Science Fiction und Fantasy im Januar 2025

Südbaden clouds

Die diver­sen Strea­ming-Abos hät­te ich mir im Janu­ar auch spa­ren kön­nen. Ange­schaut habe ich genau zwei Fil­me – zum einen, auf Drän­gen eini­ger Fami­li­en­mit­glie­der, ein Rewatch von Har­ry Pot­ter and the Goblet of Fire (von DVD), zum ande­ren mit viel gespann­ter Erwar­tung Sec­tion 31 (Para­mount+). Die­ser als Star-Trek-Spin­off ange­kün­dig­te Film war dann vor allem ent­täu­schend und wirk­te – selbst mit den Links zum eh schon action­las­to­gen ST: Dis­co­very – wie eine schlech­te Mischung aus Cow­boy Bebop , Guar­di­ans of the Gala­xy und Star Wars.

Die Ori­gin-Sto­ry der in unser Uni­ver­sum geflo­he­nen ter­res­tri­schen Impe­ra­to­rin mach­te deren Han­deln auch nicht plau­si­bler, der Geheim­auf­trag – Sec­tion 31 ist der Geheim­dienst der Star­fleet, ähn­lich Spe­cial Cir­cum­s­tances in Banks Cul­tu­re-Roma­nen – hat­te nur eine gerin­ge Plau­si­bi­li­tät, das Prot­ago­nis­ten-Team war eher humo­ris­tisch zusam­men­ge­stellt, deren Moti­va­ti­on unklar. Zeit und Raum (schnell, drin­gend, …, Tage in unter­ir­di­schen Höh­len­sys­te­men ganz woan­ders) ver­lo­ren an Bedeu­tung. Dass eine Pha­sen­ver­schie­bung auf Quan­ten­ebe­ne zwar das Durch­drin­gen von Wän­den und Kör­pern, nicht jedoch des Bodens der Raum­sta­ti­om mit sich brach­te, war dann auch nicht mehr als ein wei­te­res unlo­gi­sches Ele­ment in einer lang­wei­len­den Anein­an­der­rei­hung unlo­gi­scher Ele­men­te. Kurz: kei­ne Emp­feh­lung, jeden­falls nicht für Men­schen, die Star Trek mögen.

Gele­sen habe ich im Janu­ar, war­um auch immer sich das so erge­ben hat, vor allem Fan­ta­sy. Welt­flucht­po­ten­zi­al, möglicherweise.

Eine Aus­nah­me stellt in gewis­ser Wei­se John Dodds Oce­an of Stars (2022) dar, inso­fern der Roman in der Zukunft spielt, der Mars (und Pla­ne­ten fer­ner Ster­ne) besie­delt ist und die Prot­ago­nis­tin Cata­ri­na Solo­vi­as auf einem Raum­schiff anheu­ert – das aller­dings, soviel sei ver­ra­ten, schon kurz dar­auf von einem Pira­ten­schiff gerammt wird, mit gehiss­ten Son­nen­se­geln, Tech­no­lo­gie, die von Magie kaum zu unter­schei­den ist und kar­gen Mahl­zei­ten in der Kom­bü­se. Sag­te ich schon, dass dann auch noch Zeit­bla­sen und See­unge­heu­er Welt­raum­mons­ter gigan­ti­schen Aus­mas­ses auf­tau­chen? Dodd gelingt es, die­se wil­de Mischung plau­si­bel erschei­nen zu las­sen, und uns mit Cata­ri­na mit­fie­bern zu las­sen. Wür­de ver­mut­lich auch als Doc­tor-Who-Fol­ge funk­tio­nie­ren, wenn ich so drü­ber nachdenke.

Und auch die Kurz­ge­schich­ten­samm­lung Jamai­ca Gin­ger and Other Con­coc­tions (2024) von Nalo Hop­kin­son ent­hält neben magi­schem Rea­lis­mus mit kari­bi­schem Ein­schlag die eine oder ande­re Geschich­te, die eher unter SF (oder zumin­dest Steam­punk) ein­zu­sor­tie­ren wäre. Auf die Samm­lung bin ich durch ein Inter­view in Clar­kes­world auf­merk­sam gewor­den. Wie bei Kurz­ge­schich­ten­samm­lun­gen üblich, ist es schwie­rig, über­grei­fend etwas dazu zu sagen, ohne auf ein­zel­ne Geschich­ten ein­zu­ge­hen. Jeden­falls: fan­tas­tisch geschrie­ben, und mit einer Per­spek­ti­ve, die auf jeden Fall inter­es­sant ist. 

