Ursula K. LeGuin: The Dispossessed

Ein SF-Roman, der auf den bei­den Zwil­lings­wel­ten Urras und Anar­res spielt. She­vek, ein Phy­si­ker von Anar­res durch­bricht die über hun­dert Jah­re lang wäh­ren­de Iso­la­ti­on des Pla­ne­ten, um sei­ne Ergeb­nis­se publi­zie­ren zu kön­nen, stellt aber schnell fest, daß Urras auch nicht sein Ide­al darstellt.

Urras ent­spricht weit­ge­hend der Situa­ti­on der Erde heu­te, Anar­res wird als anar­chis­ti­sche (bzw nicht-auto­ri­tär-kom­mu­nis­ti­sche) Sied­lung dar­ge­stellt. Anar­res ist dabei ein unwirt­li­cher Pla­net, der von Urras aus als eher unin­ter­es­san­ter Mond ange­se­hen wird und etwa 140 Jah­re vor der Zeit, in der der Roman spielt den Anhän­ge­rin­nen von Odo (die so ähn­lich wie Marx etc. dar­ge­stellt wird) über­las­sen wur­de. Die­se haben dort eine freie Gesell­schaft errich­tet, in der sich aber rela­tiv bald schon wie­der ziem­lich wich­ti­ge infor­mel­le Struk­tu­ren (Odo hat gesagt, daß …; sozia­ler Druck als höchs­tes Gut) her­aus­ge­bil­det haben. Merk­ma­le der Gesell­schaft: Abso­lu­te Gleich­be­hand­lung von Män­nern und Frau­en (zum Bei­spiel Namens­ver­ga­be durch Com­pu­ter, Namen asso­zie­ren kei­ne Geschlech­ter), Los­ver­fah­ren zur Beru­fung in das zen­tra­le Pla­nungs­ko­mi­tee, Sied­lungs­rä­te, frei­wil­li­ge Arbeits­ein­sät­ze, Gemein­schafts­schlaf­räu­me, so gut wie kein Pri­vat­be­sitz, kein Geld, strik­te antie­go­is­ti­sche Erzie­hung (die Gesell­schaft ist alles, Du bist nichts …).

Der Roman ist (a) gut les­bar und (b) regt er an, dar­über nach­zu­den­ken, wie eine anar­chis­ti­sche Gesell­schaft denn nun tat­säch­lich aus­se­hen könn­te. Inzwi­schen ein Klas­si­ker moder­ner Utopien.

Eine inter­es­san­te Ergän­zung zu The Dis­pos­s­es­sed stellt die Kurz­ge­schich­te „The day befo­re the revo­lu­ti­on“ dar, die online ver­füg­bar ist. Die­se Kurz­ge­schich­te spielt in der Vor­ge­schich­te der Welt von Anar­res, sie ist aber auch eine Geschich­te über LeGu­ins Vor­stel­lung von Anar­chis­mus, vor allem aber eine Geschich­te über Laia Odo (nach der der Odo­nia­nis­mus benannt ist), die zum Zeit­punkt des Tex­tes eine alte Frau ist, am Tag vor der Revo­lu­ti­on, ihrer Revolution.

Le Guin, Ursu­la K. (1996): The Dis­pos­s­es­sed. An Ambi­gous Uto­pia. Glas­gow: Har­per­Coll­ins (Orig. 1974).
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Ursula K. LeGuin: Always Coming Home

Always Coming HomeEine SF-Geschich­te, die in einer Zukunft spielt, die auf den Alt­las­ten von heu­te nach den Ritua­len von ges­tern exis­tiert. Traum­haf­te und traum­ar­ti­ge Beschrei­bun­gen der Ritua­le und der Mytho­lo­gie eines moder­nen India­ner­stam­mes, der noch nicht exis­tiert und eines Tages dort leben wird, wo heu­te noch San Fran­cis­co steht. Inklu­si­ve eige­ner Spra­che, Kul­tur, usw. Das Buch ist zum Teil sehr col­la­gen­ar­tig geschrie­ben. Fokus und Haupt­per­son ist eine Frau, die wir von ihrer Kind­heit bis zu ihrem Tod begleiten.

Der Stil des Buchs ist sehr eigen – viel­leicht trifft es am bes­ten, wenn er als „fik­tio­na­le Anthro­po­lo­gie“ beschrie­ben wird.

Le Guin, Ursu­la K. (1987): Always Coming Home. New York u.a.: Ban­tam Books (orig.: 1985)
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Philip K. Dick: Beyond Lies the Wub

Bey­ond Lies the Wub ist eine Samm­lung mit Kurz­ge­schich­ten von Phil­ip K. Dick, die zwi­schen 1947 und 1955 geschrie­ben wur­den. Das Buch ent­hält eine Ein­lei­tung von Robert Zelaz­ny und einer Defi­ni­ti­on des Begriffs „Sci­ence Fic­tion“ durch Dick. 

