Mit den Umfragen ist das ja so eine Sache. Alle Verzerrungen, Fehler und Propagandawünsche abgezogen, bleibt die Frage, wie sich bundesweite Umfragewerte in Mandate umsetzen würden. Diese Frage beantwortet wie bereits 2009 auch dieses Jahr – mit dem neuen Wahlrecht – wieder der Mandatsrechner von Christian Brugger – auf der Grundlage beliebig auswählbarer Umfrage und mit unterschiedlichen, auswählbaren Datengrundlagen zur Verteilung der Bundesergebnisse auf die Länder. Für die grünen Listen lässt sich sogar einblenden, wer drin wäre. Und im ExpertInnen-Modus lässt sich an jeder Zahl drehen, um zu sehen, wie die Auswirkungen auf die Zusammensetzungen des Bundestags wären, was passiert, wenn FDP oder AfD oder Piraten knapp rein oder raus fallen, oder wenn alle baden-württembergischen Direktmandate an die CDU gehen sollten. Gute Sache! Und wir drehen das!
Beschwert euch nicht, wählt!
Ich finde Steinbrück nicht sonderlich sympathisch. Aber darum geht es nicht. Die Umfragewerte sehen nicht so toll aus. Aber auch darum geht es nicht. Unser Parteien- und Koalitionssystem führt dazu, dass die Wahl am 22.9. realistischerweise drei Ergebnisse haben kann:
1. Merkel und ihre schwarz-gelbe Koalition werden bestätigt und nehmen das als Signal dafür, den bisherigen Kurs verschärft fortzusetzen. Klar, der Blick in die Zukunft bleibt ein bisschen nebulös, weil Merkels Kurs nicht so klar ist. Die letzten vier Jahre zeigen jedenfalls, dass dazu Bonuspolitik für Lobbygruppen und Besserverdienende gehört, dass es gesellschaftspolitisch immer wieder Rückschläge gibt und die wenigen Verbesserungen oft vor dem Bundesverfassungsgericht erstritten werden mussten, und dass Umwelt oder Klima für Merkel keine Themen sind, und entsprechend Murks betrieben wird.
Kurz: Achterbahnfahrt
Was mir ja ein wenig Sorgen macht, auch wenn mir ein halbes Dutzend mehr oder weniger gute Gründe dafür einfallen, ist die untenstehende Kurve. Und die 10%, die die Forschungsgruppe Wahlen heute hatte, sind dort gar nicht eingepreist. Da bleibt nur: Jetzt erst recht ran an die Leute!
Datenquelle: wahlrecht.de
P.S.: Dieses Interview mit ZDFWDR-Chefredakteur Jörg Schönenborn über die Unsicherheit von Umfragen kurz vor Wahlen passt ganz gut als Gegengift zu meiner Kurve oben.
Wie der Wahl-O-Mat das Parteienspektrum abbildet
Die Bundeszentrale für politische Bildung hat auch dieses Jahr wieder einen Wahl-O-Maten am Start. Daneben gibt es eine Reihe weiterer Angebote, die alle gemeinsam haben, dass sie versuchen, über Fragen und ein Matching mit den Antworten von Parteien und/oder KandidatInnen darzustellen, welche Partei und welche politische KandidatIn zu den eigenen Vorstellungen passen.
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Rein in die Kuschelecke? Raus aus der Kuschelecke!
Während die SPD in Berlin ihr Deutschlandfest feierte – Anlass: 150 Jahre Sozialdemokratie – fand in Frankfurt am Main die „summer factory“ des Instituts Solidarische Moderne e.V. (ISM) statt. Das ISM hat sich vor einigen Jahren als „Denkfabrik der Mosaiklinken“ gegründet, zur intellektuellen Unterfütterung eines gemeinsamen rot-grün-roten Projekts, getragen von einzelnen Akteuren aus den entsprechenden drei Parteien und aus der real existierenden „Bewegungslinken“.
So ungefähr 100 Menschen aus dem ISM und seinem Umfeld trafen sich also in Frankfurt. Ein bisschen war das ganze auch eine Katzenjammerveranstaltung angesichts der Schwierigkeiten, gemeinsame rot-grün-rote Projekte nicht nur zu identifizieren, sondern daraus auch noch konkrete Politik zu machen. Die Aussichten für ein entsprechendes Bündnis nach der Bundestagswahl scheinen derzeit bekanntermaßen ja nicht die besten zu sein.
Ich bin zwar fast seit Gründung des ISM dort Mitglied (auch wenn ich den Namen nicht mag), war aber noch auf keiner ISM-Veranstaltung. Insofern wusste ich nicht so genau, was mich erwarten würde. Angelockt hatte mich in allererster Linie der Titel der „summer factory“ (die im Übrigen mit Regen endete). Der Titel klang verheißungsvoll: „Strategische Bedingungen eines Politikwechsels: Sozialökologische Transformation“. Darunter konnte ich mir was vorstellen. Dachte ich jedenfalls.
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