Kurz zu S21: Werft die Spinmaschinen an!

Protest park XXIIIHeu­te tag­te der Len­kungs­kreis Stutt­gart 21. Noch vor Ende der Sit­zung eil­te die Schlag­zei­le „Grün-rot will S21 wei­ter­bau­en“ über die Ticker bzw. Twit­ter. Das ist aller­dings ziem­lich irre­füh­rend. So weit ich das aus den ver­schie­de­nen Pres­se­be­rich­ten etc. rekon­stru­ie­ren kann, hat die grün-rote Lan­des­re­gie­rung bei die­ser Sit­zung dar­auf ver­zich­tet, einen förm­li­chen Antrag auf Bau­stopp zu stel­len (weil das bedeu­ten wür­de, dass so unge­fähr 50 Mio. Euro Kos­ten pro Monat Bau­stopp auf das Land zukom­men – zum Ver­gleich: ein­mal Stu­di­en­ge­büh­ren abschaf­fen kos­tet jähr­lich so unge­fähr 150 bis 200 Mio. Euro). Das war das „Kom­pro­miss­an­ge­bot“ der Bahn. Begrün­det wur­de der Ver­zicht auf einen förm­li­chen Antrag sei­tens der Lan­des­re­gie­rung nicht zuletzt damit, dass die den Zah­len der Bahn zugrun­de­lie­gen­den Daten unklar sind und kei­ne Grund­la­ge für einen Kabi­netts­ent­scheid oder gar einen Land­tags­be­schluss dar­stel­len können.

Ein Ver­zicht auf einen förm­li­chen Antrag auf Bau­stopp ist aber nun kein grü­nes Licht für den Wei­ter­bau. Auch wenn eini­ge Medi­en jetzt genau das signa­li­sie­ren. Recht­lich kann die Bahn die Bau­ar­bei­ten fort­füh­ren. Das Pro­test­ri­si­ko und auch das Risi­ko, auf Kos­ten sit­zen zu blei­ben, wenn S21 doch noch gestoppt wird (wg. Stress­test, wg. Über­schrei­tung des Kos­ten­rah­mens, wg. Volks­ab­stim­mung) liegt bei der Bahn. Ent­spre­chend sinn­voll ist es, dass Ver­kehrs­mi­nis­ter Win­ne Her­mann nicht auf die Erpres­sung (Bau­stopp gegen Ent­schä­di­gung) ein­ge­gan­gen ist, aber Pres­se­be­rich­ten zufol­ge klar signa­li­siert hat, dass das Land einen Wei­ter­bau zwar nicht stoppt, aber eben auch nicht gut­heißt. Die­se Posi­ti­on wur­de auch von vie­len S21-Geg­ne­rIn­nen begrüßt.

Ein inter­es­san­ter Aspekt dabei ist, wie zwi­schen 10 und 12 Uhr dann aus „Grün-rot will S21 wei­ter­bau­en“ ein „S21 kann zunächst wei­ter­ge­baut wer­den“ und schließ­lich ein „Bahn will wei­ter­bau­en“ wur­de. Mal schau­en, was die Spin­ma­schi­nen (inkl. des Net­zes) da bis mor­gen draus gemacht haben. Dabei inter­es­sant auch zu beob­ach­ten, wie wel­che Par­tei­en (hal­lo LINKE, hal­lo Pira­ten!) jetzt in Win­des­ei­le angeb­li­che „Wahl­lü­gen“ aus der Tasche zie­hen. Ohne den Ein­druck zu erwe­cken, zu ver­ste­hen, was da gera­de ent­schie­den wur­de. Und warum.

11 Antworten auf „Kurz zu S21: Werft die Spinmaschinen an!“

  1. Tja, soll­test mal aus dem Web 2.0 raus­gu­cken. Wenn der pol. Geg­ner in Jubel aus­bricht, dann ist es wohl um eini­ges mehr als nur ein wenig spin doc­tor von lin­ke und piraten.

    HOMBURGER ZU STUTTGART 21: GRÜN-ROT LANDET HART IN DER REALITÄT
    http://www.fdp.de/Aktuelle-Meldungen-aus-der-Bundespartei/543c185/index.html?id=15613&suche=FDP%20Bundespartei

    Simm­ling sagt inhalt­lich das sel­be wie Hom­bur­ger, ist noch nicht online, ging aber über den FDP Pres­se­ver­tei­ler schon raus: „Grün-Rot in Baden-Würt­tem­berg ist bei Stutt­gart 21 in Rea­li­tät ange­kom­men“ http://pastebin.com/SC3uzhtc

    1. Aha? Ich lese das – eben­so wie das State­ment von Stutt­garts CDU-OB Schus­ter oder die (eher zum Schmun­zeln anre­gen­de) Kom­men­tie­rung durch DIE LINKE als hek­ti­sche Ver­su­che, die Deu­tungs­ho­heit dar­über zu erobern, wie das bewer­tet wird, was da pas­siert ist. (Womit ich über­haupt nicht abstrei­ten will, dass mein Blog­ein­trag und die Kom­men­tie­run­gen durch Grü­ne bzw. aus dem Lager der S21-Geg­ne­rIn­nen nicht eben­so Ver­su­che sind, die Deu­tungs­ho­heit zu erlangen).

