Wahlwerbung im Briefkasten

Wahlwerbung

Nicht die schi­cken Spots, nicht die vie­len Köp­fe, die an Stra­ßen­la­ter­nen hän­gen – nein, wenn ich hier von Wahl­wer­bung spre­che, mei­ne ich das, was mein Brief­kas­ten so her­gibt. Es ist ja umstrit­ten, ob ein Auf­kle­ber „Kei­ne Wer­bung“ vor Wahl­wer­bung schützt. Par­tei­en und kom­mu­na­le Lis­ten sind ja schließ­lich – bekann­ter­ma­ßen – etwas ganz ande­res als schnö­de Wasch­mit­tel, Fit­ness­stu­di­os oder Billigangebote. 

Aus pro­fes­sio­nel­lem Inter­es­se sam­me­le ich ja, was ich in mei­nem Brief­kas­ten – der übri­gens kei­nen Auf­kle­ber trägt – so an Wahl­wer­bung fin­de. Bei die­ser Wahl ist es beson­ders viel. Ich habe mal durch­ge­zählt, geord­net nach Papierverbrauch:

  • Ein post­kar­ten­gro­ßes Zet­tel­chen (Fly­er­alarm oder so) von Jun­ges Frei­burg, auf dem sich die ers­ten vier Kan­di­da­tIn­nen vor­stel­len. Erin­nert an Wer­bung, die vor der Men­sa unter den Fahr­rad­ge­päck­trä­ger geklemmt wurde.
  • Ein bil­lig wir­ken­der A4-Wasch­zet­tel der AFD, ver­mut­lich deutsch­land­weit ver­teilt, erin­nert in der Hap­tik und Farb­ge­bung an Wer­bung für Auto­fens­ter oder Wasch­an­la­gen. „Nur wir sen­den die Bes­ten nach Euro­pa.“ Äh, nein.
  • Ein C6-lang-Fly­er von Frei­burg Lebens­wert, in dem vie­le Schlag­wor­te und Fotos der ers­ten zehn Plät­ze zu fin­den sind.
  • Ein C6-lang-Lepo­rel­lo der KULT mit Fotos aller Kan­di­da­tIn­nen und immer­hin fünf Sei­ten pro­gram­ma­ti­schem Text.
  • Ein Rechen­schafts­be­richt der FDP-Frak­ti­on im For­mat C6-lang-quer, dickes Papier, pro­fes­sio­nell gestaltet.
  • Ein gro­ßer Pro­spekt (A3) der Frei­en Wäh­ler, die umfang­reich über Pro­gramm und Kan­di­da­tIn­nen für die Wahl in Frei­burg infor­mie­ren. Dazu noch ein Ein­zel­fly­er (C6-lang) zwei­er Hand­wer­ker auf der FW-Liste.
  • Zwei Zei­tun­gen (Zei­tungs­druck auf Zei­tungs­pa­pier, viel rote Signal­far­be) der LINKE (Euro­pa) bzw. der Lin­ken Lis­te (Kom­mu­nal­wahl).
  • Zwei inno­va­tiv gefal­te­te Pro­duk­te der CDU (ein­mal ein dop­pel­tes Post­kar­ten­for­mat, das ist ein Kan­di­da­ten­fly­er, und ein­mal eine Art Stadt­plan, auf dem in äußerst pro­fes­sio­nel­ler Auf­ma­chung, auf Recy­cling­pa­pier, matt gedruckt, sämt­li­che Bewer­be­rIn­nen der CDU plus pro­gram­ma­ti­sche Aus­sa­gen zu fin­den sind).
  • Eine Post­kar­te eines Bewer­bers, ein C6-lang-Zet­tel­chen mit drei Kan­di­da­tIn­nen aus dem Stadt­teil und – wenn ich mich rich­tig erin­ne­re – schon vor eini­ger Zeit eine edel auf­ge­mach­te Bilanz­bro­schü­re der grü­nen Kom­mu­nal­frak­ti­on.
  • Und dann gibt es noch den eigent­li­chen Aus­lö­ser die­ses Blog­ein­trags – die SPD. Von der ich sage und schrei­be zehn Wer­be­kar­ten im Brief­kas­ten gefun­den habe. Dabei tritt die SPD nie als Lis­te ins­ge­samt auf, kann sie wohl auch nicht, son­dern es gibt einen klei­nen Pro­spekt (A5), in dem sich Kan­di­da­tIn­nen aus den umgren­zen­den Stadt­tei­len vor­stel­len, und dann noch ein­mal acht Sam­mel­post­kar­ten (C6-lang) und ein C6-lang-Fly­er, die jeweils einen Bewer­ber oder eine Bewer­be­rin vor­stel­len. Ich habe Platz 3 und Platz 18 jeweils dop­pelt, falls jemand tau­schen will. Ansons­ten noch 9, 11 und 14 (auf dicke­rem Papier), alle im Wahl­kampf-CI der SPD, sowie 13 in radi­kal abwei­chen­dem Design. Ach ja, und den Ein­zel­fly­er für Platz 6 nicht zu ver­ges­sen, der scheint beson­ders wich­tig zu sein.

