Windkraft und tote Fledermäuse (Update: BZ)

Baden-Würt­tem­berg ist in Bezug auf Wind­ener­gie sehr weit hin­ten­dran. So wur­den rund um Frei­burg gera­de ein­mal zwei Stand­or­te für Wind­kraft­an­la­gen geneh­migt – drei Räder am Schau­ins­land und vier auf dem Roß­kopf. Letz­te­re gerie­ten vor eini­gen Jah­ren hef­tig in die Debat­te, weil dort rela­tiv vie­le tote Fle­der­mäu­se gefun­den wur­den – die dann von Wind­kraft­geg­ne­rIn­nen schnell als Motiv für einen Gene­ral­ver­dacht ver­wen­det wur­den (wei­te­re: „Lärm“, „Land­schafts­ver­schan­de­lung“ und „Vogel­tod“). Ent­spre­chend genervt klingt die dama­li­ge Pres­se­mit­tei­lung des BUND; in der Pres­se ging es bis hin zum Ver­dacht, dass da jemand absicht­lich tote Fle­der­mäu­se unter die Roß­kopf-Roto­ren legt, um der Wind­kraft zu schaden. 

Wind power
Die vier Wind­rä­der auf dem Roßkopf

Jetzt gibt es eine Stu­die in einem bio­lo­gi­schen Fach­ma­ga­zin (SpOn berich­tet), der zufol­ge es weni­ger Zusam­men­stö­ße zwi­schen Rotor und Fle­der­maus sind, die die­se umbrin­gen, son­dern viel­mehr inne­re Ver­let­zun­gen auf­grund des sich am dre­hen­den Wind­rad schnell ver­än­dern­den Luft­drucks. Das klingt ziem­lich plau­si­bel – und ist inso­fern auch eine gute Nach­richt für Freun­de rege­ne­ra­ti­ver Ener­gien, als damit eine Ursa­chen­be­kämp­fung mög­lich ist. 

Statt also Wind­rä­der pau­schal zu ver­ur­tei­len, las­sen sich mit Unter­su­chun­gen wie die­ser sach­ge­rech­te Kri­te­ri­en für Stand­or­te und Ein­satz­fak­to­ren ent­wi­ckeln. Dazu muss dann aller­dings auch die – in Baden-Würt­tem­berg lei­der bis­her nicht gege­be­ne – prin­zi­pi­el­le Bereit­schaft da sein, Wind­ener­gie auch tat­säch­lich ein­zu­set­zen und zu fördern. 

War­um blog­ge ich das? Weil ich es scha­de fin­de, dass ratio­na­le Argu­men­te schnell miss­braucht wer­den. Der oben ver­link­te Spie­gel-Arti­kel, in dem aus der Ursa­chen­er­klä­rung, war­um Wind­kraft­an­la­gen für Fle­der­mäu­se gefähr­lich sein kön­nen, gleich glo­ba­le Öko­sys­tem-Bedro­hun­gen her­bei­zi­tiert wer­den, ist dafür eben­so ein Bei­spiel wie das Auf­tre­ten man­cher Lob­by­is­tIn­nen für erneu­er­ba­re Ener­gien, die hin­ter jedem Gegen­ar­gu­ment gleich eine Indus­trie­ver­schwö­rung sehen. Nach­hal­tig und kon­struk­tiv ist bei­des nicht.

Update: (27.8.2008) Der Voll­stän­dig­keit hier noch der Link auf den gest­ri­gen BZ-Arti­kel, net­ter­wei­se im Voll­text auch für Nicht-Abon­nen­tIn­nen abrufbar.

