Science Fiction und Fantasy – Mai/Juni 2021

Der Früh­ling ist mit die­ser Woche end­gül­tig vor­bei, die Tage wer­den wie­der kür­zer, und es wird Zeit, mal zu gucken, was ich im Mai und Juni gele­sen habe.

  • Ich fan­ge mit zwei „Angeguckt“-Dingen an: zum einen die Net­flix-Serie Shadow and Bone, die mir sehr gut gefal­len hat. Die Buch­vor­la­ge ken­ne ich nicht, inso­fern kann ich nichts zur Umset­zung sagen, aber die­se in einem Second-World-19.-Jahrhundert mit Russ­land- und Süd­ost­asi­en-Äqui­va­len­ten spie­len­de Geschich­te – Magie, ein biss­chen Coming of Age, Heists und Groß­mäch­te. Lei­der bis­her nur eine Staf­fel, wür­de ger­ne wis­sen, wie es weitergeht.
  • Eben­falls ange­schaut (und noch längst nicht fer­tig): die Pre­quel Star Trek: Enter­pri­se. 20 Jah­re alt, was den Effek­ten teil­wei­se anzu­se­hen ist, aber inter­es­san­ter, als ich das gedacht habe – bis­her ist die Serie an mir vor­bei­ge­gan­gen. Schön zu sehen, wie eini­ges von dem, was Star Trek aus­macht, hier noch nicht oder nur in ers­ten Ker­nen und Kei­men existiert.
  • Dann zu den Büchern: von K. Par­ker habe ich die Engi­neer-Tri­lo­gie gele­sen, und zwar alle drei Bän­de, obwohl ich hin- und her­ge­ris­sen war, wie ich das fin­den soll. Ein detail­liert aus­ge­mal­tes Spät­mit­tel­al­ter/Frü­he-Neu­zeit-Set­ting, bis hin zu Zita­ten aus fik­ti­ven Büchern, inter­es­san­te Kon­flik­te, das über­grei­fen­de The­ma „Sozio­tech­nik“ – aber doch alles sehr mili­tä­risch aus­ge­rich­tet, und en pas­sant mit Geno­zid und Mas­sen­mord ange­rei­chert. Hm.
  • Noch ein Klas­si­ker: ich habe end­lich mal Octa­via But­lers Xeno­ge­nesis-Rei­he (gesam­melt als Lilith’s Brood erschie­nen) gele­sen: nach dem Ende eines schreck­li­chen Krie­ges wer­den die übrig­ge­blie­be­nen Men­schen von bio­tech­nisch extrem fort­schritt­li­chen und extrem fremd­ar­ti­gen Außer­ir­di­schen in Emp­fang genom­men, die ein gro­ßes Inter­es­se dar­an haben, das eine oder ande­re fas­zi­nie­ren­de Ele­ment aus dem mensch­li­chen Gen­ma­te­ri­al zu über­neh­men – rein bio­lo­gisch. Beein­dru­ckend, auch wenn dem Text an der einen oder ande­ren Stel­le anzu­mer­ken ist, dass der ers­te Band aus dem Jahr 1987 stammt. Im Sub­text geht es um Sexua­li­tät und Begeh­ren, Hybri­di­sie­rung und Unter­drü­ckung. Auf­ge­sto­ßen ist mir der teil­wei­se har­te Bio­lo­gis­mus – die Oan­ka­li kön­nen Gene „lesen“ und ver­än­dern, und tun das auch reich­lich. Sie lesen aber auch Cha­rak­ter­ei­gen­schaf­ten und Prä­dis­po­si­tio­nen aus dem Gen­ma­te­ri­al der Men­schen, denen sie begegnen.
  • Von Char­lie J. Anders habe ich Vic­to­ries grea­ter than death gele­sen. Nett, aber mir zu sehr auf die Ziel­grup­pe young adult hin opti­miert. Die Hel­din ist (wer kennt das Gefühl nicht …) eigent­lich eine Außer­ir­di­sche – irgend­wann in ihren Teen­ager­jah­ren wird sie auf das gro­ße Raum­schiff geholt, das sich mit­ten in einem galak­ti­schen Krieg zwi­schen der leicht ver­klei­de­ten Föde­ra­ti­on und einer Abspal­tung davon befin­det. Aus Grün­den kom­men noch eine Hand­voll wei­te­re Außen­sei­ter-Teen­ager mit an Bord, neben Welt­ret­tung geht’s auch um deren gegen­sei­ti­gen Gefüh­le, Ver­let­zun­gen und so weiter.
  • Everi­na Max­well hat mit Winter’s orbit sowas wie empa­thi­sche Space Ope­ra geschrie­ben. Das Ster­nen­reich der Iskat wird durch lose Ver­trä­ge mit den Vasal­len­pla­ne­ten ver­bun­den; so rich­tig gleich­be­rech­tigt sind die ver­schie­de­nen Pla­ne­ten jedoch nicht. Aus galak­ti­schem Blick ist Iskat nur eine Nische, alle paar Jah­re wird mal geschaut, ob Arte­fak­te brav abge­ge­ben und ein paar grund­le­gen­de demo­kra­ti­sche Rech­te ein­ge­hal­ten wer­den. Die­se Revi­si­on steht kurz bevor. Ein Mit­tel, um die Pla­ne­ten anein­an­der zu bin­den, sind Zweck­ehen. Dum­mer­wei­se ist Prinz Taam vor kur­zem bei einem Unfall gestor­ben, sein Part­ner Jainan muss nun schnell den Play­boy-Prin­zen Kiem hei­ra­ten, um die­ses Sys­tem der Hei­rats­ver­trä­ge auf­recht zu hal­ten. Auf einer Text­ebe­ne geht es um die lang­sam wach­sen­de Bezie­hung zwi­schen den bei­den (mit fast schon slap­stick­haft-tra­gi­schen Miss­ver­ständ­nis­sen) in der arran­gier­ten Ehe, auf der ande­ren um den Tod von Prinz Taam, der sich als Kri­mi­nal­fall mit inter­ga­la­ka­ti­scher Rele­vanz her­aus­stellt und nur der letz­te Trop­fen in einem Fass der Intri­gen dar­stellt. Sehr emp­feh­lens­wert, hat mir gut gefallen.
  • Und noch­mal sowas wie Feel-Good-Space-Ope­ra – Becky Cham­bers hat mit The Gala­xy, and the Ground within den vier­ten und letz­ten Teil ihrer sehr schö­nen Way­fa­rers-Serie vor­ge­legt. Eine Rei­he von ganz unter­schied­li­chen Wesen stran­den in einer Art Motel am Wurm­loch; nach und nach ler­nen wir die­se und deren Geschich­ten und Hin­ter­grün­de ken­nen. Erst ein Not­fall bringt die­se Frem­den zusam­men. Die gro­ße Welt­raum­po­li­tik schwingt nur im Hin­ter­grund mit, fast schon ein Kam­mer­spiel. Aber gera­de der Blick auf den All­tag (in einer Kri­sen­si­tua­ti­on) macht die Stär­ke die­ses Buchs aus. Die Haupt­per­so­nen ler­nen sich ken­nen, wir ler­nen sie ken­nen und ver­ste­hen. Falls sich Bücher mit Com­pu­ter­spie­len ver­glei­chen las­sen: auch wenn die Geschich­te nichts damit zu tun hat, war mein ima­gi­nier­tes Look and Feel bei die­sem Buch das von Star­dew Val­ley. Ein guter Abschluss für die Wayfarer.

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