Damit zur Fan­ta­sy i.e.S. Von T. King­fi­sher (Ursu­la Ver­non) habe ich end­lich mal deren mit dem Hugo 2024 prä­mier­te Novel­le Thorn­hedge gele­sen. Hät­te ich mal frü­her tun sol­len, den die Novel­le war dann deut­lich bes­ser als das men­ta­le Bild („Neu­er­zäh­lung von Dorn­rös­chen“), das ich mir davon gemacht hat­te. Erzählt wird die Geschich­te aus der Per­spek­ti­ve der – bösen? – Fee. King­fi­sher geht nicht nur der Fra­ge nach, wie­so da plötz­lich eine Fee bei der Tau­fe der Königs­toch­ter auf­taucht (Fairy ist nicht weit) – und dann über Jahr­hun­der­te beim ver­wun­schen Schloss samt Dor­nen­he­cke bleibt, son­dern fin­den auch einen Weg, plau­si­bel zu machen, dass der ewi­ge Schlaf eine Hel­den­tat ist. Und dann taucht nach Jahr­zehn­ten der Ein­sam­keit ein wacke­rer Prinz auf, gekom­men, die Prin­zes­sin zu befrei­en. Die Fee (deren größ­ter Zau­ber ist, sich in eine Krö­te ver­wan­deln zu kön­nen), steht damit vor einer Her­aus­for­de­rung. Denn sie muss ver­hin­dern, dass der Prinz sei­nen Plan in die Tat umsetzt. Das wird recht lesens­wert beschrieben.

Im Anschluss habe ich Nett­le & Bone (2022, eben­falls von T. King­fi­sher), gele­sen. Der Titel der deut­schen Über­set­zung („Wie man einen Prin­zen tötet“), nimmt eines der Moti­ve des Romans vor­weg. Mar­ra ist die jüngs­te von drei Schwes­tern, Prin­zes­sin in einem klei­nen König­reich. Ganz real­po­li­tisch wird die ältes­te Schwes­ter mit dem Prin­zen des gro­ßen König­reichs im Nor­den ver­hei­ra­tet. Sie stirbt, der Prinz hei­ra­tet die mitt­le­re Schwes­ter. Mar­ra lan­det in einem Klos­ter, lernt Sti­cke­rei, Weben, mis­tet den Stall aus, unter­stützt die Schwes­ter Apo­the­ke­rin – und erfährt von dem Leid und der Miss­hand­lung ihrer Schwes­ter am nörd­li­chen Königs­hof. In ihr reift der Vor­satz, den Prin­zen zu töten. Sie sucht ein Dust-Wife, eine Art Hexe, auf, bit­tet die­se um Hil­fe, muss unmög­li­che Auf­ga­ben erle­di­gen – und ab hier nimmt das Aben­teu­er dann Fahrt auf. Trotz des mär­chen­haf­ten Set­tings spart King­fi­sher die Rea­li­tä­ten von Hei­rats­po­li­tik, Dynas­tik und Bünd­nis­sen – und Armut – nicht aus, son­dern guckt durch Mar­ras manch­mal nai­ven, manch­mal von Selbst­zwei­feln geplag­ten, aber immer empa­thi­schen Blick auf die Din­ge. Hat mir gut gefal­len, und ja – „bru­tal und com­pas­sio­na­te“ trifft es ganz gut.

