Zehn Sätze zum Rauchverbot

Viel­leicht soll­te ich damit anfan­gen, dass ich selbst nicht rau­che, auch nie geraucht habe. Und dass ich den­noch, als es vor ein paar Jah­ren um das Rauch­ver­bot – oder muss das Nicht­rau­cher­schutz hei­ßen? – eher die libe­ra­le Posi­ti­on ver­tre­ten habe, dass es ja wohl kei­ne staat­li­che Sache sei, sich da über – sagen wir mal – die Ver­pflich­tung, kennt­lich zu machen, ob in einer Gast­stät­te geraucht wer­den darf, hin­aus zu enga­gie­ren. Inzwi­schen habe ich mich dran gewöhnt: an rauch­freie Züge, an rauch­freie Gast­stät­ten, an eine rauch­freie Uni. Ich emp­fin­de es als unan­ge­nehm, wenn jemand sich an der Stra­ßen­bahn­hal­te­stel­le eine Ziga­ret­te anzün­det oder wenn ich am Bahn­steig am gel­ben Rau­cher­vier­eck vor­bei muss, und als nor­mal, dass auf Par­tei­ta­gen nicht geraucht wird. Auf­re­gen könn­te ich mich, wenn ich sehe, wie Eltern mit Kind im Kin­der­wa­gen rauchen. 

Damit geht es um die grund­sätz­li­che Fra­ge: darf der Staat (und da ist es egal, ob der Staat das über die demo­kra­tisch gewähl­te Regie­rung oder via Volks­ent­scheid durch­setzt) hier ein­grei­fen, so direkt in indi­vi­du­el­le Kör­per­pra­xen inter­ve­nie­ren? Letz­lich ist das Rauch­ver­bot in öffent­li­chen Räu­men und Gast­stät­ten ja sowas wie Prä­ven­ti­on light, also eine Art Dro­gen­ver­bot. Dem ste­he ich wei­ter­hin skep­tisch gegen­über. Bleibt das Argu­ment des Pas­siv­rau­chens, der direk­ten Gefähr­dung und Beläs­ti­gung Drit­ter – dem könn­te durch tech­ni­sche Lösun­gen (rauch­freie Ziga­ret­ten und ähn­li­che Inno­va­tio­nen) abge­hol­fen wer­den. Tole­ranz durch Technik?

5 Antworten auf „Zehn Sätze zum Rauchverbot“

  1. Die Fra­ge lau­tet für mich nicht „Darf der Staat das?“, son­dern „Muß der Staat sei­ne Bür­ger schüt­zen?“ Und ich bin der Ansicht, daß er das tun soll­te, wann immer eigen­ver­ant­wort­li­ches Han­deln der Bür­ger nicht aus­rei­chend ist.

    Es bringt ja nichts, wenn sich zwar 90% ver­ant­wor­tungs­voll gegen­über ihren Mit­bür­gern ver­hal­ten, aber die übri­gen 10% ihren lega­len Dro­gen­kon­sum höher bewer­ten als Gesund­heit und Wohl­be­fin­den auch ihrer Mitmenschen.

    Bei der Ein­füh­rung des Sicher­heits­gur­tes haben sich anfangs auch vie­le gegen die Anschnall­pflicht gesträubt. Aber wer wagt es heu­te noch, die Anschnall­pflicht als Beschnei­dung sei­ner perön­li­chen Rech­te darzustellen?

    1. Jein – für mich ist die Fra­ge schon, was der Staat darf, ins­be­son­de­re dann, wenn es dar­um geht, sei­ne Bür­ge­rIn­nen zu schüt­zen. Denn letzt­lich ist das ein Legi­ti­ma­ti­ons­mus­ter, das nicht nur Rauch­ver­bot und Gurt­pflicht ermög­licht, son­dern auch all­ge­gen­wär­ti­ge Sicher­heits­kon­trol­len auf der einen Sei­te und – mal ins Absur­de zu Ende gedacht – Straf­zah­lun­gen für alle, die mehr als 30 g Scho­ko­la­de pro Tag zu sich nehmen.

  2. Für mich kommt die Reduk­ti­on von Emis­sio­nen immer vor dem Schutz vor Emis­sio­nen (ob tech­nisch oder durch Schutz­klei­dung). Das gilt an allen ande­ren Arbeits­plät­zen und Orten, die frei zugäng­lich sind und soll­te auch in der Gas­tro gelten.
    Rau­cher­clubs, sofern sie denn ech­te Rau­cher­clubs sind, wird und soll­te es wei­ter­hin geben, so wie eben auch kein Kind ein Recht auf per­fek­te Eltern hat.
    Ich fin­de im Übri­gen, dass einem bei einem Gang auf eine öffent­li­che Toi­let­te meis­tens sehr viel mehr zuge­mu­tet wird, als einem Rau­cher / einer Rau­che­rin, die dafür vor die Tür muss…

  3. Der zen­tra­le Unter­schied zu ande­ren Ver­bo­ten ist m.E., dass es gleich­zei­tig eine Erlaub­nis ist. Man könn­te auch sagen, dass ein bestehen­des Ver­bot, näm­lich das Qua­si-Ver­bot nicht zu rau­chen, auf­ge­ho­ben wird. Ob die Rau­cher gezwun­gen wer­den zum Rau­chen raus zu gehen oder die Nicht­rau­cher gezwun­gen wer­den zum Nicht­rau­chen raus zu gehen, ist im End­ef­fekt das­sel­be. Der Ein­griff in indi­vi­du­el­le Kör­per­pra­xen besteht in bei­den Fäl­len. Damit ist es letzt­lich eine Fra­ge demo­kra­ti­scher Mehrheiten.

  4. Damit geht es um die grund­sätz­li­che Fra­ge: darf der Staat (…) hier ein­grei­fen, so direkt in indi­vi­du­el­le Kör­per­pra­xen intervenieren?

    Der ent­schei­den­de Punkt ist ja, dass es eben kei­ne (rein) indi­vi­du­el­le Kör­per­pra­xis ist. Das wäre der Fall, wenn das Rau­chen gene­rell ver­bo­ten wür­de. Hier geht es nur dar­um, dass man es nicht über­all darf – was sogar für Eis, Alko­hol, Essen etc. teil­wei­se gilt. Obwohl hier die Beein­träch­ti­gung ande­rer in der Regel höchs­tens durch Ver­schmut­zung oder unan­ge­neh­men Geruch ent­steht – und auch das nicht auto­ma­tisch. Beim Rau­chen kommt zum Geruch und der Ver­schmut­zung noch die Gesund­heits­schä­di­gung dazu.

    Zum Stich­wort Ver­schmut­zung übri­gens: Für wie vie­le Pro­zent der Rau­cher ist es selbst­ver­ständ­lich, dass sie ihre Ziga­ret­ten­kip­pen über­all auf den Boden wer­fen und aus­tre­ten können?

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