Kurz: Andrang auf die Europa-Liste (Update 2: siehe Kommentare)

Wie die taz berich­tet (war­um auch immer mit dem URL-Kür­zel „Attac linkt Grü­ne“) will Sven Gie­gold (Attac) für die Grü­nen ins Euro­pa­par­la­ment (die Wahl ist 2009, die Lis­te wird dem­nächst auf­ge­stellt). Im sel­ben Arti­kel wird auch erwähnt, dass die Amnes­ty-Inter­na­tio­nal-Gene­ral­se­kre­tä­rin Bar­ba­ra Loch­bih­ler eben­falls für die Grü­nen ins Par­la­ment will. Rein­hard Büti­ko­fer will eben­falls dort hin, hieß es bei der Ankün­di­gung sei­nes Rück­zugs von der Par­tei­spit­ze. Und dann gibt’s ja auch noch die­je­ni­gen, die bereits im Euro­pa­par­la­ment sit­zen – und sicher­lich nicht alle 13 auf­hö­ren möch­ten. Gleich­zei­tig ver­liert Deutsch­land drei Sit­ze im Par­la­ment (in Zukunft nur noch 96 statt 99). Ich bin gespannt, wer neben den „gro­ßen Namen“ noch alles in den Start­lö­chern sitzt – und sehe im gro­ßen Andrang auf die grü­ne Euro­pa­lis­te ers­tens ein gutes Zei­chen, weil sich da eini­ge aus den Bewe­gun­gen und NGOs als „grün“ outen (auch wenn ich Gie­golds Ableh­nung des Grund­ein­kom­mens nicht so gut fin­de), und stel­le zwei­tens fest, dass das Euro­päi­sche Par­la­ment inzwi­schen doch eini­ges an Gewicht gewon­nen hat, selbst wenn ech­te Demo­kra­tie auf EU-Ebe­ne noch ein gan­zes Stück weit weg ist.

Update: (26.08.2008) Julia ist ganz begeis­tert von Gie­golds Kandidatur-Ankündigung.

Kurz: Spiegel-Meldungen, die ich nicht verstehe

Die Uni­ver­si­tät Sie­gen arbei­tet mit der lin­ken Rosa-Luxem­burg-Stif­tung zusam­men – und erwar­te­te von einem neu­en Mit­ar­bei­ter die dazu pas­sen­de poli­ti­sche Hal­tung. Auch wer an einem Sie­ge­ner Pro­mo­ti­ons­kol­leg teil­neh­men will, muss sich direkt bei der Stif­tung bewerben. 

Schreibt der Spie­gel (in dem Fall der Uni­spie­gel auf Spie­gel-Online). Und regt sich mäch­tig auf. Ohne jetzt den kon­kre­ten Fall zu ken­nen, kommt mir das so selt­sam gar nicht vor – auch die grün-nahe Hein­rich-Böll-Stif­tung oder die gewerk­schafts­na­he Hans-Böck­ler-Stif­tung haben schon Pro­mo­ti­ons­kol­legs orga­ni­siert (und wohl auch finan­ziert), bei denen die Aus­wahl der Pro­mo­vie­ren­den durch die jewei­li­ge Stif­tung erfolgt. Dass es wenig Sinn macht, ein z.B. mar­xis­tisch aus­ge­rich­te­tes Pro­mo­ti­ons­pro­gramm durch einen RCDS­ler koor­di­nie­ren zu las­sen, soll­te auch dem Spie­gel ein­leuch­ten (den Fall anders­her­um gibt’s ja nun lei­der auch). 

Kurz gesagt: mir ist die Auf­re­gung nicht so ganz klar. Schließ­lich ist die Uni zwar öffent­lich finan­ziert, aber aus gutem Grund gibt es wei­ter­hin die grund­ge­setz­li­che Frei­heit von Leh­re und For­schung. Dar­un­ter fällt dann auch die Mög­lich­keit, kri­tisch an Kapi­ta­lis­mus und Demo­kra­tie ranzugehen.