Auch bei Peter S. Bea­gle geht es bei I’m Afraid You’­ve Got Dra­gons (2024) – der Bea­gle von „Das letz­te Ein­horn“ – um eine Prin­zes­sin. Größ­ten­teils fol­gen wir aller­dings Robert Thrax, dem Dra­chen­be­kämp­fer (as in: Unge­zie­fer­be­kämp­fung). Denn Dra­chen sit­zen hier in alten Gemäu­ern, es gibt gro­ße und klei­ne, und über­haupt: sind sie eine Pla­ge. Die Dra­chen­be­kämp­fung hat Robert von sei­nem ver­stor­be­nen Vater über­nom­men, macht das her­vor­ra­gend – dafür gibt es Grün­de – nur: eigent­lich wür­de er lie­ber kei­ne Dra­chen töten. Prin­zes­sin Ceri­se flieht vor den um ihre Hand anhal­ten­den Prin­zen in den Wald, übt Lesen und Schrei­ben. Und dann gibt es da noch den Thron­fol­ger des gro­ßen Nach­bar­lan­des, von prin­zen­haf­ter Gestalt, mit prin­zen­haf­ten Manie­ren, auf der Suche nach einem Aben­teu­er. Ein gro­ßer Held, so scheint es jeden­falls, auch wenn sein Vater unzu­frie­den mit dem Aus­blei­ben von Rauf­lust etc. ist. Es kommt eins zum ande­ren, und Prin­zes­sin Ceri­se, Robert und Prinz Regi­nald bre­chen auf, die gefähr­li­chen Berg­dra­chen zu besie­gen. Natür­lich kommt es anders – mehr wäre zu viel ver­ra­ten. Wie, beschreibt Bea­gle mit viel Humor.

Dann habe ich noch A Fel­low­ship of Bak­ers and Magic (2023) von J. Pen­ner gele­sen. Noch­mal Mär­chen­land, eine jun­ge Frau ganz ohne magi­sche Bega­bun­gen wird aus­e­rer­wählt, am gro­ßen Back­wett­be­werb der Elfen teil­zu­neh­men. Groß­ge­zo­gen haben die jun­ge Frau nach dem Unfall­tod ihrer Eltern die bei­den Nach­barn, ein schwu­les Ork-Paar, auf dem Weg und beim Back­wett­be­werb (den eigent­lich immer Elfen gewin­nen) freun­det sie sich mit Mit­be­wer­be­rin­nen an – eine Zwer­gin und eine Füch­sin, wenn ich das rich­tig gele­sen habe. Und der Elf, der sie aus ihrer Klein­stadt zum Wett­be­werb bringt, ent­facht Fan­ta­sien. Das gan­ze wird als cozy roman­tic fan­ta­sy ver­mark­tet, das passt auch. Mein einer Ein­druck: sil­ly, aber auf die gute Art. Der ande­re: biss­chen viel Soap, und für ein Fan­ta­sy-Set­ting in den Köp­fen der Protagonist*innen doch ziem­lich viel 21. Jahr­hun­dert. Also: nicht so ganz meins, aber viel­leicht ein com­fort read. Ein wei­te­rer Band ist 2024 erschie­nen, zwei wei­te­re sind ange­kün­digt. Wer’s mag, wird hier also eini­ges zum Lesen finden. 

Last but not least: Von Charles Stross ist neu A Con­ven­tio­nal Boy (2025) erschie­ne­nen, ein kur­zer Roman im Laun­dry­ver­se, in dem wir die Hin­ter­grund­ge­schich­te des „Dun­ge­on Mas­ters“ Derek ken­nen­ler­nen (ergänzt um bereits anders­wo erschie­ne­ne Kurz­ge­schich­ten). Eine DnD-Con­ven­ti­on spielt eine Rol­le, und jemand, der tie­fer als ich mit DnD zu tun hat, dürf­te noch mehr Freu­de an der einen oder ande­ren Anspie­lung haben. Es gibt wie immer im Laun­dry­ver­se düs­te­re Kul­te und Dämo­nen­be­schwö­run­gen; wich­tig zu wis­sen – das Rol­len­spiel-Regel­werk ist turing­voll­stän­dig und eig­net sich daher für magi­sche Hand­lun­gen. Stross mixt die „sata­nic panic“ der 1980er Jah­re, einen genau­en Blick dar­auf, was pas­siert, wenn Men­schen über lan­ge Zeit insti­tu­tio­na­li­siert wer­den, eine (für sei­ne Ver­hält­nis­se erstaun­lich sweete) Lie­bes­ge­schich­te im Autis­mus-Spek­trum und ein paar Bezü­ge zu ande­ren Laun­dry-Roma­nen (hal­lo, Iris). Das ist schnell weg­ge­le­sen, aber es wird auch deut­lich, dass es Zeit wird, dass Stross sich einen ande­ren Spiel­platz sucht. 