Eini­ge der Geschich­ten brin­gen wirk­lich inter­es­san­te Ideen mit sich (und stel­len klar, dass vie­le neue Gedan­ken so neu auch wie­der nicht sind); ande­re sind klas­si­sche Bei­spie­le für SF der 1950er Jah­re, denen kei­ne gro­ße Ori­gi­na­li­tät zukommt.

Der Band ent­hält fol­gen­de Geschichten:

  • „Sta­bi­li­ty“ (Eine Gesell­schaft, die jede Form von Ver­än­de­rung ver­ab­scheut und kon­trol­liert – erin­nert ein biß­chen an „Bra­zil“)
  • „Roog“ (die wöchent­li­che Müll­ab­fuhr aus der Per­spek­ti­ve eines Hundes) 
  • „The Litt­le Move­ment“ (Toy Sto­ry scheint hier eini­ge Ideen auf­ge­grif­fen zu haben; Welt­erobe­rung durch Spiel­zeug­sol­da­ten schei­tert an Plastikschweinchen) 
  • „Bey­ond Lies the Wub“ (Was tun, wenn das als Nah­rungs­mit­tel ein­ge­kauf­te mar­sia­ni­sche Schwein sich als über­aus intel­li­gen­te Lebens­form entpuppt?) 
  • „The Gun“ (eine auto­ma­ti­sche Waf­fe bewacht eine längst unter­ge­gan­ge­ne Zivi­li­sa­ti­on, die durch­aus auf der Erde lie­gen könnte) 
  • „The Skull“ (Zeit­rei­se zur retro­spek­ti­ven Religionsgründung) 
  • „The Defen­ders“ (Der kal­te Krieg eska­liert, die Bevöl­ke­rung zieht sowohl in der Sowjet­uni­on als auch in den USA unter die Erde, und Robo­ter kämp­fen auf der ver­brann­ten Erd­ober­flä­che – oder behaup­ten das zumindest) 
  • „Mr Space­ship“ (eine außer­ir­di­sche Zivi­li­sa­ti­on kennt nur Bio­tech­nik (!), z.B. leben­de Raum­schiff­ab­wehr, die Erde ver­sucht, gleich­zu­zie­hen, und imple­men­tiert ein Gehirn in die Schiffs­steue­rung eines Raumschiffs) 
  • „Piper in the Woods“ (eine Aste­ro­iden­sta­ti­on mit einer selt­sa­men Krank­heit: immer mehr der dort Leben­den behaup­ten, sie wären Pflan­zen, und sit­zen den gan­zen Tag über reg­los in der Sonne) 
  • „The Infi­ni­tes“ (eine Strah­len­quel­le trig­gert Muta­ti­on und macht aus den Insas­sen eines Raum­schif­fes ‚Men of the Future‘, eini­ge Mil­lio­nen Jah­re später) 
  • „The Pre­ser­ving Machi­ne“ (Dr Laby­rinth hat die Idee, Musik­stü­cke leben­dig zu machen, um sie so für die Ewig­keit zu bewah­ren. Klappt nicht ganz …) 
  • „Expen­da­ble“ (Angriff der Insekten) 
  • „The Varia­ble Man“ (in einem zukünf­ti­gen Krieg taucht plötz­lich ein Mann aus der Ver­gan­gen­heit auf – und macht die sta­tis­ti­schen Berech­nun­gen über Kriegs­er­folg oder ‑miß­er­folg zunichte) 
  • „The Indefa­tigab­le Frog“ (der Ver­such, Zenos Para­do­xon empi­risch zu lösen) 
  • „The Crys­tal Crypt“ (der letz­te Flug vom Mars zur Erde – und kurz zuvor ist einer der Mars­städ­te verschwunden) 
  • „The Short Hap­py Life of the Brown Oxford“ (Dr Laby­rinth kon­stru­iert eine Maschi­ne, die unbe­leb­te Gegen­stän­de belebt. Z.B. Schuhe) 
  • „The Buil­der“ (ein Mann baut ein Schiff und weiss nicht, war­um er das tut) 
  • „Medd­ler“ (der Ver­such, die Zukunft zu beob­ach­ten, führt zur Kata­stro­phe, und jeder Ver­bes­se­rungs­ver­such macht alles nur schlimmer) 
  • „Pay­check“ (die bes­te Bezah­lung für gehei­me Arbei­ten an einem Zeit­spie­gel sind ein Bus­ti­cket, ein Stück Draht, eine Quit­tung und vier wei­te­re harm­lo­se Gegenstände) 
  • „The Gre­at C“ (eine post­apo­ka­lyp­ti­sche Welt, in der ein Com­pu­ter Men­schen­op­fer fordert) 
  • „Out in the Gar­den“ (Leda und der Schwan, Neuauflage) 
  • „The King of the Elves“ (ein Tank­stel­len­be­sit­zer wird zum Elfenkönig) 
  • „Colo­ny“ (illus­triert sehr schön die Bedeu­tung von tech­nik­so­zio­lo­gisch gespro­chen „Sachen“ – was wäre, wenn eine ali­en lif­e­form in der Lage wäre, jeden unbe­leb­ten Gegen­stand exakt nachzubilden?) 
  • „Pri­ze Ship“ (das erbeu­te­te Raum­schiff der Gany­me­di­ans könn­te den Krieg ent­schei­den – wenn bloss klar wäre, auf wel­che Ein­heit sich die Ska­la bezieht. Also ausprobieren) 
  • „Nan­ny“ (ein flie­gen­der Robo­ter, der auf Kin­der auf­passt, soll­te sich auch gegen Übel­tä­ter zur Wehr set­zen kön­nen, oder?) 

