Viele Augen sehen mehr! – Antrag zur grünen Netzpolitik für Baden-Württemberg
Heute ist die zweite Versendung der Delegiertenunterlagen für den 11. Landesausschuss von Bündnis 90/Die Grünen Baden-Württemberg bei mir angekommen. Halt, der erste Satz muss einladender klingen und darf nicht so ein Polit-Kauderwelsch enthalten. Also nochmal: am 26. Juni werden die baden-württembergischen Grünen über Netzpolitik reden. Auf dem „kleinen Parteitag“, der bei uns Landesausschuss heißt, und der in Mannheim stattfindet. Der Parteitag ist öffentlich, wer sich das anschauen will, und in der Gegend ist, kann also gerne dazukommen.
Als Ko-Autor des Netzpolitik-Antrags – Schwerpunkte sind digitale Teilhabe und Ansprüche an eine grüne Informationswirtschaft – möchte ich aber herzlich dazu einladen, schon vorher die Gelegenheit zu Ergreifen, mitzureden. Auch, weil ich selbst glaube, dass der Antrag zwar gut ist, aber durchaus noch besser sein könnte. Deswegen möchte ich das Angebot machen, dass alle, die Interesse daran haben, dass die Grünen Baden-Württemberg sich netzpolitisch gut aufstellen, hier einen Ort finden, Änderungswünsche anzumelden. Mehr dazu nach dem Klick.
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Ein Plädoyer für ungewöhnliche Kombinationen
Der hier bereits andiskutierten Frage nach der Nachfolge von Horst Köhler möchte ich mich in diesem Beitrag noch einmal widmen – in etwas ernsthafterer Form. Der aktuelle Stand der KandidatInnensuche „aus Kreisen“ scheint sich ja auf Ursula von der Leyen einzuschießen – die aus einer ganzen Reihe von Gründen keine sehr gute Kandidatin für dieses Amt ist. Vor allem wäre sie eine Kandidatin der Regierung.
Und wenn dem Amt der BundespräsidentIn überhaupt ein Sinn zukommt, dann kann es nicht der sein, als erweiterter Arm (oder gar als „Leuchtrakete“, wie es Prantl in der SZ heute schrieb) einer Regierung zu dienen. Ob wir überhaupt einen Bundespräsidenten oder eine Bundespräsidentin brauchen – auch das erscheint mir immer noch eher unsicher. Wenn, müsste vielleicht doch noch einmal über den Zuschnitt und das Wirkungsfeld dieser „ErsatzkönigIn“ nachgedacht werden.
Aber ich schweife ab. Ursula von der Leyen, aber auch Norbert Lammert – das wären KandidatInnen, die ganz klar die Botschaft „von Merkels Gnaden“ mit sich tragen würden. Nun sieht es auf den ersten Blick so aus, als sei in der Bundesversammlung eine klare schwarz-gelbe Mehrheit von 22 bis 24 Stimmen gegeben. Die gibt es, keine Frage:
Auf den zweiten Blick – und ich bin überzeugt davon, dass in diesen Zeiten ein solcher zweiter Blick notwendig ist – bieten die Verhältnisse in der Bundesversammlung auch andere, vielleicht etwas ungewöhnlich erscheinende Kombinationsmöglichkeiten; einmal abgesehen davon, dass es bisher oft so war, dass die aus den Ländern entsandten Fraktionen eben nicht aus FraktionärInnen bestanden, sondern aus – durchaus eigenständig handelnden – Prominenten oder aus Personen mit Symbolfunktion. Die Delegierten für die Bundesversammlung aus den Ländern werden in den nächsten Wochen gewählt. Dann wird sich zeigen, ob es diesmal anders ist, und in der besonderen Situation, in kurzer Zeit eine Bundesversammlung zu beschicken, der Parteidisziplin ein höherer Stellenwert eingeräumt wird.
