Schokolade mit Gebrauchsanweisung

Ich esse ja ger­ne Scho­ko­la­de. Wäh­rend die Aus­wahl der rich­ti­gen Scho­ko­loa­den­sor­te noch vor eini­gen Jah­ren vor allem vom Preis abhing, habe ich mein Kon­sum­ver­hal­ten seit­dem ver­än­dert und kau­fe jetzt häu­fi­ger trans­fai­re Scho­ko­la­de aus k.b.A.; ins­be­son­de­re, seit es die auch bei uns im Super­markt gibt. Typisch grü­ne Mit­te also, etwas mehr Geld aus­ge­ben, und dafür das Gefühl ver­mit­telt zu bekom­men, etwas Gutes zu tun (außer­dem fin­de ich eini­ge GEPA‑, Alna­tu­ra- und Rapun­zel-Sor­ten rich­tig lecker; viel­leicht auch, weil die Scho­ko­la­de oft etwas rau­er wirkt und nicht den Scho­ko­sch­leim pro­du­ziert, mit dem ande­re werben).

Soweit also mei­ne bis­he­ri­ge Annä­he­rung an das Pro­blem der rich­ti­gen Wahl der Scho­ko­la­den­sor­te. Ich bin damit auch ganz zufrie­den. Nichts­des­to­trotz habe ich durch­aus mit­be­kom­men, dass es zur Zeit einen Trend zur Popu­la­ri­sie­rung des Distink­ti­ons­phä­no­men „Fein­schme­cker­schaft auch bei Scho­ko­la­den­sor­ten“ gibt (untrüg­li­ches Zei­chen für die Popu­la­ri­sie­rung: das Bahn-Kun­den-Maga­zin mobil berich­te­te unlängst aus­führ­lich dar­über). Wie bei ande­ren Ver­fei­ne­rungs­for­men des Genus­ses auch gibt es da dann beson­de­re Merk­ma­le, auf die zu ach­ten ist, Noten, Aro­men und Abgän­ge eben­so wie olfak­to­risch-hap­to­vi­su­el­le Beson­der­hei­ten. Soweit mein lai­en­haf­tes Mit­ver­fol­gen die­ses Phä­no­me­nes mich das beur­tei­len lässt, sind der­zeit plan­ta­gen­rei­ne Edel­ka­kao­sor­ten mit min­des­tens 80 Pro­zent Kakao­an­teil ange­sagt (die mir zu sau­er sind).

Aber wie gesagt: bis­her ließ mich das eher kalt – mein Theo­bro­min fin­de ich auch in weit­aus güns­ti­ge­ren Qua­li­tä­ten. Ich den­ke auch nicht, dass sich das groß­ar­tig ändern wird. Jetzt aber zum eigent­li­chen The­ma die­ses Blog­ein­trags: kürz­lich fand eine „Lindt Excel­lence Bit­ter-Cho­co­la­de“ der Sor­te „Oran­ge Inten­se“ ihren Weg auf unse­ren Tisch. Sie hat ganz gut geschmeckt (auch wenn ich der Scho­ko­la­de damit ver­mut­lich unrecht tue). Begeis­tert – oder zumin­dest zu die­sem Blog­ein­trag ver­an­lasst – hat mich jedoch etwas ganz ande­res: der „Cho­co­la­de“ lag ein Bei­pack­zet­tel bei, genau­er gesagt: eine Bei­pack­kar­te in mit­te­led­ler Auf­ma­chung. Auf dem Bei­pack­zet­tel wur­de jedoch nicht vor Neben­wir­kun­gen gewarnt. Viel­mehr han­del­te es sich eigent­lich eher um eine Gebrauchs­an­wei­sung. Oder um Lindt zu zitieren: 

„Unse­re klei­ne Degus­ta­ti­ons­kun­de zeigt Ihnen, wie auch Sie zu einem Cho­co­la­den-Gour­met wer­den kön­nen – fol­gen Sie ein­fach den Emp­feh­lun­gen der Maî­tres Cho­co­la­tiers von Lindt.“