Lesetagebuch Science Fiction und Fantasy – Mai 2023

Clouds, Freiburg-Rieselfeld

Ein schnel­ler Rück­blick auf mei­ne Sci­ence-Fic­tion- und Fan­ta­sy-Lek­tü­re bzw. mei­nen dies­be­züg­li­chen Medi­en­kon­sum im Mai 2023. 

Auf dem Bild­schirm habe ich ein paar Seri­en ange­schaut – die drit­te Staf­fel von Picard (Prime) hat mir weit­ge­hend gut gefal­len, auch die Tat­sa­che, dass es einen umfas­sen­den Hand­lungs­bo­gen und trotz­dem in sich abge­schlos­se­ne Epi­so­den gab. Das eine oder ande­re war aller­dings ein biss­chen viel Fan­ser­vice. Mal schau­en, wie das am Schluss ange­teaser­te Spin-off des Spin-offs rund um Cap­tain Seven of Nine wer­den wird …

Die zwei­te Staf­fel von Car­ni­val Row (Prime) – die Serie spielt in einer zu Beginn der Indus­tria­li­sie­rung ste­hen­den Gesell­schaft, in der Men­schen und Fey zusam­men­le­ben – war bild­ge­wal­tig, mit der einer guten Mischung aus per­sön­li­chen Ent­wick­lungs­ge­schich­ten, poli­ti­schen Intri­gen und den gro­ßen The­men. Aller­dings war sie für mei­nen Geschmack etwas zu blu­tig und zu voll ent­täusch­ter Hoff­nun­gen; aber wie schon in der ers­ten Staf­fel: dafür mit einem durch­aus über­zeu­gen­den Ende. Eine Fort­set­zung soll es lei­der nicht geben, obwohl der Schluss dazu eigent­lich einlädt.

Unter­halt­sam, für eine mit Gothik und Außen­sei­ter­tum spie­len­de Serie teil­wei­se ein biss­chen zu über­zu­ckert emp­fand ich die Seri­en­ver­fil­mung Wed­nes­day (Net­flix), die ich mir jetzt auch mal ange­schaut habe. Und die durch­aus anschau­bar ist.

Nicht auf dem Bild­schirm, son­dern im Kino ange­guckt haben wir Guar­di­ans of the Gala­xy Vol. 3. Hübsch anzu­se­hen, mit einer ziem­lich herz­zer­rei­ßen­den Back­story für den Wasch­bä­ren Rocket, aber in der Sum­me nicht so ganz logisch. Naja, also: Unterhaltungskino.

Zu den Büchern: Ziem­lich viel Zeit ver­bracht habe ich mit At the Feet of the Sun (2022), dem zwei­ten Teil der Serie rund um Clio­pher Mdang und den Kai­ser­hof der Autorin Vic­to­ria God­dard (zum ers­ten Teil hat­te ich hier etwas geschrie­ben). Auch At the Feet of the Sun ist lang­sam erzählt und braucht sei­ne Zeit. Wäh­rend der ers­te Teil der Auf­stieg Clipher Mdangs am kai­ser­li­chen Hof als roten Faden hat­te, geht es hier um die – hm – platonische/asexuelle Lie­bes­be­zie­hung zwi­schen Mdang und dem Kai­ser, und um deren gemein­sa­me Rei­sen durch mehr oder weni­ger mythi­sche Wel­ten. Gleich­zei­tig erfah­ren wir eini­ges dar­über, wer der im ers­ten Band schein­bar unnah­ba­re Kai­ser tat­säch­lich ist, und wie Mdangs Kar­rie­re auch hät­te ver­lau­fen kön­nen. Ein gro­ßes Buch, um sich dar­in zu ver­lie­ren – geer­det durch all­täg­li­che Details und Ange­wohn­hei­ten, die zei­gen, dass auch die Held*innen gro­ßer Sagen letzt­lich nur Men­schen sind. 