Phil­ip K. Dick (1990): Bey­ond Lies the Wub. Vol.1 The Coll­ec­ted Sto­ries of Phil­ip K. Dick, Lon­don u.a.: Graf­ton Books.
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Philip K. Dick: Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

In einer von einer Kli­ma­ka­ta­stro­phe ange­heiz­ten Zukunft ver­sorgt der Kon­zern Per­ky Pat Lay­outs Kolo­nis­tIn­nen auf den Pla­ne­ten, die dort ein trost­lo­ses Leben fris­ten, mit der bewusst­seins­ver­än­dern­den Dro­ge Can‑D und dazu­ge­hö­ri­gen Lay­outs, Minia­tur­mo­del­le aus der ame­ri­ka­ni­schen Ver­gan­gen­heit. Mit Hil­fe von Can‑D tau­chen die Kolo­nis­tIn­nen in die­se ande­re Wirk­lich­keit ein, und wer­den zu Pat und Walt. Doch Unge­mach droht: der vor zehn Jah­ren ins Prox-Sys­tem ver­schwun­de­ne Unter­neh­mer Pal­mer Eldritch ist zurück – und gerüch­te­wei­se hat er Chew‑Z mit­ge­bracht, eine die Wirk­lich­keit ver­än­dern­de Dro­ge. Bloss Kon­kur­renz für P.P. Lay­outs – oder ein Ver­such des außer­ir­di­schen Bösen, die Gewalt über die Erde und die ande­ren Pla­ne­ten zu erlangen?

Phil­ip K. Dick (2002): Die drei Stig­ma­ta des Pal­mer Eldritch. Mün­chen: Hey­ne. 9,00 Euro. (ame­rik. Orig.: The Three Stig­ma­ta of Pal­mer Eldritch, 1964)

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Philip K. Dick: Das Orakel vom Berge

Das Ora­kel vom Ber­ge ist die deut­sche Über­set­zung von The Man in the High Cast­le (orig. 1962), mit einem Vor­wort von Kim Stan­ley Robin­son und zwei unver­öf­fent­lich­ten Kapi­teln im Anhang.

Wor­um geht es? Dicks Roman ist eine Alter­na­tiv­welt­ge­schich­te, die in einer Welt spielt, in der Deutsch­land und Japan den 2. Welt­krieg gewon­nen haben und die USA unter sich auf­ge­teilt haben. In den 60er Jah­ren ist das Leben in der japa­ni­schen „PSA“ fried­voll, sehr asia­tisch geprägt, wenn auch mit deut­li­cher Stra­ti­fi­ka­ti­on zwi­schen der japa­ni­schen Herr­scher­klas­se und dem Rest – Deutsch­land hat dage­gen Afri­ka men­schen­leer gemacht und im Norden/Osten Ame­ri­kas eine natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Kolo­nie aufgebaut.
Neben den ver­schie­de­nen Hand­lungs­per­spek­ti­ven durch die ver­schie­de­nen Haupt­fi­gu­ren, die alle irgend­wie mit­ein­an­der zusam­men­hän­gen, aber ganz unter­schied­li­che Schick­sa­le haben, spielt das Ora­kel „I‑Ging“ eine gro­ße Rol­le – und ein Alter­na­tiv­welt­ro­man im Roman, der in einer Welt spielt, in der die Allier­ten den 2. Welt­krieg gewon­nen haben – und die ganz anders als unse­re Welt ist.

Phil­ip K. Dick (2000): Das Ora­kel vom Ber­ge. Mün­chen: Hey­ne. 9,00 Euro. (Orig.: The Man in the High Cast­le, 1962).
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