Ob die­se Mate­ri­al­schlacht was bringt? Oder eher zu Ärger führt? Jeden­falls habe ich einen extrem inno­va­ti­ven Ver­bes­se­rungs­vor­schlag: Die Stadt bringt bei der nächs­ten Kom­mu­nal­wahl ein Sam­mel­al­bum her­aus, das güns­tig im Bür­ger­amt erwor­ben wer­den kann. Und dann darf mun­ter gesam­melt und getauscht wer­den, bis alle Lis­ten, die einem oder einer wich­tig sind, im Sam­mel­al­bum voll­stän­dig ein­ge­klebt sind, samt den Glit­zer-Extra-Sti­ckern mit den Haupt­aus­sa­gen zum Wahl­pro­gramm, und den Logos der Lis­ten mit Geruchs­ef­fekt. Alter­na­tiv wäre auch eine städ­ti­sche (oder viel­leicht gleich eine EU-wei­te?) Wahl­wer­benorm denk­bar, in cm² je Per­son defi­niert, immer im glei­chen For­mat. Das wür­de für Fair­ness und einen Fokus auf Inhal­te sor­gen, da bin ich mir sicher. Oder, als letz­te Mög­lich­keit: der „Dan­ke, ich weiß schon, wen ich wäh­len werde“-Aufkleber für den Brief­kas­ten, ver­teilt mit der Wahlbenachrichtigung.

Freiburger Kommunalwahloptik 2014 (mit Nachträgen)

ep_IMG_9575Es ist Wahl­kampf, und in Frei­burg gleich ein dop­pel­ter. Das eine, was nicht so sehr auf­fällt, ist die Wahl zum euro­päi­schen Par­la­ment, das ande­re, was sich im Stra­ßen­raum doch durch eini­ge Pla­ka­te mehr sicht­bar macht, ist die Wahl des Stadt­ra­tes. Bei­des fin­det am 25. Mai statt, und weil sich seit 2009 doch eini­ges getan hat, möch­te ich ger­ne ein biss­chen was zu den Pla­ka­ten sagen.

Das eine, was mir – bevor ich auf Pla­ka­te der ein­zel­nen Lis­ten ein­ge­hen möch­te – auf­fällt, ist die Tat­sa­che, dass die inzwi­schen doch recht häu­fig ver­wen­de­ten Hohl­kam­mer­pla­ka­te (also die aus Plas­tik) zu Van­da­lis­mus ein­la­den. Jeden­falls sind doch recht oft zer­fetz­te und zer­tre­te­ne Pla­ka­te zu sehen, und zwar ganz egal, um wel­che Par­tei es sich handelt.