Nicht zu Ende gele­sen habe ich dage­gen A Woman of the Sword (2023) von Anna Smith Spark. Nicht unbe­dingt, weil es ein schlech­tes Buch ist – die Prä­mis­se ist, dass hier epi­sche Fan­ta­sy durch die Augen ganz nor­ma­ler Men­schen dar­ge­stellt wird. Die Haupt­per­son war Sol­da­tin einer Armee, die im Auf­trag eines Herr­schers Län­der befreit und das Impe­ri­um wie­der her­ge­stellt hat. Danach hat sie sich auf einer Farm nie­der­ge­las­sen; die Bezie­hung zu ihren bei­den Kin­dern ist schwie­rig, sie fühlt sich über­for­dert von allem. Und dann kommt der Krieg zurück, mit Dra­chen und Magie. Brand­schat­zung und Flucht wer­den recht rea­lis­tisch geschil­dert – und das war dann der Punkt, wo ich das Buch zur Sei­te gelegt habe. Mir war es für die­se Zei­ten – ver­bun­den mit dem sehr nahen Blick auf den All­tag mit klei­nen Kin­dern – schlicht zu düster.

Meru (2023) von S.B. Divya spielt in einer Zukunft, in der im offe­nen Welt­all leben­de Cyborg-Kon­struk­te (Alloys) die Macht über­nom­men haben. Die Erde ist eine Art Reser­vat für nicht modi­fi­zier­te Men­schen. Ambi­tio­nen sind eine Krank­heit, die heil­bar ist. Die jun­ge Haupt­fi­gur will trotz­dem mit eini­gen Freund*innen Gro­ßes errei­chen. Die Chan­ce, das umzu­set­zen, ergibt sich, als der Pla­net Meru ent­deckt wird und sich her­aus­stellt, dass ihre Sichel­zel­len­an­ämie hier von Vor­teil sein könn­te. Zusam­men mit einer Kon­strukt-Raum­schiff-Per­son soll sie zei­gen, dass Men­schen auf einem Pla­ne­ten jen­seits der Erde über­le­ben kön­nen – ohne Ter­ra­forming, und ohne Ein­grif­fe in die Umwelt. Erst nach und nach stellt sich her­aus, dass sie nur als Spiel­ball in poli­ti­schen Aus­ein­an­der­set­zun­gen der Cyborg-Kon­struk­te gese­hen wird. Aus die­sem Set­ting ent­wi­ckelt Divya eine span­nend zu lesen­de Geschich­te, die sich auch gro­ßen Fra­gen stellt. 

Blei­ben wir bei Kon­struk­ten: Mar­tha Wells Mur­der­bot Dia­ries (2017–2021) ist aus der Per­spek­ti­ve eines Kon­strukts erzählt. Ein als Waffe/Sicherheitssystem ein­ge­setz­ter Cyborg („SecU­nit“) hat das Kon­troll­mo­dul über­lis­tet und agiert jetzt frei, muss dies aller­dings geheim­hal­ten. Der „Mur­der­bot“ – so die Eigen­be­zeich­nung – ist men­schen­scheu, redet nicht ger­ne über Gefüh­le, will nicht berührt wer­den und schaut am liebs­ten, auch zur inne­ren Beru­hi­gung, his­to­ri­sche und SF-End­los­se­ri­en. Gleich­zei­tig nimmt die­se SecU­nit ihre Auf­ga­be ernst: ihre Klient*innen zu beschüt­zen. Das kann dann auch mal blu­tig wer­den. Die Klient*innen sind zu Beginn der Serie Wissenschaftler*innen, die einen Pla­ne­ten erkun­den; spä­ter wer­den sie Freund*innen des Cyborg. Die Serie beginnt im Cor­po­ra­te Rim – neo­li­be­ra­le, nur auf Pro­fit aus­ge­rich­te­te Pla­ne­ten und Raum­sta­tio­nen, die von unter­schied­li­chen Kon­zer­nen beherrscht wer­den. Men­schen und Bots sind hier Leib­ei­ge­ne. Nach und nach ler­nen wir, dass es außer­halb des Cor­po­ra­te Rim ande­re Gesell­schaf­ten gibt, die eben­falls detail­liert beschrie­ben wer­den – etwa die eher an Solar­punk erin­nern­de, uto­pisch dar­ge­stell­te Pre­ser­va­ti­on. Der sar­kas­ti­sche Ton­fall der erzäh­len­den SecU­nit (samt Neben­be­mer­kun­gen) trägt eben­so wie der schnel­le Plot dazu bei, dass es sich dann doch emp­fiehlt, gleich die gan­ze Serie zu kau­fen; lei­der ein recht teu­res Ver­gnü­gen. Ein wei­te­rer Band ist für Ende des Jah­res angekündigt.