Kurz zur Rektorwahl: „Die Wogen sind ja noch nicht geglättet“ (Update)

Das neu­ge­stal­te­te fud­der bringt heu­te ein recht aus­führ­li­ches Inter­view mit dem desi­gnier­ten Rek­tor Hans-Jochen Schie­wer. Ange­spro­chen wird auch die umstrit­te­ne Wahl. Hier ver­weist Schie­wer dar­auf, dass alles mit recht­lich rech­ten Din­gen zuge­gan­gen sei und das Ver­fah­ren halt lan­des­recht­lich so vor­ge­ge­ben sei, zwi­schen den Zei­len ist aber doch eini­ges an Unzu­frie­den­heit her­aus­zu­le­sen. Prof. Che­au­ré wird gelobt, aber wohl nicht Vizerektorin:

Ich den­ke aber, dass es ver­früht wäre, jetzt eine Zusam­men­ar­beit mit Frau Che­au­ré auf Rek­to­rats­ebe­ne ein­zu­schät­zen. Die Wogen, die mit der Wahl zum Rek­tor ver­bun­den waren, sind ja noch nicht geglättet. 

Ansons­ten inter­es­sant noch der Anspruch, in Sachen Ver­fass­te Stu­die­ren­den­schaft tat­säch­lich was zu unter­neh­men (lobens­wert, viel­leicht der Grund für die Stu­di-Stim­men?) und die Tat­sa­che, dass es deut­lich weni­ger Schlag­wort­fe­ti­schis­mus als bei der Rede im Senat gibt.

Update: (15.8.2008) Der heu­ti­gen BZ ist zu ent­neh­men, dass das Wis­sen­schafts­mi­nis­te­ri­um kei­nen Anlass sieht, das Ver­fah­ren in Frei­burg in Fra­ge zu stellen.

Kurz: Baden-Württemberg auf dem Weg in den Überwachungsstaat?

May 1st, Vhei­se news berich­tet, dass es bezüg­lich der Novel­le des Poli­zei­ge­set­zes für Baden-Würt­tem­berg zu eini­ger Eini­gung zwi­schen den bei­den Regie­rungs­par­tei­en CDU und FDP gekom­men sei. Die­ses Poli­zei­ge­setz hat­ten u.a. die baden-würt­tem­ber­gi­schen Grü­nen hef­tig kri­ti­siert (u.a. mit der Mög­lich­keit, Pro­tes­te­mails zu ver­schi­cken; inter­es­sant auch die Doku­men­ta­ti­on der Anhö­rung der Grü­nen Land­tags­frak­ti­on (pdf, 88 Seiten)). 

Laut hei­se soll die FDP sich inso­fern durch­ge­setzt haben, dass es kei­ne Online-Durch­su­chun­gen und kein Abhö­ren von Gesprächs­in­hal­ten zu prä­ven­ti­ven Zwe­cken geben wird. Video­über­wa­chung soll je nach „Gefähr­dungs­la­ge“ mög­lich sein. Dage­gen scheint die Mas­sen­er­fas­sung von Auto­kenn­zei­chen eben­so wei­ter mög­lich zu sein wie die enge Zusam­men­ar­beit von Poli­zei und Ver­fas­sungs­schutz, zwei wei­te­re grü­ne Kritikpunkte. 

Posi­tiv zu wer­ten ist die hör­ba­re Unzu­frie­den­heit des Lan­des­po­li­zei­prä­si­den­ten. Trotz­dem kann ich mir ange­sichts des Zustands der FDP im Land kaum vor­stel­len, dass sie mehr als die zwei, drei genann­ten „Zucker­le“ her­aus­ho­len konn­te. Die Linie, der Poli­zei mehr Über­wa­chungs­kom­pe­ten­zen ein­zu­räu­men, die die CDU im Land ganz offen ver­tritt, führt jeden­falls in die fal­sche Rich­tung. Nach der Som­mer­pau­se kommt der Gesetz­ent­wurf in den Land­tag – mei­ne Pro­gno­se: aus grü­ner Sicht wird es wei­ter­hin (und zu Recht) eini­ges dar­an zu kri­ti­sie­ren geben (oder die FDP ist aus­nahms­wei­se mal bes­ser als ihr Ruf).