Dann habe ich einen (sub­jek­ti­ven) Unter­schied im Pla­ka­tier­ver­hal­ten aus­fin­dig gemacht (der mög­li­cher­wei­se erklärt, war­um ich eine Zeit lang davon aus­ge­gan­gen bin, dass FDP, FW und CDU kaum pla­ka­tie­ren) – die einen pla­ka­tie­ren näm­lich im „Fuß­gän­ger­raum“ (also z.B. an den Plät­zen und Hal­te­stel­len des Rie­sel­fel­des), die ande­ren sind dage­gen auf Stra­ßen fixiert. Ob das ein Arte­fakt der ver­wen­de­ten Bring­tech­nik (Auto vs. Fahr­rad) ist, oder ideo­lo­gi­sche Grün­de hat, oder Zufall ist, muss offen bleiben. 

„Frei­bur­ger Kom­mu­nal­wahl­op­tik 2014 (mit Nach­trä­gen)“ weiterlesen

Kurz: Gesinnungsterrorismus eben

Noch-CDU-Chef Hauk macht jetzt also in Gesin­nungs­ter­ro­ris­mus. Also, ich mei­ne: Er wirft uns Grü­nen vor, wir sei­en wel­che. Das Spiel ist durch­sich­tig – da will jemand beim ultra­kon­ser­va­ti­ven Teil der CDU Bonus­punk­te ein­sam­meln, schließ­lich geht’s in ein paar Wochen um die Vor­ent­schei­dung für die Spit­zen­kan­di­da­tur zur Land­tags­wahl 2016. Da muss es ein biss­chen mehr Map­pus sein.

Aber mal abge­se­hen von der Hau­ruck­rhe­to­rik: Ab und zu habe ich den Ein­druck, dass die CDU es als feh­ler­haft ansieht, dass die Regie­rungs­frak­tio­nen im Land­tag poli­ti­sche Ent­schei­dun­gen tref­fen. Um das zu bele­gen, müss­te mal die Pres­se­ar­beit der CDU der letz­ten Mona­te durch­ge­fors­tet wer­den – ich bin mir ziem­lich sicher, dass sowas wie Akzep­tanz für demo­kra­tisch legi­ti­mier­te Mehr­hei­ten dabei nicht die Haupt­rol­le spielt. Dass CDU und FDP im Land­tag oft für ande­re Posi­tio­nen ste­hen als Grün-Rot, ist nicht ver­wun­der­lich. Aber das kann so oder so rüber­ge­bracht wer­den. Mein Gefühl: All­zu­oft klingt bei der CDU, bewusst oder unbe­wusst, durch, dass aus ihrer Sicht alles, was von Grün-Rot kommt, per se ille­gi­tim ist. Auch fast drei Jah­re nach der Land­tags­wahl noch.

Oder anders gesagt: Was nicht den Wer­ten der CDU ent­spricht, darf nicht sein. Gesin­nungs­ter­ro­ris­mus eben.

Aus dem Hinterwald

Green before the storm V

Baden-Würt­tem­berg, ach je. Über die libe­ra­len Groß- und Uni­städ­te, die grü­ne Stär­ke und die vie­len span­nen­den Pro­jek­te auf dem Land gerät die die­sem Land inne­woh­nen­de Pro­vin­zia­li­tät leicht ins Ver­ges­sen. Und es ist eine dop­pel­te Pro­vin­zia­li­tät, die nicht nur aus dem tie­fen länd­li­chen Raum gespeist wird, son­dern eben­so etwas mit der vor allem im würt­tem­ber­gi­schen Lan­des­teil weit zurück­rei­chen­den pie­tis­ti­schen Tra­di­ti­on zu tun hat. Die Orte, in denen 60 bis 70 Pro­zent der Bevöl­ke­rung CDU oder schlim­me­res wäh­len: klar gibt es die weiterhin. 