Noch­mal Space Ope­ra, dies­mal als, hm, Komö­die: John Scal­zis The Android’s Dream (2006) hat wenig mit Phil­ip K. Dick zu tun, son­dern han­delt v.a. von unfä­hi­gen Diplomat*innen, den Com­pu­tern der Wet­ter­be­ob­ach­tung, Ali­ens, die unbe­dingt ein tief­blau­es Schaf haben wol­len, einer am unte­ren Ende der galak­ti­schen Hack­ord­nung ste­hen­den Erde und den Veteran*innen eines unnö­ti­gen Krie­ges. Schnell und teil­wei­se sehr lus­tig, teil­wei­se auch bit­ter, weil es da und dort eben nicht nur Slap­stick, son­dern gute Sati­re ist. Eher Red­shirts als Old Mans‘ War, und irgend­wie typisch Scalzi.

Charles Stross Sea­sons of Skulls (2023) ist typisch Laundry/New Manage­ment, lässt sich eben­so schlecht beschrei­ben und war mir ein biss­chen zu viel more of the same. Wer die Mischung aus Hor­ror, Pas­ti­ches zu Klas­si­kern der Welt­li­te­ra­tur (hier: Rich­tung Jane Aus­ten, wür­de ich sagen), genau­er Beob­ach­tung von Büro­kra­tie und Manage­ment und Groß­bri­tan­ni­en mag, wird hier fündig. 

Schließ­lich habe ich noch Cory Doc­to­rows Red Team Blues (2023) gele­sen, das eher ein Thriller/Krimi als Sci­ence Fic­tion ist, schnell und aktio­nen­reich, mit schar­fem Blick auf die IT-Kul­tur der ame­ri­ka­ni­schen West­küs­te, halb-lega­le Cryp­to-Geschäf­te und ähn­li­ches mehr, ver­bun­den mit einer durch­aus sym­pa­thi­schen Hauptperson.

Science Fiction/Fantasy im Vorfrühling 2022

On blue

Ist es in die­sen Zei­ten ange­bracht, Unter­hal­tungs­li­te­ra­tur zu kon­su­mie­ren und Fil­me und Seri­en anzu­schau­en? Oder viel­leicht sogar not­wen­dig, als Aus­zeit von der mehr­fa­chen Kri­se, die sich rund um uns her­um entfaltet? 

Wie dem auch sei: ich habe in den letz­ten Wochen eini­ges gele­sen und ange­schaut, das sich zur Ablen­kung eignet. 

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Winterlektüre 2021/2022

Ice on leafs II

Drau­ßen wird es all­mäh­lich früh­lings­haft – Zeit, mei­ne Sci­ence-Fic­tion- und Fan­ta­sy-Lek­tü­re die­ses Win­ters mal zusam­men­zu­fas­sen. Wie auch bei den letz­ten Malen begin­ne ich mit Funk und Fernsehen.

