Kurz: Der Programmwettstreit ist eröffnet

Wäh­rend die FDP bereits ein fer­tig ver­ab­schie­de­tes Wahl­pro­gramm vor­ge­legt hat, gibt es von uns und von der CDU inzwi­schen Ent­wür­fe, die im Win­ter abge­stimmt werden.

- Bünd­nis 90/Die Grü­nen: Ent­wurf des Regie­rungs­pro­gramms (Okt. 2015)

- CDU: Ent­wurf des Regie­rungs­pro­gramms (Okt. 2015)

- FDP: Wahl­pro­gramm zur Land­tags­wahl (Par­tei­tags­be­schluss, Juni 2015)

Die SPD hat ange­kün­digt, ihr Pro­gramm im Janu­ar 2016 beschlie­ßen zu wol­len, d.h. auch hier wird es ver­mut­lich in Kür­ze einen Ent­wurf geben.

Auf­fäl­lig ist, dass – mit Aus­nah­me der FDP – der Pro­gramm­er­stel­lung jeweils recht umfang­rei­che par­tei­in­ter­ne und teil­wei­se auch öffent­li­che Betei­li­gungs­pro­zes­se statt­ge­fun­den haben. 

Selbstbild als Merkel-Fangirl

Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Ralf Fücks
CC-BY-ND, Hein­rich-Böll-Stif­tung

Zu mei­nem gro­ßen Erstau­nen fand ich die Bun­des­kanz­le­rin heu­te gerad­li­nig, klug, sym­pa­thisch und prä­zi­se. Aber der Rei­he nach: nach eini­gen Schüs­sen aus der Regie­rungs­ko­ali­ti­on gegen die Flücht­lings­po­li­tik von Ange­la Mer­kel gab es heu­te die Gegen­of­fen­si­ve – eine Rede vor dem Euro­päi­schen Par­la­ment (habe ich nicht gese­hen) und ein gro­ßes Inter­view bei Anne Will, das Mer­kel nutz­te, um ihre Posi­ti­on dar­zu­le­gen und zu erläu­tern. (Ja, der Hash­tag „#mer­kel­will“ pass­te durchaus …)

Beein­druckt haben mich Sät­ze wie der, dass sie nicht bei einem Über­bie­tungs­wett­be­werb der Abschre­ckung mit­ma­chen möch­te, und wie sie die Idee, dass ein Sel­fie mit der Kanz­le­rin Fluch­t­an­reiz sein könn­te, als Popu­lis­mus ent­larv­te. Beein­druckt hat mich auch, wie offen Mer­kel dazu stand, dass die Situa­ti­on sich von Tag zur Tag ändern kann, dass auch sie nur opti­mis­tisch dar­auf set­zen kann, dass wir es schaf­fen. Und schließ­lich hat mich beein­druckt, dass sie klar fest­ge­stellt hat, dass eine Abschot­tung Deutsch­lands schlicht nicht funk­tio­nie­ren wür­de, selbst wenn sie denn gewollt wäre, und dass eine Dis­kus­si­on um Ober­gren­zen nicht sinn­voll ist. 

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Der Fünf-Prozent-Hebel

Mit der Fünf-Pro­zent-Hür­de ist das so eine Sache. Der­zeit gibt es eine gan­ze Rei­he von Land­tags­wahl­um­fra­gen in den ver­schie­de­nen Bun­des­län­dern, in denen zwei oder sogar drei Par­tei­en bei fünf Pro­zent lie­gen. Am Bei­spiel der jüngs­ten Baden-Würt­tem­berg-Umfra­ge lässt sich die Hebel­wir­kung der Fünf-Pro­zent-Hür­de gut darstellen. 

Vor­ne­weg: Ich bin auch nach den neus­ten Zah­len ziem­lich zuver­sicht­lich, dass wir im März 2016 eine Fort­set­zung von Grün-Rot hin­krie­gen. Lan­des­re­gie­rung und Minis­ter­prä­si­dent haben hohe Zustim­mungs­wer­te, der CDU-Kan­di­dat zieht nicht – und wenn wir es schaf­fen, bis zum Wahl­tag zu ver­mit­teln, dass es not­wen­dig ist, die loka­len Kan­di­da­tIn­nen von Grü­nen (oder zur Not der SPD) zu wäh­len, um Baden-Würt­tem­berg wei­ter zu moder­ni­sie­ren, dann klappt es auch.

Aber jetzt zu den aktu­el­len Zahlen:

CDU – 39 Prozent
GRÜNE – 26 Prozent
SPD – 17 Prozent
FDP – 5 Prozent
AFD – 5 Prozent
LINKE – 4 Prozent

CDU und FDP kämen dem­nach auf 44 Pro­zent, GRÜNE und SPD auf 43 Pro­zent. Koali­tio­nen mit der AFD sind hof­fent­lich aus­ge­schlos­sen. Rea­lis­tisch wäre also eine der bei­den lager­über­grei­fen­den Koalitionen.

Wenn die AFD nicht bei 5,0 Pro­zent, son­dern bei 4,95 Pro­zent liegt, sieht es ganz anders aus – dann hät­te Schwarz-Gelb ver­mut­lich eine knap­pe Mehr­heit (je nach­dem, wie sich Pro­zen­te in Sit­ze umrech­nen, aber das ist eine ande­re Frage).