Das fällt viel­leicht nicht auf den ers­ten Blick auf, weil es auch dort hübsch modern aus­sieht, inklu­si­ve Pho­to­vol­ta­ik-Anla­ge auf den pro­per reno­vier­ten Häus­chen (lohnt sich schließ­lich). Aber das sind Äußer­lich­kei­ten. Sobald es dar­um geht, was „nor­mal“ ist, und was nicht, wird es fins­ter. Bes­ter Beleg dafür sind die gera­de hoch­ko­chen­den Debat­ten um die Auf­nah­me der Akzep­tanz unter­schied­li­cher Lebens­for­men (ja, inklu­si­ve sexu­el­ler Viel­falt) in den Bil­dungs­plan 2015 (Leit­prin­zi­pi­en hier als PDF abruf­bar; dazu gene­rel­le Infor­ma­tio­nen zur Reform).

„Aus dem Hin­ter­wald“ weiterlesen

Freiheit, grün gedeutet

Black crow

Eine Fol­ge der grü­nen Neu­auf­stel­lung nach der Bun­des­tags­wahl ist die inten­si­vier­te Suche nach den Wur­zeln der zwei­ten Säu­le, nach dem eman­zi­pa­to­ri­schen Frei­heits­be­griff. Die­ses Such­vor­ha­ben führ­te jetzt zu einem autoren­pa­pier­er­nen Auf­schlag; unter dem Titel „Die Far­be der Frei­heit ist Grün“ deu­ten Kai Geh­ring, Ire­ne Miha­lic, Can Erd­al, Lucas Ger­rits, Ras­mus And­re­sen, Andre­as Büh­ler, Dani­el Mou­rat­i­dis, Özcan Mut­lu, Ulle Schauws, Jan Schnor­ren­berg, Anne Tie­de­mann, David Vau­lont, Robert Zion Frei­heit als einen zen­tra­len grü­nen Grund­wert aus. 

Wir den­ken, dass es an der Zeit ist, das frei­heit­li­che Pro­fil unse­rer Par­tei stär­ker als bis­her her­aus­zu­stel­len. Mit unse­rem Zugang zu die­sem The­ma haben wir ein Allein­stel­lungs­merk­mal im poli­ti­schen Wett­be­werb, dass wir nicht unter den Schef­fel stel­len soll­ten. Unser Papier lie­fert kei­ne fer­ti­gen Pro­gram­me oder Initia­ti­ven. Wir wol­len eine leben­di­ge, inter­dis­zi­pli­nä­re Debat­te über die Chan­cen einer frei­heit­li­chen grü­nen Poli­tik ansto­ßen. Ein Anfang ist gemacht, das Ende ist offen. Unse­re Visi­on ist die glei­che Frei­heit für alle – nur das ist gerecht und fair. Wir wol­len wei­ter die Ver­ant­wor­tung eines/r Jeden für die Zukunft als posi­ti­ven Grund­wert ver­ste­hen und trans­por­tie­ren. Zugleich plä­die­ren wir dafür, unse­ren Nach­hal­tig­keits­be­griff so zu ver­mit­teln, dass er die Frei­heit in den Mit­tel­punkt stellt und soli­da­ri­sche und öko­lo­gi­sche Poli­tik mit­ein­an­der ver­bin­det. Mit unse­rer Frei­heits­er­zäh­lung und unse­rem Frei­heits­han­deln wol­len und kön­nen wir mehr Men­schen für Grü­ne begeis­tern und u.a. das pro­gres­si­ve welt­of­fe­ne Bür­ger­tum für uns gewinnen. 

Ich fin­de das Ergeb­nis über­zeu­gend, auch wenn das eine oder ande­re fehlt – dazu gleich noch mehr – oder viel­leicht nicht poin­tiert genug ist. Inso­fern unter­stüt­ze ich das Papier ger­ne. Wer das auch möch­te, kann dies im Kom­men­tar­be­reich von gruen-und-frei.de kundtun. 

„Frei­heit, grün gedeu­tet“ weiterlesen