel zitier­ten Bei­spie­len (klar, Lucky Strike lebt davon, auf aktu­el­le Ereig­nis­se ein­zu­ge­hen) fand ich beson­ders die Lexus-Wer­bung auf Spie­gel-Online faszinierend.

Wahlwerbung bei Spiegel online

Aller­dings wür­de ich dem taz-Arti­kel nicht in allen Punk­ten zustim­men. Nicht in der eher generv­ten Grund­stim­mung, und nicht in der Ana­ly­se der Sinn­lo­sig­keit einer sol­chen Wer­bung. Viel­mehr scheint mir gra­de die Tat­sa­che, dass Wer­bung Din­ge wie Fuß­ball-WMs, Bun­des­tags­wah­len etc. auf­nimmt, dafür zu spre­chen, dass Wer­bung selbst eben auch ein (etwas ver­korks­tes) Mas­sen­me­di­um ist, das nicht umhin kommt, neben län­ger­fris­ti­gen gesell­schaft­li­chen Trends und Grund­stim­mun­gen auch aktu­el­le Groß­ereig­nis­se als Roh­ma­te­ri­al für die eige­ne Auf­merk­sam­keits­ma­xi­mie­rung her­an­zu­zie­hen. Und uns damit auch etwas über unse­re Gesell­schaft zu erzählen.

> taz 28.9.02 Schwarz­kir­sche Stoiber


Tues­day, Sep­tem­ber 24, 2002

Zur Bundestagswahl

Rot-grün hat in einer Zit­ter­par­tie gesiegt – und statt mit einer klei­ne­ren Frak­ti­on wegen klei­ne­rem Bun­des­tag sind die Grü­nen sogar bes­ser als beim letz­ten Mal ver­tre­ten. Jetzt hof­fe ich nur, dass sich die­ses neue grü­ne Gewicht auch in mehr grün in der Regie­rungs­po­li­tik äußert. 

Was gibt’s noch zu sagen? Erstaun­lich fin­de ich, dass unter den vie­len Neu­lin­gen in der grü­nen Frak­ti­on jetzt doch eini­ge sind, die aus der Grü­nen Jugend (bzw. der Grün-Alter­na­ti­ven Jugend) kom­men. Griet­je Bet­tin und Mat­thi­as Ber­nin­ger sind ja schon län­ger dabei – aber auch Kers­tin And­reae (die hier in Frei­burg 25% der Zweit­stim­men geholt hat, das bun­des­weit bes­te Ergeb­nis, im Stadt­ge­biet sind’s sogar 28%), Alex Bonde (BaWü, Lis­ten­platz 10) und natür­lich Anna Lühr­mann (Hes­sen, Lis­ten­platz 5, 19 Jah­re) kom­men aus der Grü­nen Jugend. 

> Jun­ge Abge­ord­ne­te bei Bünd­nis 90/Die Grü­nen im Über­blick
> Zah­len zur Wahl
> Noch viel mehr Zah­len beim Bundeswahlleiter