Gehen wir einmal davon aus, dass die „Blöcke“ tatsächlich geschlossen abstimmen werden. Aber was sind das für Blöcke? Ist es legitim, von einem schwarz-gelben und einem rot-grün(-roten) Block zu sprechen? Wenn wir die „Bauklötzchen“ einmal anders stapeln, ergeben sich Kombinationsmöglichkeiten, die ungewöhnlich sind – aber das Potenzial mit sich bringen, eine Bundespräsidentin oder einen Bundespräsidenten zu finden, die oder der weder dem (scheinbaren) Quereinsteiger Köhler entspricht, noch dem einer linientreuen Vollblutpolitikerin.
Ein Beispiel für eine solche ungewöhnliche Kombination wäre die Ampel. Was spricht dagegen, mit einer Mehrheit aus FDP, Grünen und SPD (gerade auch mit Blick auf NRW …) und etwa 20 Delegierten aus entweder der CDU/CSU oder der LINKEN Sabine Leutheuser-Schnarrenberger zur Präsidentin zu küren?* Politisch erfahren, moralisch integer – eine Kandidatin, die in diesem Amt nicht in der Abhängigkeit von der Bundesregierung stände, sondern Spielräume nutzen kann. Und natürlich gäbe es noch ein paar weitere Personen, für die eine solche Mehrheit eine Grundlage bieten könnte. Es käme auf den Versuch an.
Und wer es partout anders haben will: auch schwarz-grün hätte in der Bundesversammlung eine Mehrheit – um zum Beispiel Klaus Töpfer oder Joschka Fischer ins Amt zu hieven. Oder, wenn’s denn wirklich sein muss: mit dem Stimmen einer großen Koalition eine ehemalige BundesverfassungsgerichtspräsidentIn o.ä. zu wählen.
Warum blogge ich das? Weil ich es schade fände, wenn die Chance, die in dieser Krise steckt, vertan würde.
* Alternativ: mit relativer Mehrheit im dritten Wahlgang – eine GegenkandidatIn müsste, um vorher erfolgreich zu sein, die Stimmen der CDU/CSU, der LINKEN, der Freien Wähler und der NPD auf sich vereinen.
Zwölf Vorschläge für die Köhler-Nachfolge
Mit ihr wäre das nicht passiert!
Nach Köhlers Rücktritt stellt sich die große Frage: Wer denn jetzt? Die Frage stellt sich umso drängender, als Köhler u.a. vorgeworfen wurde, nur als „Marionette“ schwarz-gelber Machtwünsche ins Amt gekommen zu sein, und ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin natürlich unbelastet von derartigem zu sein hat. Umso besser trifft es sich, dass klar ist, dass die Mehrheit in der Bundesversammlung weiterhin schwarz-gelb sein wird. Also beste Voraussetzungen für eine Wahl frei von parteipolitischen Überlegungen und Zwängen. Nur: wer wird’s?
Hier zwölf Vorschläge:
12. von und zu Guttenberg – wäre eigentlich die Idealbesetzung als Ersatzkönig, ist aber – so ein Ärger – um ein paar Monate zu jung für die grundgesetzlichen 40.
11. Windsor - ähnlich sieht es mit Prince Charles aus – zwar alt genug, aber kein deutscher Staatsbürger.
10. Meyer-Landrut - nein, auch Lena ist zu jung. Egal, wie oft wer das noch per Twitter durchs Land posaunt.
9. Merkel - wenn schon präsidentialer Stil, dann richtig.
8. Fischer oder Vollmer - Joschka oder Antje. Oder als Doppelspitze, oder so. Aber soo überparteilich soll’s dann doch nicht sein. Oder?
7. Böhrnsen - der Bundesratspräsident, Bremer Bürgermeister und derzeitiger Treuhänder des Bundespräsidentenamtes hat jetzt eine einmonatige Probezeit, um sich als „rot-grüner“ (Volker Beck) Überraschungskandidat für das Amt zu profilieren.
6. Rüttgerskochwulffoettinger von Beust - einer dieser (ehemaligen) Ministerpräsidenten, die jetzt irgendwo untergebracht werden müssen. Vorteil: so noch nicht zurückgetreten, wäre in dem jeweiligen Land dann Spielraum für z.B. eine große Koalition unter Armin Laschet. Nachteil: wenig glaubwürdig – warum sollten mehr oder weniger abgehalfterte Ministerpräsidenten das Amt des Staatsoberhaupts ausfüllen können?
