Nach einer urlaubs- und umzugsbedingten Pause, in der ich mein Blog schmälich vernachlässigt habe, mache ich jetzt mal mit einem Foto aus dem Nationalpark Schwarzwald weiter. Der ist immer einen Ausflug wert – das gilt erst recht, seitdem das architektonisch wie mit Blick auf die Konzeption der Ausstellung interessante Besucherzentrum eröffnet ist. Neben einem Aussichtsbalkon samt Turm mitten in den Bäumen gibt es eine Dauerausstellung zum Netzwerk des Lebens im Nationalpark, die sehr schön gemacht wurde – und der anzumerken ist, dass dahinter Menschen stehen, die was von Inszenierung verstehen. So ändert sich beispielsweise die Lichtstimmung im Lauf der Zeit, einzelne Abschnitte haben einen „der Vorhang hebt sich“-Effekt, und fast alles kann angefasst und ausprobiert werden.
Photo of the week: Dietenbach sunset
Kurz: Politik des Existenziellen
Vor ein paar Tagen hat jemand auf Twitter elegant zwischen denjenigen unterschieden, für die die Klimakrise eine existenzielle Frage ist, und denjenigen, die darin ein Thema unter vielen sehen. Jetzt finde ich den Tweet nicht mehr, sonst würde ich ihn hier zitieren. Denn diese Unterscheidung erscheint mir sehr sinnvoll zu sein – gerade auch im Hinblick auf die Bundestagswahl. Und die Bilder aus Stuttgart, Tübingen und Reutlingen – und jetzt, noch einmal heftiger, aus Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, machen sehr deutlich, was Klimakrise als existenzielle Frage bedeutet. Mal ganz zu schweigen von Rekordtemperaturen und Waldbränden in anderen Teilen der Welt.
Und möglicherweise ist das tatsächlich, wenn sich jetzt nicht noch ein Sinneswandel bei der Union und der FDP einstellt, das zentrale Unterscheidungsmerkmal für die Wahlentscheidung bei dieser Bundestagswahl. Wer nicht versteht, warum „Klima plötzlich ein Thema ist“, wer glaubt, alles könne so bleiben, der wählt Union oder FDP, und wird dann bitter überrascht werden. Wer Klima als Existenzfrage begreift, als Krise, bei der zu Handeln nicht „nice to have“ ist, sondern im Wortsinne überlebenswichtig, der wählt vermutlich Grün.
Damit will ich nicht sagen, dass das grüne Wahlprogramm eine komplette Antwort auf diese existenzielle Frage enthält – wohl aber Teile der Lösung, einzelne Puzzlestücke – und vor allem eben das übergreifende Verständnis dafür, dass es hier um eine Überlebensfrage geht, bei der jetzt gehandelt werden muss. Jetzt, nicht irgendwann, oder wenn es gerade passt, oder wenn es nicht zu teuer oder zu unbequem ist. Vielleicht ist es gerade das Merkmal einer Krise, dass Entscheidungen und politische Maßnahmen notwendig und dennoch unbequem und zumutend sind. Und darum geht es bei dieser Wahl.
Photo of the week: Gundelfingen at sunset
Ich mache mal mit Landschaftsbildern weiter. Das hier ist am Rebberg in Gundelfingen entstanden, als die Sommernacht ausnahmsweise mal lau war – auf dem Rückweg von einer der ersten Präsenzveranstaltungen, die die Partei veranstaltet hat. Und hat mich dann auch gleich dazu inspiriert, zu den Acrylfarben zu greifen.
Zeit des Virus, Update X
Im Mai hatte ich geschrieben, wie schwierig es ist, an eine Impfung zu kommen. Letztlich ist es mir dann doch gelungen, mich mit AstraZeneca impfen zu lassen. Morgen steht dann die zweite Impfung an – nicht mit AstraZeneca, sondern mit dem Impfstoff von Biontech. Das soll, so die aktuelle Empfehlung, besser helfen gegen die inzwischen dominierende Delta-Variante. Auch meine Teenager-Kinder haben – entgegen der Stiko-Empfehlung – inzwischen ihre erste Impfung hinter sich; insgesamt habe ich den Eindruck, dass es zumindest hier in der Gegend inzwischen kein Problem ist, an einen Impftermin zu kommen. Im Gegenteil: das Impfzentrum macht gerade sehr offensiv Werbung, geht in einzelne Stadtteile usw., um auch diejenigen zu erreichen, die nicht von sich aus den Stress der Terminorganisation auf sich genommen haben oder nicht von ihrem Hausarzt oder ihrer Hausärztin geimpft werden.
Vor zwei, drei Wochen sah es fast so aus, als wäre die Pandemie dann mal zu Ende. Schnell sinkende Infektionszahlen, Inzidenzen deutlich unter 10, in einigen Landkreisen keine neuen Fälle mehr. Der Schulbetrieb findet wieder in Präsenz und im Klassenzimmer ohne Masken statt, private Treffen wurden erlaubt, Kulturbetriebe konnten wieder aufmachen. Endlich wieder sowas wie Normalität!
Seit ein paar Tagen hat sich der Trend jedoch umgekehrt. Der R‑Wert liegt über 1, die Neuinfektionszahlen wachsen. Nicht ganz so schnell wie in den Niederlanden, wo die Öffnung von Clubs eine Verzehnfachung der Infektionen nach sich zog, aber doch schnell genug, um wieder in eine exponentielle Kurve zu kommen. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Impfungen nicht mehr so schnell zu. Ich habe Angst, dass wir diesen Wettlauf gegen die Delta-Variante verlieren. Und auch wenn die Impfung dann Schutz gegen schwerste Verläufe bietet, sind wir mit der Pandemie wohl leider noch ganz und gar nicht am Ende.
In Baden-Württemberg beginnen in gut zwei Wochen die Sommerferien. Wir sind spät dran und können gucken, welche Fehler in anderen Bundesländern gemacht werden. Heftig diskutiert wird über Luftfiltergeräte, wobei sich als Konsens inzwischen herausschält, dass diese zwar helfen, aber nur ein Baustein sein können und andere Bausteine einer Strategie – Abstände, Masken, Lüften, Quarantäne – nicht ersetzen. Ministerpräsident Kretschmann hat bereits angekündigt, zumindest in den zwei Wochen direkt nach den Sommerferien unabhängig von Inzidenzen weiter auf regelmäßige Tests der Schulkinder und auf Masken zu setzen; auch, um Infektionen von Reiserückkehrenden zu identifizieren.
Clubs, Reisen, die Zuschauer:innen bei der Fußballweltmeisterschaft – all das sind wohl gerade Faktoren, die dazu beitragen, wieder in steigende Infektionszahlen zu kommen. Und auch wenn die Zahl der Fälle, die ins Krankenhaus müssen, geringer als bei den ersten drei Wellen ist, stimmt mich das alles nicht gerade optimistisch. Und den Fehler, in steigende Zahlen hinein zu lockern, der wurde jetzt mehrfach gemacht. Stattdessen wäre eigentlich jetzt die Chance da, gut begründet präventiv zu handeln. Ob die Ministerpräsident:innen mitten im Wahlkampf, mitten in den Sommerferien in den meisten Ländern den Mut aufbringen, bleibt abzuwarten.
Zusammen mit den starken Regenfällen mitten im Sommer, den Waldbränden in Kalifornien und den Hitzetoten in Kanada wirkt der Zustand der Welt auf mich gerade ein bisschen wie Apokalypse in Zeitlupe. Da helfen dann keine Held:innen, sondern nur vorausschauende und effektive Politik.