„Bei der Vorratsdatenspeicherung setzen wir uns dafür ein, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts präzise einzuhalten.“
„Kurz: Fundsache Vorratsdatenspeicherung“ weiterlesen
Das Blog von Till Westermayer * 2002
„Bei der Vorratsdatenspeicherung setzen wir uns dafür ein, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts präzise einzuhalten.“
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Vorneweg: Die Kolumne von Sascha Lobo bei Spiegel online finde ich insgesamt sehr gelungen und anregend. Über die letzte Ausgabe (Desinformation: Im Netz der Besserwisser) habe ich mich jedoch geärgert – und möchte versuchen, dem nachzugehen. Weil es erst einmal ja gar nicht so klar ist, was daran ärgerlich ist, dass da jemand versucht, für ein bisschen mehr Aufklärung zu plädieren.
„Vergemeinschaftung statt Expertise, oder: Wo Sascha Lobo falsch liegt“ weiterlesen
Jörg Tauss machte mich in Kommentar #99 zum vorhergehenden Artikel gerade darauf aufmerksam, dass die Grünen (konkreter übrigens: die Bundestagsfraktion) ihr Forum abgeschaltet haben. Ehrlich gesagt: mir war gar nicht bewusst, dass wir als Partei noch eines betreiben. Es scheint tatsächlich von einigen noch genutzt worden sein (insofern haben die Piraten jetzt die Gelegenheit, daraus eine riesige Elefantenmücke zu basteln und sich in ihrer Lieblingsgeste zu zeigen, die da lautet: „Wir helfen technisch unterentwickelten Parteien bei der Technik.“).
Ich habe – das ist zwischen den Zeilen vielleicht schon deutlich geworden – allerdings nicht den Eindruck, dass es um dieses Forum arg schade ist, und dass es einen großen Aufschrei deswegen geben wird. Es gibt inzwischen in der Tat jede Menge anderer (elektronischer) Kommunikationswege – von Twitter bis zur Kommentierung in grünen Blogs, und auch die direkte Mail ist weiterhin möglich. Insofern sehe ich hier eher eine Weiterentwicklung als eine Abschaffung politischer Kommunikation. Ich könnte das jetzt auch noch anhand der medialen Form begründen (Foren neigen zu Unübersichtlichkeit, sind auf aktive Nachfrage angewiesen, statt NutzerInnen direkt zu erreichen, tendieren dazu, In-Groups mit eigenen Kommunikationscodes zu unterstützen usw.). Oder ist das nur ein Bias meiner kommunikativen Sozialisation? (BBS, Mailinglisten, Web 2.0?).
Egal. Es gibt einen ganz einfachen Test auf die Sinnhaftigkeit einer politischen Kommunikationsform im Netz. Der lautet: Hat die dort stattfindende Kommunikation politisch etwas bewirkt? Mein Eindruck für das Forum der grünen Bundestagsfraktion: eindeutig nein. Aber vielleicht mag das ja jemand widerlegen.
Es ist vermutlich uncool*, Sascha Lobo auf SPON zu zitieren, aber heute schreibt er was ziemlich Intelligentes zum Gefühl der Ratlosigkeit, das die (scheinbare) soziale Nähe des Netzes generiert – und die sich in der blutigen und lieber unsichtbar gehaltenen Hardware-Ebene der Infrastruktur unserer medial vermittelten sozialen Beziehungen noch einmal in ganz besonderer Weise verbirgt – und nur durch bewusstes Ignorieren aushaltbar scheint:
„Die digitale Ratlosigkeit hat dazu noch eine Metaebene, die in der Hardware verborgen liegt: Die Metalle in der Elektronik meines Handys befeuern einen Krieg im Kongo, der seit 1998 sechs Millionen Menschen ihr Leben gekostet hat. Ich empfehle an dieser Stelle dringend, nicht selbst weiterzurecherchieren und schon gar nicht nach unzensierten Fotos dieses Krieges zu suchen, die sich dank sozialer Medien finden lassen. Es wird sonst deutlich komplizierter, sich seine Unbeschwertheit im Umgang mit den schönsten neuen Smartphones zu bewahren. Weder weinerliche Betroffenheit noch akzeptierende Coolness kommt mir hier wie eine richtige Reaktion vor. Ich habe auch nicht vor, deshalb keine Handys mehr zu benutzen. Vielleicht gibt es so etwas wie einen automatischen Zynismus des digitalen Zeitalters, fast alle Fakten zu allen Missständen herausfinden zu können und sie anschließend ignorieren zu müssen.“
Und es ist ja nicht nur Coltan, sondern es sind genauso die Arbeitsbedingungen in den iPhone-Factories in China usw. Aber diese in der Hardware verborgene Grausamkeit ans Licht zu zerren, erscheint fast undenkbar. Was Sascha Lobo hier für sich selbst beschreibt – die Ratlosigkeit, eine brauchbare Haltung und Umgangsweise zu dieser Frage zu finden, den das „Fair-Trade-Handy“ gibt es bis heute nicht, taucht auch in den von mir geführten Interviews immer wieder auf: ein diffuses Wissen darüber, dass unter der Oberfläche und am Ende der langen Produktionsketten Blut am Handy, am Netbook, am Smartphone klebt, das aber nicht handlungsrelevant wird und dem auch kaum Handlungsoptionen offen stehen.
Warum blogge ich das? Weil’s wichtig ist.
* Uncool z.B. deswegen, weil der selbe Sascha Lobo auch schon mal Werbung für den Mobiltelefondienstleister Vodafon gemacht hat …
Karl Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg ist jetzt endlich, endlich als Verteidigungsminister* zurückgetreten.
Ich hoffe jetzt erstens, dass seine selbst in der Rücktrittsrede zu findenden Versuche, das ganze als eine Art mediales Mobbing darzustellen, nicht auf fruchtbaren Boden fallen. Guttenberg hat sein Amt nicht deswegen verloren, weil konservative und linke Zeitungen und ein paar verrückte WissenschaftlerInnen ihm eine kleine studentische Betrügerei übel genommen haben, sondern weil er sich in Lügen und den immer stärker zu Tage tretenden Unaufrichtigkeiten in seinem Lebenslauf verfangen hat.
Und zweitens finde ich es wichtig, festzuhalten, dass das Netz großen Anteil an diesem Rücktritt hatte. Dass die Plagiatsprobleme, die vor einigen Wochen von Prof. Fischer-Lescano öffentlich gemacht wurden, auf diese Resonanz gestoßen sind, und sehr schnell deutlich wurde, dass es um weit mehr geht als um acht „raubkopierte“ Textstellen ist ein Phänomen, dass in dieser Weise nur in einer weitgehend vernetzten Gesellschaft möglich war. Ähnliches gilt für die rasant anwachsende Zahl an Unterschriften unter dem „Offenen Brief“ an Merkel (gestern waren es schon über 33000). Und nicht zuletzt meine ich, dass Twitter und Facebook und ein paar Blogs ein starkes Gegengewicht zum Versuch der BILD dargestellt haben, Guttenberg zu halten. Ob es auch zu diesem Rücktritt gekommen wäre, wenn FAZ und NZZ nicht sichtlich verärgert gewesen wären, weiss ich nicht. Ohne Internet – und ohne eine inzwischen sehr politische Netzszene – wäre Guttenberg aber, da bin ich mir sicher, weiterhin Minister.
* Bzw. genauer, das war anfangs ein bisschen unklar: er ist von allen politischen Ämtern zurückgetreten.
P.S.: Wer es noch nicht kennt – mein vor zwei Wochen geschriebener langer Text zur Causa Guttenberg.