Dazu muss die Scho­ko­la­den­ver­kös­ti­gung gut vor­be­rei­tet wer­den (idea­le Raum­tem­pe­ra­tur, nicht rau­chen, Hage­but­ten­tee zur Neu­tra­li­sie­rung der Geschmacks­sin­ne zwi­schen den ein­zel­nen Knus­per­tests, lang­sa­me Stei­ge­rung des Kakao­an­teils). Zudem wird aus­führ­lich dar­ge­stellt, auf was geach­tet wer­den muss: „Sehen“ („betrach­ten Sie das all­ge­mei­ne Erschei­nungs­bild“), „Tas­ten“ („Hoch­wer­ti­ge Scho­ko­la­den […] hin­ter­las­sen ein ange­neh­mes Mund­ge­fühl“), „Hören“ („ein­deu­tig erkenn­ba­res Knack­ge­räusch“), „Rie­chen“ („Schnüf­feln“) sowie „Schme­cken“ („Lakritz- oder Tabaknote“).

Auf der Gegen­sei­te wird dann für vier „Lindt Excel­lence Bit­ter-Cho­co­la­den“ – bis zu 99%-Schokolade – vor­ge­ge­ben, was gefühlt wer­den muss. Dem­nach war mei­ne Oran­gen­scho­ko­la­de (Jahr­gang 2006) sei­dig-glän­zend, hat­te eine geschmei­di­ge, aber dank Man­del­split­tern unre­gel­mä­ßi­ge Ober­flä­che, schmeck­te vor allem nach Oran­ge, mach­te beim Zer­bre­chen ein Knack­ge­räusch und duf­te­te aus­ge­wo­gen und nach­hal­tig. Dan­ke, Lindt!

War­um blog­ge ich das? Mög­li­cher­wei­se fin­de ich den Ver­such, ein popu­lä­res Pre­mi­um­seg­ment im Scho­ko­la­den­markt zu eta­blie­ren, nicht so ganz angemessen.

x.mas, y.mas, z.mas

Im Auf­trag einer Radio­sen­dung hat die Agen­tur Pen­ta­gramm (pas­send, oder?) die Mar­ke Weih­nach­ten – oder viel­mehr „Christmas“/„XMas“ – relaun­ched. Das Ergeb­nis – x.mas – ist ähn­lich ver­korkst wie das neue inof­fi­zi­el­le grü­ne Logo, aber viel amü­san­ter. Kurz gesagt: ab jetzt heißt das Fest „.mas“, zugleich eine neue Inter­net­do­main. Vor­ne kann jedeR dran­schrei­ben, was ihm/ihr wich­tig ist – „mas“ ist angel­säch­sisch für Fei­er. Als „x.mas“ für die Chris­ten­heit, Pentagramm.mas für Neo­hei­den und apple.mas für den Wohl­tä­tig­keits­arm der Com­pu­ter­fir­ma. Als Farb­sche­ma wer­den dive­se Abstu­fun­gen von weiß vor­ge­schla­gen (rot/grün ist out). Auch der Weih­nachts­baum wird redu­ziert – auf die Grund­form „Kegel“.

> Bericht bei UnBei­ge
> Slide­show der Werbeagentur
> Eini­ge Geschenk­pa­pier­vor­schlä­ge im neu­en Brand Design
> ECar­d/S­lot-Machi­ne
> Arti­kel in der New York Times

In other news: Anschei­ned gibt’s tat­säch­lich Leu­te, die statt Weih­nach­ten lie­ber heu­te Fes­ti­vus bege­hen. Auch eine Alter­na­ti­ve. Oder im neu­en Sys­tem: fest.mas. Na dann – fro­hes Fest!

Intelligente Kinder werden vegetarische Erwachsene …

… steht in Spie­gel online und anders­wo. Fin­de ich als erwach­se­ner Vege­ta­ri­er ers­tens (mal abge­se­hen von der not­wen­di­gen Kri­tik an IQ-Tests etc.) gut und zwei­tens nicht son­der­lich erstaun­lich, wenn die Zusam­men­set­zung sozia­ler Milieu betrach­tet wird – jeden­falls schei­nen aka­de­mi­sche Bil­dung und Zuge­hö­rig­keit zum post­ma­te­ria­lis­ti­schen Milieu ganz gut zusam­men­zu­pas­sen. Und vege­ta­ri­sche Ernäh­rung ist eine typi­sche Lebens­stil­ent­schei­dung in die­sem Milieu.

> Abs­tract der Original-Studie