      [Bezieht sich auf den Kom­men­tar von Sleek­sor­row, der aus mir nicht bekann­ten Grün­den manch­mal wie­der den Sta­tus „nicht frei­ge­schal­tet“ erhält …]

  2. Spä­tes­tens seit der Ver­öf­fent­li­chung der Pres­se­mit­tei­lung zum Gut­ach­ten des Umwelt­mi­nis­te­ri­ums bezüg­lich eines not­wen­di­gen neu­en Plan­fest­stel­lungs­ver­fah­rens für das Grund­was­ser­ma­nage­ment muss man den Tag als Coup der Lan­des­re­gie­rung sehen. Die Wahl­be­trugs­vor­wür­fe kön­nen damit ad acta gelegt wer­den, ganz abge­se­hen davon, das Win­fried das Pro­jek­ten­de ja nie ver­spro­chen hat.

  3. Das ist jetzt die gerech­te Stra­fe für Eure unehr­li­che Hal­tung vor der Wahl ;-) War doch irgend­wie klar, dass Euch der doo­fe Bahn­hof noch auf die Füße fal­len wird. Müsst ihr jetzt durch, aber die Welt wird schon nicht unter­ge­hen deshalb.

    1. Ernst­haft: wel­che unehr­li­che Hal­tung vor der Wahl? Wir haben immer (kanns­te im grü­nen Blog nach­le­sen, aber auch im Land­tags­wahl­pro­gramm) kom­mu­ni­ziert, dass wir S21 für falsch hal­ten, dass wir ver­su­chen wer­den, S21 zu ver­hin­dern (was ja auch in den Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen mit der SPD der größ­te Bro­cken war …) – und dass wir aber kei­ne Garan­tien dafür aus­spre­chen kön­nen, dass es tat­säch­lich mög­lich ist, S21 zu stoppen.

      Jetzt schau­en wir mal, was die Bahn zum Stress­test und zu ande­ren Net­tig­kei­ten wie dem von Andi oben ange­spro­che­nen aktu­el­len Gut­ach­ten des Umwelt­mi­nis­te­ri­ums sagt.

      1. Naja, es war ein wich­ti­ges Wahl-The­ma, ihr hat­tet eine kla­re Posi­ti­on und könnt die­se jetzt wahr­schein­lich nicht durch­set­zen. Das sieht nicht gut aus, egal wie der genaue Wort­laut vor der Wahl war. Ent­we­der ihr wart vor­her ten­den­zi­ell unehr­lich (pro­tes­tiert man nor­ma­ler­wei­se gegen etwas, was nicht zu ändern ist?) oder seid jetzt poli­tisch ’schwach‘. Bei­des unschön.

        1. Wie gesagt: dass es schwer wird, S21 zu stop­pen, war uns vor der Wahl klar, und wir haben das auch vor der Wahl kom­mun­ziert. Z.B. hier.

          Und noch­mal: das heu­te war nicht die Ent­schei­dung dar­über, ob S21 gebaut wird oder nicht, son­dern es war die Ent­schei­dung, ob die Bahn viel Geld dafür kriegt, dass sie ein paar Mona­te war­tet – oder nicht. Ohne for­ma­len Bau­stopp will die Bahn ab Diens­tag wei­ter­bau­en. Ob sie das (über die der­zeit, auch wäh­rend des „Bau­stopps“ lau­fen­den Arbei­ten hin­aus) tun kann, wird sich Diens­tag zei­gen. Dage­gen steht der Pro­test (gegen den im Zwei­fels­fall aller­dings, Stich­wort Rechts­staat, auch der SPD-Innen­mi­nis­ter vor­ge­hen müss­te), dage­gen steht aber auch das neue Gut­ach­ten aus dem Umwelt­mi­nis­te­ri­um zum Grund­was­ser­ma­nage­ment. Und das wird ja nicht der letz­te Punkt sein.

          Mei­ne Ein­schät­zung: die Bahn wird mehr oder weni­ger pro for­ma wei­ter­bau­en, bei den grö­ße­ren Vor­ha­ben aber war­ten, bis die poli­ti­sche Bewer­tung des Stress­tests rum ist.

  4. „Mei­ne Ein­schät­zung: die Bahn wird mehr oder weni­ger pro for­ma wei­ter­bau­en, bei den grö­ße­ren Vor­ha­ben aber war­ten, bis die poli­ti­sche Bewer­tung des Stress­tests rum ist.“

    Genau so ist es. Nen­ne es „pro for­ma“, ich nen­ne es „die rever­si­blen Bestand­tei­le“. Wir wer­den sehen.

  5. Naja S21 … wird schon irgend­wie aus­ge­stoppt, oder? Viel­leicht vom nord­schwä­bi­schen Tunnelwurm ^^

    Aber könnt ihr nicht mal ein bischen auf die Ver­rä­ter­par­tei aufpassen: 

    http://www.heise.de/ct/meldung/Baden-Wuerttemberg-will-sich-fuer-Vorratsdatenspeicherung-einsetzen-1264024.html

    „Der Ende April prä­sen­tier­te Koali­ti­ons­ver­trag zwi­schen Grü­nen und SPD in Baden-Würt­tem­berg ent­hielt kein kla­res Nein zur Vorratsdatenspeicherung.“

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