Neben „Don’t look up“ – gera­de in der Über­zeich­nung und dem Ver­zicht auf ein Hap­py End aus mei­ner Sicht eine gelun­ge­ne fil­mi­sche Aus­ein­an­der­set­zung mit den Mecha­nis­men der media­len und gesell­schaft­li­chen Kri­sen­blind­heit – und dem groß­ar­ti­gen Dis­ney-Film „Encan­to“ waren das vor allem die aktu­el­len SF-Seri­en. „Foun­da­ti­on“ ist nicht dabei, weil ich bis­her zu gei­zig war, auch noch ein Apple-TV-Abo abzu­schlie­ßen. Wie über­haupt die Mul­ti­pli­ka­ti­on der Strea­ming­diens­te zu einer ähn­li­chen Situa­ti­on führt wie bei den Tages­zei­tungs­abos: Ich bin ger­ne bereit, für ein oder zwei Diens­te zehn, zwan­zig Euro im Monat als „Flat­rate“ aus­zu­ge­ben – aber eben nicht für eine Viel­zahl. Ins­be­son­de­re bei der vier­ten Staf­fel von „Star Trek: Dis­co­very“ nerv­te mich das anfangs; die­se soll­te anfangs in Euro­pa ja gar nicht gezeigt wer­den, um dann irgend­wann als Schmuck­stück eines Star-Trek-Kanals von Para­mount zu die­nen. Dann sicker­te durch, dass Plu­to TV sie zei­gen soll (Inter­net-Live-TV, kei­ne Ahnung, wer so was braucht …), und schließ­lich gab es dann doch die Mög­lich­keit, die Staf­fel zu kau­fen und anzu­gu­cken. Nichts mit Strea­ming-Flat­rate, aber immerhin.

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Herbstlektüre 2021

Es folgt – wie immer in unre­gel­mä­ßi­gen Abstän­den – ein Update dazu, was ich in den letz­ten Wochen/Monaten so gele­sen bzw. ange­schaut habe, also im Bereich Sci­ence Fic­tion und Fantasy. 

Wenn ich mit dem Audio­vi­su­el­len anfan­ge, dann hat mir die Ani­ma­ti­ons­se­rie Insi­de Job (Net­flix) recht gut gefal­len. Dys­funk­tio­na­les Team ver­sucht, in einer der für die Ver­de­ckung von Ver­schwö­run­gen aller Art zustän­di­gen gehei­men Fir­men genau das zu tun, und hat damit mehr oder weni­ger Erfolg. Der eine oder ande­re Scherz mag vor­her­seh­bar sein, ins­ge­samt scheint mir die­se Art von apo­ka­lyp­ti­schem Humor ganz gut ins Jahr 2021 zu passen.

Nur teil­wei­se begeis­tert bin ich dage­gen von Jona­than Stran­ge & Mr Nor­rell (Prime), der Seri­en­ver­fil­mung des Buchs von Susan­na Clar­ke. An und für sich ist die Serie gut gemacht – es geht um die Wie­der­kehr (oder auch nicht) der Magie im frü­hen 19. Jahr­hun­dert in Eng­land, mit peri­oden­ty­pi­schen Kos­tü­men, Aus­stat­tun­gen usw. Aber irgend­wie passt die Serie nicht zu mei­ner (atmo­sphä­ri­schen) Erin­ne­rung an das Buch. 

Ach ja. Dune. Die Neu­ver­fil­mung habe ich mir auch ange­schaut (im Stream, nicht auf der gro­ßen Lein­wand), und … hm. Die Ver­fil­mung ist sehr nah an dem Buch von Frank Her­bert, umfasst aber nur den ers­ten Teil des ers­ten Buchs der Serie. Und eigent­lich ist damit auch schon das größ­te Pro­blem ange­spro­chen: 2 1/2 Stun­den lang geht es um Expo­si­ti­on, die Vor­ge­schich­te wird ange­deu­tet, die ein­zel­nen Akteu­re wer­den vor­ge­stellt, und in der zwei­ten Hälf­te des Films in die bekann­te kri­sen­haf­te Aus­gangs­si­tua­ti­on in der Wüs­te gebracht, auf der der Rest von Dune auf­baut. Sehr schö­ne Bil­der, ins­be­son­de­re die Archi­tek­tur – auch die der bru­ta­lis­ti­schen Beton-Raum­schif­fe – hat mir gut gefal­len. Die Schauspieler:innen machen ihre Sache gut. In der Sum­me, abge­se­hen von ein paar Moder­ni­sie­run­gen, aber letzt­lich gar kei­ne so gro­ße Dif­fe­renz zwi­schen Lynch und Villeneuve. 

Zu den Büchern. 

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