5. Schäuble von der Leyen-Westerwelleschavan - das selbe gilt für derzeitige MinisterInnen. Dann doch lieber jemand von außerhalb.
4. Schröder - wenn die Bundesjugendfamilienministerin von Köhler zu Schröder wechseln kann, sollte der allseits (wo?) beliebte (was?!) Ex-Bundeskanzler doch erst recht beste Voraussetzungen für einen Wechsel von Köhler zu Schröder im höchsten Staatsamt mitbringen.
3. Käßmann - ein repräsentatives Amt, das weniger als das vorherige von moralischer Vorbildhaftigkeit lebt, und dafür protestantische Volksnähe mit hohen Sympathiewerten belohnt. Bonus: Überparteilichkeit! (Auch wenn die SPD sie gleich mal als eigene Kandidatin ins Feld schubst).
2. Süssmuth (oder Baum, oder Genscher, oder Hirsch, oder Geißler [oder Töpfer]) – also eine der CDU oder der FDP angehörende Persönlichkeit mit elder statesperson-touch, bei der der Verdacht der Parteilichkeit tatsächlich! entfallen würde. Jetzt müsste nur noch jemand CDU und FDP dazu bringen, das als wichtig anzusehen. Vielleicht, um die Würde des Amtes zu retten. Oder so.
1. — – Wozu (außer zu Repräsentativzwecken) war das Amt des Bundespräsidenten nochmal gut? Vielleicht wäre es gar nicht das Schlechteste, die Stelle als Staatsoberhaupt einfach leerstehen zu lassen. Und mal zu schauen, ob sich dann was ändert.
Warum blogge ich das? Als nicht ganz ernstgemeinte Ergänzung zu meinem vorstehenden Eintrag zum Rücktritt.
Kurz: Mai der Rücktritte
Nach Mixa (im April) und Koch hat heute Bundespräsident Köhler seinen Rücktritt erklärt – letztlich aufgrund seiner Äußerung in Afghanistan zu Kriegseinsätzen der Bundeswehr zum Schutz wirtschaftlicher Interessen. Auch wenn ich die Begründung seltsam finde – er begründet seinen Rücktritt laut tagesschau.de damit, dass die öffentlichte Debatte der Würde des Amtes nicht gerecht würde -, so empfinde ich seinen Schritt zwar als überraschend und unerwartet, aber als richtig. Und habe Respekt dafür, gerade auch deshalb, weil dieser Schritt (anders als die öffentliche Debatte, die ich nicht als ehrenrührig empfinde) dem Amt nur guttun kann.
Die spannende Frage ist natürlich: was passiert jetzt? Die Bundesversammlung (die zur Hälfte aus dem Bundestag und zur Hälfte aus Menschen besteht, die von den Ländern entsandt werden) muss innerhalb von 30 Tagen eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger wählen. Wählbar ist jede® „Deutsche, der das Wahlrecht zum Bundestage besitzt und das vierzigste Lebensjahr vollendet hat“ – auf fünf Jahre.
Volker Beck zufolge hat schwarz-gelb derzeit in der Bundesversammlung eine Mehrheit von 23 Stimmen. Insofern könnte es sein, dass das ganze ein taktisches Spiel ist, um – vor den Wahlen im März 2011 – einen oder eine weitere schwarz-gelbe BundespräsidentIn sicherzustellen. Ich glaube nicht, dass es dazu kommt – aber irgendwie läge jetzt ja eine Rochade nahe, bei der Merkel Bundespräsidentin wird und einer der (ehemaligen) CDU-Ministerpräsidenten Kanzler. Oder soll für einen der (ehemaligen) CDU-Ministerpräsidenten Platz auf dem Sessel des Staatsoberhaupts gemacht werden? Das würde der Würde des Amtes dann doch widersprechen. Moralisch gesehen ist schwarz-gelb am Ende – ob sich das auch in der Wahl zeigt, werden wir in 30 Tagen wissen.