Anders­her­um: AFD bei 5,0 Pro­zent, FDP bei 4,95 Pro­zent. Grün-Rot läge zwar vor der CDU, hät­te aber kei­ne Mehr­heit – sie­he oben.

AFD und FDP bei­de bei 4,95 Pro­zent – und eine Ver­än­de­rung von nur 0,1 Pro­zent­punk­ten führt plötz­lich zu einer kla­ren grün-roten Mehr­heit im Landtag.

Die­ses Rechen­spiel lie­ße sich unter Ein­be­zie­hung der LINKEN belie­big fortsetzen.

Was ich sagen will: solan­ge es eine Fünf-Pro­zent-Hür­de gibt, rei­chen ganz weni­ge Pro­zent­punk­te aus, um die Mehr­heits­bil­dung fun­da­men­tal zu ver­än­dern. Je nied­ri­ger die­se Hür­de wäre, des­to gerin­ger wür­de die­se Hebel­wir­kung ausfallen.

Mit Blick auf den wei­te­ren Moder­ni­sie­rungs­be­darf in Baden-Würt­tem­berg kann die Fünf-Pro­zent-Hür­de sich als hilf­rei­ches Instru­ment ent­pup­pen. Bes­ser und ehr­li­cher wäre eine grün-rote Mehr­heit, die nicht von der­ar­ti­gen Unwäg­bar­kei­ten abhängt. Und dafür müs­sen wir GRÜNE, aber auch die SPD, bis zum Wahl­tag noch ein biss­chen zule­gen. Ich bin zuver­sicht­lich, dass wir das hinkriegen.

War­um blog­ge ich das? Weil es am 13. März 2016 auf jede Stim­me ankom­men wird.

Kurz: Kurs auf 2017

Der­zeit macht eine Pres­se­mit­tei­lung des schles­wig-hol­stei­ni­schen Minis­ter­prä­si­den­ten Albig (SPD) die Run­de, in der er in Fra­ge stellt, ob die SPD ange­sichts der aktu­el­len Umfra­ge­wer­te über­haupt 2017 einen eige­nen Kanz­ler­kan­di­da­ten auf­stel­len soll. Offen­sicht­lich fühlt sich die SPD im Wind­schat­ten der ewi­gen Kanz­le­rin wohl. Und auch Gabri­el hat ja schon anklin­gen las­sen, dass die Wahl 2017 ver­lo­ren gege­ben wer­den könne.

Ich fin­de das vor­ei­lig. Aus grü­ner Per­spek­ti­ve flammt jetzt reflex­haft wie­der eine Debat­te über Rot-Grün-Rot vs. Schwarz-Grün auf. Ich will einen ande­ren Vor­schlag machen, der ange­sichts von 10 Pro­zent in den Umfra­gen viel­leicht ein biss­chen grö­ßen­wahn­sin­nig sein mag, aber über den wir mal dis­ku­tie­ren soll­ten. Wir gehen nicht mit einem Spit­zen­kan­di­da­tIn­nen-Duo in die Wahl 2017, son­dern mit einem Kanz­ler­kan­di­da­ten oder einer Kanz­ler­kan­di­da­tin. Eine Person!

Dazu müss­te früh klar sein, wer das ist – Urwahl, war­um nicht – und dann stün­den Bun­des­tags­frak­ti­on, Par­tei und die­se Per­son vor der Her­aus­for­de­rung, in den dann noch fol­gen­den ein­ein­halb Jah­ren von 10 Pro­zent auf 25 Pro­zent in den Bun­des­um­fra­gen zu klet­tern. Mit einer nicht nur unse­re eige­ne Mit­glie­der­schaft über­zeu­gen­den Per­son, mit Geschlos­sen­heit und mit einem kla­ren Gestal­tungs­an­spruch wäre das zwar sicher immer noch nicht ein­fach, aber eben auch nicht unmög­lich – und wür­de wie kein ande­res Vor­ha­ben den Anspruch grü­ner Eigen­stän­dig­keit unter­strei­chen. Die SPD will nicht Kanz­ler wer­den? Wir schon!

Kurz: Nomenklatur der Spaltungen

Das schöns­te an sich spal­ten­den Par­tei­en sind die phan­ta­sie­vol­len Namen der Abspal­tun­gen. Ein biss­chen erin­nert das an die fast ech­ten Par­tei­na­men bei dol2day – die Älte­ren wer­den sich erin­nern. In den letz­ten Jahr­zehn­ten also zum Beispiel:

SPD → WASG („Wahl­al­ter­na­ti­ve für Sozia­le Gerechtigkeit“)
Die Grü­nen → ÖDP („Öko­lo­gisch-Demo­kra­ti­sche Partei“)
Die Grü­nen → Ökolinx
FDP → Neue Liberale
AfD → ALFA („Alli­anz für Fort­schritt und Aufbruch“)

Was jetzt noch fehlt, ist DIE LINKE einer­seits (aber die zer­brö­ckelt eher intern in dut­zen­de Platt­for­men) und CDU/CSU ande­rer­seits. Kom­men bald die „Uni­on für Wirt­schaft und Euro­pa“ (UWE), die „Christ­lich-kon­ser­va­ti­ve Wer­te­ge­mein­schaft“ (ChkWg), die „Auto­kra­tisch-frei­heit­li­chen Demo­kra­ten“ oder die „Volks­par­tei Deutsch­lands“ (VPD) auf uns zu?